JudikaturJustiz14Os33/00

14Os33/00 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. August 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. August 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Krüger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heinz W***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Heinz W***** und Peter B***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. Juli 1999, GZ 8 Vr 2.830/94 612, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Bierlein, der Vertreterin der Finanzstrafbehörde Dr. Günther Zycha, des Verteidigers Dr. Rath, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Aus deren Anlass wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu Recht erkannt:

Heinz W***** wird nach § 33 Abs 5 FinStrG zu einer Geldstrafe von 2,000.000 S (zwei Millionen Schilling), für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 4 (vier) Monaten Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung beim Angeklagten W***** wird aus dem Ersturteil übernommen und dahin ergänzt, dass sämtliche dort angeführten Vorhaftzeiten auf beide Strafen angerechnet werden.

Im Übrigen wird den gegen die nach dem Strafgesetzbuch verhängten Strafen erhobenen Berufungen nicht Folge gegeben und es werden die Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagte W***** mit ihren gegen den Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz erhobenen Berufungen auf die Strafneubemessung verwiesen.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Heinz W***** und Peter B***** (im zweiten Rechtsgang) des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB (I), Peter B***** überdies des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II) und Heinz W***** zudem des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (III) schuldig erkannt.

Danach haben sie in Graz und Italien (sowie teils in der Schweiz)

I. gewerbsmäßig Personen, mögen sie bereits der gewerbsmäßigen Unzucht ergeben gewesen sein, dieser Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zugeführt, und zwar

1. Heinz W*****

a) im Sommer 1991 die österreichische Staatsangehörige Elisabeth Z***** (geschiedene H*****), indem er ihr (teils über Mittelspersonen) die Bedingungen zur Ausübung der Prostitution in Italien zunächst am Gardasee, später in Bologna vorschrieb, ihr jeweils einen fixen Standplatz vermittelte, eine Wohnung zur Verfügung stellte, ihren regelmäßigen Transport zum Arbeitsplatz veranlasste, die Höhe des von den Freiern zu verlangenden Preises festsetzte und die Abführung eines täglichen Standgeldes von 1.500 S an ihn erwirkte;

b) in den Jahren 1992 bis 1994 die in Österreich aufhältige tschechische Staatsangehörige Romana F***** (alias Blanca H*****), indem er sie zur Ausübung der Prostitution zunächst nach Mailand vermittelte, ihr das Hotel, die Straße und den fixen Standplatz, wo sie zu arbeiten hatte, bezeichnete und die Überlassung eines nahezu (mit Ausnahme eines Wochentages) täglichen Standgeldes von 2.000 S vereinbarte, in der Folge ihre Unterbringung als Prostituierte in einem Club in Luzern/Schweiz organisierte und ihr fast den gesamten Verdienst abverlangte, ihr danach in Sirmione/Italien einen Standplatz zuwies, für sie eine Wohnung beschaffte und die Überlassung des weitaus überwiegenden Teils ihrer Einkünfte erwirkte;

2. Peter B*****

a) ("am" - gemeint:) ab 25. März 1993 (im gemeinsamen Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Alfred O*****) die in Österreich aufhältige ungarische Staatsangehörige Rita K*****, indem er sie in seiner Wohnung in Pinerella di Cervia/Italien aufnahm, ihr einen Standplatz innerhalb des von ihm kontrollierten "Strichgebietes" in Torre Pedrera zuwies und sie zu Beginn ihrer Tätigkeit zur Ausübung der Prostitution regelmäßig zu ihrem Standplatz brachte;

b) im Mai 1993 die in Österreich aufhältig gewesene slowakische Staatsangehörige Renata G***** nach Italien brachte, ihr eine Wohnung vermittelte und einen fixen Standplatz in Torre Pedrera zuwies sowie mit ihr die Zahlung eines täglichen Standgeldes von 200.000 Lire an ihn vereinbarte (und erwirkte);

