JudikaturJustiz13Os31/03

13Os31/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. April 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Philipp, Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Reichel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann G***** wegen des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Urteile des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17. Mai 2000, GZ 14 EVr 1153/99-36, und des Oberlandesgerichtes Graz vom 20. Oktober 2000, AZ 11 Bs 246/00 (ON 46 des Vr-Aktes), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Sperker, und der Verteidigerin Dr. Tonitz, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache des Landesgerichtes Klagenfurt gegen Johann G***** wegen des Vergehens nach § 311 StGB, AZ 14 EVr 1153/99, wurde das Gesetz verletzt:

1./ durch das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17. Mai 2002 (ON 36), mit welchem der Angeklagte Johann G***** des Vergehens nach § 293 Abs 2 StGB unter Nichtbeachtung der Konsumtion dieses Deliktes durch § 311 StGB schuldig gesprochen wurde, in letzterer Gesetzesstelle,

2./ durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 20. Oktober 2000, AZ 11 Bs 346/00 (ON 46 des landesgerichtlichen Aktes), soweit bereits der Nichtigkeitsberufung Berechtigung zuerkannt und schon aus diesem Grund der erstgerichtliche Schuldspruch aufgehoben und ein Freispruch gefällt wurde, in der Bestimmung des § 293 Abs 2 StGB.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17. Mai 2000, GZ 14 E Hv 232/99-36, wurde Johann G***** - abweichend vom wegen des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB erhobenen Strafantrag - des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 15. September 1998 in M***** dadurch, dass er in

einem im Namen der Gemeinde M***** an die Bezirkshauptmannschaft

Klagenfurt im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren betreffend

die Verlegung der Mi***** Landstraße (L *****) gerichteten Schreiben

unter anderem ausführte, "... wird seitens der Marktgemeinde M*****

zum Projekt 'L ***** Mi***** Straße Abschnitt S*****' mitgeteilt,

dass dem Vorhaben auf Grund der vorliegenden Beschlüsse ... des

Gemeinderates, vollinhaltlich zugestimmt wird" ein (mangels Beschlusses des Gemeinderates) falsches Beweismittel in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren gebraucht.

Der Tatrichter stellte dazu (zusammengefasst) fest (S 405 ff/II):

Der Gemeinderat der Gemeinde M***** beschloss am 25. März 1993 einstimmig das von Orts- und Regionalausschuss sowie einem Raumplanungsbüro erarbeitete örtliche Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet, wobei sich alle Beteiligten darüber im Klaren waren, dass die darin vorgesehenen Maßnahmen nur im Zusammenhang mit einer Verlegung der Mi***** Landstraße (L *****) möglich wären. Mangels entsprechender Planunterlagen waren konkrete Beschlüsse nicht möglich. Der Gemeindevorstand wurde in der Folge mehrfach mit der Umlegung der Landesstraße befasst. Am 12. März 1998 beantragte das Straßenbauamt Klagenfurt die naturschutzrechtliche Genehmigung zur Verlegung der Mi***** Landesstraße.

Die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt forderte mit Note vom 7. September 1998 die Gemeinde M***** "ungeachtet einer ihr eventuell zukommenden Parteistellung zur schriftlichen Stellungnahme zum Vorhaben an Hand der mitübermittelten Einreichungsunterlagen gemäß § 53 Abs 2 des Kärntner Naturschutzgesetzes 1986 in der Fassung des LGBl Nr 21/1997" mit dem Hinweis auf, dass nach der genannten Gesetzesstelle Gemeinden, in deren Gemeindegebiet eine Maßnahme oder ein Vorhaben ausgeführt werden soll, das nach dem Naturschutzgesetz einer Bewilligung bedarf, im Verfahren zu hören sind. In Beantwortung dieser Aufforderung übermittelte Johann G*****, der Bürgermeister der Gemeinde M***** ist, in deren Namen das von ihm unterfertigte, inkriminierte Schreiben vom 15. September 1998 an die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt. Hiebei handelte er im Bewusstsein, die Stellungnahme im Namen der Marktgemeinde in einem anhängigen verwaltungsbehördlichen Verfahren zu erstatten, und zwar zu einem Projekt, zu welchem mangels konkreter Pläne über die Verlegung der Mi*****-Landstraße im Bereich S***** zwar Beschlüsse des Gemeindevorstandes, nicht aber des Gemeinderates gefasst worden waren. Er hielt es hiebei zumindest für ernstlich möglich, dass die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt von der Richtigkeit seiner Erklärung ausgehen würde, und fand sich damit ab; ihm ging es "offensichtlich" darum, durch die Vorgabe, es lägen Gemeinderatsbeschlüsse hinsichtlich des Projektes vor, der Stellungnahme mehr Gewicht zu verleihen (Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite S 411 zweiter Absatz, 425 dritter und letzter Absatz, 429 ganz unten und f, jeweils II).

