JudikaturJustiz10ObS421/01m

10ObS421/01m – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Juni 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Eveline Umgeher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alfred Klair (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria S*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Ilse Grond, Rechtsanwältin in Herzogenburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. August 2001, GZ 7 Rs 212/01z-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 9. November 2000, GZ 8 Cgs 220/99w-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom 8. 8. 1995 wurde der Klägerin ein Anspruch auf Ausgleichszulage ab dem 1. 7. 1995 zuerkannt.

Von Jänner 1998 bis Februar 1999 war die Klägerin als freie Dienstnehmerin iSd § 4 Abs 4 ASVG bei der Firma M***** Z***** Ges.m.b.H. Co KG (im Folgenden "M*****") beschäftigt. Ihre Aufgabe bestand darin, in deren Büroräumlichkeiten aufgrund von Adressenlisten, die die M***** an die Klägerin und die anderen Mitarbeiter ausgab, Personen anzurufen und für ein Abonnement der K***** zu werben. Soweit keine Listen vorhanden waren, entnahm die Klägerin zu werbende Personen aus dem Telefonbuch. Pro abgeschlossenem Abonnement erhielt die Klägerin eine Provision. Sie konnte selbst entscheiden, wie viele Leute sie anruft und wie hoch die dementsprechende Provision dann ausfallen wird. Die Klägerin bezog von der beklagten Partei im Jahr 1998 eine Pension in Höhe von monatlich S 4.439,20 brutto und im Jahr 1999 eine Pension in Höhe von monatlich S 4.505,80 brutto. Weiters erhielt sie im Jahr 1998 sowie im Jänner und Februar 1999 eine Ausgleichszulage. Im Jahr 1998 sowie im Jänner und Februar 1999 bezog die Klägerin von der M***** folgendes "anrechenbare Einkommen":

im Februar 1998 S 5.622,50

im März 1998 S 5.626,80

im April 1998 S 16.988,10

im Mai 1998 S 4.485,00

im Juni 1998 S 9.692,30

im Juli 1998 S 7.772,30

im August 1998 S 7.542,80

im September 1998 S 4.874,30

im Oktober 1998 S 11.059,00

im November 1998 S 8.425,10

im Dezember 1998 S 9.774,50

im Jänner 1999 S 3.585,40

im Februar 1999 S 4.505,80

Es ist nicht feststellbar, dass in den die Klägerin betreffenden Abrechnungen auch Provisionen von anderen Mitarbeitern enthalten waren, insbesondere für Arbeiten, die diese Mitarbeiter anstelle der Klägerin durchführten.

Mit Bescheid vom 18. 4. 1999 sprach die beklagte Partei aus, dass der Anspruch auf die zur Pension gewährte Ausgleichszulage mit 31. 1. 1998 ende, weiters dass der vom 1. 2. 1998 bis 28. 2. 1999 entstandene Überbezug an Ausgleichszulage von S 52.002,30 (EUR 3.779,15) rückgefordert werde und innerhalb von vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zurückzuzahlen sei. Infolge des aus der am 1. 1. 1998 aufgenommenen Beschäftigung erzielten Einkommens, das in der Summe mit der Pension die Höhe des in Betracht kommenden Richtsatzes erreiche bzw übersteige, ende der Anspruch auf Ausgleichszulage. Die die Änderung des Nettoeinkommens nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist gemeldet worden sei, sei der entstandene Überbezug zurückzufordern.

Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Die Klägerin sei zur Firma M***** in einem freien Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs 4 ASVG gestanden und daher für den Geltungsbereich des ASVG nicht selbständig erwerbstätig gewesen, sondern den übrigen Dienstnehmern gleichgestellt. Die Wendung "nach Ausgleich mit Verlusten" in § 292 Abs 3 ASVG beziehe sich auf die Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Hingegen solle die vorgesehene Verminderung der Einkünfte um die gesetzlich geregelten Abzüge (Steuern, Abgaben, Umlagen und Beiträgen) zum Ausdruck bringen, dass sich das Nettoeinkommen erst nach Abzug von Steuern, Abgaben, Umlagen und Beiträgen ergebe. Im Ausgleichszulagenrecht seien außer dem Abzug dieser gesetzlich geregelten Abzüge keine weiteren Abzüge oder Absetzungen vom Nettoeinkommen zulässig. Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen seien nicht abzuziehen, zumal diese regelmäßig schon bei der Bemessung der abzuziehenden Steuern Berücksichtigung gefunden hätten. Da die Klägerin "nicht selbständig im Sinne des ASVG tätig" gewesen sei, sei sie nicht berechtigt, Fahrtkosten und andere Aufwendungen von ihrem Einkommen abzuziehen. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin eingewendeten Ausgaben Werbungskosten im Sinne des EStG darstellten. Im Sinne der Zielsetzung des Ausgleichszulagenrechts könne es nicht angehen, die das Einkommen fast jeden Monat bei weitem übersteigenden Aufwendungen abzuziehen und dann noch einen Anspruch auf eine Ausgleichszulage zu behaupten. Wenn die einzelnen Aufwendungen jeden Monat die Einkünfte bei weitem übersteigen stelle sich die Frage, warum die Klägerin überhaupt einem Nebenverdienst nachgehe, wenn sie durch diesen mehr Aufwendungen als Einnahmen habe.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin bei Anrechnung des aus ihrer Tätigkeit bei der M***** im Zeitraum von Februar 1998 bis einschließlich Februar 1999 erzielten Einkommens ein monatliches Nettoeinkommen bezogen habe, das in der Summe mit der Pension über dem jeweils anzuwendenden Richtsatz gelegen sei (1998: S 7.992,--, 1999: S 8.112,--), habe sie die Ausgleichszulage in diesem Zeitraum zu Unrecht bezogen. Im Zeitraum von Februar 1998 bis Dezember 1998 sei es unter Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge zu einem monatlichen Überbezug von S 3.419,60 gekommen, somit für elf Monate von insgesamt S 37.615,60. Der Überbezug aus den Sonderzahlungen für April und September 1998 betrage S 6.839,20, weiters der Überbezug an außerordentlicher Ausgleichszulage S 625,60, sodass sich für das Jahr 1998 ein zu Unrecht bezogener Ausgleichszulagenbetrag von S 45.008,40 ergebe. Für das Jahr 1999 errechne sich ein Überbezug von S 6.921,90, sodass die Gesamtsumme an zu Unrecht bezogener Ausgleichszulage S 52.002,30 betrage.

Die Beendigung der Ausgleichszulagenzahlung mit 31. 1. 1998 und die Rückforderung der zu viel bezahlten Ausgleichszulage seien zu Recht erfolgt. Im Hinblick auf das geringe Einkommen der Klägerin sei die Rückersatzverpflichtung in Ratenzahlungen zu bestimmen gewesen. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es verneinte eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens und übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass der Begriff des Nettoeinkommens (§ 292 Abs 3 ASVG) aus der Rechtsprechung in bürgerlichen Rechtssachen und Exekutionssachen stamme. Um sicher zu stellen, dass die Definition des Nettoeinkommens auch die Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit umfasse, sei sie um die Wendung "nach Ausgleich mit Verlusten" erweitert worden. Von den Einkünften seien Steuern, Abgaben, gesetzlich vorgesehene Umlagen und Beiträge abzurechnen; weitere Abzüge oder Absetzungen vom Nettoeinkommen seien unzulässig. Dies gelte insbesondere für Werbungskosten, sonstige freiwillige Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen. Für den Begriff des monatlichen Nettoeinkommens iSd § 292 Abs 3 ASVG könnten keineswegs die Grundsätze des Einkommensteuerrechts herangezogen werden; steuerliche "Sonderausgaben" seien bei der Einkunftsfeststellung nicht zu berücksichtigen. Vielmehr habe im Ausgleichszulagenrecht bei der Feststellung des Nettoeinkommens ein Abzug des zur Erzielung der Einkünfte notwendigen Aufwands - wie etwa Taggeldzahlungen - zu unterbleiben. Die Absetzung für Abnutzung falle nicht unter die Einkünfte und sei daher bei Ermittlung der Höhe der Einkünfte vorweg abzuziehen.

