JudikaturJustiz11Os23/04

11Os23/04 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Juli 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juli 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wagner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Wolfgang P***** und eine weitere Angeklagte wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Wolfgang P***** sowie über die Berufung der Finanzämter Wels, Vöcklabruck als Finanzstrafbehörde I. Instanz gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 29. April 2003, GZ 14 Hv 1080/01m-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A 1 b, A 2 a und B 1 (insoweit nur bezüglich eines Umsatzsteuerverkürzungsbetrages von 142.100 S und in dessen Unterstellung unter §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 2 lit a FinStrG) sowie demgemäß auch im Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen gegen den Strafausspruch nach dem FinStrG werden der Angeklagte Wolfgang P***** und das Finanzamt auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Wolfgang P***** gegen den Strafausspruch nach § 293 StGB werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten Wolfgang P***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen unangefochten gebliebenen Freispruch der Christiane P***** enthält, wurde Wolfgang P***** der teilweise im Versuchsstadium (§ 13 FinStrG) gebliebenen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (A 1 a), der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (A 1 b), der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG (A 1 c), der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (A 2 a) und der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (A 2 b), ferner der teilweise im Versuchsstadium (§ 13 FinStrG) gebliebenen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 FinStrG (B 1 und B 2) und des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG, jeweils begangen als Beitragstäter nach § 11 dritter Fall FinStrG, sowie des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er

(zu A) als die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Christine P***** Wahrnehmender vorsätzlich im Bereich des Finanzamtes Vöcklabruck unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

(A 1 a) vom 31. März 1996 bis 31. März 1999 dadurch, dass nachstehende Angaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, nicht festgesetzt und sohin um folgende Beträge verkürzt wurden, eine Abgabenverkürzung, und zwar an Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1994 bis 1998 um 1,344.759 S bewirkt und um 371.261 S zu bewirken versucht, "indem er die Tätigkeit der Firma seiner Gattin Christiane P***** nicht angezeigt und die daraus erzielten Umsätze und Einkünfte teils überhaupt nicht, teils unrichtig offengelegt hat";

(A 1 b) vom 15. März 1995 (richtig: 1997) bis 15. Dezember 1998 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG (1994) entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für nachstehende Zeiträume bewirkt, wobei er dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt, und zwar für die Zeiträume Jänner bis Dezember 1997, Jänner bis März 1998 und August bis Oktober 1998 um 107.354 S;

(A 1 c) vom 1. Februar 1994 bis 15. Jänner 1998 unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer um 108.423,60 S und an Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen um 22.649,28 S für den Zeitraum Jänner 1994 bis Dezember 1997 bewirkt (wobei er dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt), indem er weder ein Lohnkonto führte noch Lohnabgaben entrichtete;

(A 2 a) vom 31. März 1998 bis 31. März 2000 durch Unterlassung der Anzeige der Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit sowie der Abgabe von Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1996 bis 1999 "eine Abgabenverkürzung in Höhe von 3,783.763 S dadurch bewirkt, dass er die aus der Ausstellung von Scheinrechnungen erzielten Umsätze und Einkünfte, sowie die in diesen Rechnungen unzulässig ausgewiesene Umsatzsteuer nicht offen gelegt hat";

(A 2 b) vom 15. März 2000 bis 15. August 2000 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für nachstehende Zeiträume bewirkt, wobei er dies nicht nur für möglich, sonder für gewiss hielt, und zwar für den Zeitraum Jänner bis Juni 2000 um 23.220 S dadurch, dass er die für diese Monate geschuldete Umsatzsteuer aus Scheinrechnungen "weder entrichtete, noch in den Voranmeldungen offen gelegt hat"; (zu B) in den Jahren 1996 bis 1999 vorsätzlich im Finanzamtsbereich Wels

(B 1) zu den Finanzvergehen der Doris N*****, die in den Jahren 1997 bis 1999 im Finanzamtsbereich Wels als ehemalige Geschäftsführerin und Gesellschafterin der W***** Druck GesmbH und als für die abgabenrechtlichen Angelegenheiten der W***** Druck GesmbH Verantwortliche unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in den Jahren 1997 bis 1999 Vorsteuern in Höhe von 1,404.993 S zu Unrecht in Abzug gebracht sowie Betriebsausgaben in Höhe von 9,282.561 S, zu Unrecht geltend gemacht, damit verdeckte Gewinnausschüttungen getätigt und "dadurch" eine Verkürzung an Umsatz-, Körperschafts- und Kapitalertragssteuer für die Jahre 1996 bis 1999 in Höhe von 5,807.140 S bewirkt hat, wobei es hinsichtlich der Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer 1998 beim Versuch geblieben ist, sowie weiters unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen im Monat Dezember 1999 eine Verkürzung an Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) in Höhe von 142.100 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern gewiss gehalten hat, dadurch beigetragen, dass er Rechnungen über Papierlieferungen für die W***** Druck GesmbH ausstellte, obwohl tatsächlich keine Lieferungen stattfanden und somit Doris N***** ermöglichte, die oben angeführten Finanzvergehen zu begehen (Verkürzungsbetrag 5,949.240 S);