II. Peter B***** von März 1994 bis 7. Oktober 1994 eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den von der Bundespolizeidirektion Graz für Edeltrude W***** ausgestellten (bereits abgelaufenen) Reisepass Nr P 0302401 durch Ansichbringen und Vorenthalten mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht wird;

III. Heinz W***** in den Jahren 1988 bis 1993 vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige- und Offenlegungspflicht, nämlich durch Verschweigen der Entstehung des Abgabenanspruchs und Unterlassung von Abgabenerklärungen, im Urteilstenor detailliert wiedergegebene Abgabenverkürzungen, nämlich an Einkommensteuer von insgesamt 3,125.800 S und an Gewerbesteuer von insgesamt 984.074 S bewirkt.

Beide Angeklagte bekämpfen die sie betreffenden Schuldsprüche mit getrennt ausgeführten, jeweils auf die Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinz W*****

Entgegen dem Vorbringen zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 4) wurden durch die gerügte Abweisung der in der Hauptverhandlung vom 2. Juni 1999 unter den Punkten 6 bis 8 gestellten Beweisanträge (S 68 f, 70 f, 80 iVm 69 f/XVII) im Ergebnis Verteidigungsrechte nicht verletzt:

Inwieweit ein Buchsachverständiger in der Lage gewesen wäre, zu bestätigen, dass aus (prozessordnungswidrig nicht näher spezifizierten) "beschlagnahmten Bankkontoauszügen und Unterlagen" Einnahmen des Angeklagten W***** von "maximal 2 Mio S" hervorgehen, der Angeklagte diese Beträge überwiegend für "Ausgaben dritter Personen" verwendet habe und "keine einzige Zahlung von dritter Seite" erfolgt sei, wurde im maßgeblichen (auf die Widerlegung der Schätzungsannahmen der finanzbehördlichen Abgabenbescheide - Schuldspruch III - abzielenden) Beweisbegehren nicht dargelegt. Im Übrigen flossen ihm nach den Urteilsfeststellungen abgabenpflichtige Einkünfte keineswegs nur durch bankmäßige Überweisungen, sondern auch im Wege der Barzahlung sowie durch Zwischenschaltung seiner damaligen Freundin Sabine J***** (später verehelichte S*****) zu (US 23 f), und besaß der Beschwerdeführer im Deliktszeitraum namhafte Vermögenswerte (mehrere Wohnungen, zehn PKWs der Luxusklasse und eine Motorjacht - US 22 f). Dem Antrag fehlt somit von vornherein die Tauglichkeit zur Erreichung des Beweiszweckes.

Die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang behaupteten Urteilsmängel in Bezug auf die Annahme des strafbestimmenden Wertbetrags können mit dem herangezogenen Nichtigkeitsgrund (Z 4) nicht dargestellt werden.

In Ansehung des ferner kritisierten Unterbleibens der zeugenschaftlichen Vernehmung der Prostituierten Silke K*****, Sabine A*****, Herta B***** und Edith W***** hätte die erfolgreiche Geltendmachung der Verfahrensrüge ebenfalls zur Voraussetzung gehabt, dass eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zum relevierten Thema des Umfanges der vom Angeklagten im Deliktszeitraum erzielten Einkünfte zu erwarten gewesen wäre. Da der Angeklagte schon nach den Feststellungen der im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche (ON 591/XVI) seinen aufwendigen Lebensstil als führendes Mitglied einer ua die Prostitutionsszene in Norditalien kontrollierenden Zuhältergruppe finanzierte, und der unberührt gebliebene Schuldspruch wegen des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 StGB eine über den relevierten Zeugenkreis hinausgehende (unbestimmte) Opferzahl umfasst, ist die Erfolgsaussicht auch dieses Beweisantrags (selbst für den Fall des Gelingens der Beweisführung) nicht erkennbar, zumal sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung primär damit verantwortete, in den Jahren 1988 bis 1993 überhaupt keinen steuerpflichtigen Vermögenszuwachs lukriert, sondern rund 5 Mio S "zu 95 Prozent" aus illegalem Glücksspiel erzielt zu haben (S 61/XVII).

