JudikaturJustiz10Os171/83

10Os171/83 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. November 1983

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.November 1983

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon.Prof.Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. von der Thannen als Schriftführer in der Strafsache gegen Otto A wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 (§ 161 Abs 1) StGB und anderer Delikte über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21.Juni 1983, GZ 6 c Vr 8479/80-38, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Brustbauer, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kellner und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen aufrecht bleibt, im Punkt 2 des Schuldspruchs betreffend das Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach §§ 158 Abs 1, 161 Abs 1 StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Das Schöffengericht erkannte den Kaufmann Otto A des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (1), sowie der Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB

(2) und der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB (3), jeweils in Verbindung mit § 161 Abs 1 StGB , schuldig. Nach dem Urteilsspruch hat er in Wien als Geschäftsführer der Firma C m.b.H. Co.KG. (in der Folge kurz: Kommanditgesellschaft) bzw. deren Vorgängerin, der Firma A Ges.m.b.H. Co.KG.

1. am 10.Mai 1979 ohne Bezahlung das Eigentum an einem Fahrzeug der Kommanditgesellschaft an sich als Einzelperson übertragen und dadurch die Befriedigung der Gläubiger geschmälert (Schade 61.710 S);

2. im Frühjahr 1979 nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des von ihm geführten Unternehmens einen Gläubiger begünstigt und dadurch andere Gläubiger benachteiligt, indem er die Eigentumsrechte an Büroeinrichtungsgegenständen im Gesamtwert von 43.837 S an Margarete

D übertrug;

3. a) von Anfang 1977 bis Frühjahr 1978 fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit des von ihm geführten Unternehmens, das Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, insbesondere dadurch herbeigeführt, daß er den Geschäftsbetrieb ohne ausreichendes Eigenkapital führte, Bank- und Lieferantenschulden weit über das handelsübliche Ausmaß in Anspruch nahm und unangemessen hohe Ausgaben für Personal-, Verwaltungs- und Vertriebskosten tätigte;

b) in der Zeit von Frühjahr 1978 bis Sommer 1979

in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit dieses Unternehmens fahrlässig die Befriedigung der Gläubiger dadurch geschmälert, daß er neue Schulden einging, Schulden zahlte und die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Otto A mit einer auf die Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Diese ist begründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen Begünstigung eines Gläubigers (Faktum 2) richtet:

Nach § 158 Abs 1 StGB ist strafbar, wer als Gemeinschuldner nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger durch Zahlung oder Sicherstellung mehr gewährt, als dieser im Konkurs erhalten würde, und dadurch andere Gläubiger benachteiligt, wer also: mit anderen Worten gesagt, die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger im Verhältnis zueinander durch Veränderung des gemeinsamen Befriedigungsfonds verschiebt.

Begünstigung eines Gläubigers bei übertragung des Eigentums an Büroeinrichtungsgegenständen des von ihm geführten Unternehmens an Margarete D fiele dem Angeklagten daher nur zur Last, wenn er auf diese Weise offene Forderungen der Margarete D befriedigt, d.h. den Gegenwert von 43.837 S dazu verwendet hat, eine Verbindlichkeit des Unternehmens der Genannten gegenüber abzudecken oder zu vermindern. Ist dagegen der vereinbarte übernahmspreis (Bd. I, 317) in die Geschäftskasse eingeflossen und nicht mit Forderungen der Margarete D kompensiert worden, kann ein strafbares Verhalten des Angeklagten nach § 158 StGB nicht vorliegen.

Im vorliegenden Fall wurde vom Erstgericht als erwiesen angenommen, daß die Büroeinrichtung ins Eigentum der Margarete D übertragen wurde, begleitet vom Willen des Angeklagten, damit Forderungen der Angestellten D abzudecken (Bd. II, 54). Mit Recht macht der Beschwerdeführer jedoch als Begründungsmangel (Z 5) geltend, das Erstgericht habe dabei gegenteilige Verfahrensergebnisse, nämlich die Angaben des Angeklagten, der Zeugin D und des Buchsachverständigen Dr. Wolfgang E (Bd. I, 251; II, 13, 16, 21 f.) übergangen, wonach der Kaufpreis von 43.837 S von D bar in die Geschäftskasse einbezahlt worden, mithin dem Vermögen des Gemeinschuldners zugeflossen sei. Dies ist nach dem Gesagten auch insoferne bedeutsam, als das Erstgericht Manipulationen, mit deren Hilfe die veräußerten Gegenstände zu gering bewertet worden wären, nicht für erweisbar erachtet hat (Bd. II, 54).

Der aufgezeigte Begründungsmangel macht eine Aufhebung des Urteils im Punkt 2 des Schuldspruchs und demzufolge auch des Strafausspruches unvermeidlich, ohne daß noch auf die übrigen dieses Faktum betreffenden Beschwerdeeinwände eingegangen werden müßte. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese (aufhebende) Entscheidung zu verweisen.

Im übrigen erweist sich jedoch die Beschwerde des Angeklagten als unbegründet.

