JudikaturJustiz10ObS166/94

10ObS166/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. November 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Dafert (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dipl.Ing. Dr. Peter Israiloff (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Artur G*****, ohne Beschäftigungsangabe, *****, vertreten durch Dr. Clement Achammer und Mag. Martin Mennel, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei Vorarlberger Gebietskrankenkasse, 6850 Dornbirn, Jahngasse 4, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram und Dr. Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1.320,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. März 1994, GZ 5 Rs 13/94-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 22. März 1993, GZ 35 Cgs 126/92g-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung:

Der Kläger ist bei der Beklagten nach den Bestimmungen des ASVG in der Krankenversicherung pflichtversichert. Er leidet an einer Herzerkrankung, die unter anderem eine medikamentöse Behandlung erforderlich macht. Er begab sich zur Behandlung dieser Erkrankung zu dem Facharzt für Innere Medizin Univ.Doz. Dr. C*****, der ein Vertragsarzt der Beklagten ist, was dem Kläger auch bekannt war. Im Zuge der Behandlung wurde eine 24-Stunden-Blutdruckmessung durchgeführt, wofür der Kläger auf Grund der Rechnung des Facharztes vom 22.9.1992 S 1.320,-- (inklusive Umsatzsteuer) bezahlte. Daraufhin beantragte der Kläger bei der Beklagten Kostenerstattung. Der Kläger war im dritten Quartal 1992, in welchem die Behandlung vom 21.9.1992 im Zusammenhang mit der 24-Stunden-Blutdruckmessung erfolgte, mehrmals bei dem genannten Facharzt in Behandlung, der für Leistungen in diesem Quartal auch mit der Beklagten abrechnete und insgesamt S 647,28 für Ordinationsgebühren vergütet erhielt.

Mit Bescheid vom 26.11.1992 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung ab. Es handle sich bei der Behandlung um keine Kassenleistung, die über einen Krankenschein verrechnet werden könne. Jegliche Krankenbehandlung eines Vertragsarztes sei nach dem Gesamtvertrag ausschließlich auf Rechnung des Versicherungsträgers, nicht des Versicherten vorzunehmen. Ein Tätigwerden eines Arztes teils als Wahl-, teils als Vertragsarzt scheide selbst im Falle der Übereinkunft zwischen dem Arzt und dem Versicherten aus. Für die vom Vertragsarzt dem Kläger erbrachten Sachleistungen sei dieser im Rahmen des Gesamt- und Einzelvertrages entschädigt worden.