Eine Verkürzung von Entlastungsrechten liegt aber auch hinsichtlich der unterbliebenen Befragung des Zeugen Alois H***** nicht vor, weil das gewünschte Beweisergebnis zum Teil (Ausübung der Prostitution durch Romana F***** unter Verwendung eines Aliasnamens) ohnedies im Urteil (allerdings unter dem Aspekt mangelnder Freiwilligkeit) berücksichtigt wurde (US 16 f), und es der Angeklagte W***** in Ansehung der übrigen (teils gar nicht entscheidungswesentlichen) Themen (Dauer seines Verbleibes in Italien; hohe Einkünfte aus Spielgewinnen; ständiger Aufenthalt der schon früher im Ausland als Prostituierte tätig gewesenen Romana F***** zur Deliktszeit in Amsterdam) verabsäumt hat darzutun, aus welchen Gründen dieser Zeuge zur Ablegung der erstrebten Aussage befähigt wäre, weil sich diesbezügliche Anhaltspunkte aus dem Sachzusammenhang nicht ergeben und die Erlangung verlässlicher zeugenschaftlicher Informationen über einen längeren (ununterbrochenen) Beobachtungszeitraum erfahrungsgemäß nur unter besonderen (vom Beschwerdeführer indes nicht behaupteten) Konstellationen möglich ist.

Die Verfahrensrüge nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO setzt eine entsprechende Antragstellung in der Hauptverhandlung voraus, weshalb es dem Nichtigkeitswerber verwehrt ist, die Unterlassung der von ihm nur schriftlich begehrten (ON 610/XVII iVm ON 611/XVII) - wenngleich vom Erstgericht beschlossenen (S 80/XVII) - Vernehmung des (der Hauptverhandlung ferngebliebenen - erneut S 80/XVII) Zeugen August W***** zum Gegenstand seiner Anfechtung zu machen (Mayerhofer aaO § 281 Abs 1 Z 4 EGr 1, 4).

Auch die Einwände der undifferenziert ausgeführten Mängel- und Tatsachenrügen (Z 5, 5a) schlagen nicht durch.

Fehl geht der Vorwurf, dass die Feststellungen über das tatbildliche Verhalten des Angeklagten in Bezug auf die Prostituierte Romana F***** (alias Blanca H*****) in Italien (I/1/b) mit den "zeitmäßig nicht zuordenbaren" Konstatierungen über ihre Unterbringung in einem Schweizer Saunaclub und die nachfolgende Vermittlung zur Prostitutionsausübung in Sirmione/Italien in einem inneren Widerspruch stünden oder unzureichend begründet seien: Hat das Erstgericht doch seine (miteinander harmonierenden) Annahmen über die jeweils auf qualifizierter Betätigung des Nichtigkeitswerbers basierende Prostitutionsausübung der Genannten zunächst (ab Sommer 1992) in Mailand, danach (ab dem Jahr 1994) in einem Club in Luzern und in weiterer Folge in Sirmione bei Verona (US 16 ff) mängelfrei auf ihre diesbezüglichen (kontradiktorisch zu Stande gekommenen) Aussagen vor dem Untersuchungsrichter gestützt (US 28 iVm ON 112, 119/IV). Die in der Beschwerde hervorgehobene, den Nichtigkeitswerber entlastende eidesstattliche Erklärung dieser Zeugin, in der sie die gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe zurücknimmt (Blg ./II der ON 609/XVII), wurde vom Erstgericht unter Verwertung der übrigen Verfahrensresultate schlüssig als unglaubwürdig verworfen (US 28).

Der Beschwerdeführer trachtet ferner, die Beweissituation an Hand einzelner, von den Tatrichtern ohnehin (allerdings nicht zu seinen Gunsten) ausreichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) erörterten Beweisdetails (wie dem schon erwähnten Auftreten der Romana F***** unter einem Aliasnamen und unter Verwendung eines falschen Reisepasses US 16 f, 28) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung - zudem weitgehend unter spekulativen Überlegungen - in seinem Sinne zu revidieren.

