JudikaturJustiz12Os53/22v

12Os53/22v – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Juli 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juli 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 7. Februar 2022, GZ 64 Hv 133/21s 141, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Einziehungserkenntnis in Bezug auf „die Suchtgiftutensilien (Standblatt ON 112)“ aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (I./) und eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in Z* und andernorts vorschriftswidrig

I./ Suchtgift erworben und be sessen, nämlich bis zum 12. Juni 2021 insgesamt 22,1 Gramm Kokain mit der Reinsubstanz Cocain, 9,1 Gramm Speed mit der Reinsubstanz Amphetamin sowie 58,74 Gramm Cannabiskraut mit den Reinsubstanzen Delta 9 THC und THCA;

II./ Suchtgift in einer das 25-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, nämlich von Sommer 2016 bis zum 12. Juni 2021 insgesamt 1.642 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 36,65 % (somit 601,79 Gramm Cocain), insgesamt zumindest 1.543 Gramm Speed mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 34,12 %, (somit 526,47 Gramm Amphetamin) sowie zumindest 3.348 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 0,66 % an Delta 9 THC und 8,63 % an THCA (somit 22,09 Gramm Delta 9 THC und 288,93 Gramm THCA), und zwar:

1./ von Sommer 2017 bis Sommer 2018 dem * P* 30 Gramm Kokain zum Preis von 90 Euro pro Gramm;

2./ von Sommer 2019 bis Juni 2021 dem * P* 1.000 Gramm Kokain teils zum Preis von 80 Euro pro Gramm und teils Zug um Zug gegen Cannabiskraut und 50 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm

3./ von Jänner 2019 bis Juni 2021 dem * O* 70 Gramm Kokain zum Preis von 90 Euro pro Gramm und 200 Gramm Speed zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

4./ von Jänner 2020 bis Juni 2021 der * H* 80 Gramm Kokain zum Preis von 90 Euro pro Gramm und 8 Gramm Speed zum Preis von 20 Euro pro Gramm;

5./ von Jänner 2020 bis Frühjahr 2021 dem * D* ca 100 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

6./ dem * De* zumindest 4 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

7./ von 2016 bis Juni 2021 dem * F* ca 1.200 Gramm Speed zum Preis von 20 Euro pro Gramm und zumindest 2.000 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

8./ von 2019 bis Juni 2021 dem * Ho* zumindest 40 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

9./ von Juni 2019 bis Juni 2021 der * L* zumindest 20 Gramm Kokain zum Preis von 70 Euro pro Gramm;

10./ von Sommer 2020 bis Juni 2021 dem * S* zumindest 100 Gramm Kokain zum Preis von 80 Euro pro Gramm und ca 5 Gramm Speed zum Preis von zumindest 20 Euro pro Gramm;

11./ von Herbst 2019 bis Jänner 2021 dem * A* ca 200 Gramm Kokain zum Preis von 80 Euro pro Gramm, ca 100 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm sowie ca 50 Gramm Speed zum Preis von 20 Euro pro Gramm;

12./ von Frühjahr 2021 bis April 2021 dem * Da* ca 2 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

13./ von Jänner 2020 bis Jänner 2021 der * Fe* ca 30 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

14./ im Februar 2021 dem * G* 5 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

15./ im Frühjahr 2021 der * Hi* zumindest 2 Gramm Kokain zu einem unbekannten Preis;

16./ von Jänner 2019 bis November 2020 dem * Hö* 50 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

17./ von Frühjahr 2020 bis Herbst 2020 dem * Hu* 20 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

18./ im November 2020 dem * K* 2 Gramm Kokain zum Preis von 90 Euro pro Gramm;

19./ von Jänner 2019 bis Mai 2021 dem * W* ca 58 Gramm Kokain zum Preis von 70 Euro pro Gramm sowie zumindest 290 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

20./ dem * Sa* ca 4 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

21./ von Jänner 2018 bis Juni 2021 dem * Gi* ca 5 Gramm Cannabiskraut sowie ca 50 Gramm Kokain zu unbekannten Preisen;

22./ von Herbst 2020 bis Juni 2021 dem * He* ca 20 Gramm Cannabiskraut unentgeltlich;

23./ von Jänner 2019 bis Dezember 2020 dem * M* ca 50 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

24./ von Sommer 2019 bis Juni 2021 dem * St* ca 200 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm und ca 80 Gramm Speed zum Preis von 20 Euro pro Gramm;

