JudikaturJustiz11Os19/22m

11Os19/22m – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. April 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen * U* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Dezember 2021, GZ 61 Hv 106/21k 63, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruchpunkt I., demzufolge im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und im Ausspruch des Verfalls aufgehoben, in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil – das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält – wurde * U* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I.) und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (II.) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in W* vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar Kugeln beinhaltend jeweils 0,4 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 61,61 % Cocain

I. in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, und zwar im Zeitraum Ende 2016 bis 16. September 2021 in zahlreichen Fällen zumindest 10.515 (US 5) Kugeln an im Urteil namentlich genannte (A–AE) und nicht mehr feststellbare Abnehmer (AF);

II. vor dem 16. September 2021 erworben und am 16. September 2021 besessen, um diese in Verkehr zu setzen, und zwar neun Kugeln, indem er sie in seiner Wohnung für die spätere Weitergabe aufbewahrte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen den Schuldspruchpunkt I. richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Zutreffend zeigt die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) auf, dass die entscheidungswesentliche Feststellung, wonach das vom Angeklagten überlassene Kokain einen Reinheitsgehalt von 61,61 % Cocain aufgewiesen habe (US 5), gänzlich unbegründet geblieben ist.

[5] Denn die bloße Bezugnahme (US 6 und 11) auf den Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamtes (ON 40), wonach die beim Angeklagten sichergestellten neun Kugeln (Schuldspruchpunkt II. ) Kokain einen derartigen Reinheitsgehalt hatten, liefert allein keine zureichende Begründung für die Feststellungen zum Reinheitsgehalt des vom Angeklagten über einen Zeitraum von beinahe fünf Jahren überlassenen Kokains (Schuldspruchpunkt II. ; US 5).

[6] Dies erfordert nicht auch die Kassation des Schuldspruchpunktes II. (§ 289 StPO – RIS Justiz RS0119278), weil diversionelles Vorgehen nach § 35 Abs 1 (iVm § 37) SMG nicht in Betracht kommt, wenn durch die Tat – wie hier – nur Abs 1 und nicht auch Abs 2 des § 27 SMG verwirklicht wurde (RIS Justiz RS0131952). Ein Vorgehen nach § 35 Abs 2 (iVm § 37) SMG scheidet fallbezogen schon mangels Vorliegens der Voraussetzungen der Z 3 leg cit zufolge einer Verurteilung des Angeklagten wegen Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 3 SMG im Jahr 2015 und einer weiteren dazu im Zusatzstrafenverhältnis (§ 31 Abs 1 StGB) stehenden wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28 Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen nach dem SMG (vgl US 5) aus (vgl 11 Os 131/18a).

[7] Das angefochtene Urteil war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung in dem aus dem im Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 285e StPO).

[8] Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die aufhebende Entscheidung zu verweisen.

[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 7).

Rechtssätze
2