Soweit er überdies die ergänzende Vernehmung der Zeugin F***** moniert, vermag er eine gravierende mangelnde Ausschöpfung zugänglicher Beweisquellen über rechtserhebliche Umstände nach der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO ebenfalls nicht darzutun; aus der Sicht einer Verfahrensrüge (Z 4) fehlt dem Angeklagten mangels entsprechender Antragstellung die formelle Legitimation.

Als unzulässige Bekämpfung schlüssiger tatrichterlicher Erwägungen erweist sich auch der zum Faktum I/1/a (betreffend Elisabeth H*****) erhobene Einwand, mit dem der Beschwerdeführer den Beweiswert bestimmter Verfahrensresultate erneut mit bloßen Mutmaßungen (über mögliche Hintergründe für die allenfalls unrichtigen Angaben der Genannten und ihres früheren Gatten Oliver H***** - ON 222/VI) in Frage stellt. Demgegenüber hat insbesondere Elisabeth H***** iS der erstgerichtlichen Urteilsannahmen im Rahmen ihrer wiederholten zeugenschaftlichen Befragungen in den einzelnen Verfahrensstadien jeweils gleichlautend dargelegt, dass der Angeklagte an ihrer organisierten Verbringung nach Italien zwecks Ausübung der Prostitution massiv mitwirkte und ihr die Leistung eines täglichen Standgeldes von 1.500 S abverlangte (ON 136/V; S 651 ff/XV; S 51 ff/XVII iVm US 27 f). Der Umstand, dass der im Verfahren 10 E Vr 910/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz gesondert verfolgte Oliver H***** vom Vorwurf, Elisabeth H***** im Zusammenwirken mit dem Angeklagten der Unzucht in Italien zugeführt zu haben, rechtskräftig freigesprochen wurde, bedeutet - der Beschwerde zuwider - in Bezug auf den gegenständlichen Schuldspruch des Angeklagten keinen "denkunmöglichen Widerspruch", sondern stellt einen zulässigen Akt freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) dar.

Da dem Nichtigkeitswerber inhaltlich des maßgeblichen Urteilstenors das Zuführen der Elisabeth H***** zur Unzucht (nur) in Italien angelastet wird (US 3), betrifft die auf ein solches Verhalten gegenüber diesem Opfer (auch) in der Schweiz bezogene Passage in den Entscheidungsgründen (US 28) keine entscheidende Tatsache, weil durch den Wegfall dieses Satzteils der Begründung für den Angeklagten (dem zu diesem Schuldspruch jedenfalls grenzüberschreitende Kriminalität der gegenständlichen Art vorgeworfen wird) nichts zu gewinnen wäre.

Das Schöffengericht hat seine Annahmen über den Umfang der Abgabenhinterziehung (III) keineswegs unreflektiert aus den auf Schätzungen (die im Übrigen eine schon für sich allein durchaus tragfähige Urteilsgrundlage bilden können - Dorazil/Harbich FinStrG § 33 E 27 b) - beruhenden (rechtskräftigen und vom Verwaltungsgerichtshof überprüften - ON 603/XVII iVm US 24) Abgabenbescheiden des Finanzamtes Graz Stadt für die Jahre 1988 bis 1993 entnommen (US 23 f), sondern seine Schlussfolgerungen über die Richtigkeit dieser Berechnungen nachvollziehbar auf weitere, einer kritischen Gesamtschau unterworfene Beweisergebnisse (insbes auf die Angaben der teils im ersten Rechtsgang vernommenen betroffenen Prostituierten - darunter Rita K*****, ON 328/IX) und des (mit dem Angeklagten befreundeten) früheren Mitbeschuldigten Rudolf B***** (ON 48/II, insbes S 251 f verso/II) gestützt (US 29 f). Die gesetzmäßige Ausführung eines formellen Nichtigkeitsgrundes wird daher auch insoweit verfehlt.

