JudikaturJustiz14Os118/06v

14Os118/06v – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. November 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Roland als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günter P***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufungen der Privatbeteiligten Dragisa, Zorica, Vojislav, Dejan, Lidia-Giorgiana und Denis A***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Korneuburg vom 19. Juni 2006, GZ 712 Hv 1/06y-85, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Günter P***** der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB (1.), der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (2.) und der versuchten (richtig:) absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB (3.) schuldig erkannt. Danach hat er am 28. Jänner 2006 in Straßhof

Rechtliche Beurteilung

In der Verfahrensrüge (Z 5) bemängelt der Beschwerdeführer die Abweisung mehrerer Beweisanträge. Durch diese bekämpften Zwischenentscheidungen wurden aber Verteidigungsrechte nicht hintangesetzt.

Der Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheins (S 278 f/III) legte nicht dar, weshalb über die Analyse zahlreicher auch Übersichtsaufnahmen beinhaltender Lichtbilder vom Tatort (ON 45a) hinausgehend dessen Besichtigung notwendig wäre, um die Schuldfrage unter besonderer Berücksichtigung der auf die baulichen Gegebenheiten abstellenden Verantwortung des Rechtsmittelwerbers klären zu können. Weshalb die Einvernahme sämtlicher Hausparteien zum Beweis einer Lärmbelästigung und diesbezüglicher Beschwerden schuldrelevant sein sollte, wurde im Beweisbegehren (S 279/III) nicht dargetan. Das Vorbringen, durch den Nachweis derartiger Lärmerregung könnte auch die Unrichtigkeit der Aussagen von Vojislav, Dejan und Zorica A***** sowie Dobric S***** erwiesen werden, ließ offen, inwieweit dadurch die Angaben dieser Zeugen zu schulderheblichen Umständen in Zweifel zu ziehen wären.

Der Antrag auf Einvernahme der Zeugin Dr. Elisabeth T***** zum Beweis dafür, dass anlässlich ihrer psychologischen Untersuchung des Angeklagten im September 2005 keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung feststellbar waren, übergeht, dass die gerichtlich bestellten Gutachter dieses als Beweisergebnis angestrebte Untersuchungsergebnis in ihren Befunden verwerteten (S 264 f/III und S 277 f/III), sodass sich die diesbezügliche Beweisaufnahme erübrigt. Mit der Behauptung, dieses keine Auffälligkeit zum Ausdruck bringende psychologische Attest der beantragten Zeugin dokumentiere die Unrichtigkeit der beiden Gutachtensergebnisse, wird kein Mangel zu den erstellten Befunden und Gutachten im Sinne der §§ 125 f StPO dargestellt, geht doch der Nichtigkeitswerber über die von beiden Gutachtern genau zu dieser Diskrepanz angestellten Erwägungen hinweg.

Mit der Forderung nach einer sachverhaltsbezogenen Konkretisierung der eigentlichen Zusatzfragen nach Notwehr, Notwehrüberschreitung und Putativnotwehr wird die Fragenrüge (Z 6) nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt, weil die reklamierte, auf eine spezielle Fallgestaltung abstellende Fragestellung nicht sämtliche Konstellationen eines Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes miteinschließt (vgl 13 Os 78/06d, EvBl 2006/165,862; siehe im Übrigen Schindler, WK-StPO § 313 Rz 23; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 619). Der Instruktionsrüge (Z 8) zuwider beinhaltet die Belehrung der Laienrichter auch bei der Darstellung der Putativnotwehr bzw Putativnotwehrüberschreitung durch den Verweis auf die gleiche Ausgangslage wie bei der Notwehr (S 23 und 25 iVm S 23 der Rechtsbelehrung) die Unterweisung, dass die Beurteilung der Grenzen der notwendigen Verteidigung ex ante aus der Sicht des Angegriffenen zu erfolgen hat (vgl Kienapfel/Höpfel AT11 Z 11 Rz 14 mwN). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d, 344 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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