JudikaturJustiz13Os172/96

13Os172/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Dezember 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Dezember 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Mayrhofer, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Heißenberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann W***** wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 23. Jänner 1996, GZ 12 Vr 643/95-9, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Johann W***** wurde (zu I.1. und 2.) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie (zu II.) des Vergehens nach § 56 Abs 1 Z 1 LMG schuldig erkannt.

Darnach hat er, mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz und in der Absicht auf Verschaffung einer fortlaufenden Einnahme durch das Begehen schwerer Betrügereien unter Benützung eines falschen Beweismittels, verschiedene (teils namentlich genannte) Personen zum Kauf von Schweinefleisch verleitet (I.2.) und zu verleiten versucht (I.1.), durch die Vorgabe, es sei eine Schlachttier- und Fleischuntersuchung (= "Fleischbeschau") durchgeführt worden, während er selbst das Fleisch jeweils mit einem nachgemachten "Beschaustempel" versah; der Gesamtschaden sollte (jedenfalls) 25.000 S übersteigen (Lieferung von zehn Spanferkel am 22.Juni 1995 an Franz D*****, I./1., sowie von Juli 1994 bis Juni 1995 Verkauf von monatlich drei Schweinen an Unbekannte, I./2.).

Durch den Verkauf von zehn Spanferkel an Franz D***** (I.1.) hat der Angeklagte überdies vorsätzlich gesundheitsschädliche Lebensmittel, nämlich Schweinefleisch in Verkehr gebracht, das von krass ekelerregender Beschaffenheit war, weil es als untauglich zu beurteilende Tierkörperteile wie Augen und Ohrenausschnitte enthielt und Schweineleber und -lungen krankhafte Veränderungen wie Pleuritis, Pneumonie und Milkyspots aufwiesen (II.).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist schon mit ihren Verfahrens- und Mängelrügen (Z 4 und 5) im Recht.

Die beantragten Zeugenbeweise (Vernehmung der zuständigen Tierärzte) wären nämlich zur Feststellung des Bereicherungsvorsatzes zielführend gewesen, kommt es im vorliegenden Fall doch darauf an, ob der Angeklagte den nachgemachten "Beschaustempel" stets dafür verwendet hat, um Schweinefleisch, das als untauglich (§§ 28, 30 FleischuntersuchungsG) zu beurteilen gewesen wäre, zu verkaufen bzw zu liefern, anstatt es vorschriftsmäßig (s §§ 30 ff, FleischuntersuchungsV) zu verwerten. Darüber hinaus ergibt sich aus dem abgelehnten Beweisantrag, daß er auch zum Nachweis dafür dienen sollte, daß zumindest Teile der gesundheitsschädlichen Lebensmittel (II.), deren Inverkehrsetzen dem Angeklagten angelastet wird, gar nicht von ihm stammen. Eine Begründung für die Abweisung dieses Antrages ist weder im Protokoll über die Hauptverhandlung enthalten, noch wurde sie im Urteil nachgeholt. Die Unterlassung dieser Beweisdurchführung hat Verteidigungsrechte des Angeklagten beeinträchtigt, sodaß das Urteil bereits mit der diesfalls geltend gemachten Nichtigkeit behaftet ist.

Die Mängelrüge (Z 5) führt zutreffend aus, daß das Erstgericht keine Begründung für die Feststellung des 25.000 S übersteigenden Betrugsschadens gab. Allein der bei dem (mangels Bezahlung des Kaufpreises durch den Käufer, US 6) beim Versuch gebliebenen Faktum I.1. angeführte Kaufpreis von 7.965 S für 10 Spanferkel reicht dafür nicht. Mangelt es dem Urteil doch überdies an Ausführungen, daß dieser Verkaufspreis auch jenem zum Faktum I.2. entsprach.

Die Feststellung des Bereicherungsvorsatzes ist überdies durch die Erteilung eines Auftrags zur Nachmachung eines "Beschaustempels" durch den Angeklagten (US 7) nur mangelhaft begründet. Damit wird nämlich noch kein Zusammenhang in die Richtung aufgezeigt, daß der Verkauf von mit dem Abdruck eines nachgemachten Beschaustempels versehenem Schweinefleisch den Angeklagten nach seinen Vorstellungen um den gesamten Fleischpreis bereichern sollte (etwa weil dieses bei vorschriftsmäßiger Untersuchung nicht verkäuflich gewesen wäre, siehe zu Z 4). Fehlt doch eine ausreichende Erörterung der Verantwortung des Angeklagten, er habe den nachgemachten Beschaustempel nur dann verwendet, wenn der zuständige Tierarzt die Schlachttieruntersuchung nicht termingerecht durchgeführt habe.

Auch die im Urteil angestellten Überlegungen der Erlangung eines etwaigen Steuervorteils vermögen Feststellungen zum (betrügerischen) Bereicherungsvorsatz nicht zu tragen, liegen doch in dieser Richtung keinerlei Verfahrensergebnisse vor (vgl auch § 22 Abs 2 FinStrG). Ferner ist die (im Urteil im übrigen gar nicht angestellte) bloße Annahme, der Angeklagte habe sich die Beschaugebühr (35 S je Schwein) ersparen wollen, nicht geeignet, Feststellungen in Richtung eines betrügerischen Vorsatzes ausreichend zu tragen (s auch Kienapfel II3 § 146 RN 223).

Entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen liegt jedoch im Benützen eines nachgemachten "Fleischbeschaustempels" (= eines öffentlichen Beglaubigungszeichens gemäß § 34 Abs 3 FleischuntersuchungsG) bei der Begehung eines Betruges die Qualifikation zum schweren Betrug nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB vor (Kienapfel BT aaO § 147 RN 53c) aa).

Das angefochtene Urteil war daher bereits wegen der aufgezeigten Verfahrens- und Begründungsmängel aufzuheben. Da eine neue Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO).

Im zweiten Rechtsgang wären bei einem abermals gleichartig umfassenden Schuldspruch wegen Betruges auch entsprechende Feststellungen zum Schädigungsvorsatz geboten. Die Benachteiligung des Käufers von "unbeschautem" Fleisch (das an sich "tauglich" wäre) wird idR schon durch die Bestrafung nach dem FleischUntersuchungsG - soferne die Tat nicht mit strengerer Strafe (hier: nach § 225 StGB) bedroht ist - abgegolten (vgl ÖJZ-LSK 1981/55). Nur wenn zudem feststeht, daß das "unbeschaute" Fleisch für den Käufer wertlos und unverwertbar ist (zB: wegen Gesundheitsschädlichkeit) ist ein entsprechender Vermögensschaden gegeben. Zwar bewirkt die fehlende "Beschau" des betreffenden Fleisches dessen Verkehrsunfähigkeit, deshalb allein aber nicht eo ipso dessen Wertlosigkeit und Unverwertbarkeit (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 146 RN 41 a).