(B 2) in den Jahren 1997 bis 1999 dazu beigetragen, dass Günther W***** bzw Wilhelm Pi***** als Geschäftsführer der A***** Druck GesmbH im Finanzamtsbereich Wels unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht Vorsteuern in Höhe von 76.391 S und Betriebsausgaben in Höhe von 457.948 S zu Unrecht geltend machen konnte und dadurch eine Verkürzung an Umsatz- und Kapitalertragssteuer in den Jahren 1997 bis 1999 in Höhe von 190.036 S (Umsatzsteuer 1997 15.083 S, 1998 52.506 S, 1999 8.806 S; Kapitalertragssteuer 1996 6.175 S, 1997 89.912 S, 1998 17.553 S) bewirkte, indem er Rechnungen für die A***** Druck GesmbH über Papierlieferungen ausstellte, obwohl tatsächlich keine Lieferungen stattfanden;

(zu C) ein falsches Beweismittel hergestellt, nämlich die der Abgabenhinterziehung der Doris N***** zugrunde liegenden Scheinrechnungen, wobei er mit dem Vorsatz handelte, dass das Beweismittel in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren insofern gebraucht werde, als es in die Buchhaltung der W***** Druck GesmbH Eingang findet und in weiterer Folge zur Begründung des Vorsteuerabzuges und der Geltendmachung von Betriebsausgaben gegenüber dem Finanzamt im Abgabenverfahren gebraucht wird.

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 4, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der (in Bezug auf das Schuldspruchfaktum A 1 a erhobenen) Verfahrensrüge (Z 4) zuwider hat das Schöffengericht den (ohne Benennung eines konkreten Beweisthemas gestellten - S 457/I) Antrag auf Einholung eines "Buchsachverständigen-Gutachtens" mit zutreffender Begründung (S 473/I) abgelehnt, weil hieraus im Hinblick auf das Fehlen konkreter Angaben des Angeklagten zu von ihm pauschal behaupteten Betriebsausgaben sowie auch jeglicher Unterlagen dazu keine Erweiterung der Entscheidungsgrundlagen zu erwarten war. Der Antrag - welcher in der Hauptverhandlung nicht formgerecht gestellt wurde, weil Verweise auf frühere, zufolge Neudurchführung der Hauptverhandlung (ON 44) obsolete Anträge (S 274/I iVm S 311 und 409/I) ohne relevante Aktualisierung prozessual nicht genügen (vgl E. Steininger, Nichtigkeitsgründe3 Z 4 Rz 18) - vermochte nicht darzutun, aus welchen Gründen nunmehr anzunehmen sei, dass die Durchführung des Beweises dennoch das vom Antragsteller angestrebte Ergebnis haben werde (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330 f). Die in der Hauptverhandlung vom 29. April 2003 gestellten weiteren Anträge auf Vernehmung der Zeugen Alois Pa*****, Gerichtsvollzieher beim Bezirksgericht S*****, und des Angestellten eines Inkassobüros, N. Pr*****, zum Beweise für das Vorliegen von (nicht berücksichtigten) Betriebsausgaben bei der Gewinnermittlung (S 455 f/I) verfielen gleichfalls ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten zu Recht der Abweisung (S 473/I), weil eine Erweiterung der Entscheidungsgrundlage zufolge erfolgter Berücksichtigung pauschal bemessener Betriebsausgaben bei der Schätzung, ohne wesentliche Abweichung von den Angaben des Angeklagten (S 469/I; Beilage ./II zu ON 44) nicht zu erwarten war und gegenteilige Aspekte vom Angeklagten nicht dargetan wurden. Mag auch die Begründung der Ablehnung der Erwirkung einer Vorabentscheidung durch den EuGH rechtlich verfehlt sein (S 472 f/I iVm S 312/I und 455/I), weil zur Vorlage alle Gerichte der Mitgliedstaaten der EG berechtigt sind (Art 234 Abs 2 EG-V), eignete sich das Vorbringen des Angeklagten für die Einleitung eines solchen Verfahrens deshalb nicht, weil dieses nur die Auslegung einer vom nationalen Gericht anzuwendenden Bestimmung des Gemeinschaftsrechtes betreffen kann. Der EuGH ist jedoch nicht zur Überprüfung der Vereinbarkeit nationalen Rechts mit Gemeinschaftsrecht zuständig, sodass die Verfahrensrüge auch diesbezüglich fehl geht. Das betreffende Begehren verfiel daher im Ergebnis zu Recht der Abweisung.

