JudikaturJustiz12Os117/06g

12Os117/06g – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. November 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dusko M***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 4. August 2006, GZ 35 Hv 134/06b-16, sowie dessen Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalprokurators Dr. Presslauer, des Angeklagten und dessen Verteidigers Mag. Jelinek

A. zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

II. Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch II. wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Fall StGB sowie im gesamten Ausspruch über die Strafe aufgehoben und im Umfang dieser Aufhebung gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Dusko M***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe vor dem 4. Juli 2006 ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, nämlich die Mastercard-Kreditkarte Nr ***** der Sylvia Ma***** sich mit dem Vorsatz verschafft, dass er durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm weiter zur Last liegenden Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB und der nach dem zweiten Strafsatz strafbaren Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB wird er nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19. Juli 2006, GZ 35 E Hv 121/06s-7, in der Fassung des Urteiles des Oberlandesgerichtes Linz vom 31. Oktober 2006, AZ 8 Bs 319/06b, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 16 (sechzehn) Monaten verurteilt.

Die Vorhaft vom 5. Juli 2006, 14.00 Uhr, bis 30. November 2006, 09.30 Uhr, wird auf die verhängte Strafe angerechnet;

III. Mit Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte auf die Entscheidungen sub II. und B. verwiesen.

IV. Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

B. den Beschluss:

gefasst:

Gemäß § 53 Abs 1 StGB, § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht im Verfahren 37 Hv 74/05t des Landesgerichtes Salzburg abgesehen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dusko M***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB (I.), des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 (ergänze: erster Fall) StGB (II.) und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 „zweiter Fall" StGB (III.) schuldig erkannt.

Danach hat er in Salzburg

I. am 4. und 5. Juli 2006 gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten im Urteil namentlich angeführter Getäuschter unrechtmäßig zu bereichern, durch Vorgabe, berechtigter Inhaber der auf Sylvia Ma*****, geboren am 10. April 1961, ausgestellten Kreditkarte Mastercard Nr ***** zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen, unter Verwendung eines entfremdeten unbaren Zahlungsmittels und unterzeichnet mit fremdem Namen, (in fünf Angriffen) zur Ausfolgung von Waren, somit zu Handlungen verleitet und (in weiteren fünf Angriffen) zu verleiten versucht, wodurch E***** ein 3.000 Euro übersteigender Schaden, nämlich 3.935,90 Euro entstand und es in Bezug auf eine Schadenssumme von 3.942,60 Euro beim Versuch blieb;

II. vor dem 4. Juli 2006 ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, nämlich die unter I. genannte Kreditkarte, sich mit dem Vorsatz verschafft, dass er durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde;

III. am 5. Juli 2006 Mirsad Mu***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er gegenüber Polizeibeamten des Stadtpolizeikommandos Salzburg behauptete, er habe die auf Sylvia Ma***** ausgestellte Mastercard von Mirsad Mu***** erhalten, ihn somit einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einem Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 (erster Fall) StGB falsch verdächtigt, wobei er wusste (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch war.

Rechtliche Beurteilung

Inhaltlich allein gegen den Schuldspruch I. richtet sich eine auf die Gründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich im Übrigen - trotz des auf Aufhebung des gesamten Urteils gerichteten Antrages - mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von die Schuldsprüche II. und III. betreffenden Nichtigkeitsgründen der Rücksichtnahme entzieht (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

