JudikaturJustiz13Os56/07w

13Os56/07w – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Juni 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Juni 2007 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Frizberg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Markus G***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Eftim P***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. Jänner 2007, GZ 114 Hv 48/06y-68, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass werden das Urteil, welches - neben dem hinsichtlich Slavoljub Ga***** ergangenen Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht - nur in den Freisprüchen des Markus G***** und des Slavoljub Ga***** unberührt bleibt, sowie die Beschlüsse auf Widerruf einer Markus G***** gewährten bedingten Strafnachsicht und auf Verlängerung einer Slavoljub Ga***** betreffenden Probezeit aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurde Eftim P***** des Verbrechens der Geldfälschung (richtig: [zumindest] dreier Verbrechen der Geldfälschung) nach § 232 Abs 2 StGB; A/1/a und 2) schuldig erkannt.

Danach hat er „in Wien und anderen Orten" (gemeint: in Sofia) „Ende September/Oktober 2006" (im Widerspruch dazu hinsichtlich A/2: „Anfang Oktober 2006") „nachgemachtes Geld" im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten (§ 12 StGB) oder einem Mittelsmann mit dem Vorsatz übernommen, es als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen, und zwar

1/a. (zu ergänzen: in zumindest zwei Fällen; vgl US 8 f) „gefälschte" Banknoten im Nennwert von (zu ergänzen: insgesamt) 26.600 Euro von einem Unbekannten „namens ‚Zoro' bzw ‚Georgi'";

2. weitere „gefälschte" Banknoten im Nennwert von 10.300 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Soweit der Beschwerdeführer in Betreff gegen Markus G***** und Slavoljub Ga***** ergangener Schuldsprüche wegen „Bestellung" nachgemachter, von den zu A/1/a und A/2 verschiedener Banknoten im Nennwert von 23.400 Euro (B/1) mangelnde Abklärung angeblicher Widersprüche „durch weitere Befragung des Ga*****" und widersprüchliche Urteilsgründe kritisiert (Z 5 dritter Fall, der Sache nach teils Z 5a), ist er zur Anfechtung nicht legitimiert (§ 282 Abs 1 erster Satz StPO).

Dass weder ein von der Polizei mitgehörtes Telefongespräch zwischen Markus G***** und Slavoljub Ga***** noch eine bei jenem vorgenommene Hausdurchsuchung einen den Beschwerdeführer betreffenden Schuldnachweis ergeben hätte, vermag angesichts der belastenden Angaben des Slavoljub Ga***** keine erheblichen Bedenken an den den bekämpften Schuldsprüchen zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Gleiches gilt für das angebliche Fehlen von Beweisergebnissen zum Verbleib der zu A/1/a genannten Falsifikate und die Behauptung angeblich wechselnder Angaben des Slavoljub Ga***** zu deren Nennwert (S 497, 499/Bd I).

Dies führt zur Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO). Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch vom Mangel an Feststellungen zur Frage überzeugt, ob der Angeklagte bei der Übernahme der Falsifikate in Sofia (vgl § 64 Abs 1 Z 4 StGB) im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann handelte (eingehend Schroll in WK2 § 232 Rz 18); ein Mangel, der auch den gegen Markus G***** und Slavoljub Ga***** ergangenen Schuldsprüchen anhaftet, hinsichtlich welcher von keiner Seite die Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen wurde (§§ 281 Abs 1 Z 9 lit a, 290 Abs 1 zweiter Satz StPO). Aufhebung der gesamten Verurteilung und des zugleich erfolgten Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht sowie der Verlängerung einer Probezeit (§ 494a StPO) samt Verweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sind die Folge (§§ 285e erster Satz, 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO).

Im nachfolgenden Rechtsgang sind für den Fall erneuter Schuldsprüche an der zur Subsumtion herangezogenen strafbaren Handlung (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) ausgerichtete, und - bei sonstiger Nichtigkeit aus Z 5 - mängelfrei begründete (unter Umständen auch bloß Wahl )Feststellungen zu jedem Tatbestandsmerkmal zu treffen (vgl Schroll in WK2 § 232 Rz 16 ff; vgl auch Ratz, Häufige Kritikpunkte an Urteilen und staatsanwaltlichen Rechtsmitteln aus der Sicht eines OGH-Richters, RZ 2003, 194).

Für eine Verurteilung wegen Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB im Sinn des zu B/1 ergangenen Schuldspruchs von Markus G***** und Slavoljub Ga***** wegen des Versuchs, Falsifikate als unmittelbare Täter „zu übernehmen" (§ 12 erster Fall StGB), wäre erforderlich, dass der Täter seinen Entschluss, die Tat (selbst) auszuführen, durch eine dem Übernehmen unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Anders, wenn das Schöffengericht entgegen den bisherigen Urteilsannahmen von Bestimmungstäterschaft ausginge. Dann wäre die Bestimmungshandlung als Bezugspunkt der Versuchsstrafbarkeit anzusehen (vgl Schroll in WK2 § 232 Rz 27; zur Bestimmungsnähe auch:

Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 35; zur Ausführungshandlung auch:

Fuchs AT I6 29/27 ff).

Schließlich ist zu betonen, dass selbständige Taten (§ 28 Abs 1 erster Satz StGB) im Sinn des § 232 Abs 2 StGB (anders als die Manipulation großer Suchtgiftmengen; dazu instruktiv:

Kirchbacher/Schroll, Zur Rechtsprechung des OGH betreffend das SMG und die Einbringung der Ergebnisse verdeckter Ermittlungen in die Hauptverhandlung, RZ 2005, 116, 140, 170) nach Maßgabe einzelner Übernahmen voneinander abzugrenzen sind und Zahl sowie Nennwert der von ein- und derselben Übernahme betroffenen Falsifikate keine entscheidende Tatsache darstellen (vgl demgegenüber §§ 233 Abs 2, 234 Abs 2 zweiter Satz StGB, für die § 29 StGB gilt; Schroll in WK2 § 233 Rz 20, § 234 Rz 8).

Zuletzt: Die von § 389 Abs 3 StPO vorgesehene Differenzierung hinsichtlich der zu ersetzenden Kosten hat nicht im Urteil, sondern in einem davon gesonderten Beschluss zu erfolgen (vgl Lendl, WK-StPO § 389 Rz 14 f).

Rechtssätze
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