Ein Begründungsmangel wird schließlich in Bezug auf die Feststellungen über den für die Steuerpflicht maßgeblichen inländischen Wohnsitz des Angeklagten (US 22 f) gleichfalls nicht aufgezeigt. Denn diese Annahme ist das Ergebnis einer aus äußeren Umständen (Meldung bei der steiermärkischen Gebietskrankenkasse zur Sozialversicherung; Besitz mehrerer Wohnungen und Zulassung einer Reihe von PKWs in Österreich, vornehmlich in Graz; Entfaltung massiver geschäftlicher Tätigkeit sowie wiederholte Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen im Inland) denkmöglichen Deduktion der Tatsacheninstanz, denen der Nichtigkeitswerber einmal mehr bloß unbeachtliche beweiswürdigende Argumente nach Art einer Schuldberufung entgegenzusetzen vermag.

Die auf den Verbrechenstatbestand (I/1) bezogene Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a) ist mit ihren Einwänden gegen die rechtliche Beurteilung des festgestellten Verhaltens als tatbestandsmäßiges Zuführen im Sinn des § 217 Abs 1 StGB nur unvollständig am Urteilsinhalt orientiert und gelangt solcherart gleichfalls nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung.

Die Konstatierungen erschöpfen sich in objektiver Hinsicht nämlich nicht, wie in der Beschwerde unterstellt, in der Wiedergabe einer bloß untergeordneten (allenfalls bloß nach § 215 oder § 216 StGB tatbildlichen - insoweit sachlich Z 10) Vermittlungstätigkeit. Sie sprechen vielmehr aus, dass der Angeklagte die Verbringung der Elisabeth H***** (teils unter Mitwirkung eines Komplizen) ins benachbarte Ausland organisierte, ihr Unterkunft und fixen Standplatz zur Prostitutionsausübung zuwies und ein tägliches Standgeld von 1.500 S abverlangte. Auf gleiche Weise verfügte er über Romana F*****, indem er sie nach Mailand verbrachte, ihr die Bedingungen der Gewerbeausübung (einschließlich des einzunehmenden Standplatzes) vorschrieb, später ihre Unterbringung als Prostituierte in einem Schweizer Club organisierte und erreichte, dass sie nahezu ihre gesamten Einkünfte (teils über Mittelspersonen) an ihn ablieferte (US 15 ff). Dass bei diesen Vorgängen aber, wie die Beschwerde unter Missachtung wesentlicher Sachverhaltsdetails behauptet, von einer massiven und (einengenden) Einflussnahme auf die Tatobjekte im Sinn einer Ausrichtung ihrer gesamten Lebensführung als Prostituierte im Ausland, verbunden mit der Gefahr umfassender Abhängigkeit bis hin zum Verlust der sexuellen Dispositionsfreiheit (vgl 14 Os 102/97) nicht gesprochen werden könnte, ist unzutreffend. Bei der gebotenen Orientierung am gesamten Tatsachensubstrat wurde das Verhalten des Angeklagten demnach rechtsrichtig dem § 217 Abs 1 StGB unterstellt.

Die vom Beschwerdeführer relevierte Möglichkeit ungehinderter Kontaktnahme der Prostituierten mit italienischen Behörden stellt - ebenso wie die Behauptung ihrer (überdies nicht entscheidungsrelevanten) jederzeitigen Rückkehrmöglichkeit nach Österreich - eine bloß hypothetische Überlegung dar und geht an den erörterten Feststellungen über die Schaffung eines ausbeuterischen Abhängigkeitsverhältnisses hinweg.