25./ von 2019 bis Juni 2021 dem * Sta* zumindest 5 Gramm Cannabiskraut zum Preis von zumindest 10 Euro pro Gramm;

26./ von 2020 bis Juni 2021 dem * Bu* ca 300 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 9 Euro pro Gramm sowie ca 30 Gramm Kokain zum Preis von 80 Euro pro Gramm;

27./ von 2019 bis Juni 2021 dem * V* zumindest 6 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

28./ im Sommer 2020 dem * T* zumindest 12 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

29./ im Herbst 2020 dem * Vo* zumindest 15 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

30./ von Frühjahr 2019 bis Frühjahr 2021 dem * Sar* zumindest 25 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm;

31./ von Frühjahr 2020 bis Dezember 2020 dem * Fel* zumindest 15 Gramm Cannabiskraut zum Preis von 10 Euro pro Gramm.

[3] Zudem wurde – soweit hier von Bedeutung – „gemäß § 20 Abs 1 StGB“ ein Betrag von 110.030 Euro für verfallen erklärt (US 5).

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen den Verfallsausspruch wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[5] Dem Urteilssachverhalt (US 6 ff) zufolge erzielte der Angeklagte durch den Suchtgiftverkauf (II./) zumindest 110.030 Euro, denn dieser Betrag bildet die Summe sämtlicher zu II./1./ bis II./31./ konstatierten Einkünfte aus Suchtgiftverkäufen (zu bekannten Verkaufspreisen) ohne Berücksichtigung der zu II./1./ erfassten Überlassung von 1.000 Gramm Kokain „teils zum Preis von EUR 80,00 pro Gramm und teils Zug um Zug gegen Cannabiskraut“ von Sommer 2019 bis Juni 2021.

[6] Das Vorbringen, es mangle an Feststellungen, „aus welchen begangenen Straftaten welche konkret wertersetzenden Beträge gewonnen wurden“, geht daher ins Leere.

[7] § 20 Abs 1 StGB umschreibt den „Grundtyp des gegenstandsbezogenen Verfalls“, der sich zufolge des Abs 2 leg cit auch auf Nutzungen und Ersatzwerte erstreckt. D er „Wertersatzverfall“ nach Abs 3 leg cit erfasst hingegen jene Fälle, in denen der Verfall nach § 20 Abs 1 und Abs 2 StGB nicht durchführbar ist (vgl EBRV 918 BlgNR 24. GP 7 f; 15 Os 55/15z).

[8] Der Sache nach hat das Schöffengericht gemäß § 20 Abs 3 StGB einen für verfallen erklärten Betrag bestimmt und insofern unmissverständlich einen Wertersatzverfall angeordnet. Somit hat es der Beschwerdeauffassung zuwider durch die im Urteilsspruch erfolgte Anführung des § 20 Abs 1 StGB (§ 260 Abs 1 Z 4 StPO) die Grenzen der ihm zustehenden Strafbefugnis (Z 11 erster Fall) nicht überschritten (vgl Lendl , WK StPO § 260 Rz 44 ff).

[9] Entgegen der weiteren Kritik ist dem Verfallsausspruch des nur einen Angeklagten betreffenden Urteils zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Betrag von 110.030 Euro bei eben diesem für verfallen erklärt wurde (vgl US 4 f iVm US 18).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen.

[11] Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem angefochtenen Urteil, worauf auch die Generalprokuratur zutreffend hinweist, im Einziehungserkenntnis in Bezug auf „die Suchtgiftutensilien (Standblatt ON 112)“ (US 5) dem Angeklagten allenfalls zum Nachteil gereichende, nicht geltend gemachte, von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO anhaftet (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

[12] Insoweit wird nämlich der Gegenstand der Einziehung unter Berücksichtigung der Vielzahl der unterschiedlichsten, zu ON 112 sichergestellten Gegenstände, hinsichtlich derer die Beurteilung als „Suchtgiftutensilie“ keineswegs klar ist, nicht hinreichend determiniert, womit zudem die geforderte Deliktstauglichkeit offenbleibt (vgl RIS-Justiz RS0121298 [insbesondere T8 und T9]).

[13] Da das Einziehungserkenntnis nicht mit Berufung bekämpft wird, war der Ausspruch bei der nichtöffentlichen Beratung sofort wie aus dem Spruch ersichtlich aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO [RIS Justiz RS0130617]).

[14] Zur Entscheidung übe r die Berufung waren die Akten vorerst dem Oberlandesgericht zu übermitteln (§ 285i StPO).

[15] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.