JudikaturJustiz11Os78/13z

11Os78/13z – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Juni 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Wagner Haase als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sarah K***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Geschworenengerichts vom 29. April 2013, GZ 602 Hv 4/12z 178, sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 20. März 2013, GZ 602 Hv 4/12z 166, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde gegen den Beschluss auf Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht Folge gegeben.

Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die weitere Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen Freispruch der Angeklagten enthält, wurde Sarah K***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (I./) und des Vergehens der Störung der Totenruhe nach § 190 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat sie am 9. Jänner 2012 in Wien

I./ Harald K***** durch das Versetzen von etwa 18 Hieben mit einem scharfkantigen Tatwerkzeug gegen Kopf und Oberkörper vorsätzlich getötet und

II./ dadurch, dass sie der Leiche des Harald K***** die Beine auf Kniehöhe beinahe vollständig abtrennte und die Leiche im Anschluss in Brand setzte, einen Leichnam misshandelt.

Mit Schriftsatz vom 22. März 2013 meldete die durch ihren Wahlverteidiger vertretene Angeklagte rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Nichtigkeit bewirkende Umstände wurden nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (ON 173).

Am 28. März 2013 wurde dem Verteidiger die schriftliche Urteilsausfertigung zugestellt und damit die vierwöchige Frist für die Ausführung der (rechtzeitig angemeldeten) Rechtsmittel (§ 285 Abs 1 StPO) in Gang gesetzt. Diese endete mit Ablauf des 25. April 2013.

Einen Tag vor Ablauf der Frist gab der Wahlverteidiger bekannt, dass Sarah K***** mittellos sei und zur Ausführung von Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung die Zuerkennung von Verfahrenshilfe beantrage (ON 177).

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluss vom 29. April 2013 wies der Vorsitzende des Geschworenengerichts zu Punkt I./ den Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers wegen des aufrechten Vollmachtverhältnisses ab und zu Punkt II./ die ohne deutliche und bestimmte Bezeichnung von Gründen angemeldete und bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285a Z 2 StPO zurück (ON 178).

Der gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde der Angeklagten kommt in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der Äußerung des Verteidigers hiezu keine Berechtigung zu.

Die durch Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Wahlverteidiger am 28. März 2013 ausgelöste Rechtsmittelfrist wurde durch den Antrag auf Beigebung eines Verteidigers nach § 61 Abs 2 StPO nicht unterbrochen (RIS Justiz RS0116182). Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann in einem Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe auch keine implizite Beendigung des Vollmachtsverhältnisses erblickt werden (RIS Justiz RS0128605). Vielmehr wäre der Wahlverteidiger gemäß § 63 Abs 2 zweiter Satz StPO verpflichtet gewesen, die Interessen der Angeklagten weiterhin zu wahren und die angemeldeten Rechtsmittel fristgerecht auszuführen, es sei denn, Sarah K***** hätte ihm dies ausdrücklich untersagt. Selbst die Auflösung eines Vollmachtverhältnisses, die Beigebung eines Verteidigers gemäß § 61 Abs 2 StPO oder ein Ausführungsverbot hätten aber keine Änderung des Fristenlaufs bewirkt (RIS Justiz RS0125686). Nachdem von der Angeklagten auch bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurden, erfolgte die Zurückweisung somit zu Recht.

Mit ihrer (unter einem mit der Beschwerde ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerde wird Sarah K***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Über die Berufungen (und die Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluss auf Abweisung des Antrags auf Verfahrenshilfe) wird das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben (§§ 285i, 344 StPO).

Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen (vgl Lendl WK StPO § 390a Rz 11).

Rechtssätze
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