Nach den weiteren Konstatierungen des Erstgerichtes machte Dieter K*****, ein Mitglied des Gemeindevorstandes, den zuständigen Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt darauf aufmerksam, dass die behaupteten Gemeinderatsbeschlüsse tatsächlich nicht vorlagen. Die Marktgemeinde M***** wurde deswegen zu einer ergänzenden Stellungnahme aufgefordert und ihr "zudem die Möglichkeit zur Stellungnahme als Partei eingeräumt". Johann G***** erstattete hierauf namens der Gemeinde M***** Stellungnahmen an die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt, und zwar am 7. Oktober 1998 "im Rahmen des Parteiengehörs" unter Erklärung, dass diese neue die erste Fassung vom 15. September 1998 ersetze, sowie am 19. Oktober 1998 "zum Verfahren und als Verwalterin des öffentlichen Gutes" (in letzterer Eigenschaft kam der Gemeinde als Grundeigentümerin Parteistellung zu). In diesem im Wesentlichen identen Schreiben verwies er auf die mehrmalige Befassung (nur) des Gemeindevorstandes mit dem jeweiligen Projektstand und auf dessen einhellige Zustimmung zur Straßenverlegung.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 7. Dezember 1998, Zl 20.027/98-III, wurde dem Antrag des Straßenbauamtes Klagenfurt auf naturschutzrechtliche Genehmigung zur Verlegung der Mi*****straße nicht Folge gegeben, wobei unter anderem darauf hingewiesen wurde, die Willenserklärung der Marktgemeinde M*****, mit welcher ein öffentliches Interesse am Vorhaben dokumentiert worden sei, sei dahingehend einzuschränken, dass lediglich die Beschlüsse des Gemeindevorstandes, offensichtlich nicht jedoch Beschlüsse des Gemeinderates existierten. Dies schmälere das Gewicht der öffentlichen Interessen. Dieser Bescheid wurde vom Amt der Kärntner Landesregierung allerdings ersatzlos aufgehoben, weil dem antragstellenden Straßenbauamt Klagenfurt keine Rechtspersönlichkeit zukam.

Am 22. Februar 1999 kam es (erst) zu einer dem Projekt zustimmenden Beschlussfassung des Gemeinderates. Zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz war das bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt neuerlich anhängig gemachte naturschutzrechtliche Bewilligungsverfahren noch nicht abgeschlossen.

Rechtlich stufte das Erstgericht die inkriminierte Stellungnahme vom 15. September 1998 als zwar echte, im Hinblick auf die behauptete Existanz von Beschlüssen des Gemeinderates jedoch inhaltlich unrichtige ("Lug"-)Urkunde ein, die geeignet war, daraus von der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt zu ziehende Schlussfolgerungen in eine falsche Richtung zu lenken. Es beurteilte daher die Vorlage dieses Schreibens im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren - in Abweichung vom wegen des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB erhobenen Strafantrag, jedoch (dem Hauptverhandlungsprotokoll ON 35 zufolge) ohne Anhörung der Parteien über den geänderten rechtlichen Gesichtspunkt (§ 262 StPO) - als Vergehen nach § 293 Abs 2 StGB. Gründe für die Nichtannahme des unter Anklage gestellten Tatbestandes nach § 311 StGB sind dem Urteil im Übrigen nicht zu entnehmen.

Der vom Angeklagten gegen diesen Schuldspruch (unter anderem wegen Nichtigkeit) erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Graz mit Urteil vom 20. Oktober 2000, AZ 11 Bs 346/00 (ON 46 des Vr-Aktes), aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO (iVm § 468 Abs 1 Z 4 und § 489 Abs 1 StPO) Folge, hob den Schuld- und Strafausspruch auf und fällte einen Freispruch von dem vom Strafantrag erhobenen, auf § 311 StGB gegründeten Vorwurf; die Staatsanwaltschaft wurde mit ihrer allein gegen den Strafausspruch erhobenen Berufung (ebenso wie der Angeklagte mit seiner weiteren Berufung) auf den Freispruch verwiesen.