Mit seiner in der Rechtsrüge (Z 9 lit a), in eventu (und insoweit richtig als) Subsumtionsrüge (Z 10) erhobenen Kritik, das Erstgericht sei bei den Fakten A 2 a, A 2 b, B 1, B 2 sowie C zu Unrecht von einer Idealkonkurrenz des (als Beitragstäter begangenen) Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG mit dem Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB ausgegangen bzw letzteres Vergehen werde durch das Finanzvergehen "konsumiert", orientiert sich der Rechtsmittelwerber nicht am Gegenstand des Schuldspruches, weil ihm ein solches eintätiges Zusammentreffen dieser Delikte gar nicht zur Last liegt. Da die Subsumtionsrüge somit nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, entbehrt sie einer prozessordnungsgemäßen Ausführung. Die allenfalls in Betracht zu ziehende Annahme einer Scheinkonkurrenz in Form der Subsidiarität der Beweismittelfälschung gegenüber der unter Verwendung der Scheinrechnungen verwirklichten Abgabenhinterziehung scheitert an der Rechtslage, wie sie in der gefestigten, die Subsidiarität ablehnenden Rechtsprechung hiezu zum Ausdruck kommt (vgl 13 Os 207/77; Doralt/Harbich FinStrG § 22 Anm 5). Dass der Gesetzgeber durch Art VI Z 3 Steuerreformgesetzes 2005, BGBl I 2004/57, eine solche Subsidiarität durch eine Modifizierung der Bestimmung des § 22 FinStrG ausdrücklich bejahte, vermag daran nichts zu ändern, weil dieses Gesetz erst am 5. Juni 2004 und damit nach dem Zeitpunkt der Fällung des Urteils in erster Instanz in Kraft getreten ist (vgl 13 Os 17/04).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) zu A 2 a wird auf die amtswegige Wahrnehmung gemäß § 290 Abs 1 StPO hinsichtlich dieses Schuldspruchpunkts verwiesen (siehe unten).

Nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist die lediglich die Verantwortung des Angeklagten, keine Abgabenhinterziehung begangen, sondern nur eine "Zweckentfremdung von Steuermitteln" vorgenommen zu haben, wiederholende Rechtsrüge (Z 9 lit a), welche sich mangels eines substantiierten Vorbringens einer inhaltlichen Erwiderung unzugänglich erweist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, dass den Schuldsprüchen A 1 b, A 2 a und B 1 Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet, die, weil sie vom Beschwerdeführer nicht releviert wurde, von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 StPO).

Die Schuldsprüche weisen nämlich hinsichtlich der inkriminierten Umsatzsteuervorauszahlungsverkürzungen in Höhe von 107.354 S (A 1 b) und 142.100 S (B 1) Feststellungsmängel iSd § 281 Abs 1 Z 10 StPO auf.

Da der Schuldspruch A 1 a - wie zwar nicht dem Spruch, wohl aber den Gründen zu entnehmen ist (US 12) - Umsatzsteuerverkürzungsbeträge für 1997 und 1998 (in der Gesamthöhe von 201.777 S) ausweist, vom Schuldspruch A 1 b aber die Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen der Abgabenzeiträume Jänner bis Dezember 1997, Jänner bis März 1998 und August bis Oktober 1998 (in der Höhe von insgesamt 107.354 S) erfasst sind, wären zur Vermeidung einer Doppelverurteilung des Angeklagten mit Beziehung auf die bezeichneten Umsatzsteuerhinterziehungsbeträge klärende Feststellungen darüber zu treffen gewesen, ob die unter A 1 b angeführten Beträge in den unter A 1 a genannten Summen enthalten sind oder voneinander gänzlich verschiedene Verkürzungsbeträge darstellen.

Gleiches gilt für die im Schuldspruch B 1 genannte Umsatzsteuervorauszahlung von 142.100 S für Dezember 1999, hinsichtlich welcher es sich nicht beurteilen lässt, ob sie bereits durch die für verschiedene Abgabearten, für mehrere Jahre kumuliert angeführten Abgabenzahllasten erfasst ist.

