JudikaturJustiz14Os40/23y

14Os40/23y – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Mai 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M., den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Mag. Lung in der Strafsache gegen * H* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 12 dritter Fall, 15 StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 37 Hv 120/22k (vormals AZ 12 Hv 36/22y) des Landesgerichts Wels, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. November 2022, AZ 8 Bs 150/22y, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda, und des Verteidigers Mag. Pachinger zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen * H*, AZ 37 Hv 120/22k (vormals AZ 12 Hv 36/22y) des Landesgerichts Wels, verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. November 2022, AZ 8 Bs 150/22y, durch das Unterbleiben der Aufhebung des Urteils des Landesgerichts Wels vom 20. Juli 2022, GZ 12 Hv 36/22y 12, (auch) im Schuldspruch zu (2) wegen mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG, § 489 Abs 1 iVm § 471 und § 289 StPO.

Das genannte Urteil des Berufungsgerichts wird dahin ergänzt, dass das Urteil des Landesgerichts Wels vom 20. Juli 2022, GZ 12 Hv 36/22y 12, im Schuldspruch zu (2) wegen mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG aufgehoben und die Sache auch insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels verwiesen wird.

Text

Gründe:

[1] Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Wels vom 20. Juli 2022, GZ 12 Hv 36/22y 12, wurde * H* des als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB begangenen Verbrechens des Suchtgifthandels nach (richtig [US 3 und 8]:) § 15 StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG (1) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (2) schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie in * und andernorts

(1) zur strafbaren Handlung der * D* und des * S* (US 3) dadurch beigetragen, dass sie S* vor dem 25. Juni 2021 zur Organisation und Durchführung der vorschriftswidrigen Aus- und Einfuhr einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift, nämlich von 35 g Methamphetamin mit durchschnittlichem Reinheitsgehalt von 62,70 % aus der Tschechischen Republik bzw Deutschland nach Österreich, die Telefonnummer der D* überließ, wobei diese die geplante „Schmuggelfahrt“ aufgrund einer angeblichen Polizeikontrolle in Regensburg abbrach und es solcherart beim Versuch blieb;

(2) zwischen 25. August 2018 und Anfang 2022 wiederholt („excl 47 BAZ 599/21t Staatsanwaltschaft Linz“) vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Methamphetamin, ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

[3] In (teilweiser) Stattgebung der dagegen gerichteten Berufung der Angeklagten hob das Oberlandesgerichts Linz mit Urteil vom 18. November 2022, AZ 8 Bs 150/22y (ON 20), das angefochtene Urteil im Schuldspruch (1) sowie im Strafausspruch auf und verwies die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels zurück. Zu Schuldspruch (2) führte das Berufungsgericht aus, dass „eine Verfahrenseinstellung gemäß §§ 35, 37 SMG [...] mit Blick auf die derzeit nicht abschließend geklärte Frage eines (weiteren) Schuldspruchs (auch) wegen § 28a SMG nicht in Betracht“ komme (US 4).

[4] Mit dem im zweiten Rechtsgang – „nach Ausscheidung des Faktums 2“ (ON 30 S 7) – in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Wels vom 25. Jänner 2023, GZ 37 Hv 120/22k 31, wurde H* von dem wider sie zu (1) erhobenen Vorwurf des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

[5] Über das weitere Vorgehen zu Schuldspruch (2) wurde vom Landesgericht Wels noch nicht entschieden (vgl ON 31 S 2, ON 1).

[6] Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, steht das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. November 2022, AZ 8 Bs 150/22y (ON 20), mit dem Gesetz nicht im Einklang:

[7] Erfasst eine Verurteilung (wie hier) ein Verbrechen nach (§§ 12 dritter Fall, 15 StGB) § 28a Abs 1 (zweiter und dritter Fall) SMG und mehrere Vergehen nach § 27 Abs 1 Z 1 (erster und zweiter Fall und Abs 2) SMG ist bei Aufhebung des gesamten Schuldspruchs wegen des Verbrechens nach § 28a Abs 1 SMG auch jener wegen der bezeichneten Vergehen nach § 289 StPO (iVm § 489 Abs 1 iVm § 471 StPO; Ratz , WK StPO § 289 Rz 5) aufzuheben, um eine allfällige – für den Fall der Erledigung des Anklagevorwurfs wegen des genannten Verbrechens auf andere Weise als durch Schuldspruch gesetzlich gebotene (vgl RIS Justiz RS0131952 [T1]) – Diversion (§§ 35 Abs 1, 37 SMG) in Ansehung der bezeichneten Vergehen zu eröffnen (RIS Justiz RS0119278, RS0115884 [T7]; Ratz , WK StPO § 289 Rz 4).

[8] Indem das Berufungsgericht die Aufhebung (auch) des Schuldspruchs (2) unterlassen hat, verletzt das Urteil § 489 Abs 1 iVm § 471 und § 289 StPO.

[9] Die aufgezeigte Gesetzesverletzung ist geeignet, zum Nachteil der Angeklagten zu wirken. Deren Feststellung war daher auf die im Spruch ersichtliche Weise durch Ergänzung des Urteils des Berufungsgerichts (vgl dazu 15 Os 54/11x; 15 Os 10/09y; 15 Os 174/08i; Ratz , WK StPO § 292 Rz 29) mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Rechtssätze
2