Die von der Klägerin in erster Linie (in Höhe des amtlichen Kilometergeldes) geltend gemachten Fahrtkosten für die Fahrten von ihrem Wohnort zur M***** seien von den erzielten Nettoeinkünften nicht abzuziehen. Für Honorarkosten von Personen, an die Aufträge weitergegeben worden seien, sowie für sonstige Ausgaben sei der konkrete Nachweis nicht erbracht worden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die unbeantwortete Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des Eventualantrags berechtigt. Erreicht die Pension zuzüglich des aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten stammenden Nettoeinkommens und der aus Unterhaltsansprüchen gemäß § 294 ASVG zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des jeweils maßgeblichen Ausgleichszulagenrichtsatzes, hat der im Inland aufhältige Pensionsberechtigte nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnitts V des Vierten Teils des ASVG (Pensionsversicherung) Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension (§ 292 Abs 1 ASVG). Die Ausgleichszulage gebührt in der Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Summe aus Pension, sonstigem Einkommen und den aus Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigenden Beträgen einerseits und dem Ausgleichszulagenrichtsatz andererseits. Dieser Ausgleichszulagenrichtsatz legt gleichsam das Existenzminimum für den Bereich der Sozialversicherung fest (Teschner in Tomandl, SV-System 14 ErgLfg, 412; Tomandl, Grundriss des österreichischen Sozialrechts5 Rz 278). Funktionell handelt es sich also bei den Regelungen über die Ausgleichszulage um die Garantie eines Mindesteinkommens im Pensionsalter, also um Mindestpensionen. Rechtlich ist die Ausgleichszulage allerdings als Leistung mit Fürsorgecharakter konzipiert (Martinek, Zur Ausgleichszulage, VersRdSch 1956, 229). Durch die Gewährung der Ausgleichszulage soll dem Pensionsbezieher gegebenenfalls die Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhalts ermöglicht werden. Erzielt der Pensionist bereits mit seiner Pension und den übrigen Einkünften zusammengenommen Einkünfte über dem Ausgleichszulagenrichtsatz, verfügt er über genügend finanzielle Mittel, um dieses Ziel auch ohne Ausgleichszulage zu erreichen (Schrammel, Probleme der Ausgleichszulage, ZAS 1992, 9 ff). In diesem Sinn sind die übrigen Einkünfte (nur) insoweit anzurechnen, als sie dem Pensionsberechtigten real zur Verfügung stehen (SSV-NF 1/21; SZ 61/115 = SSV-NF 2/48; SZ 61/257 = SSV-NF 2/131).

Die im § 292 Abs 3 ASVG verwendete Formel zur Umschreibung des Nettoeinkommens hat große Ähnlichkeit mit dem Einkommensbegriff des Steuerrechts. Wie der Oberste Gerichtshof in der in SSV-NF 4/1 (ebenso SSV-NF 8/23) veröffentlichten Entscheidung eingehend dargelegt hat, betonen die Materialien zur 29. ASVG-Novelle (RV 404 BlgNR 13. GP 106), das Tatbestandsmerkmal "nach Ausgleich mit Verlusten" sei dem § 2 EStG entlehnt worden (Binder, Probleme der pensionsversicherungsrechtlichen Ausgleichszulage, ZAS 1981, 89 [91]). Gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 ist unter dem der Steuerpflicht unterliegenden "Einkommen" der Gesamtbetrag der Einkünfte nach Ausgleich mit Verlusten zu verstehen, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben. Einkünfte sind bei den Einkunftsarten "Land- und Forstwirtschaft", "selbständige Arbeit" und "Gewerbebetrieb" der Gewinn, bei den anderen in § 2 Abs 3 EStG genannten Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Diese Ähnlichkeit legt den Schluss nahe, dass das ausgleichszulagenrelevante Einkommen nach den steuerrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln ist.

