JudikaturJustiz14Os170/13a

14Os170/13a – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Dezember 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mascha als Schriftführer in der Strafsache gegen Rene R***** wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 6. September 2013, GZ 37 Hv 127/13x 27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch I zugrunde liegenden Taten auch nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rene R***** jeweils mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (I) und Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter, fünfter und sechster Fall SMG (II) schuldig erkannt.

Danach hat er soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass relevant in Freistadt und anderen Orten Österreichs vorschriftswidrig Suchtgift

(I) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Quantität von Juni 2012 bis Februar 2013 anderen durch gewinnbringenden Verkauf gewerbsmäßig überlassen, wobei er „bereits wegen einer Straftat nach Abs 1, nämlich wegen § 28 Abs 2 und 3 SMG aF (Urteil des Landesgerichts Steyr vom 2. Mai 2001 zu 12 Vr 43/01, Hv 13/01) verurteilt worden ist“, indem er zumindest 400 LSD-Trips (Reinsubstanz 0,046 Gramm), 100 Gramm Cannabiskraut und 25 Gramm Methamphetamin (Reinheitsgehalt deutlich über 70 %, demnach etwa 18,26 Gramm Reinsubstanz) mit Gewinnaufschlägen von 2,50 Euro (pro LSD-Trip), 2 Euro (pro Gramm Cannabiskraut) und 20 Euro (pro Gramm Methamphetamin) an namentlich unbekannte Abnehmer verkaufte (1), zwei bis drei Kugeln Haschisch im Auftrag seines Suchtgiftlieferanten an einen namentlich genannten Abnehmer übergab (2) und seinem Lieferanten eine unbekannte Menge Methamphetamin (eine „Nase“) überließ (3).

Rechtliche Beurteilung

Die inhaltlich ausschließlich gegen die Nichtannahme der Privilegierung des § 28a Abs 3 zweiter Fall SMG zum Schuldspruch I gerichtete, aus den Gründen der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Die Mängelrüge nimmt mit ihrem Einwand offenbar unzureichender Begründung der Urteilsannahmen, nach denen der Beschwerdeführer die ihm angelasteten Taten nicht vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen (US 5), nicht auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe Bezug (RIS-Justiz RS0119370). Deren Ableitung aus der Verantwortung des Angeklagten, wonach er seinen unregelmäßigen Drogenkonsum aus der Arbeitslosenunterstützung finanziere und Schulden bei seinem Suchtgiftlieferanten habe (vgl den Verweis auf die „bereits oben angeführten Umstände“, US 6), aus seiner langjährigen Erwerbslosigkeit und (gemeint offenbar:) zufolge Gewinnerzielung aus Suchtgiftverkäufen fehlender Notwendigkeit eines „regulären Einkommens“ sowie aus seinem „Einkaufsverhalten“ (dem zumindest einmaligen Ankauf einer den behaupteten Eigenbedarf weit übersteigenden Menge; US 5 f) verstößt ungeachtet der von der Rüge kritisierten Verwendung von Begriffen wie „vor allem natürlich“, „offensichtlich“ und „eher“ weder gegen Denkgesetze noch gegen grundlegende Erfahrungssätze (RIS Justiz RS0118317, RS0116882).

Dass dem Beschwerdeführer die Argumente der Tatrichter nicht überzeugend scheinen und dass „den allgemeinen Erfahrungstatsachen“ entsprechend - auch andere für ihn günstigere Schlüsse denkbar gewesen wären, stellt einen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 nicht dar (RIS Justiz RS0098362).

Weshalb es zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen der Privilegierung nach § 28a Abs 3 zweiter Fall SMG über die im Rahmen der Mängelrüge erfolglos bekämpften Urteilsannahmen hinausgehender Feststellungen zur konkreten Verwendung der aus dem Suchtgiftverkauf lukrierten Gewinne (ob diese nämlich „für Urlaube, Kleidung, Alltag etc. herangezogen wurden“) bedurft hätte, erklärt die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht.

Die (verfehlt unter Berufung auf Z 10) hervorgehobenen Details der Verantwortung des Angeklagten zu seinem Drogenkonsum ab dem Jahr 2003 (ON 26 S 3) stehen nicht im erörterungsbedürftigen Widerspruch (Z 5 zweiter Fall) zu den Konstatierungen, wonach er die dem Schuldspruch I zugrunde liegenden Taten nicht vorwiegend zur Finanzierung seines Eigenbedarfs beging.

Weil die Privilegierung nach § 28a Abs 3 (iVm § 27 Abs 5) SMG nur bei kumulativem Vorliegen ihrer Voraussetzungen Anwendung findet (11 Os 159/08d; Schwaighofer in WK² SMG § 27 Rz 84), erübrigt sich ein Eingehen auf die im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) weiters geäußerte Kritik am Unterbleiben von Feststellungen dazu, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitraum an Suchtgift gewöhnt war.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - davon, dass dem Urteil im Schuldspruch I nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 10) zum Nachteil des Beschwerdeführers anhaftet, die von Amts wegen aufzugreifen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

Die Urteilsannahmen zur insoweit vorgenommenen Subsumtion des Täterverhaltens auch nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG erschöpfen sich nämlich in Betreff der dort normierten zweiten Voraussetzung (dass der Täter schon einmal wegen einer „Straftat nach Abs 1“ verurteilt worden ist) in einem Verweis auf eine Verurteilung des Angeklagten durch das Landesgericht Steyr vom 2. Mai 2001 zum AZ 12 Vr 43/01, Hv 13/01, „unter anderem wegen § 28 Abs 2 und 3 SMG aF“ (hier: idF BGBl I 1997/112; US 1 und 3), ohne dass den Entscheidungsgründen zu entnehmen wäre, ob die davon erfassten Taten in Bezug auf eine die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigende Quantität gesetzt wurden (vgl RIS Justiz RS0123175; vgl auch den auf dem Ersuchen um Übersendung des entsprechenden Aktes angebrachten Vermerk vom 23. August 2013, wonach dieser „zur Zeit nicht auffindbar ist“).

Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordert die Aufhebung des Urteils im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang. Die Berufung des Angeklagten ist aufgrund der Kassation des Strafausspruchs gegenstandslos.

Im zweiten Rechtsgang werden zudem bei neuerlicher Annahme der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG deutliche und mängelfrei begründete Konstatierungen dazu zu treffen sein, ob sich die Absicht des Angeklagten auf die Erzielung eines fortlaufenden Einkommens durch das wiederholte Überlassen von jeweils (allenfalls sukzessive zu erreichenden) die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Suchtgiftmengen bezog (vgl US 4 f; vgl RIS-Justiz RS0124018, RS0117463, RS0112225 [T11], RS0114843 [T5]).

Die Kostenersatzpflicht, welche die amtswegige Maßnahme nicht umfasst ( Lendl , WK-StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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