JudikaturJustiz10Os41/79

10Os41/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Mai 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Mai 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ackerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der versuchten Schädigung fremder Gläubiger nach §§ 15, 157 StGB u.a. strafbarer Handlungen über die von der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Heinrich B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Dezember 1978, GZ. 2 d Vr 2120/78-40, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, nach Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie nach Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Mühlgassner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Staatsanwalt Dr. Kresnik, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Freispruch des Angeklagten Heinrich B aufgehoben und im Umfang dieser Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Heinrich B ist schuldig, er hat am 28. November 1977 in Wiener Neudorf Theresia A und Johann A, die das unter Punkt 1) und 2) des erstgerichtlichen Urteils bezeichnete Verbrechen der versuchten Schädigung fremder Gläubiger nach §§ 15, 157 StGB, sohin eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen haben, dadurch absichtlich der Strafverfolgung zu entziehen versucht, daß er bei seiner Befragung als Auskunftsperson durch einen Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Brunn am Gebirge wahrheitswidrig behauptete, er wisse nichts von einem Autowaschgerät. Er hat hiedurch das Vergehen der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür nach § 299 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31 Abs. 1 und 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. Juni 1978, AZ 7 c E Vr 2133/78, Hv 241/78, zu einer Zusatzstrafe, und zwar zu einer Geldstrafe von 30 (dreißig) Tagessätzen zu je 200 (zweihundert) Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens erster Instanz verurteilt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Nach § 390 a StPO fallen dem Angeklagten B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 3. Juni 1957 geborene Tankwart Heinrich B wurde mit dem angefochtenen Urteil von der Anklage des Vergehens der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB, weil er am 28. November 1977 in Wiener Neudorf Theresia A und Johann A, die eine mit Strafe bedrohte Handlung (nämlich das Verbrechen der versuchten Schädigung fremder Gläubiger nach §§ 15, 157 StGB in Ansehung eines zum Vermögen des Gemeinschuldners Heinrich C gehörenden Autowaschgerätes 'Super Mat Hochdruckreiniger') begangen hatten, dadurch absichtlich der Strafverfolgung zu entziehen versuchte, daß er bei der Befragung als Auskunftsperson durch einen erhebenden Gendarmeriebeamten behauptete, nichts von einem Autowaschgerät zu wissen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen war Heinrich B Ende Sommer 1976 aushilfsweise als Tankwart auf der von Theresia A in Wiener Neudorf geführten Tankstelle tätig, und hat dabei dieses dort verwendete Autowaschgerät wahrgenommen. Tatsächlich war dieses Gerät von Theresia A und ihrem Sohn Johann A der Konkursmasse des Gemeinschuldners Heinrich C rechtswidrig entzogen worden, weswegen sie mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der versuchten Schädigung fremder Gläubiger nach §§ 15, 157 StGB rechtskräftig schuldig gesprochen wurden.

Als der Masseverwalter Rechtsanwalt Dr. Franz D Nachforschungen über den Verbleib des Gerätes anstellte, ließ es Theresia A durch Johann A an einen anderen Ort verbringen. Letzterer ersuchte den Angeklagten, dem Masseverwalter nichts über das Gerät zu sagen, was dieser auch befolgte. Über Anzeige des Rechtsanwaltes Dr. D (S. 45 ff) erschien schließlich am 28. November 1977 ein Gendarmeriebeamter des Gendarmeriepostenkommandos Brunn/Gebirge auf der Tankstelle, um den Verbleib des Hochdruckreinigers zu erheben. Theresia A ersuchte nun Heinrich B, der an der Verbringung des Gerätes nicht beteiligt war und auch dessen Aufbewahrungsort nicht kannte, dem Gendarmeriebeamten keine Angaben über das Gerät zu machen. Obwohl dem Angeklagten die seinerzeitige vorübergehende Verwendung des Gerätes für die Autowäsche auf der Tankstelle noch bekannt war und er (spätestens) zum nunmehrigen Zeitpunkt mit dessen Herkunft aus einer strafbaren Handlung rechnete, beschloß er dennoch, dem Ersuchen der Theresia A nachzukommen. Um Theresia A - und damit ersichtlich mittelbar auch ihren Sohn Johann A, der nach Wissen des Angeklagten das Gerät verbracht hatte (S. 196) - 'in einer offensichtlich bedrohlichen Situation' vor strafrechtlicher Verfolgung im Zusammenhang mit dem bezeichneten Hochdruckreiniger 'Super Mat' zu bewahren, erklärte er bei der Befragung als Auskunftsperson dem erhebenden Gendarmeriebeamten, daß er nichts von einem derartigen Gerät wisse (S. 197).