Der Oberste Gerichtshof hat diesen Schluss in seiner Rechtsprechung nicht uneingeschränkt gezogen und mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass im Sozialversicherungsrecht nicht einfach die Regeln des EStG angewendet werden können, weil es keine völlige Übereinstimmung der Begriffsbildung gibt und unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungsgesetze und der Steuergesetze bestehen (RIS-Justiz RS0085210). Die Ablehnung einer generellen Rezeption des Steuerrechts schließt aber nicht aus, im Einzelfall auftretende Zweifelsfragen unter Zuhilfenahme steuerrechtlicher Normen zu klären (SSV-NF 4/1). Diese auf Binder (ZAS 1981, 89 ff) zurückgehende Auffassung hat in der Literatur grundsätzlich Zustimmung gefunden (Schrammel, ZAS 1992, 9 [11]). Wegen der Funktion der Ausgleichszulage, dem Pensionsbezieher mit Hilfe der Ausgleichszulage die Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhalts zu ermöglichen, wenn ihm real ein niedriger Betrag als der Ausgleichszulagenrichtsatz zur Verfügung steht, gehen die ausgleichszulagenrelevanten "Einkünfte" über den steuerrechtlichen Begriff der Einkünfte hinaus, weil es nicht darauf ankommt, ob sie aus den in § 2 Abs 3 EStG genannten Einkunftsarten stammen. Wenn die Einkünfte allerdings aus einer steuerrelevanten Einkunftsart erfließen, spricht grundsätzlich nichts dagegen, zB Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit mit dem Gewinn im Sinne des Steuerrechts gleichzusetzen. In diesem Sinn hat es der Oberste Gerichtshof als gerechtfertigt angesehen, im Ausgleichszulagenrecht bei selbständig Erwerbstätigen grundsätzlich vom steuerlichen Gewinn, vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge, auszugehen, da dem Pensionisten nur dieser Betrag (vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge) zur Befriedigung seiner Bedürfnisse zur Verfügung steht (SZ 63/113 = SSV-NF 4/95). "Steuerliche Abschreibungen, die nur aus wirtschaftspolitischen Gründen vorgesehen sind", werden jedoch im Ausgleichszulagenrecht nicht als einkommensmindernd angesehen (SSV-NF 3/98: zB Differenz zwischen der gewöhnlichen und einer vorzeitigen Abschreibung und die auf eine Investitionsrücklage oder auf einen Investitionsfreibetrag entfallenden Beträge).

Bei der Klägerin handelt es sich unstrittig um eine "freie Dienstnehmerin" iSd § 4 Abs 4 ASVG. Durch diese Bestimmung werden Personen erfasst, die sich aufgrund freier Dienstverträge, also in persönlicher Unabhängigkeit, aber wirtschaftlicher Abhängigkeit auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur im Wesentlichen persönlichen Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt verpflichten und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen. Eine korrespondierende Bestimmung über freie Dienstverhältnisse fehlt im EStG. Abgesehen von den hier nicht relevanten Ausnahmefällen des § 47 Abs 2 EStG ist ein einkommensteuerrechtliches Dienstverhältnis immer ein "echtes" im Sinne des ASVG, keinesfalls jedoch ein freier Dienstvertrag gemäß § 4 Abs 4 ASVG (Hofer, Sozialversicherungsrechtliche Verknüpfungen zum Einkommensteuerrecht, ASoK 1998, 7). Einkünfte aus freien Dienstverträgen begründen Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb und sind somit als betriebliche Einkünfte zu qualifizieren (Engelbrecht/Gruber/Risak, Werkverträge atypische Dienstverträge [2002], 101; Pöltner, Die Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung, DRdA 1998, 316 [319]; LStR 2002 Rz 977 ua). Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb bilden in der Regel Betriebsausgaben iSd § 4 Abs 4 EStG, es sei denn, dass eine Wohnung außerhalb der üblichen Entfernung vom Betriebsort aus privaten Gründen beibehalten wird (VwGH 1. 2. 1977, Zl 1602/76) oder der Wohnsitz außerhalb der üblichen Entfernung vom Betriebsort gewählt wird (VwGH 1. 7. 1981, Zl 81/13/0046, 0048). Bei Verwendung eines privaten PKW sind die Kraftfahrzeugkosten in der tatsächlich angefallenen Höhe als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu berücksichtigen (VwGH 8. 10. 1998, 97/15/0073). Bei Benützung des eigenen Fahrzeugs können bei beruflichen Fahrten von nicht mehr als 30.000 km jährlich entsprechend der einkommensteuerrechtlichen Praxis die amtlichen Kilometergelder als geschätzte tatsächliche Kosten herangezogen werden (VwGH 30. 11. 1999, 97/14/0174; VwGH 28. 3. 2000, 97/17/0103).