In seiner Mängelrüge (Z 5 vierter Fall, nominell auch Z 10) kritisiert der Beschwerdeführer lediglich einen Teilaspekt der Begründung der Annahme der Gewerbsmäßigkeit (US 5) als unzureichend („unbrauchbar") und übergeht dabei die Urteilsdeduktion in ihrer Gesamtheit (US 6 oben), in der das Erstgericht mängelfrei die gewerbsmäßige Tatbegehung aus der Beschäftigungs-, Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Angeklagten sowie aus der Vielzahl der Betrugshandlungen innerhalb kurzer Zeit ableitete. Den relevierten Umstand, dass der Begleiter des Angeklagten anlässlich der Festnahme die Kreditkarte noch bei sich hatte, werteten die Tatrichter lediglich zusätzlich, indem sie daraus auf ein Vorhaben der Weiterbenützung bis zur Kartensperre schlossen.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) versucht mit eigenständig beweiswürdigenden Überlegungen die getroffenen Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit (US 5) in Frage zu stellen und bringt materiellrechtliche Nichtigkeit sohin nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung (Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 281 Z 9a E 5).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Aus deren Anlass musste sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, dass das Urteil im Schuldspruch II. zum Nachteil des Angeklagten mit Nichtigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet ist, was zu dessen amtswegiger Korrektur zwingt (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Durch die Benutzung des vom Täter entfremdeten unbaren Zahlungsmittels im unbaren Zahlungsverkehr wurde der vorgelagerte deliktsspezifische Bereicherungsvorsatz iSd § 241e Abs 1 erster Fall StGB umgesetzt. Mit der Strafbarkeit nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB wird das gleichermaßen verwirklichte Delikt nach § 241e Abs 1 StGB als materiell subsidiär verdrängt (Schroll in WK² § 241e Rz 26; RIS-Justiz RS0120530, jüngst 13 Os 53/06b = EvBl 2006/149, 777).

Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher im Schuldspruch II. wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Fall StGB sowie im gesamten Ausspruch über die Strafe aufzuheben; im Umfang dieser Aufhebung war ferner gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO auf Freispruch des Dusko M***** vom Anklagevorwurf in Richtung § 241e Abs 1 erster Fall StGB gemäß § 259 Z 3 StPO zu erkennen und - unter Verweisung von Berufung und implizierter Beschwerde (§ 498 Abs 3 Satz 3 StPO) darauf - die Strafe für die verbleibende Delinquenz neu zu bemessen. Dabei waren mildernd das umfassende und reumütige Geständnis, das teilweise Verbleiben der Straftaten im Versuchsstadium und die Sicherstellung eines Teiles der Beute; erschwerend die drei einschlägigen Vorstrafen, die mehrfach wiederholte Tatbegehung während einer Probezeit und einem anhängigen Gerichtsverfahren wegen gleichartiger strafrechtlicher Vorwürfe sowie das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit sechs Vergehen (und zwar des schweren Betruges, der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, des Diebstahles, der Urkundenunterdrückung, der dauernden Sachentziehung und der versuchten Bestimmung zur Annahme, Weitergabe oder zum Besitz entfremdeter unbarer Zahlungsmittel nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1; 241e Abs 3 dritter Fall; 127; 229 Abs 1; 135 Abs 1; 15, 12 zweiter Fall, 241f StGB mit kriminologisch gesehen identer Delinquenz am 3. und 4. Mai 2006 wie in den Schuldsprüchen des gegenständlichen Verfahrens, was mit den aus dem Spruch ersichtlichen Urteil - auf das gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen war - zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe führte).

Sechzehn Monate (zusätzlicher) Freiheitsentzug entspricht deshalb und mit Blick auf die vorliegende, für das wirtschaftliche Sozialgefüge besonders gefährliche, weil einer Vorsicht dagegen kaum zugängliche Kriminalitätsform im Strafrahmen des zweiten Falles des § 148 StGB (iVm § 40 StGB) dem Unrechtsgehalt der Taten und dem Schuldvorwurf gegen den sehr gezielt und bedenkenlos vorgehenden Täter. Spezialpräventiv war (teil-)bedingte Strafnachsicht nicht zu vertreten.

Das Absehen vom Widerruf der offenen bedingten Strafnachsicht (B.) folgt schon aus dem Verbot einer reformatio in peius des allein rechtsmittelwerbenden Angeklagten; die Probezeit wurde bereits rechtskräftig im Verfahren 35 Hv 121/06s des Landesgerichtes Salzburg verlängert.

Die Vorhaftanrechnung beruht auf § 38 Abs 1 Z 1 StGB, die Kostenentscheidung auf § 390a Abs 1 StPO.