Zur Begründung führte das Berufungsgericht aus, dass der Äußerung vom 15. September 1998 im Wesentlichen nicht der Charakter eines im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Beweisverfahrens eingesetzten Beweismittels zukomme. Sie stelle in erster Linie eine Parteienerklärung dar, ein allenfalls darin enthaltener Beweiswert für die Dartuung der Interessen der Gemeinde trete gegenüber dem Erklärungswert im Rahmen des Naturschutzverfahrens des Landes in den Hintergrund. Dass der Erklärung der Gemeinde als Partei quasi Begutachtungscharakter zukäme, sei dem Kärntner Naturschutzgesetz nicht zu entnehmen, "dies weder im Rahmen der Parteistellung nach § 53 Abs 2 (wohl gemeint: 2. Satz) und schon gar nicht nach § 53 Abs 1 leg cit" (nach der Aktenlage war der Gemeinde allerdings die Parteistellung nicht nach diesen Bestimmungen, sondern als nach § 51 Kärntner Naturschutzgesetz zustimmungsberechtigter Grundeigentümerin neben dem der Gemeinde gemäß § 53 Abs 2 erster Satz dieses Gesetzes zustehenden Anhörungsrecht eingeräumt). Die in diesem Zusammenhang vom Angeklagten als Bürgermeister für die Gemeinde abgegebene Äußerung habe daher auch gar nicht dazu dienen können, eine Behörde von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Behauptung zu überzeugen.

Rechtliche Beurteilung

In der von ihm gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes behauptet der Generalprokurator, dass das Gesetz durch das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt in der Bestimmung des § 311 StGB, durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in jener des § 293 StGB verletzt worden sei, und ist damit im Recht.

Wie die Beschwerde nämlich zutreffend ausführt, ist tatbildlich im

Sinne des § 311 StGB die fälschliche Beurkundung (ua) einer Tatsache

in einer öffentlichen Urkunde durch einen Beamten, in dessen

Amtsbereich die Ausstellung fällt; subjektiv muss der Beamte mit

einem (über die Erfassung dieser Merkmale hinaus) auf den Gebrauch

der Urkunde zum Beweis der Tatsache im Rechtsverkehr bezogenen

Vorsatz handeln. Eine den besonderen Schutz des § 311 StGB genießende

öffentliche Urkunde liegt dann vor, wenn sie von einem Beamten in Ausübung seines Amtes ausgestellt und ihrer Art, ihrem Inhalt und ihrer spezifischen rechtlichen Zweckbestimmung nach derart beschaffen ist, dass ihr eben deswegen, weil sie von einem Beamten kraft seiner Amtsbefugnis ausgestellt worden ist, erhöhte Bestands-(Beweis-)garantie zukommt (Kienapfel WK2 § 224 Rz 15, 12 Os 145/81 mit weiteren Belegstellen).

