JudikaturJustiz12Os71/99

12Os71/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. September 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mittermayr als Schriftführer, in der Strafsache gegen Zlata R***** wegen des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Raub nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 19. März 1999, GZ 15 Vr 213/99-10, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Plöchl, der Angeklagten Zlata R***** und des Verteidigers Dr. Röder, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Zlata R***** (I./1.) des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Raub nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB, (I./2.) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, als Bestimmungstäterin nach § 12 zweiter Fall StGB und (II.) des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Soweit im Rechtsmittelverfahren von Relevanz hat sie in Fischamend

I./1. im Juli 1998 Roland D***** mehrfach zu einem Raubüberfall auf die B*****-Tankstelle in S***** zu bestimmen versucht, indem sie ihn jeweils aufforderte, die Kassierin Andrea B***** auf die Toilette der Tankstelle zu locken, sie dort niederzuschlagen und anschließend die Tageslosung aus dem Tresor der Tankstelle zu rauben, wobei sie ihm die Lokalitäten, insbesondere hinsichtlich Tresor und Verwahrung der Tresorschlüssel genauestens beschrieb und sich überdies erbötig machte, ihn mit dem PKW zur Tankstelle zu bringen und ihm Raubutensilien, nämlich eine Haube und eine Sonnenbrille zur Maskierung sowie eine Spielzeugpistole zur Verfügung zu stellen;

II. zu einem nicht mehr genau festzustellenden Zeitpunkt Andrea B***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß sie in einem anonymen Telefonanruf gegenüber der Bundespolizeidirektion Schwechat behauptete, Andrea B***** würde Begutachtungsplaketten ohne vorhergehende Überprüfung verkaufen und dadurch dazu beitragen, daß diese ohne Überprüfung an Fahrzeugen befestigt werden, die Genannte mithin einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des "Vergehens der Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen als Beitragstäterin nach §§ 12 dritter Fall, 225 Abs 1 StGB" falsch verdächtigt, wobei sie wußte (§ 5 Abs 3 StGB), daß diese Verdächtigung falsch war.

Der gegen den zuerst bezeichneten Schuldspruch (I/1) aus Z 5, 5a, 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem Hinweis der Tatsachenrüge (Z 5a) auf mehrere, den wesentlichen Tatvorwurf allerdings nicht tangierende Divergenzen in den verschiedenen Aussagen des Roland D***** und der Behauptung, dessen belastende Angaben seien auf die - nach Auffassung der Beschwerdeführerin - suggestive Art seiner Befragung in der Hauptverhandlung zurückzuführen, remonstriert die Angeklagte gegen die erstgerichtliche Beurteilung der Glaubwürdigkeit des betreffenden Zeugen, vermag damit aber gegen die tragenden Urteilsannahmen bei Bedachtnahme auf die vom Schöffengericht im gegebenen Zusammenhang aktenkonform verwertete Gesamtheit der Beweisergebnisse (US 7) keine erheblichen Bedenken zu erwecken. Dies umsoweniger, als wesentliche Belastungsdetails, etwa die Erteilung genauer Informationen über den Firmentresor von der Angeklagten gar nicht bestritten wurden (86).

Der ins Zentrum der Rechtsrüge (Z 9 lit a) gerückte Umstand, daß die Beschwerdeführerin nach den Urteilsannahmen an der Ausführung des geplanten Raubes durch Leistung von Chauffeurdiensten und Ausstattung des unmittelbaren Täters mit Raubutensilien mitwirken und dadurch einen Tatbeitrag im Sinne des § 12 dritter Fall StGB leisten wollte, vermag die daraus abgeleitete Straflosigkeit des ihr angelasteten Bestimmungsversuches nicht zu rechtfertigen. Denn diese älterer Judikatur entsprechende Rechtsauffassung wurde vom Obersten Gerichtshof mittlerweile im wesentlichen mit dem Argument aufgegeben, daß eine derartige Gesetzesinterpretation schon im Wortlaut des § 12 StGB keine Deckung findet, - das Gesetz stellt nur auf die Bestimmung eines anderen zur Ausführung der strafbaren Handlung als unmittelbarer Täter ab und differenziert nicht, ob dieser andere als Alleintäter (mit Unterstützung des Bestimmenden durch einen sonstigen Tatbeitrag) oder als Mittäter (gemeinsam mit dem Bestimmenden) handeln soll - und überdies aus teleologischen Gründen zur Vermeidung eines Wertungswiderspruches abzulehnen ist. Daß nämlich die versuchte Bestimmung eines anderen gerade dann straflos sein sollte, wenn sich der Bestimmende selbst an der strafbaren Handlung, sei es als Beitrags- oder Mittäter, beteiligen will, während er sich strafbar macht, wenn seine kriminelle Energie demgegenüber zu eigener Mitwirkung nicht ausreicht, und er sich deshalb auf die Bestimmung des unmittelbaren Täters beschränkt, liefe auf eine aus welcher Sicht auch immer inakzeptable Unausgewogenheit hinaus. Erweist sich doch der Grund für eine Pönalisierung der Bestimmungstäterschaft, nämlich die rechtlich mißbilligte gezielte Einflußnahme auf den Willen eines anderen, der zur Tatausführung jedenfalls nicht fest entschlossen ist, in beiden Fällen als gleichermaßen gegeben.