Die gegen die Annahme der gewerbsmäßigen Qualifikation des § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB vorgebrachte Kritik (inhaltlich Z 10) verfehlt aus der Sicht materieller Nichtigkeit deshalb die Ausrichtung am Gesetz, weil sie die Konstatierungen über die Tätigkeit des Nichtigkeitswerbers in einer österreichischen Zuhältergruppe mit maßgeblichem Einfluss auf die Prostitutionsszene in Italien (US 14 f) ebenso negiert wie die Feststellungen über die Absicht beider Angeklagter, sich durch die wiederkehrende Begehung "dieser" (zuvor eingehend geschilderten) "Handlungen" (nämlich des Zuführens von Prostituierten in einen fremden Staat) eine fortlaufende Einnahme (iSd § 70 StGB) zu verschaffen (US 31).

Was sich aus der ins Treffen geführten Definition der Kriminalitätsform "Menschenhandel" im Beschluss des Europäischen Rates vom 3. Dezember 1998, BGBl III 1999/81, (worin - ebenfalls - die Ausnützung eines Abhängigkeitsverhältnisses mit dem Ziel der Ausbeutung zur Prostitution gefordert wird) für den Standpunkt des Angeklagten gewinnen ließe, vermag die Beschwerde nicht darzulegen.

Es versagen aber auch die gegen den Schuldspruch wegen des Finanzvergehens (III) vorgebrachten rechtlichen Argumente (Z 9 lit a):

Da sich der strafbestimmende Wertbetrag allein nach dem Ausmaß der Abgabenverkürzung richtet (Dorazil/Harbich aaO § 33 E 39), war das Erstgericht zu Feststellungen über den genauen (in Millionenhöhe konstatierten - US 23) Umfang der Einkünfte des Angeklagten nicht verpflichtet. Im Übrigen wird auf die Erledigung der dazu erhobenen Mängel- und Tatsachenrüge verwiesen.

Gemäß § 23 Abs 2 BAO wird die Erhebung einer Abgabe im Übrigen nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Verhalten, das einen abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt (wie die Erzielung von Einkünften iSd § 2 Abs 3 EStG), gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Entgegen der Beschwerde sind Einnahmen aus strafbaren Handlungen daher keineswegs "von vornherein steuerfrei"; vielmehr ist allein entscheidend, ob der zu beurteilende Sachverhalt wirtschaftlich und ökonomisch einen Abgabentatbestand erfüllt (ÖStZB 1998/840).

Da der Angeklagte nach den Urteilsannahmen über Jahre hindurch Einnahmen aus der von ihm (von Österreich aus) organisierten (gewinnorientierten) Prostitution bezogen hat, liegt eine auf Gewinn ausgerichtete Gewerbetätigkeit iS einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nach § 2 Abs 3 Z 3 EStG iVm § 23 Z 1 EStG, aber auch nach § 1 des (zur Tatzeit noch bestehenden - Art VII BGBl 1993/818) GewStG vor, die grundsätzlich der Abgabenpflicht unterliegt.

Die nach §§ 19 ff BAO gebotene Offenlegungspflicht widerspricht ferner nicht dem relevierten Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung, weil der Beschwerdeführer nach den Bestimmungen der BAO nur verpflichtet war, seine Einkünfte insoweit offenzulegen, dass eine Bemessungsgrundlage für die ordnungsgemäße Entrichtung der dazu korrespondierenden Abgaben ermöglicht wird. Da sich die Deklarationspflicht auf abgabenrelevante Umstände (hier: Führung eines selbständigen Gewerbebetriebs, im Übrigen im Zusammenhang mit grundsätzlich erlaubter Prostitutionsausübung) beschränkt, darüber hinausgehende Informationen (vor allem über den Einsatz strafrechtlich verpönter Mittel zur Ausbeutung der Prostituierten) indes (als für die Steuerbemessung irrelevant) von der Erklärungspflicht nicht erfasst sind, war die Offenlegungs , Wahrheits- und Anzeigepflicht in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Einnahmen mit Blick auf eine unzumutbare Selbstbelastung nicht eingeschränkt (abermals ÖStZB 1998/840).