Das Erstgericht verneinte dennoch die Tatbildlichkeit des festgestellten Verhaltens im Sinne des inkriminierten Vergehens der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299

Abs. 1 StGB oder nach einer anderen Gesetzesstelle. Es vertrat die Ansicht, daß eine derartige unrichtige Aussage als Auskunftsperson gegenüber Organen der Gendarmerie, auch wenn sie die Verfolgung eines anderen hintanhalten sollte, keine gerichtlich strafbare Handlung darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Freispruch richtet sich die auf die Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der Berechtigung zukommt.

Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, daß das Erstgericht die Rechtsfrage, ob die dem Angeklagten zur Last fallende Tat eine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung begründe, unrichtig gelöst hat, weil das dem Angeklagten nach den vorerwähnten Urteilsfeststellungen zur Last fallende Verhalten tatsächlich eine persönliche Begünstigung im Sinne des § 299 Abs. 1 StGB darstellt. Das in der genannten Gesetzesstelle beschriebene Vergehen der Begünstigung begeht, wer einen anderen, der eine mit (gerichtlicher) Strafe bedrohte Handlung begangen hat, der Verfolgung oder der Vollstreckung der Strafe oder vorbeugenden Maßnahme absichtlich ganz oder zum Teil entzieht. Als Deliktsakt kommt dabei jede Handlung in Betracht, die dem angestrebten Ziel zu dienen vermag (vgl. EvBl. 1978/160). Dies kann entgegen der Meinung des Erstgerichts auch durch bewußte Erteilung einer falschen Auskunft gegenüber den zur Strafverfolgung berufenen Organen der öffentlichen Sicherheit, zu denen auch die Gendarmeriebeamten gehören (SSt 47/19 u.a.; Leukauf-Steininger S 759 f zu § 151 Abs. 3 StGB u.a.), geschehen. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen mit der Angabe, von dem Autowaschgerät, das Objekt einer Straftat war und deren Täter er vor Verfolgung schützen wollte, nichts zu wissen, bewußt wahrheitswidrig die Tatsache verschwiegen, daß dieses durch einige Zeit auf der Tankstelle der Theresia A in Verwendung gestanden ist. Seine insoweit unvollständige und dadurch unrichtige Angabe war im konkreten auch geeignet, die Erhebungen der Gendarmerie in eine falsche Richtung zu leiten und die Strafverfolgung der Mitangeklagten zu vereiteln. Mit diesem Verhalten hat der Angeklagte daher die objektiven Voraussetzungen des Vergehens der Begünstigung erfüllt. Da nach den Feststellungen des Erstgerichtes der Angeklagte auch subjektiv es zumindest ernsthaft erwogen hat, daß die beiden Mitangeklagten im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Hochdruckreiniger eine strafbare Handlung begangen haben, und mit seiner unrchtigen Auskunft gegenüber den Gendarmeriebeamten beabsichtigt hat, Theresia und Johann A der Srafverfolgung zu entziehen, sind alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Vergehens nach § 299 Abs. 1 StGB verwirklicht. Allerdings ist vorliegendenfalls, im Hinblick auf die übrigen Erhebungsergebnisse der Gendarmerie, die Strafverfolgung der mitangeklagten Vortäter durch das Verhalten des Angeklagten auch nicht vorübergehend vereitelt worden, sodaß es beim Versuch der Tat blieb (vgl. ÖJZ-LSK 1979/14).

Es war daher der begründeten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben und der Angeklagte B anklagegemäß schuldig zu sprechen.

Bei der Strafbemessung war kein Umstand erschwerend; mildernd war, daß er durch seine Verantwortung zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (§ 34 Z 17 StGB), die Verleitung durch Theresia und Johann A, der Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist und das Alter unter 21 Jahren im Zeitpunkt der Tat.

Gemäß §§ 31, 40 StGB war ferner auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. Juni 1978, GZ 7 c Vr 2133/78-12, Bedacht zu nehmen, mit dem der Angeklagte wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB zu zwei Monaten Freiheitsstrafe (dort wiederum als Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 18. Februar 1977, GZ 7 U 82/77-5) verurteilt worden war. Ausgehend von den obigen Strafzumessungsgründen und bei Berücksichtigung der vorstehend angeführten Verurteilung erachtet der Oberste Gerichtshof nunmehr eine Geldstrafe von dreißig Tagessätzen (und demgemäß fünfzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe) als Zusatzstrafe dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Angeklagten angemessen sowie im Hinblick auf das von ihm selbst zugegebene Monatseinkommen von rund 10.000 Schilling bei Fehlen von Sorgepflichten einen Tagessatz von 200 Schilling seinen persönlichen Verhältnissen und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angepaßt.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien hat dem Angeklagten die - hier nach § 31 StGB berücksichtigte - zweimonatige Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachgesehen. Da ihm Angeklagten diese Rechtswohltat auch bei gemeinsamer Aburteilung der damals und der jetzt geahndeten Straftat gewährt worden wäre, wurde sie ihm auch vorliegend nicht versagt, zumal ihr weder spezial- noch generalpräventive Gründe entgegenstehen.

Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.