JudikaturJustiz14Os12/15v

14Os12/15v – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. März 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Andreas W***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Andreas W***** und Patrick R***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 23. September 2014, GZ 7 Hv 109/14k 65, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Andreas W***** und Patrick R***** jeweils des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie am 22. Juni 2014 in F***** im einverständlichen Zusammenwirken Dominik D***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Drohung mit dem Umbringen, sohin mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), zum Abschneiden und zur Übergabe von elf Cannabisstauden genötigt, indem Andreas W***** in aggressivem Ton mehrfach sinngemäß äußerte, es werde mit dem Bedrohten „aus sein“, wenn er die Pflanzen nicht übergebe, wobei er zuvor seine Motorradhandschuhe angezogen hatte, zur Untermauerung der Drohung eine Hand zur Faust ballte, damit in die Handfläche der anderen Hand schlug, laufend körperliche Drohgebärden setzte und Patrick R***** die abgeschnittenen Pflanzen in Taschen verpackte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen wortident aus dem Grund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten sind nicht im Recht.

Der mit dem Ziel einer rechtlichen Beurteilung des Täterverhaltens nach „§ 127 ff StGB“ oder „als gefährliche Drohung oder Erpressung“ erhobene

Einwand fehlender Urteilsannahmen zu einer (von Andreas W***** geäußerten) Ankündigung einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben des Opfers (und nicht bloß einer erst in der Zukunft drohenden Misshandlung) übergeht die gerade dazu getroffenen Feststellungen (zu einer Drohung mit dem [sofortigen] Umbringen, falls der Bedrohte die Forderung der Täter nicht erfüllen sollte; US 7 f, 13).

Mit Hinweisen auf die vom Erstgericht mit ausführlicher Begründung als unglaubwürdig erachtete (vgl erneut US 7 ff, 11) Verantwortung der Angeklagten (nach der bloß angedroht wurde, die Polizei zu rufen, und das Opfer die Raubbeute freiwillig herausgab), bloß partieller Wiedergabe der Aussage des Zeugen Dominik D***** (der tatsächlich angab, dass ihm Andreas W***** nicht nur mit dem Umbringen sondern zusätzlich mit der Verständigung der Polizei drohte; ON 2 S 95; US 10) und daraus gezogenen urteilsfremden Schlüssen, wird bloß unzulässig die Beweiswürdigung hinsichtlich der Urteilsannahmen zum Bedeutungsinhalt der Äußerung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft.

Aus welchem Grund zur rechtsrichtigen Subsumtion Feststellungen dazu erforderlich sein sollen, ob Andreas W***** seine Motorradhandschuhe „zum Eingriff in die körperliche Integrität des vermeintlichen Opfers“ anzog oder sie aufgrund der vorhergegangenen Fahrt mit seinem Motorrad bereits trug, und dazu, „ob durch die Handschuhe eine gewisse Schwere einer Verletzung“ oder bloß eine körperliche Misshandlung „hervorgerufen hätte werden können“, erklären die auf ein nicht näher bezeichnetes „Judikat“ verweisenden Subsumtionsrügen nicht, und unterlassen damit die unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes unerlässliche Ableitung der angestrebten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz (RIS Justiz RS0116569; vgl dazu im Übrigen Eder-Riede r in WK² StGB § 142 Rz 28 f).

Die Eignung der Drohung, dem Opfer begründete Besorgnis einzuflößen, bestreiten die Beschwerden unter Hinweis darauf, dass Dominik D***** „aus der Suchtgiftszene entstammt“, strafrechtlich bereits in Erscheinung getreten und als „Anbauer“ und „Dealer“ „tagtäglich mit 'zwielichtigen Gestalten' im Milieu“ unterwegs sei, auf Basis eines Bedeutungsinhalts bloß im Sinn einer Verständigung der Polizei, orientieren sich damit erneut nicht am Bezugspunkt der Gesamtheit der tatrichterlichen Feststellungen und erklären im Übrigen nicht, weshalb allein zufolge eines solchen Hintergrundes des Opfers die Ankündigung, getötet zu werden, bei Anlegung eines objektiv individuellen Maßstabs ungeeignet sein sollte, dem Bedrohten begründete Besorgnis (das ist die Annahme, dass ein Ereignis bevorsteht, verbunden mit der unangenehmen Vorausempfindung des aus diesem Ereignis entspringenden Übels; Jerabek in WK² StGB § 74 Rz 33) einzuflößen.

An sich zutreffend weisen die Beschwerdeführer darauf hin, dass nach dem Urteilssachverhalt der Raub nicht durch Gewaltanwendung, sondern durch gefährliche Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen wurde, und eine solche Drohung (selbst mit dem Tode) als Begehungsmittel die Anwendung der Privilegierung nach § 142 Abs 2 StGB nicht ausschließt ( Eder-Rieder in WK² StGB § 142 Rz 56 mwN).

Soweit sie aber in der Folge einen

Feststellungsmangel (zum Begriff Ratz , WK-StPO § 281 Rz 600 bis 604) hinsichtlich des Wertes der Raubbeute einwenden, ohne in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO) aufzuzeigen, welche die der Sache nach gewünschte Konstatierung eines unter 100 Euro liegenden Wertes (vgl dazu RIS Justiz RS0120079; jüngst 13 Os 88/14m) der abgenötigten „Cannabisplantage“ (im Ausmaß von „sorgsam und aufwändig aufgezogenen“ elf Cannabisstauden; US 2, 11) indizieren würden, verfehlen sie erneut die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS Justiz RS0116735; vgl im Übrigen zu den psychischen Folgen der Tat für das Opfer US 10).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.