JudikaturJustiz14Os12/05d

14Os12/05d – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. April 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kain als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Khaled I***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 4. November 2004, GZ 3 U 353/04s-30, sowie gegen dessen Beschluss vom selben Tag, S 163, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Weiß, zu Recht erkannt:

Spruch

Im Strafverfahren AZ 3 U 353/04s des Bezirksgerichtes Kitzbühel verletzen

1. das Urteil vom 4. November 2004 (ON 30) im Strafausspruch, soweit ein Teil der Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt nachgesehen wurde, § 43a Abs 3 StGB, und

2. der Beschluss vom 4. November 2004 (S 163) infolge Gewährung eines achtzehn Monate übersteigenden Strafaufschubes § 6 Abs 1 Z 2 lit a StVG idF nach Art 65 § 1 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71.

Text

Gründe:

Mit unangefochten gebliebenem Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 4. November 2004, GZ 3 U 353/04s-30, wurde Khaled I***** (im zweiten Rechtsgang abermals) des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, von der gemäß § 43a Abs 1 StGB ein Strafteil von zwei Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Nach den Rechtsmittelerklärungen der Verfahrensparteien verkündete der Bezirksrichter sogleich auch den Beschluss, dem Khaled I***** bezüglich der über ihn verhängten (hinsichtlich eines Teiles von einem Monat unbedingt ausgesprochenen) Freiheitsstrafe einen Strafaufschub bis zum 15. Mai 2007 zu gewähren. Auch dieser Beschluss wurde nicht angefochten und erwuchs sogleich in Rechtskraft (S 163).

Rechtliche Beurteilung

Die Gewährung der teilbedingten Strafnachsicht sowie das Ausmaß des bewilligten Strafaufschubes stehen - wie der Generalprokurator in seiner deshalb zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

1. Während § 43a Abs 1 StGB für die bedingte Nachsicht eines Teiles einer Geldstrafe keine Untergrenze vorsieht, erfordert § 43a Abs 3 StGB für die teilbedingte Freiheitsstrafe ein Mindestmaß der Strafe von mehr als sechs Monaten. Eine analoge Anwendung des § 43a Abs 1 StGB auf sechs Monate nicht übersteigende Freiheitsstrafen kommt nicht in Betracht (Jerabek in WK2 § 43a Rz 4 mwN). Angesichts der Dauer der über Khaled I***** verhängten Freiheitsstrafe von drei Monaten ist daher die Gewährung einer teilbedingten Strafnachsicht rechtlich verfehlt. Da das Bezirksgericht Kitzbühel die Voraussetzungen für die bedingte Nachsicht der gesamten Strafe nach § 43 Abs 1 StGB nicht für gegeben fand, hätte es - bei richtiger Gesetzesanwendung - auch nicht einen Teil der Freiheitsstrafe bedingt nachsehen dürfen. Die aufgezeigte Gesetzesverletzung hat sich nach Lage des Falles (ca 4 ½ Jahre Tatzeitraum betreffend zwei Kinder; Aufschub der Strafe bis 15. Mai 2007; allfälliges Vorgehen nach § 31a StGB hins ON 28) nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt (vgl Mayerhofer StPO5 § 292 E 69i und 69j, 13 Os 132/02 mwN), sodass es mit ihrer Feststellung sein Bewenden haben kann.

In diesem Zusammenhang wird jedoch bemerkt, dass Khaled I***** wegen der ihm nunmehr angelasteten Straftaten (Unterhaltsverletzungen betreffend Nathalie und Jasmin I***** vom 30. April 1998 bis einschließlich 29. September 2002) schon einmal vom Bezirksgericht Kitzbühel mit (Abwesenheits )Urteil vom 17. Dezember 2003, GZ 3 U 353/04s (damals: 5 U 152/02v)-18, schuldig erkannt und zu einer (gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von einem Monat (bei längerem, bis 17. Dezember 2003 andauernden Tatzeitraum) verurteilt worden ist. Dieses Urteil wurde vom Obersten Gerichtshof mit Urteil vom 14. September 2004, GZ 14 Os 90/04-6, im Schuldspruch teilweise und im Strafausspruch zur Gänze aufgehoben und dem Bezirksgericht Kitzbühel die Verfahrenserneuerung aufgetragen (ON 24). Eine Verletzung des in einem solchen Fall gemäß § 292 letzter Satz StPO grundsätzlich zu beachtenden Verschlechterungsverbotes gemäß § 290 Abs 2 StPO liegt hier indes nicht vor, weil die Staatsanwaltschaft seinerzeit gegen das genannte Abwesenheitsurteil auch eine Strafberufung erhoben hat (ON 20).