Das erfolglose Anwerben eines Komplizen ist demnach nicht generell, sondern nur dann straflos, wenn es sich auf einen Beitragstäter bezieht (14 Os 15/94 = EvBl 1995/45; Hager/Massauer im WK § 16 Rz 177 bis 179, 185, 188, 190, 193).

Somit hat das Erstgericht die mehrfachen und intensiven (mißlungenen) Bemühungen der Angeklagten um Anwerbung des Roland D***** als unmittelbaren Täter zu dem im Schuldspruch laut Punkt I/1 angeführten Raub trotz ihrer geplanten sonstigen Beteiligung im Sinn des § 12 dritter Fall StGB rechtsrichtig als strafbaren Bestimmungsversuch zum Verbrechen des Raubes nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB beurteilt.

Die Beschwerde geht aber auch insoweit fehl, als sie mit dem Hinweis darauf, daß die Angeklagte nach Auflösung der Lebensgemeinschaft mit Roland D***** keine weiteren Bestimmungsversuche mehr unternahm, den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB mit der Begründung für sich reklamiert (der Sache nach allein Z 9 lit b), sie habe durch dieses Verhalten die Tatausführung freiwillig aufgegeben bzw durch Unterlassung weiterer Anwerbungsversuche verhindert.

Die Angeklagte hatte nach den Urteilskonstatierungen (US 5) - von der Beschwerde im übrigen ausdrücklich zugestanden - Kenntnis vom Mißlingen ihrer Anstiftungsversuche. Bei dieser Sachlage scheidet aber strafbefreiender Rücktritt generell aus, weil die bloße Abstandnahme von weiteren Bestimmungsversuchen nicht den im § 16 StGB normierten Voraussetzungen entspricht (Kienapfel AT7 E 6 RN 32; Leukauf/Steininger Komm3 § 16 RN 11 und 11a).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen.

Der Vollständigkeit halber sei in Ansehung des nicht angefochtenen Schuldspruchs wegen Verleumdung (II) darauf verwiesen, daß eine Begutachtungsplakette seit der 13. KFG-Novelle BGBl 1990/458 im Gegensatz zur verfehl- ten Rechtsansicht des Erstgerichtes kein öffentliches Beglaubigungszeichen, sondern (ex lege - § 57a Abs 5 KFG) eine öffentliche Urkunde ist (Leukauf/Steininger aaO § 225 RN 5). Demzufolge hätte die im Urteilsspruch Punkt II konstatierte angedichtete Straftat, wonach Andrea B***** durch den Verkauf von Begutachtungsplaketten dazu beitrug, daß diese ohne vorangegangene Überprüfung an Kraftfahrzeugen befestigt werden (US 2), rechtsrichtig als Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden als Beitragstäterin nach §§ 12 dritter Fall, 223 Abs 2, 224 StGB subsumiert werden müssen. Da aber der Rechtsirrtum wegen der gleichen Strafdrohungen keine Auswirkungen auf den angewendeten zweiten Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB hatte, bestand zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO kein Anlaß.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte nach § 142 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten. Einen Strafteil von zwölf Monaten sah es gemäß § 43a Abs 3 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nach.

Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen als erschwerend, die teilweise geständige und der Wahrheitsfindung dienende Verantwortung der Angeklagten, ihren bisherigen ordentlichen Lebenwandel und den Umstand, daß die Straftaten teilweise (I/1) beim Versuch geblieben sind, hingegen als mildernd.

Gegen die Nichtanwendung des § 43 Abs 1 StGB richtet sich die Berufung der Angeklagten, in welcher sie unter Verneinung spezial- und generalpräventiver Gegengründe auf ihre Sorgepflicht als alleinerziehende Mutter eines fünfjährigen Kindes verweist, und angesichts der rund ein Jahr zurückliegenden Straftaten den Milderungsgrund des § 34 Z 18 StGB für sich in Anspruch zu nehmen sucht.

Von einem Wohlverhalten durch längere Zeit im Sinne des behaupteten Milderungsgrundes kann jedoch bei dem hier in Rede stehenden Intervall zwischen Straftat und Verurteilung nicht gesprochen werden (Leukauf/Steininger Komm3 § 34 RN 18).

Nach der Aktenlage dienten die Straftaten der Angeklagten zwar der Wiedererlangung ihres Arbeitsplatzes, damit hat der konkrete Straffall aber noch keinen hinreichenden Grund dafür offenbart, ihrer Sorgepflicht mildernde Bedeutung zuzuerkennen (Leukauf/Steininger aaO RN 30).

Angesichts der der Schwerkriminalität zuzuordnenden Tathandlung zu I/1, mit der die Berufungswerberin die Ausschaltung einer Konkurrentin auf dem Arbeitsmarkt bedenkenlos zu initiieren versuchte - ein Verhalten, von dem sie sich im gesamten Verfahren in keiner Weise distanzierte (37 f, 51 f, 85 f) - und der sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht besorgniserregenden Entwicklung auf dem hier in Rede stehenden Kriminalitätssektor trifft die erstgerichtliche Beurteilung zu, daß der uneingeschränkten Gewährung bedingter Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB fallbezogen Rücksichten der Spezial- und Generalprävention entgegenstehen.

Der Berufung war daher gleichfalls ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.