Denn das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG wird, wenn in der Folge mit Beziehung auf den gleichen Betrag und denselben Steuerzeitraum auch das Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG zumindest versucht wird, von Letzterem konsumiert (14 Os 127/90 [verstärkter Senat], 15 Os 44/97; Schwaighofer, Zur Konkurrenz der Abgabenverkürzung nach §§ 33 Abs 1, 33 Abs 2 lit a FinStrG, AnwBl 1991, 781 f).

Letztlich war der dem Spruchfaktum A 2 a anhaftende Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO im Hinblick auf die bei Hinterziehung von Umsatzsteuer (§ 11 Abs 14 UStG) zusätzlich angelastete Umsatzsteuer wegen der aus „der Ausstellung von Scheinrechnungen" erzielten Umsätze und Einkünfte wahrzunehmen:

Gemäß § 23 Abs 2 BAO wird die Erhebung einer Abgabe zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Verhalten, das einen abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt (wie die Erzielung von Einkünften iSd § 2 Abs 3 EStG), gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Bei Einnahmen aus strafbaren Handlungen ist allein entscheidend, ob der zu beurteilende Sachverhalt wirtschaftlich und ökonomisch einen Abgabentatbestand erfüllt (grundlegend 11 Os 194/97). Der Beschwerdeführer ist daher nach den Bestimmungen der BAO verpflichtet, seine Einkünfte insoweit offenzulegen, dass eine Bemessungsgrundlage für die ordnungsgemäße Entrichtung der dazu korrespondierenden Abgaben ermöglicht wird. Die nach §§ 19 ff BAO gebotene Offenlegungspflicht läuft dann dem Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung nicht zuwider, wenn sich die Deklarationspflicht auf abgabenrelevante Umstände bezieht (hier:

Einkünfte aus dem Verkauf von Scheinrechnungen sowie der Unterlassung der Abfuhr der in den Rechnungen ausgewiesenen und vom Erwerber ihm tatsächlich überlassenen Umsatzsteuer), sodass die Offenlegungs-, Wahrheits- und Anzeigepflicht in Bezug auf diese verfahrensgegenständlichen Einnahmen mit Blick auf eine unzumutbare Selbstbelastung nicht eingeschränkt wird (11 Os 194/97; 14 Os 33/00). Denn der „nemo tenetur"-Grundsatz findet seine Grenze dort, wo es nicht mehr um ein bereits begangenes Fehlverhalten, sondern um die Schaffung neuen Unrechts geht (BGH NJW 2002, 1134). Kommt dem Angeklagten auch Unternehmereigenschaft iSd UStG zu und stellen „Lieferungen oder sonstige Leistungen" der steuerunredlich handelnden Personen (Scheinrechnungsaussteller und -empfänger) untereinander durchaus umsatzsteuerbare Vorgänge dar, weil „Tätigkeit" iSd § 2 UStG im umfassenden Sinn des Leistungsverhaltens zu verstehen und unmaßgeblich ist, ob die Tätigkeit gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, strafbar ist oder den guten Sitten widerspricht (Ruppe, Komm² zum UStG 1994, § 2 Rz 46), wäre jedoch hinsichtlich des dem Scheinrechnungsaussteller tatsächlich zugeflossenen Entgelts (vorliegend: die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer zuzüglich eines Betrages von ATS 3,- pro kg Papier, US 16) zu differenzieren, inwieweit damit der „Verkaufspreis" aus dem Vertrieb von Scheinrechnungen oder auch die - zum Zwecke der Abfuhr an die Finanzbehörden erhaltene (US 15), jedoch nicht abgeführte - Umsatzsteuer erfasst wird. Feststellungen, die eine solche Differenzierung ermöglichen, damit sowohl der Bestimmung des § 11 Abs 14 UStG über die Umsatzsteuerpflicht des Rechnungsausstellers als auch der Bestimmung des § 4 Abs 10 UStG 1994, wonach „Umsatzsteuer" nicht zur Bemessungsgrundlage gehört, Rechnung getragen werden kann, fehlen jedoch im angefochtenen Urteil zur Gänze.

Das Urteil war daher in den Schuldsprüchen zu den Urteilsfakten A 1 b, A 2 a und B 1 (insoweit nur bezüglich eines Umsatzsteuerverkürzungsbetrages von 142.100 S und dessen rechtlicher Subsumtion) sowie demgemäß auch im Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz aufzuheben und es war im Umfang der Aufhebung die Verfahrenserneuerung anzuordnen.

Mit ihren Berufungen gegen den Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz waren der Angeklagte und das Finanzamt auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Für die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten gegen den Strafausspruch nach § 293 StGB ist das Oberlandesgericht Linz zuständig (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

Rechtssätze
7