Damit ist aber auch jenem Einwand, mit dem der Beschwerdeführer aus dieser Sicht die inkriminierte Verletzung der Deklarationspflicht (unpräzise) als "nicht schuldhaft vorwerfbar" bezeichnet, der Boden entzogen. Abgesehen davon, dass das Vorliegen eines Irrtums (iSd § 9 FinStrG) in Bezug auf das Entstehen einer Abgabenschuld (auch) aus strafrechtlich relevanter Tätigkeit vom Angeklagten nie ins Treffen geführt wurde, er vielmehr die Frage der Selbstbelastung im Fall der Offenlegung illegaler Einnahmen lediglich peripher im Rahmen seiner (die Erzielung deklarationspflichtiger Einnahmen überhaupt bestreitenden) Verantwortung angedeutet hat (S 61/XVII) und ein Irrtum über die Strafbarkeit eines Verhaltens finanzstrafrechtlich unbeachtlich wäre (Dorazil/Harbich aaO § 9 E 28, 30), haben die Tatrichter die innere Tatseite (einschließlich der erforderlichen Vorsatzkomponenten) unmissverständlich bejaht (US 4 iVm US 32).

Aus Anlass dieser Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass bei Bemessung der Strafe nach § 33 Abs 5 FinStrG das Gesetz zum Nachteil des Heinz W***** unrichtig angewendet wurde, indem - gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßend (Z 11) - "der hohe hinterzogene Abgabenbetrag" erschwerend berücksichtigt wurde, obwohl er die Strafobergrenze bestimmt, was die Aufhebung dieses Sanktionsausspruchs und Strafneubemessung erfordert.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter B*****:

Auch dieser Beschwerdeführer vermag mit seiner Verfahrensrüge (Z 4) die entscheidende Beeinträchtigung wesentlicher Entlastungsrechte nicht darzulegen.

Dass der Zeuge Frank G***** über den Wahrheitsgehalt der (ohnedies im Urteil berücksichtigten - US 27) eidesstattlichen Erklärung des Engelbert M***** (Blg ./I der ON 609/XVII) konkrete Angaben zu machen in der Lage wäre, behauptet der Angeklagte im diesbezüglichen (allein auf das Zustandekommen des in Rede stehenden Schriftsatzes bezogene) Beweisanbot (S 67/XVII) gar nicht, sodass die Beschwerde fehlt geht.

Ausschließlich gegen beweiswürdigende Überlegungen wendet sich Peter B***** in seiner (ebenfalls undifferenziert ausgeführten) Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5a). Inwieweit aus dem rechtskräftigen Schuldspruch des gesondert verfolgten Komplizen Alfred O***** wegen § 217 Abs 1 StGB betreffend Rita K***** im Verfahren 10 E Vr 903/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz den Beschwerdeführer entlastende Umstände zu gewinnen wären, vermag die Beschwerde ebensowenig darzulegen wie relevierte Widersprüche zwischen den Urteilsannahmen hinsichtlich des Opfers Renata G***** und (nicht näher konkretisierten) "diversen Protokollen".

Der Inhalt der erwähnten schriftlichen Erklärung des Engelbert M***** ist ohnedies Gegenstand der Entscheidungsgründe (US 27).

In der - mit dem diesbezüglichen Vorbringen des Mitangeklagten Heinz W***** weitgehend identen - materiellen Rüge (Z 9 lit a) spricht der Nichtigkeitswerber zunächst den Feststellungen zum Tatbestand nach § 217 Abs 1 StGB (I/2) die rechtliche Tragfähigkeit ab, indem er bloß die ausdrücklichen Konstatierungen über sein (tatbestandsmäßiges) gezieltes und nachhaltiges Eingreifen auf die Lebensführung der Opfer Rita K***** und Renata G***** durch ihr Verbringen nach Italien, Besorgen einer Unterkunft, Zuweisen eines fixen Standplatzes und Vorschreiben des Standgeldes (US 18 ff) bestreitet.

