JudikaturJustiz12Os74/78

12Os74/78 – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. August 1978

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.August 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Seidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128

Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 12 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17.Februar 1978, GZ. 2 c Vr 329/78-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Verlesung der schriftlichen Rechtsmittelausführungen des Verteidigers Dr. Rudolf Hintermayer und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Friedrich A wird, soweit sie sich gegen den Schuldspruch Punkt III) wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 1, 224 StGB richtet, Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in diesem Schuldspruch und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfange der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Friedrich A wird von der Anklage, er habe im Frühjahr 1977 in Wien gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten, bisher nicht ausgeforschten 'Andy' eine echte Urkunde, nämlich den Führerschein des Franz B, den er vom mittlerweile verstorbenen Kurt Max C gekauft habe, durch Austausch des Lichtbildes mit dem Vorsatz verfälscht, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache, daß der Führerschein für ihn ausgestellt sei, gebraucht werde, er habe hiedurch das Vergehen der Fälschung besonders geschützhabe hiedurch das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den § 223 Abs. 1, 224 StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Friedrich A wird für die ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruches zu I./, II./ und IV./ zur Last liegenden strafbaren Handlungen unter Anwendung des § 28 StGB und unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.Dezember 1977, AZ. 7 a E Vr 9328/77, nach § 31, 40 StGB gemäß § 164 Abs. 3 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.Jänner 1949 geborene (zuletzt beschäftigungslose) Zeitschriftenvertreter Friedrich A I./ des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 12 StGB, II./ des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und Abs. 3 StGB, III./ des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den § 223 Abs. 1, 224 StGB, IV./ des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Dieser Schuldspruch gründet sich auf nachstehende Tatsachenfeststellungen.

zu I./ In der Nacht vom 24. zum 25.Mai 1977 trug der Angeklagte in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Beteiligten Josef D zur Ausführung des von dem weiters gesondert verfolgten Rudolf E in derselben Nacht in Wien begangenen Diebstahls des PKW des Günther F, Marke Fiat 124, Kennzeichen N 644.682, im Werte von ca. 10.000 S dadurch bei, daß er zusammen mit Josef D Rudolf E aus Deutsch-Wagram nach Wien begleitete, dort nach einem für den Diebstahl geeigneten PKW suchte und Rudolf E einen günstigen Parkplatz zum Anbringen der Kennzeichentafeln des PKW des Josef D auf dem gestohlenen PKW nannte (Punkt I) 1) des Schuldspruches).

Am 2.Juli 1977 verübte der Angeklagte in Scharzenau, neuerlich in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Josef D, den Diebstahl des PKW der Erika G, Marke VW 11, Kennzeichen N 722.546, im Werte von ca. 40.000 S durch Sperre mit dem am 13.Juni 1977 vom gleichfalls gesondert verfolgten Franz H gestohlenen Originalschlüssel (Punkt I)

2) des Schuldspruches).

zu II./: Am 3.Juni 1977 (nach den Urteilsgründen vom 4.Juni 1977) brachte Friedrich A einen von Josef D bei einem bewaffneten Raubüberfall auf die Länderbankfiliale in Wien erbeuteten Geldbetrag von 18.000 S in Kenntnis dessen Herkunft an sich.

zu III./: Im Frühjahr 1977 ließ Friedrich A durch den bisher nicht ausgeforschten Beteiligten 'Andy' den Duplikatführerschein des Franz B durch Austausch dessen Lichtbildes durch sein eigenes verfälschen, um die verfälschte öffentliche Urkunde als für ihn ausgestellt zu gebrauchen.

Bis zum 23.September 1977 trug der Angeklagte den verfälschten Führerschein gleichsam als seine Lenkerberechtigung bei sich. Im Anschluß an einen an diesem Tage von ihm verschuldeten Verkehrsunfall, bei welchem ein gewisser Franz I tödlich verunglückte, warf der Angeklagte den verfälschten Führerschein in der Gegend von Bruck a.d. Leitha weg, ohne sich damit ausgewiesen zu haben (vgl. S 179 f, 199 f, Beil. A zu ON 20).

zu IV./: Schließlich hat der Angeklagte in verschiedenen Zeiträumen im Jahre 1977 drei Faustfeuerwaffen unbefugt besessen und geführt. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch zu Punkt I und III mit einer auf die Z 3, 5, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, im Strafausspruch mit Berufung, wobei allein der gegen den Schuldspruch zu Punkt III gerichteten Beschwerde Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Zum Schuldspruch Punkt I):

Der, aus dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe der Z 3 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Beschwerdeeinwand, das Ersturteil habe 'im Spruch zu Punkt I) nicht genau konkretisiert, was Einbruchsdiebstahl ist und was nicht', und es sei undeutlich, weil es nicht zu Punkt I) 1), wohl aber zu Punkt I) 2) einen 'Einbruchsdiebstahl' annehme, diese Unterscheidung aber nicht im 'Urteilsspruch' mache, sondern den Angeklagten zu Punkt I) 'global' des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch schuldig spreche, geht aus mehreren Gründen fehl.