Der Gemeinde M***** kam im Naturschutzverfahren nicht nur wie allen anderen - nach § 51 Kärntner Naturschutzgesetz zustimmungsberechtigten - Grundeigentümern Parteistellung, sondern überdies ein Anhörungsrecht im Sinne des ersten Satzes § 53 Abs 2 leg cit zu: Nach der für das Naturschutzverfahren in concreto relevanten - hier kurz zusammengefassten - Bestimmung des § 10 Abs 3 des erwähnten Landesgesetzes dürfen Ausnahmen von dem im § 8 zum Schutz der Feuchtgebiete ergangenen Verbot von den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig gefährdenden Maßnahmen nur bei Ausschluss einer nachteiligen Beeinflussung des Landschaftsbildes oder nachhaltigen Beeinträchtigung des Naturhaushaltes oder Landschaftscharakters (lit a) oder bei höherer Bewertung des öffentlichen Interesses an der Maßgabe unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls gegenüber dem Schutzinteresse (lit b) bewilligt werden. Dient eine Äußerung der Gemeinde der Prüfung und Abwägung solcher Interessen, kann sie nicht als Ausübung bloßer Privatwirtschaftsverwaltung angesehen werden; ist doch die Gemeinde nach § 2 Abs 2 lit a des Kärntner Naturschutzgesetzes verpflichtet, im Rahmen der Besorgung der ihr nach landesrechtlichen Vorschriften obliegenden Aufgaben für den Schutz und die Pflege der Natur zu sorgen. Ihr Anhörungsrecht ist sohin hoheitlicher Natur. Im Sinne des § 34 Abs 1 und 2 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung (K-AGO) obliegt die Abgabe von Äußerungen der Gemeinde auf Grund von gesetzlich begründeten Anhörungsrechten ebenso wie die Wahrnehmung aller Parteienrechte im Verwaltungsverfahren ausschließlich dem Gemeinderat als dem obersten Organ in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Zu ihrer Vertretung nach außen ist nach § 69 Abs 1 dieses Gesetzes der Bürgermeister berufen. Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt setzt sich in Verkennung des Tatbestandes des § 311 StGB darüber hinweg, dass Johann G***** als Bürgermeister, sohin als zur Vertretung der Gemeinde nach außen befugter Beamter, mit dem in seinem Amtsbereich ausgestellten, im Naturschutzverfahren der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vorgelegten und damit über Außenwirkung verfügenden Schreiben vom 15. September 1998 wahrheitswidrig die Existenz eines (zustimmenden) Beschlusses des zur Willensbildung hinsichtlich der geforderten Äußerung allein zuständigen Gemeinderates bestätigt hat. Einer solchen Urkunde kommt nach Art und Inhalt eine wesentlich höhere (Echtheits- und) Beweisgarantie zu als einer gleichartigen Privaturkunde; dies umso mehr auf Grund der materiellen Bedeutung und des rechtlichen Zwecks der darin behaupteten Willensäußerung des Gemeinderates. Aus den oben angestellten, auf § 10 Abs 3 Kärntner Naturschutzgesetz fußenden Erwägungen ist nämlich insbesondere im Hinblick auf die ausdrückliche Bezugnahme auf § 53 Abs 2 dieses Gesetzes im Aufforderungsschreiben der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 7. September 1998 zu folgern, dass die Beantwortung dieser Aufforderung (jedenfalls auch) eine in Ausübung der Hoheitsverwaltung abzugebende Erklärung enthielt. Eine Feststellung zur subjektiven Tatseite, wonach der Angeklagte ungeachtet jenes Hinweises in der von ihm beantworteten Aufforderung der irrigen Auffassung gewesen sein könnte, lediglich die Ausübung eines auch privaten Grundstückseigentümern zustehenden Parteirechtes durch die Gemeinde (tatsachenwidrig) zu beurkunden, wurde vom Erstgericht nicht getroffen (und ist durch die Aktenlage auch nicht indiziert). Da sich aus dem Urteilssachverhalt somit die Erfüllung nicht nur der objektiven, sondern auch der subjektiven Voraussetzungen des § 311 StGB ergab, erging der erstgerichtliche Schuldspruch wegen des von diesem Tatbestand konsumierten (vgl Mayerhofer StPO5 Anm 4), mit geringerer Strafe bedrohten Vergehens der Fälschung eines Beweismittels rechtsfehlerhaft.

Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, der zufolge bei einer in Ausübung eines (hoheitlichen) Anhörungsrechtes und des Parteiengehörs erstatteten Stellungnahme der Beweismittelcharakter (Beweiswert) gegenüber dem Wert als Parteierklärung völlig vernachlässigt werden könnte, beruht auf einer Verkennung des hoheitlichen Charakters des Anhörungsrechtes und der oben erwähnten hohen Garantiewirkung der öffentlichen Urkunde. Soweit das Berufungsgericht auf Grund dieser Ansicht nicht einmal den Tatbestand des § 293 Abs 2 StGB als verwirklicht ansah, ist ihm zwar einzuräumen, dass unwahre Vorbringen oder Behauptungen von Verfahrensparteien im Allgemeinen nicht als tatbildlich nach dieser Gesetzesstelle in Betracht kommen, weil sie in der Regel nicht als Beweismittel (geeignet und) bestimmt sind. Anders verhält es sich jedoch mit - von wem auch immer stammenden - unwahren schriftlichen Erklärungen, denen Beweisrelevanz (hier: für das Ergebnis der vom Gemeinderat vorzunehmenden Interessensabwägung) zugedacht wird und auch zukommt (in diesem Sinne ist auch die Entscheidung JBl 1995, 386 zu verstehen; siehe insbesondere S 389). Das Berufungsgericht hätte daher - vom erstgerichtlichen Sachverhalt ausgehend - nicht bereits der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO (iVm § 468 Abs 1 Z 4 und § 489 Abs 1 StPO) gestützten Nichtigkeitsberufung des Angeklagten Berechtigung zuerkennen dürfen, sondern auf das übrige Berufungsvorbringen eingehen müssen.

Im Hinblick auf den Freispruch des Johann G***** musste es mit der Feststellung der Gesetzesverletzungen sein Bewenden haben.