Schon formell verfehlt ist die Verfahrensrüge (Z 4) wonach das Erstgericht die Depositionen des Buchsachverständigen ungeprüft übernommen und Gegenbeweise in bezug auf die Bewertung des dem gemeinschuldnerischen Unternehmens entzogenen PKWs (Faktum 1), der Büroeinrichtung (Faktum 2) und die überschuldung des Unternehmens (Faktum 3) nicht zugelassen habe. In der Hauptverhandlung hat die Verteidigung keinen in diese Richtung zielenden Beweisantrag gestellt, sondern lediglich die zeugenschaftliche Vernehmung des Steuerberaters Dr. Gerhard F zu dem in diesem Zusammenhang bedeutungslosen Beweisthema einer Verrechnung des Restkaufpreises des PKW. mit Gehalts- bzw. Geschäftsfinanzierungsforderungen sowie zum Beweis dafür begehrt, daß durch die Weiterfinanzierung der Kommanditgesellschaft nach Bestätigung des Ausgleichs keine Mehrkosten entstanden sind (Bd. II, 26).

Auch sonst ist das Urteil mängelfrei:

Mit der substratlosen Zitierung des Gesetzestextes, dem unsubstantiierten Einwand, daß die 'bloß pauschale Wiedergabe theoretischer überlegungen' eine tatsächliche Urteilsbegründung nicht ersetze und mit einer konkrete Gegensätzlichkeit von Urteilsannahmen gar nicht aufzeigenden Behauptung, das Urteil stehe in seiner Feststellung, daß die Substanz des Unternehmens im Frühjahr 1978

nach Erkennen der Zahlungsunfähigkeit aufgezehrt wurde, mit sich selbst im Widerspruch, wird die Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO.) nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Ebenso nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt erweist sich das weitere Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO (richtig: zur Z 9 lit a), wonach im Urteil Feststellungen über den Wert des vom Beschwerdeführer erworbenen PKWs (Faktum 1) ebenso fehlen, wie über die Höhe seiner Forderungen als Dienstnehmer der Kommanditgesellschaft und den Umstand, daß damit einerseits der Kaufpreis des PKWs aufgerechnet wurde und diese Forderungen andererseits unter dem Schutz des 'Insolvenz-Entschädigungsgesetzes' gestanden seien, wodurch sie als (theoretisch zu berücksichtigende) Masseforderungen eine Gläubigerschädigung ausgeschlossen hätten. Hat doch das Schöffengericht den Wert des PKWs in der Höhe des vereinbarten Kaufpreises als erwiesen angenommen (Bd. II, 54 ff.) und gestützt auf die Verantwortung des Angeklagten (Bd. II, 19) ausdrücklich festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Angestellter der Kommanditgesellschaft war, weshalb ihm gegen diese keinerlei Forderung zustand (Bd. II, 56).

Im Urteil sind ferner die vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen über seinen sich auf die Verletzung der Befriedigungsrechte der Gläubiger (und die Schädigungsmittel) beziehenden Vorsatz enthalten (Bd. II, 53), weshalb die deren Fehlen relevierende Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO.) diesbezüglich ebenfalls nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gelangt. Ebendies trifft für seine weiteren auf eine erst nach Urteilsfällung erstelltes Gutachten eines zweiten Sachverständigen gestützten Ausführungen zu, in denen er die Möglichkeit einer Schädigung der Gläubiger der Kommanditgesellschaft und eines darauf abzielenden Vorsatzes unter Zugrundelegung der von ihm behaupteten - vom Gericht allerdings in übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen (Bd. II, 19) nicht als erwiesen angenommenen - Dienstnehmerforderung gegenüber der Kommanditgesellschaft negiert. Im Nichtigkeitsverfahren unbeachtliche Neuerungen sind die Hinweise auf nicht aktenkundige Kontierungen in der Buchhaltung (Konto 3650 an Konto 3400/118), die nach dem Beschwerdevorbringen zu einer Reduktion der Dienstnehmerforderungen des Angeklagten gegen die Gesellschaft geführt haben sollen.

Geradezu unverständlich ist der Einwand des Beschwerdeführers, es könne ihm mangels des erforderlichen kausalen Zusammenhanges die Zahlungsunfähigkeit des von ihm geführten Unternehmens nicht angelastet werden, weil er für den Zusammenbruch des Marktes nicht verantwortlich sei: Wird doch der Zusammenbruch des Marktes dem Beschwerdeführer gar nicht zum Vorwurf gemacht, sondern sein für die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit kausales Verhalten in der Führung des Geschäftsbetriebs ohne ausreichendes Eigenkapital, im Eingehen zu hoher Schulden und in der Geschäftsführung mit zu hohen Kosten erblickt.

Als unzutreffend erweist sich schließlich auch der zum Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1

StPO erhobene Beschwerdeeinwand, das Tatbild der betrügerischen Krida gehe in jenem der fahrlässigen auf. Denn durch den Schuldspruch wegen des Fahrlässigkeitsdelikts wird der Tatunwert des Vorsatzdelikts nicht abgegolten.

Zudem sind die dem Beschwerdeführer zur fahrlässigen Krida angelasteten Tathandlungen ganz andere als jene zur betrügerischen Krida (vgl. auch SSt 31/11). Demzufolge wird im zweiten Rechtsgang gegebenenfalls im Anschluß an den Strafausspruch gemäß § 260 Abs 2 StPO.

festzustellen sein, ob auf die vorsätzlich begangenen strafbaren Handlungen eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfällt.