JudikaturJustiz10ObS59/94

10ObS59/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Dezember 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Friedrich Hötzl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Helmut Stöcklmayer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Sylvia W*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr.Thomas Prader, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1101 Wien, Wienerbergstraße 15-19, wegen S 1.213,64 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.November 1993, GZ 32 Rs 142/93-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15.Juni 1993, GZ 5 Cgs 531/92-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung:

Mit Bescheid der beklagten Wiener Gebietskrankenkasse vom 28.10.1992 wurde der Antrag der Klägerin auf Gewährung eines höheren Kostenersatzes als insgesamt S 615,40 für die am 23.3., 1.6. und 4.6.1992 erfolgte Inanspruchnahme der Wahlärztin Dr.Aurelia S*****, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Wien, sowie des am 25.3.1992 über wahlärztliche Verordnung durch eine Apotheke bezogenen Heilmittels abgelehnt. Die Klägerin habe drei Honorarnoten über je S 600,--, also über insgesamt S 1.800,-- sowie eine wahlärztliche Heilmittelverordnung vorgelegt, die zum Preis von S 46,80 eingelöst worden sei. Nach § 131 Abs 1 ASVG gebühre der Klägerin, die nicht einen Vertragsarzt in Anspruch genommen habe, der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Krankenbehandlung in der Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme eines entsprechenden Vertragsarztes der Beklagten von dieser aufzuwenden gewesen wäre. Nach § 27 der Satzung würden die Kosten bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes für eine Ordination mit 2/5 der in Betracht kommenden Grundvergütung zuzüglich der in der Honorarordnung vorgesehenen Zuschläge und Honorare für Sonderleistungen erstattet. Nach § 29 Abs 2 der Satzung sei bei wahlärztlicher Heilmittelverschreibung jener Betrag zu vergüten, der von der Kasse bei vertragsärztlicher Verordnung zu zahlen gewesen wäre. Nach diesen Grundsätzen sei der Klägerin der ihr gebührende Kostenersatz von S 615,40 bereits gewährt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem (in der Folge eingeschränkten) Begehren auf Zahlung von S 1.213,64. Dazu brachte sie vor, daß sie seit einiger Zeit eine myomatöse Gebärmutter habe, die ua zu schweren Regelblutungen führe. Von schulmedizinischer Seite sei ihr mehrmals zu einer Gebärmutterentfernung geraten worden, zu der sie aber nicht bereit sei. Sonstige Behandlungsvorschläge seien nicht unterbreitet worden. Um eine ausreichende und zweckmäßige aber auch notwendige Krankenbehandlung sicherzustellen, habe die Klägerin nach einer homöopathisch geschulten Gynäkologin gesucht, die sie betreuen könnte, um eine Totalentfernung der Gebärmutter zu vermeiden. Da eine entsprechende Vertragsärztin nicht zu finden gewesen sei, sei ihre Wahl auf eine Fachärztin ohne Einzelvertrag mit der Beklagten gefallen. Durch die dreimalige Behandlung und Einnahme eines homöopathischen Mittels sei es sowohl zu einer Veränderung des Menstruationsverhaltens, nämlich zu einem Rückgang der starken Blutungen, als auch zu einem Rückgang der Entzündungsherde in der Gebärmutter gekommen. Die Beklagte sei daher zum vollen Ersatz der durch die Heilbehandlung aufgelaufenen Kosten verpflichtet.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wiederholte ihren bereits in der Begründung des oben zitierten Bescheides eingenommenen Rechtsstandpunkt und ergänzte, daß sie weder die ärztliche Hilfe durch die Wahlärztin als Leistung im Rahmen der Krankenbehandlung, noch das verordnete Heilmittel als Leistung im Rahmen der Krankenbehandlung abgelehnt habe. Bestritten werde lediglich die Höhe des gebührenden Kostenersatzes. Der Gesamtvertrag zwischen der Ärztekammer für Wien und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger bestimme in § 10 Abs 2, daß die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein müsse, das Maß des Notwendigen aber nicht überschreiten dürfe. Die vertragsärztliche Behandlung habe in diesem Rahmen alle Leistungen zu umfassen, die aufgrund der ärztlichen Ausbildung und der dem Vertragsarzt zu Gebote stehenden Hilfsmittel sowie zweckmäßigerweise außerhalb einer stationären Krankenhausbehandlung durchgeführt werden könnten. Müsse ärztliche Hilfe in einem besonderen Ausmaß geleistet werden, so sei dies auf Verlangen des Versicherungsträgers vom Arzt zu begründen. Zufolge der einen integrierenden Bestandteil des Gesamtvertrages bildenden Honorarordnung würden die vom Vertragsarzt (Vertragsfacharzt) in einem Kalendervierteljahr erbrachten Leistungen durch das im jeweiligen Tarif festgelegte Fallpauschale honoriert, wobei bestimmte taxativ aufgezählte Sonderleistungen nach festgelegten Sätzen unter dezitiert angeführten Bedingungen zusätzlich vergütet würden. Das Fallpauschale als Grundvergütung erfasse somit alle Leistungen der ärztlichen Hilfe, die nicht ausdrücklich als Sonderleistungen bezeichnet und als solche dem Vertragsarzt zusätzlich zu vergüten seien. Die Beklagte habe alle Leistungen entsprechend dem Gesetz und der Satzung abgerechnet und zur Gänze erstattet. Auf die Behandlungsart der Vertragsärzte habe die Beklagte keinerlei Einfluß, da es keine Behandlungsrichtlinien im Sinne von homöopathischer oder nicht homöopathischer Behandlung gebe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwar sei ein Versicherter nicht verpflichtet, auf außervertragliche Leistungen zu verzichten, er müsse aber akzeptieren, daß deren Kosten nur nach Maßgabe des § 131 ASVG ersetzt würden. Grundvoraussetzung für eine Erstattung sei, daß nach den anerkannten Regeln der Medizin behandelt werde, was bei der Homöopathie, folge man der unbestrittenen Behauptung, daß diese seit 1986 als medizinisches Fach unterrichtet werde, wohl nicht mehr in Frage stehe. Auch wenn der Gesamtvertrag eine bestimmte Behandlungsart nicht vorsehe, gebühre nicht der volle Erstattungsbetrag, da es dem behandelnden Arzt überlassen sein müsse, wie er die Behandlung vornehme. Der Erstattungsanspruch sei daher nach § 131 ASVG begrenzt. Grundsätzlich bestehe zwar freie Arztwahl und die Beklagte habe weder ein Recht noch eine Verpflichtung, den Versicherten gegenüber bei der Arztwahl einzugreifen. Gegenüber den Vertragsärzten sei die Beklagte jedoch sehr wohl verpflichtet, Bevorzugungen und Begünstigungen zu unterlassen. Da die Ärzte und somit auch die Vertragsärzte in der Ausübung ihres Berufes verschiedene Auffassungen, Methoden und wissenschaftliche Lehrmeinungen in der Krankenbehandlung vertreten könnten, auf die die Beklagte keinen Einfluß habe und die sie auch gar nicht kenne, sei die Nichtnennung eines Vertragsarztes für eine bestimmte Heilmethode ohne rechtliche Bedeutung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Das Erstgericht habe die Behandlungsmethode der Homöopathie nicht abgelehnt, sondern sogar gebilligt. Die Besonderheit der Homöopathie erschöpfe sich in einer anderen Therapie. Die vorzunehmenden klinischen Untersuchungen und die danach erfolgende Verschreibung eines Rezeptes seien grundsätzlich gleich. Daher sei die Sachlage der Inspruchnahme eines Vertragsarztes vergleichbar, der ein von der Beklagten zugelassenes oder nicht zugelassenes Medikament verschreibe. Da sich die Beklagte einer Einflußnahme auf die Wahl des Medikamentes ebenso enthalte wie einer Einflußnahme darauf, ob dieses dem Bereich der Schulmedizin oder der Homöopathie zuzuordnen sei, bestehe kein weitergehender Anspruch auf Vergütung für die ärztliche Leistung als bei der Inanspruchnahme eines Vertragsarztes. Die Abrechnung des Medikamentes sei ohnedies gemäß der Satzung erfolgt; ein Anspruch auf erhöhten Kostenersatz für die Inanspruchnahme eines Wahlarztes, der sich einer anderen ärztlichen Methode bediene, bestehe nicht. Schließlich sprach das Berufungsgericht aus, daß die Revision aus dem Grunde des § 46 Abs 1 Z 1 ASGG zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß ihrem Klagebegehren stattgegeben werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf die neue Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (28.2.1994, 10 Ob S 103/93; 14.4.1994, 10 Ob S 264/93) zulässig, sie ist auch im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt.

Nach § 133 Abs 2 ASVG muß die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden. Nach § 133 Abs 1 ASVG umfaßt die Krankenbehandlung ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe. Bei Gewährung der ärztlichen Hilfe ist das Gebot der wirtschaftlichen Behandlungsweise zu beachten: Das Krankenversicherungsrecht ist zwar einerseits bestrebt, die ärztliche Behandlungsfreiheit weitgehend zu respektieren, zum anderen aber muß es Fällen von "Überarztung" vorbeugen. Es ist auch nicht Sache des Krankenversicherungsträgers, die Kosten für medizinische Experimente zu tragen. Die Kosten einer von der Wissenschaft noch nicht anerkannten Behandlungsmethode (Außenseitermethode) sind aber zu ersetzen, wenn zunächst eine - kostengünstigere - zumutbare Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln vergeblich versucht wurde und die Außenseitermethode beim Versicherten erfolgreich war oder doch nach den bisherigen Erfahrungen ein Erfolg erwartet werden durfte (Binder in Tomandl, SV-System 7.ErgLfg 209 mwN bei FN 8; SZ 62/210 = SSV-NF 3/154 ua).

Homöopathie ist ein durch Samuel Hahnemann (1755 bis 1843) begründetes medikamentöses Therapieprinzip, das Krankheitserscheinungen nicht durch exogene Zufuhr direkt gegen die Symptome gerichteter Substanzen behandelt (sogenannte Allopathie), sondern bei dem (meist in niedriger Dosierung) Substanzen eingesetzt werden, die in hoher Dosis den Krankheitserscheinungen ähnliche Symptome hervorrufen. Dieses sogenannte Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie (lat. "Similia similibus curentur") wird in der klassischen Homöopathie ergänzt durch ein komplexes System von Zuschreibungen sowohl im Hinblick auf Patientengemeinschaften (Konstitutionstypen) als auch im Hinblick auf die eingesetzten Arzneimittel, das bei der individuellen Verordnung berücksichtigt wird. Die Arzneistoffe werden zum Teil extrem niedrig dosiert (sogenannte Potenzen), wobei der Ausgangsstoff meist in Dezimalpotenzen verdünnt wird und der Dezimalexponent die Verdünnungsstufe charakterisiert (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch256, 716). Die Homöopathie grenzt sich in allen ihren wesentlichen Merkmalen deutlich und unmißverständlich von der Schulmedizin ab (Dorcsi, Homöopathie heute. Ein praktisches Handbuch [1993], 122). Sie ist bis heute von der Schulmedizin nicht vollends anerkannt.

In der Bundesrepublik Deutschland, wo das Wirtschaftlichkeitsgebot in § 12 SGB V verankert ist, hat der Arzt in der kassenärztlichen Versorgung, wenn anerkannte Behandlungsmethoden fehlen oder im Einzelfall ungeeignet sind, auch solche Außenseitermethoden in Erwägung zu ziehen, deren Wirksamkeit zwar nicht gesichert ist, aber für möglich gehalten werden muß, also beispielsweise auch homöopathische Präparate (BSGE 63, 102; vgl Schlenker, Die Außenseitermedizin und das System der gesetzlichen Krankenversicherung, SGb 1992, 530). Die Frage der Kostenübernahme durch Krankenversicherungsträger wurde in Österreich schon vor Jahren streitig. Das Oberlandesgericht Wien als letzte Instanz in Leistungsstreitsachen orientierte sich zunächst an den vom Hauptverband nach § 31 Abs 3 Z 11 ASVG erlassenen Richtlinien über die okonomische Verschreibweise von Arzneimitteln und Heilmitteln sowie Heilbehelfen (RöV), worin damals die Verordnung von Homöopathika auf Kassakosten "grundsätzlich" ausgeschlossen wurde. Es forderte sodann eine gesetzeskonforme, am § 133 Abs 2 ASVG orientierte Interpretation und bejahte einen Kostenersatzanspruch für Homöopathika, wenn eine Behandlung mit diesen nach dem Leidenszustand erforderlich erschien. Dies sei der Fall, wenn die Behandlung mit anderen im Spezialitätenverzeichnis enthaltenen Medikamenten Nebenwirkungen zeitigten, die bei Homöopathika nicht auftreten. Der Nachweis der vorherigen Verwendung der im Spezialitätenverzeichnis enthaltenen Mittel müsse hiebei aber nur erbracht werden, wenn bei in etwa gleichem therpeutischen Nutzen die Preise der Homöopathika bedeutend höher lägen (SSV 24/65; dazu Schrammel, Veränderungen des Krankenbehandlungsanspruches durch Vertragspartnerrecht ? ZAS 1986, 145 [151]).

Diese eher offenen Formulierungen wurden jedoch in der weiteren - diesselbe Rechtssache betreffenden - Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien SSV 26/69 teilweise wieder zurückgenommen. Da die genannten RöV durch Beschluß des Hauptverbandes für verbindlich erklärt und in der Zeitschrift "Soziale Sicherheit" kundgemacht worden seien, handle es sich dabei um eine Verordnung, die nicht nur die Sozialversicherungsträger und ihre Vertragsärzte, sondern auch die Gerichte binde. Es liege dabei innerhalb der durch das Gesetz bestimmten Grenzen im Ermessen des Hauptverbandes, welche Heilmittel er in die Richtlinien aufnehme. Dies gelte insbesondere für die Aufnahme homöopathischer Heilmittel. Würden sie nicht aufgenommen, so könnten hierauf weder die Versicherungsträger noch der Versicherte noch die Gerichte Einfluß nehmen. Bei gesetzeskonformer Auslegung des die homöopathischen Heilmittel betreffenden Punktes 15 lit h der RöV sei dem Versicherten ein Anspruch auf Übernahme der Kosten solcher Mittel dann zuzuerkennen, wenn dies infolge seines Leidenszustandes und nach den Ergebnissen der Behandlung mit diesen Mitteln notwendig sei. Dies folge aus der im § 31 Abs 1 Z 11 ASVG für die RöV festgesetzten Grenze, daß hiedurch der Heilzweck nicht gefährdet werden dürfe.

Diese Entscheidung wurde von Binder (Aktuelle Fragen im Leistungsrecht der Krankenversicherung, ZAS 1990, 11 [16]) mit dem Hinweis auf das Fehlen der Gesetzeskonformität der RöV kritisiert. Ein im Einzelfall erfolgreicher erprobtes und annähernd preisgleich liegendes Homöopathikum sollte daher vom Arzt auf Kassenkosten gleichrangig mit schulmedizinischen Mitteln verordnet werden können. Schließlich sei nicht zu übersehen, daß das Arzneimittelgesetz auf die homöopathischen Arzneimittel ausdrücklich Bezug nehme und für sie eine besondere Zulassung und Registrierung vorschreibe.

Auf die Frage der Gesetzeskonformität der (alten) RöV ist nicht mehr einzugehen. Mit 1.7.1990 sind nämlich geänderte Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Arznei- und Heilmitteln sowie Heilbehelfen gemäß § 31 Abs 3 Z 11 ASVG in Kraft getreten. In § 7 der neuen RöV sind nunmehr jene Mittel angeführt, für die der Chef(Kontroll)-Arzt keine Bewilligung erteilen darf. Ausnahmen sind hiebei nicht zulässig; dies ist ein absolutes Verbot. Der in den bisher geltenden Richtlinien vorgesehene Ausschluß der Gewährung von Homöopathika ist nicht mehr vorgesehen; daraus ist zu schließen, daß Homöopathika demnach mit chef(kontroll)ärztlicher Bewilligung - da sie jedenfalls nicht zu den frei verschreibbaren Heilmitteln gehören - für Rechnung der Krankenversicherungsträger abgegeben werden können (Choholka in SoSi 1990, 293 f). Aus dieser Änderung der RöV wurde in der erstinstanzlichen Judikatur bereits abgeleitet, daß die im Hauptverband vertretenen Krankenversicherungsträger einer nachträglichen Kostenübernahme privat bezogener und bezahlter ärztlich verordneter Homöopathika grundsätzlich zugänglich sind, wenn Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verschreibung gegeben sind (LG Innsbruck ZAS 1993 Heft 4 Jud Beil 16 = ARD 4499/31/93; vgl auch LG Graz SVSlg 34.661 und LG-Salzburg SVSlg 34.662). Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 28.2.1994, 10 Ob S 103/93 dargelegt hat, ist dieser Auffassung beizutreten, wobei allerdings weitere Bestimmungen der RöV in die Betrachtung einzubeziehen sind:

Nach deren § 1 Abs 1 haben die Krankenversicherungsträger nach Maßgabe dieser Richtlinien die Kosten ärztlich verschriebener Heilmittel zu tragen, soweit sie für eine ausreichende und zweckmäßige, das Maß des Notwendigen nicht überschreitende Krankenbehandlung erforderlich sind. Wesentlicher Grundsatz dieser Richtlinien sind Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit von Verschreibungen. Nach der Definition des § 2 ist die Verschreibung von Heilmitteln oder Heilbehelfen durch den behandelnden Arzt zweckmäßig und wirtschaftlich, wenn die Verschreibung geeignet ist, den größtmöglichen therapeutischen Nutzen zu erzielen und die Behandlungskosten im Verhältnis zum Erfolg und zur Dauer der Behandlung möglichst gering zu halten. Bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen (Abs 2), ob von mehreren therapeutisch geeigneten Heilmitteln das ökonomisch günstigste Heilmittel gewählt wurde, ob im Einzelfall die Verschreibung einer kleineren Menge eines Heilmittels im Hinblick auf die Art und Dauer der Erkrankung zweckmäßiger und wirtschaftlicher wäre, ob bei einer chronischen Krankheit die Verschreibung einer größeren Menge zweckmäßiger und wirtschaftlicher wäre, als die wiederholte Verschreibung von kleinen Mengen und letztlich ob gegebenenfalls statt der Verschreibung von Heilmitteln überhaupt andere zB hygienische, pyhsikalische, diätetische oder psychotherapeutische Maßnahmen zweckmäßiger und wirtschaftlicher wären. Hat der Versicherungsträger nach den Bestimmungen dieser Richtlinien die Kosten für Heilmittel ohne chef(kontroll)ärztliche Bewilligung zu übernehmne, so wird vorerst grundsätzlich die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit angenommen (§ 2 Abs 3). Nach § 4 Abs 2 Z 4 ist jedoch eine chef(kontroll)ärztliche Bewilligung erforderlich, wenn es sich um eine magistrale Zubereitung eines Homöopathikums handelt.

Nach Auffassung des Senates kann somit ein Kostenersatz für homöopathische Behandlung - wie bei jeder Außenseitermethode - nur dann gewährt werden, wenn diese Methode einer zweckmäßigen Krankenbehandlung entspricht und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet. Dies setzt voraus, daß zunächst eine zumutbare erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln versucht wurde, zumindest dann, wenn diese kostengünstiger ist. Weitere Voraussetzung für den Kostenersatzanspruch ist, daß die Behandlung beim Versicherten erfolgreich war oder von ihr nach den Ergebnissen einer für die Bildung eines Erfahrungssatzes ausreichenden Zahl von Fällen ein Erfolg erwartet werden konnte, sie sich also als erfolgversprechend darstellte (10 Ob S 103/93).

Zu all diesen Fragen haben die Vorinstanzen keine Tatsachenfeststellungen getroffen; daher kann nicht beurteilt werden, ob die homöopathische Behandlung einer im Sinne des § 133 Abs 2 ASVG zweckmäßigen Krankenbehandlung entsprochen hat.

Unwidersprochen geblieben ist hingegen die wiederholt vorgetragene Behauptung der Klägerin, es gebe keine Fachärzte für Frauenheilkunde, die homöopathische Behandlungen vornehmen würden und mit der Beklagten in einem Vertragsverhältnis stünden. Ein Vertragsarzt habe daher für die Durchführung der homöopathischen Behandlung gar nicht in Anspruch genommen werden können. Dazu ist im Anschluß an die Entscheidung des Senates vom 14.4.1994, 10 ObS 264/93 folgendes auszuführen:

Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§ 338 ASVG) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe) in Anspruch, so gebührt ihm nach § 131 Abs 1 ASVG der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Krankenbehandlung in der Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Die ärztliche Hilfe wird nach § 135 Abs 1 ASVG durch Vertragsärzte, durch Wahlärzte (§ 131 Abs 1) oder durch Ärzte in eigenen hiefür ausgestattete Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) der Versicherungsträger gewährt. Bei der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe durch einen Vertragsarzt oder in eigenen Einrichtungen des Versicherungsträgers hat der Erkrankte einen Krankenschein vorzulegen (§ 135 Abs 3 ASVG). Nach diesen Bestimmungen hat ein Versicherter also die Möglichkeit, Vertragsärzte, Wahlärzte und Ärzte der eigenen Einrichtungen des leistungszuständigen Krankenversicherungsträgers in Anspruch zu nehmen; damit wird dem Grundsatz der sogenannten freien Arztwahl entsprochen. Unter Vertragsarzt ist ein freiberuflich tätiger Arzt zu verstehen, der von den Sozialversicherungsträgern unter Vertrag genommen und so verpflichtet wurde, die Krankenbehandlung der Versicherten gegen ein Entgelt zu übernehmen, das vom Sozialversicherungsträger zu leisten ist (vgl § 338 ff ASVG). Bei Inanspruchnahme einer "anderweitigen Krankenbehandlung" - worunter aufgrund der Bestimmungen der §§ 135 Abs 1 und 3 und 338 ff ASVG zunächst die Behandlung durch einen freiberuflich tätigen Arzt, der zum Krankenversicherungsträger in keinem Vertragsverhältnis steht und der vom Gesetzgeber als "Wahlarzt" bezeichnet wird, verstanden werden kann -, sind die Kosten der wahlärztlichen Hilfe also zunächst vom Versicherten selbst zu begleichen. Diesem steht sodann gegenüber dem Krankenversicherungsträger ein Anspruch auf Kostenerstattung in der Höhe des Betrages zu, der bei Inanspruchnahme eines Vertragspartners des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Diesen gesetzlichen Anordnungen liegt die offenkundige Absicht des Gesetzgebers zugrunde, unter Wahrung der freien Arztwahl einerseits den Versicherten jedenfalls die Inanspruchnahme der Versicherungsleistung zu ermöglichen, ohne selbst zur Honorierung des Arztes herangezogen zu werden, ihn dadurch also zu schützen, und andererseits auch das Funktionieren des für diesen Zweck notwendigen Vertragsarztsystems zu gewährleisten. Daraus wurde - zu unrecht - gefolgert, daß ein Vertragsarzt nicht gleichzeitig auch als Wahlarzt in Anspruch genommen werden könne und daher auch eine Kostenerstattung bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes schon von Gesetzes wegen ausgeschlossen sei (Näheres in der E 10 ObS 264/93 mwN; Schrammel, Kostenersatz im Recht der gesetzl.

Krankenversicherung, ZAS 1994, 73 [80]; aA Grillberger, Die Bundesschiedskommission und der sog. kassenfreie Raum, ZAS 1994, 81 [84f].

Entscheidend ist auch im vorliegenden Fall zunächst die Beantwortung der Frage, ob die in den Gesamtverträgen normierte Behandlungspflicht die gesamte ärztliche Tätigkeit der Vertragsärzte regelt und die Vertragsärzte für die Behandlung von Versicherten ausschließlich auf die Honorarabrechnung mit dem Krankenversicherungsträger verwiesen sind oder ob auch im Rahmen der Behandlung von Versicherten ein sogenannter kassenfreier Raum besteht. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß die Gesamtverträge den Vertragsärzten eine umfassende Behandlungspflicht auferlegen (vgl § 10 Abs 2 des Muster-Gesamtvertrages, in: Dragaschnig-Souhrada, Schiedskommission und Vertragspartnerrecht, 85). Die ärztliche Behandlung ist im Gesamtvertrag dahin näher umschrieben, daß die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein muß, das Maß des Notwendigen jedoch nicht überschreiten darf; diese Formel deckt sich mit § 133 Abs 2 ASVG. Die vertragsärztliche Behandlung hat in diesem Rahmen alle Leistungen zu umfassen, die aufgrund der ärztlichen Ausbildung und der dem Vertragsarzt zu Gebote stehenden Hilfsmittel zweckmäßigerweise außerhalb einer stationären Krankenhausbehandlung durchgeführt werden können. Die einen integrierenden Bestandteil des Gesamtvertrages bildenden Honorarordnungen unterscheiden zwischen Grundleistungsvergütung einerseits und Sonderleistungstarif anderseits. Dabei stellt sich die Frage, ob grundsätzlich alle ärztlichen Leistungen, die im Sonderleistungstarif nicht enthalten sind, als mit der Grundleistung abgegolten anzusehen sind.

Gemäß § 342 Abs 2 ASVG ist die Vergütung der vertragsärztlichen Tätigkeit grundsätzlich nach Einzelleistungen zu vereinbaren. Mit dieser Regelung sollte eine Abkehr von der früher üblichen Pauschalvergütung und mehr Leistungsgerechtigkeit bei der Entlohnung der Ärzte bewirkt werden (Grillberger, Privathonorierung von Vertragsärzten? SoSi 1991, 526 [529]). Der Gesetzgeber hat damit dem System der Honorierung nach Einzelpositionen den Vorrang gegeben. Nach Grillberger (aaO 530) könne aus dem Vorrang der Einzelleistungsvergütung nicht geschlossen werden, daß es nach dem Gesamtvertrag verwehrt sei, ein Pauschalhonorar zu vereinbaren, mit dem alle jene ärztlichen Leistungen abgegolten werden, die nicht als Einzelleistung (Sonderleistung) in der Honorarordnung tarifisiert seien, weshalb durch die Grundleistungsvergütung des Gesamtvertrages alle Leistungen abgegolten würden, die nicht Gegenstand einer Sonderleistungsvergütung seien. Der Gesamtvertrag sei danach als abschließende Regelung für alle ärztlichen Leistungen zu betrachten, die ein Vertragsarzt gegenüber einem Versicherten erbringe (ebenso Kletter, Kostenerstattungen und Sachleistungsvorsorge, SoSi 1994, 27 [32]). Dies zeige ganz deutlich der Umstand, daß es Gesamtverträge und Honorarordnungen gebe, die der Grundvergütung völlig eindeutig jene Pauschalierungsfunktion ausdrücklich zumessen würden, wie etwa der Gesamtvertrag der Beklagten (Grillberger, ZAS 1994, 82). Dort heiße es in den allgemeinen Bestimmungen der Honorarordnung (2. Abschnitt, Art IV Abs 1): "Die vom praktischen Arzt und vom allgemeinen Vertragsfacharzt in einem Kalendervierteljahr für einen Anspruchsberechtigten erbrachten Leistungen werden durch das im Tarif festgelegte Fallpauschale honoriert. Die im Sonderleistungstarif ..... enthaltenen Leistungen (Sonderleistungen) werden zusätzlich mit den entsprechenden in diesen Tarifen festgelegten Sätzen zu den dort angeführten Bedingungen vergütet." Grillberger meint (aaO), es sei durchaus nichts Ungewöhnliches, wenn ein Gesamtvertrag nicht jede Leistung als Sonderleistung anführe, sondern sie auf Rechnung der sogenannten Grundvergütung setze. Für eine solche Vorgangsweise gebe es auch gute Gründe: Ua werde damit nämlich erschwert, daß jede neue Entwicklung auf dem Sektor des Gesundheitswesens sogleich zusätzliche Belastungen der gesetzlichen Krankenversicherung auslöse. Ein Arzt sei keineswegs immer gezwungen, gerade jene Methode zu wählen, die im Honorartarif (noch) nicht als Sonderleistung verzeichnet sei.

Dieser Auffassung kann, wie der Senat bereits ausgeführt hat (10 Ob S 264/93), nicht uneingeschränkt beigetreten werden. Eine wertende Betrachtung der Regelungen der Honorarordnung für Grundleistungen einerseits und Sonderleistungen andererseits ergibt, daß die wesentlichen ärztlichen Tätigkeiten, die über den mit der Behandlung jedes Patienten verbundenen Grundaufwand hinausgehen, im Rahmen des Sonderleistungstarifes abgegolten werden. Haben die Vertragsparteien neben einer Grundleistungsvergütung für Leistungen bestimmten Umfanges Sonderleistungstarife festgelegt, so kann nicht unterstellt werden, daß neue, damals noch nicht für Rechnung der Kasse zu erbringende Leistungen, die in ihrem Aufwand und Inhalt solchen entsprechen, für die ansonsten Sonderleistungstarife vorgesehen wurden, mit dem Grundleistungstarif abgegolten werden sollen. Dies würde im Ergebnis dazu führen, daß alle neuen (notwendigen und zweckmäßigen) Untersuchungs- und Therapiemethoden, die unter Umständen beträchtliche Kosten für Geräte und einen Zeitaufwand erfordern, der sonst mit Sonderleistungstarifen honoriert wird, mit dem Grundleistungstarif abgegolten werden. Für den Krankenversicherungsträger entstünden damit keine zusätzlichen Aufwendungen, so daß diese Mehrleistungen letztlich ohne Anspruch auf zusätzliches Honorar von den Vertragsärzten zu tragen wären. Ein solches Verständnis kann dem Gesamtvertrag nicht unterstellt werden. Die Bestimmungen über die ärztliche Behandlungspflicht im Gesamtvertrag sind daher im Zusammenhang mit der Honorarordnung zu sehen: Leistungen, die im Zeitpunkt der grundsätzlichen Einigung über die Positionen der Honorarordnung auf Kosten des Krankenversicherungsträgers nicht zu erbringen waren, die jedoch später Gegenstand des Kataloges der Leistungen wurden, auf die die Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger Anspruch haben, sind, sofern sie in ihrem Umfang und ihrer Qualität den Leistungen entsprechen, für die Sondertarife vorgesehen sind, nicht Gegenstand des Gesamtvertrages und damit auch nicht Gegenstand der aus diesem erfließenden Behandlungspflicht der Vertragsärzte (so zutreffend Bundesschiedskommission 27.10.1993, R 1-BSK/92, SSV-NF 7/A 7).