Der gleichfalls spekulativ erhobene Einwand einer jederzeit möglichen Inanspruchnahme behördlicher Hilfe enthält ebensowenig ein gesetzmäßiges Vorbringen wie die urteilsfremde Behauptung einer ohne aktive Einflussnahme auf die Schutzobjekte erfolgten Verlagerung der gesamten Lebensführung als Prostituierte in einen fremden Staat, zu welcher der Beschwerdeführer bloß (untergeordnet) Hilfe iSd § 216 Abs 2 StGB (sachlich Z 10) geleistet haben will.

Soweit auch diese Beschwerde Feststellungen über die gewerbsmäßige Tatbegehung (§ 217 Abs 1 zweiter Fall StGB) vermisst, ist sie (ebenfalls) auf die diesbezüglichen Urteilsannahmen (US 31) zu verweisen

Erneut prozessordnungswidrig entfernt sich der Angeklagte bei seinem Vorbringen gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung (II) vom maßgeblichen Urteilssachverhalt, indem er die eindeutigen Konstatierungen über den mit dem Ansichbringen des fremden Reisepasses verbundenen Gebrauchsverhinderungsvorsatz (US 32) vernachlässigt und die aus dem äußeren Tatgeschehen empirisch einwandfrei und im Einklang mit der Lebenserfahrung zum inneren Bereich gezogenen Schlüsse für "nicht ausreichend" erachtet.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren daher zu verwerfen.

Zur Strafneubemessung nach § 33 Abs 5 FinStrG:

Ausgehend von dem als Grundlage für die Errechnung der Strafobergrenze nicht gesondert erschwerend zu berücksichtigenden Gesamthinterziehungsbetrag erweist sich die im Spruch ersichtliche - mit der vom Erstgericht verhängten idente - Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe auch unter Berücksichtigung aller Tatmodalitäten und des längeren Zurückliegens der Angriffe und der Verfahrensdauer als tat- und tätergerecht.

Zu den Berufungen:

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten - auch unter Berücksichtigung der im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldsprüche wegen des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 StGB, der Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG und nach § 36 Abs 1 Z 1, bei Peter B***** auch Z 2 WaffG, bei Heinz W***** überdies der Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB, der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 3 StGB und bei Peter B***** weiters des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (siehe dazu 14 Os 102/97 8) - nach §§ 28 Abs 1, 217 Abs 1 (zweiter Strafsatz) StGB und zwar Heinz W***** zu 3 1/2 (dreieinhalb) Jahren Freiheitsstrafe, Peter B***** gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das zum AZ 8 Vr 892/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz ergangene Urteil vom 20. Juni 1996 zu der zusätzlichen Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Jahren.

Dabei wertete es die Begehung des durch Gewerbsmäßigkeit qualifizierten Verbrechens nach § 217 Abs 1 StGB an zwei Personen sowie des Vergehens nach § 216 Abs 2 StGB an mehreren Opfern, mehrfache einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit vier Vergehen bei Peter B***** bzw von einem Verbrechen mit sechs Vergehen bei Heinz W***** erschwerend; mildernd berücksichtigte es hingegen die Teilgeständnisse, das längere Zurückliegen der strafbaren Handlungen, bei Heinz W***** ferner, dass die Nötigung beim Versuch blieb.

Gegen diesen Strafausspruch richten sich die Berufungen der beiden Angeklagten, welche die Herabsetzung der über sie verhängten Strafen anstreben, sowie jene der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel der Erhöhung der Freiheitsstrafen.

Die Berufungen sind durchwegs unbegründet.

Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe richtig angenommen und ist im Ergebnis zu der personalen Täterschuld und dem objektiven Unrechtsgehalt der Taten angemessenen Unrechtsfolgen gelangt, zu deren Korrektur sich der Oberste Gerichtshof in keiner Richtung bestimmt fand.

Anlässlich der finanzstrafrechtlichen Strafneubemessung beim Angeklagten W***** war die Vorhaftanrechnung insoweit richtig zu stellen, dass alle Vorhaftzeiten auf alle Sanktionen anzurechnen sind.

Mit den gegen die Strafe wegen des Finanzvergehens gerichteten Teilen ihrer Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte W***** auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

Rechtssätze
4