Die Argumentation des Erstgerichts, aus dem Umstand, dass die Klägerin in einem freien Dienstverhältnis iSd § 4 Abs 4 ASVG gestanden sei, müsse der Schluss gezogen werden, dass sie "für den Geltungsbereich des ASVG nicht selbständig tätig" gewesen sei, kann nicht geteilt werden. Die Kriterien für die Zuordnung zum jeweiligen Sozialversicherungsgesetz sind keinesfalls einheitlich und zeitlos geregelt (s Grillberger/Mosler, Sozialversicherung für Dienstnehmer und Selbständige [1998], 1 ff). So fanden sich im ASVG seit jeher zahlreiche Erwerbstätige, die nicht Dienstnehmer waren. Mit dem ASRÄG 1997 wurden dann Selbständige, die nach § 4 Abs 3 ASVG versichert gewesen waren (zB Hebammen, Gepäckträger etc), ab 1. 1. 2000 den Bestimmungen des GSVG unterworfen. Es kann also keineswegs gesagt werden, dass die Pflichtversicherung nach einem bestimmten Sozialversicherungsgesetz eine allgemeine Regel dafür aufstellt, wie das Einkommen der betreffenden Personen im Ausgleichszulagenrecht zu behandeln ist. Vielmehr kommt im vorliegenden Fall, in dem betriebliche Einkünfte erzielt werden, der steuerrechtlichen Beurteilung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben die maßgebende Bedeutung zu, wobei - wie bereits dargestellt - für die Anrechnung des Einkommens im Bereich des Ausgleichszulagenrechts entscheidend ist, inwieweit dieses dem Pensionsberechtigten real zur Verfügung steht. Der Pensionist ist nicht verpflichtet, sich auf Einkunftsarten zu beschränken, die Erträge abwerfen, weil er auch gar nicht verpflichtet ist, zur Verminderung des Ausgleichszulagenanspruchs überhaupt ein Einkommen zu erwerben. Der "Anspannungsgrundatz" kommt daher auch bei der Einkommensermittlung nicht zum Tragen (Schrammel, ZAS 1992, 9 ff).

Da die Vorinstanzen zu Unrecht die Ansicht vertreten haben, die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb könnten keinesfalls Betriebsausgaben bilden, sind ihre Entscheidungen aufzuheben; die Sozialrechtssache ist an das Erstgericht zurückzuverweisen. Im fortgesetzten Verfahren ist für die Beurteilung des Anspruchs der Klägerin auf eine Ausgleichszulage (und damit den Rückersatzanspruch der beklagten Partei) nach den dargestellten, im Wesentlichen dem Einkommensteuerrecht entnommenen Grundsätzen die Höhe eines Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben im Zeitraum 1. 2. 1998 bis 28. 2. 1999 zu ermitteln, wobei insbesondere die Frage der betrieblich veranlassten Aufwendungen in Form von Fahrtkosten zu klären ist. Ausgehend vom Prozessvorbringen richtet sich die Klage nicht nur gegen die Rückforderung der Ausgleichszulage für die Zeit vom 1. 2. 1998 bis 28. 2. 1999, sondern auch gegen den bescheidmäßigen Ausspruch, dass der Anspruch auf Ausgleichszulage ab 31. 1. 1998 ende. Das Begehren reicht damit über den Zeitraum, für den der Klägerin die Ausgleichzulage - nach dem Standpunkt der beklagten Partei zu Unrecht - ausgezahlt wurde, hinaus und hat auch die Zahlung der Leistung für die Zeit ab 1. 3. 1999 zum Gegenstand. Dieser Teil des erhobenen Anspruchs wurde bisher nicht geprüft. Auch in diesem Punkt wird das Verfahren zu ergänzen sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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