Zunächst widerspricht der Vorwurf mangelnder Konkretisierung (§ 260 Abs. 1 Z 1, 281 Abs. 1 Z 3 StPO) dem Urteilsinhalt. Denn der Urteilsspruch führt die für die Qualifikation nach dem § 129 Z 1 StGB maßgeblichen Tatumstände (Eindringen in ein Transportmittel mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel) nur im Faktum I) 2) an. Aus den Urteilsgründen folgt ausdrücklich, daß das Erstgericht im Falle Punkt I) 1) Qualifikationsumstände im Sinne des § 129 StGB nicht für gegeben annahm (S 202 unten, 203 oben). Es kann daher auch von einer Undeutlichkeit der Begründung keine Rede sein. Im übrigen wäre eine bloß gegen den Urteilsspruch erhobene und dessen Formulierung tadelnde Mängelrüge verfehlt, weil sich diese nur gegen die Urteilsgründe richten kann (EvBl. 1972/17; 10 Os 186, 201,202/77 u. a.).

Soweit das Beschwerdevorbringen dahin verstanden werden kann, daß das Erstgericht die nur hinsichtlich des Faktums Punkt I) 2) vorliegende Qualifikation nach dem § 129 Z 1 StGB auch in der rechtlichen Unterstellung der Diebstähle im Spruche hätte zum Ausdruck bringen sollen, macht der Beschwerdeführer der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO geltend. Auch dieser Einwand versagt. Denn die Wiederholung der Diebstähle, ein Fall der sogenannten gleichartigen Realkonkurrenz wert- oder schadensqualifizierter Delikte, unterliegt einer einheitlichen rechtlichen Subsumtion, bei welcher Unterschiede hinsichtlich des Vorliegens von Qualifikationsgründen nur in Ansehung einer oder einzelner der zusammentreffenden Straftaten nicht zu treffen sind (vgl. insbesondere ÖJZ-LSK 1978/58; Rittler I 341).

Somit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde in Ansehung des Punktes I) des Schuldspruches als nicht begründet.

Zum Schuldspruch Punkt III):

Bereits der auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten, das Vorliegen tätiger Reue nach dem § 226 Abs. 1 StGB geltend machenden Rechtsrüge des Beschwerdeführers zum Schuldspruch wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den § 223 Abs. 1, 224 StGB kommt aber Berechtigung zu.

Gemäß dem § 226 Abs. 1 StGB wird u.a. ein im Sinne der § 223 Abs. 1 (224) StGB tatbildliches Verhalten durch tätige Reue, d.i. durch freiwillige Vernichtung der Urkunde vor ihrem Gebrauch im Rechtsverkehr (in der in den § 223, 224 StGB bezeichneten Weise) oder durch andere Beseitigung der Gefahr des Gebrauches, straflos (vgl. auch Foregger-Serini StGB2 S 383 Erl. I).

Diese Voraussetzungen sind gegenständlich zu bejahen, weil der Angeklagte nach den Urteilsannahmen den verfälschten Führerschein, ohne sich damit ausgewiesen zu haben, am 23.September 1977 weggeworfen hat, womit - da nach der vom Erstgericht seinen Feststellungen zugrundegelegten unwiderlegten Verantwortung des Angeklagten dies in einem Feld geschehen sein soll (S 57, 180, 189, 198, 200) - die Gefahr des Gebrauches der Urkunde beseitigt war, und weil nach der Aktenlage keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Tat bereits entdeckt gewesen oder aus anderen Gründen die Derelinquierung der Urkunde nicht freiwillig - ohne physischen oder psychischen Zwang (Leukauf-Steininger 1000) - geschehen wäre. Aus diesen Gründen ist der Schuldspruch des Angeklagten wegen des Vergehens der Verfälschung besonders geschützter Urkunden nach den § 223 Abs. 1, 224 StGB nicht zu Recht erfolgt, weshalb, ohne auf die übrigen Beschwerdeausführungen des Angeklagten zum selben Schuldspruch eingehen zu müssen, diesbezüglich mit einem Freispruch vorzugehen war.

Bei der nach den im Spruche genannten Gesetzesstellen vorzunehmenden Neubemessung der Zusatzstrafe konnte der Oberste Gerichtshof von den vom Erstgericht im wesentlichen vollständig und richtig erkannten Strafzumessungsgründen ausgehen.

Trotz des Wegfalles des nach Lage des Falles nicht besonders in Gewicht fallenden Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 1, 224 StGB bestand kein Anlaß, dem Begehren des Angeklagten auf Herabsetzung der Freiheitsstrafe zu entsprechen, da im Hinblick auf seine Persönlichkeit (asozialer Zuhältertyp), der Wirkungslosigkeit bisheriger Abstrafungen (rascher Rückfall und Eignung der Vermögensdelikte im Sinne des § 39 StGB) und des Unrechtsgehaltes der Straftaten es einer Gesamtstrafe von 3 (drei) Jahren bedarf, um durch einen längeren Strafvollzug nach Möglichkeit eine Resozialisierung zu erreichen (§ 20 Abs. 1 StVG).

Es war daher wie im Spruche zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.