2. Gemäß § 6 Abs 1 Z 2 lit a StVG darf unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen der Vollzug einer ein Jahr nicht übersteigenden Freiheitsstrafe höchstens für die Dauer eines Jahres aufgeschoben werden. Diese Bestimmung wurde durch Art 65 § 1 des Bugdetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, dahingehend erweitert, dass für die Geltungsdauer dieses Gesetzes die Einleitung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe nach § 6 Abs 1 Z 2 lit a StVG für die Dauer von höchstens achtzehn Monaten aufgeschoben werden darf, wenn das Ausmaß der zu vollziehenden Freiheitsstrafe achtzehn Monate nicht übersteigt. Diese erweiterte Strafaufschubsmöglichkeit ist nur auf jene Fälle anzuwenden, in denen der Strafaufschubsantrag nach dem Inkrafttreten des genannten Gesetzes (21. August 2003) und vor Ablauf des 30. Juni 2005 gestellt wird (Art 65 § 2 Bugdetbegleitgesetz 2003).

Den vorliegenden Strafaufschub hat das Bezirksgericht Kitzbühel der Sache nach auf § 6 Abs 1 Z 2 lit a StVG gestützt; sollte dem Verurteilten hiedurch doch die Möglichkeit geboten werden, den Unterhaltsrückstand abzutragen, um dadurch (wohl gemäß § 31a StGB) nachträglich noch in den Genuss einer gänzlich bedingten Strafnachsicht zu kommen (vgl nochmals S 163). Die - dem Verurteilten zum Vorteil gereichende - Gewährung eines achtzehn Monate weit übersteigenden Strafaufschubes (bis 15. Mai 2007) findet im Gesetz keine Deckung.

Die wegen der (geringfügig) abweichenden Personendaten erforderliche Prüfung, ob die in der Strafregisterauskunft ON 28 aufscheinende Person mit dem Angeklagten Khaled I***** ident ist, hat der Verhandlungsrichter nach der Aktenlage nicht vorgenommen. Somit steht derzeit nicht fest, ob das Bezirksgericht Kitzbühel im Urteil vom 4. November 2004 (ON 30) wegen des schon am 29. September 2002 endenden Tatzeitraumes der Unterhaltsverletzung gemäß §§ 31, 40 StGB auf sein (seit 7. Juni 2004 rechtskräftiges) Urteil vom 16. Februar 2004, AZ 3 U 477/02z (Geldstrafe von 50 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), hätte Bedacht nehmen müssen. Da das Bezirksgericht aber das allfällige Vorliegen der Voraussetzungen einer Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB ersichtlich übersehen hat, kann es die Nichtanwendung der §§ 31, 40 StGB ohnehin im Wege über das in § 410 StPO geregelte Verfahren auch von Amts wegen zur Vermeidung allfälliger Nachteile für den Verurteilten gemäß § 31a StGB sanieren (ÖJZ-LSK 1997/200).

Rechtssätze
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  • RS0107405OGH Rechtssatz

    24. April 2013·3 Entscheidungen

    Nach der durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl 1996/762, geänderten Rechtslage kann die gesetzwidrige Nichtanwendung der §§ 31, 40 StGB schon vom Erstgericht - auf Antrag oder von Amts wegen - im Wege über das in § 410 StPO neue Fassung geregelte Verfahren zur Vermeidung eines tilgungsrechtlichen Nachteils für den Verurteilten (§ 4 Abs 4 TilgG) saniert werden, und zwar auch dann, wenn nach Prüfung der Voraussetzungen des § 31 a StGB hervorkommt, dass zu einer nachträglichen Strafmilderung (letztlich doch) kein Anlass besteht. In einem solchen Fall hat das Gericht (im kollegialgerichtlichen Verfahren der Dreirichtersenat - siehe § 13 Abs 3 neue Fassung beziehungsweise § 14 Abs 2 StPO) auszusprechen, dass auch unter Bedacht auf die erst nachträglich bekannt gewordene (oder übersehene), im Verhältnis des § 31 StGB stehende Verurteilung zu einer nachträglichen Milderung der spruchmäßig nunmehr als Zusatzstrafe zu deklarierenden Strafe kein Anlass besteht. Diesen Beschluss hat das Gericht gemäß §§ 2 Abs 1 Z 4 lit k, 3 Abs 1 und Abs 3 StRegG dem Strafregisteramt mitzuteilen. Eine Berichtigung des Strafregisters durch eine formlose Mitteilung im Sinne des § 5 Abs 1 StRegG kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht. Eine Berichtigung hat zur Voraussetzung, dass die im Strafregister enthaltenen Angaben über eine Verurteilung unrichtig sind, also die Eintragung nicht mit dem Entscheidungsinhalt übereinstimmt. Ist aber der dokumentierte Entscheidungsinhalt selbst unrichtig, so bedarf es zunächst der prozessordnungsgemäßen korrigierenden Entscheidung eines zuständigen Richters (eben § 410 StPO; sonst §§ 33, 292; §§ 353 ff oder §§ 363a ff StPO).