Die Unvollständigkeit der Gesamtverträge kann den Anspruch des Versicherten auf Leistungen der Krankenbehandlung nicht schmälern. Der Gesamtvertrag ist ein dem Gesetz nachrangiges Gestaltungsmittel, das den gesetzlichen Anspruch auf Krankenbehandlung nicht einschränken oder beseitigen kann. Der Senat hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich betont, daß die in der Honorarordnung aufgezählten vertragsärztlichen Leistungen zwar ein Indiz für die Beurteilung darstellen, ob eine Krankenbehandlung zweckmäßig ist und das Maß des Notwendigen nicht übersteigt, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, daß die Gesamtverträge nur unter den Vertragsparteien bindend sind und daher den Anspruch des Versicherten nicht begrenzen können (SSV-NF 3/154 = SZ 62/210); dem ist der Verfassungsgerichtshof gefolgt (SoSi 1992, 573). Die Judikatur hat damit die Existenz sogenannter kassenfreier Räume anerkannt (vgl dazu Windisch-Graetz, Kassenfreier Raum und Anstaltspflege ? ZAS 1994, 37 mwN). Auch Grillberger, der zu diesem Problem eine andere Ansicht vertritt, gesteht zu (SozSi 1991, 533), daß nach dem Modell der gesetzlichen Krankenversicherung kassenfreie Räume zwar nicht erwünscht seien, letztlich aber nur verhindert werden könnten, wenn dem Krankenversicherungsträger die vollständige Sicherstellung des Anspruches auf Krankenbehandlung im jeweiligen Gesamtvertrag gelinge. Notwendige, in den Gesamtverträgen aber nicht vorgesehene Leistungen ist der Versicherte auch dann zu fordern berechtigt, wenn sich die Vertragspartner (Vertragsärzte) - gestützt auf den Vertrag und daher von ihrer Seite berechtigt - weigern, diese Leistungen auf Kosten der Krankenversicherung zu erbringen (Schrammel, ZAS 1986, 145 f). Fraglich dabei ist, ob der Versicherte auch dann Anspruch auf Kostenerstattung hat, wenn er von einem Vertragsarzt keine vertraglichen, sondern außervertragliche Leistungen begehrt, also Leistungen, die in der Honorarordnung nicht vorgesehen sind. Wie oben ausgeführt, begründet § 131 Abs 1 ASVG einen Kostenerstattungsanspruch, wenn der Versicherte nicht die Vertragspartner des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlungen in Anspruch nimmt. Außervertragliche Leistungen werden aber gerade nicht als Sachleistungen erbracht. Ein Begehren auf Sachleistung kann vom Versicherten nur dann wirksam gestellt werden, wenn der Vertragsarzt aufgrund des Gesamtvertrages diese Leistung auf Rechnung des Versicherungsträgers bewirken muß. Leistungen, die nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Tätigkeit sind, können auch von einem Arzt, der in einem Vertragsverhältnis zum Krankenversicherungsträger steht, als Sachleistung nicht erbracht werden. Kann er die Leistung nach seinem Wissensstand erbringen und gehört sie zur Leistungspflicht der Sozialversicherung, dann nimmt der Versicherte auch beim Vertragsarzt eine "anderweitige" Krankenbehandlung in Anspruch. Demnach darf ein Versicherter einen Vertragsarzt privat im Hinblick auf eine spätere Kostenerstattung in Anspruch nehmen, wenn es sich um Leistungen handelt, die er auf Rechnung des Krankenversicherungsträgers nicht erbringen darf. Die Regelung des § 131 Abs 1 ASVG kann daher nur für den Anwendungsbereich eines Gesamtvertrages verstanden werden: Nur in diesem Bereich stehen sich Wahl- und Vertragsärzte gegenüber. Handelt es sich jedoch um Leistungen, die nicht Gegenstand eines Gesamtvertrages sind, so kann die zitierte Bestimmung überhaupt nicht zur Anwendung kommen, weil in diesem Bereich Vertragsärzte nicht zur Verfügung stehen (10 ObS 264/93 unter Hinweis auf die zitierte Entscheidung der BSK).

Grillberger meint schließlich (ZAS 1994, 83), selbst wenn man die Richtigkeit der Ansicht unterstelle, daß der Gesamtvertrag neue Leistungen nicht umfasse, folge daraus noch keineswegs zwingend, daß der Vertragsarzt diese Leistungen dem Versicherten in Rechnung stellen dürfe. Es sei vielmehr zu erwägen, ob der Vertragsarzt statt dessen nicht einen Vergütungsanspruch gegen den Krankenversicherungsträger besitze. Eine solche Lösung lasse sich auch weit eher mit dem vom ASVG angestrebten Vorrang des Sachleistungsprinzips in Einklang bringen; man könnte also gewissermaßen von einer "gesetzeskonformen Interpretation des Gesamtvertrags" sprechen. Der Senat vermag dieser Ansicht nicht zu folgen, weil ihr die Leugnung der Existenz eines kassenfreien Raumes zugrundeliegt und nach der hier vertretenen Auffassung der Arzt nicht als Vertragsarzt, sondern als Wahlarzt in Anspruch genommen wird.

Die dargelegten Grundsätze haben im vorliegenden Fall zur Folge:

Sollte sich erweisen, daß die in Anspruch genommene homöopathische Behandlung als alternative Behandlungsmethode jedenfalls eine Besserung wenn nicht sogar Heilung des Leidens mit sich gebracht und eine Operation (Entfernung der Gebärmutter) vermeiden konnte, während dies mit einer vergleichbaren schulmedizischen Therapie nicht erfolgen hätte können, dann kann die Erstattung der Behandlungskosten der im konkreten Fall angewandten und offenbar nicht Gegenstand des Gesamtvertrages bildenden homöopathischen Therapie nicht (mit der von den Vorinstanzen gegebenen Begründung) abgelehnt werden, weil dies voraussetzen würde, daß eine entsprechende Behandlung auch durch einen Vertragsarzt im Rahmen des Einzelvertrages (Honorarordnung) hätte erfolgen können. Zu der Behauptung der Klägerin, von der Schulmedizin seien ihr außer dem Vorschlag zu einer Gebärmutterentfernung keine Behandlungsvorschläge unterbreitet worden, die homöopathische Behandlung habe hingegen zu einer Besserung des Leidens geführt, haben die Tatsacheninstanzen keine Feststellungen getroffen. Überdies wurden Art und Umfang der von der in Anspruch genommenen Fachärztin entfalteten Tätigkeit bisher weder erörtert noch festgestellt. Insoweit bedarf es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz, weshalb das angefochtene Urteil und das Urteil des Erstgerichtes aufzuheben und die Sozialrechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen waren.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

Rechtssätze
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