Mit der rechtzeitigen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von S 1.320,-- s.A. Durch die genannte Blutdruckmessung habe bei ihm eine wesentlich kostengünstigere, effizientere, schonendere und lebensverlängernde Medikation verordnet werden können, wodurch sich die Beklagte erhebliche Kosten erspart habe. Die Ablehnung des Kostenersatzes sei nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im wesentlichen ein, daß es sich bei dem in Anspruch genommenen Facharzt um einen Vertragsarzt der Beklagten und nicht um einen Wahlarzt handle, so daß ein Kostenerstattungsanspruch schon deshalb ausgeschlossen sei. Der Kläger habe Anspruch auf Behandlung auf Kosten der Beklagten, der Facharzt habe von ihm für die Krankenbehandlung gar nichts verlangen dürfen. Nach der Vorarlberger Krankenordnung werde bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes als Wahlarzt kein Rückersatz geleistet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte ergänzend fest, daß es sich bei der hier angewendeten Blutdruckmessung um eine in medizinischer Hinsicht zulässige und in bezug auf den Behandlungserfolg zweckmäßige Maßnahme handelte. Dadurch habe beim Kläger vor allem die für die Behandlung der Herzerkrankung erforderliche Medikation exakt quantifiziert werden können, wodurch die Beklagte wesentlich weniger Kosten für Medikamente zu ersetzen habe. Der verrechnete Betrag sei auch marktüblich und angemessen. Die maßgebliche Honorarordnung sehe in bezug auf diese Blutdruckmessung keinen eigenen Tarifansatz vor. Der Arzt habe für die am 21.9.1992 vorgenommene Behandlung vom Kläger ein Entgelt von S 1.320,-- und von der Beklagten ein solches in nicht genau feststellbarer Höhe, jedenfalls jedoch in der Höhe des sogenannten Ordinationstarifes erhalten. Im Bundesland Vorarlberg werde in keinem Krankenhaus die hier herangezogene Blutdruckmessungs- methode angewendet. Es sei auch nicht erwiesen, daß in diesem Bundesland ein anderer Arzt die Methode anwende.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß der Kläger gegenüber der Beklagten Anspruch auf Ersatz der Kosten in jener Höhe habe, die bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner vom Versicherungsträger aufzuwenden gewesen wären (§ 131 Abs 1 ASVG). Bei dieser Beurteilung sei zu beachten, ob die anderen Vertragsärzte der Beklagten im Einzelfall dem Kläger eine zweckmäßige und ausreichende Behandlung zur Verfügung gestellt hätten. Deshalb, weil andere Vertragsärzte keine 24-Stunden-Blutdruckmessung durchgeführt hätten, könne nicht geschlossen werden, diese anderen Ärzte hätten dem Kläger keine zweckmäßige und ausreichende Krankenbehandlung zuteil werden lassen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Facharzt als Wahlarzt konsultiert habe oder nicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Nach der Krankenordnung der Beklagten habe der Versicherte das Recht, einen Wahlarzt in Anspruch zu nehmen; als solcher sei ein Arzt anzusehen, der zur Kasse in keinem Vertragsverhältnis stehe. Die Kosten der wahlärztlichen Hilfe seien vom Versicherten zu zahlen. Ihm gebühre eine Kostenerstattung, wenn nicht in demselben Kalendervierteljahr ... ein Facharzt als Wahlarzt bzw. ein Facharzt des gleichen Fachgebietes als Vertragsarzt in Anspruch genommen worden sei. Dies habe der Kläger getan, weil er Dr. C. B***** einerseits als Vertragsarzt in Anspruch genommen habe und andererseits nun Ersatz für Wahlarztkosten begehre. Ein Vertragsarzt könne aber nicht gleichzeitig auch als Wahlarzt im Sinne des ASVG in Anspruch genommen werden, weshalb auch eine Kostenerstattung bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes schon vom Gesetz wegen ausgeschlossen sei. Ob die hier in Frage stehende Leistung einem sogenannten kassenfreien Raum zuzuordnen sei, brauche nicht entschieden zu werden. Im Rahmen des Gesamtvertrages würden grundsätzlich alle Aufwendungen im Rahmen der Krankenbehandlung (Vertrags- und Wahlarztkosten) abgegolten. Nur deswegen, weil eine andere apparative Ausstattung für das 24-Stunden- Blutdruckmessen und eine möglicherweise etwas intensivere Betreuung des Patienten und des Gerätes behauptet werde, könne ungeachtet der möglichen Zweckmäßigkeit einer solchen Untersuchung noch nicht gesagt werden, daß nunmehr keine vertragsgemäße Honorierung mehr möglich wäre und unbedingt ein Ersatz der vom Facharzt kalkulierten Kosten erfolgen müßte. Ob und in welcher Höhe die Beklagte den behandelnden Arzt des Klägers honoriert habe, könne dahingestellt bleiben. Fest stehe, daß der Kläger den Facharzt jedenfalls auch als Vertragsarzt in Anspruch genommen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Er beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer vollen Klagsstattgebung und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (SZ 67/67; 10 Ob S 59/94) zulässig; sie ist auch im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt.

In der erst nach dem hier angefochtenen Urteil des Berufungsgerichtes ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14.4.1994, 10 Ob S 264/93 (= SZ 67/67 = SSV-NF 8/33 = JBl 1995, 267 = DRdA 1995,

168) wurde die Rechtsfrage der Inanspruchnahme eines Vertragsarztes als Wahlarzt ausführlich erörtert. Die Begründung dieser Entscheidung kann schon wegen ihrer mehrfachen Veröffentlichung als bekannt vorausgesetzt werden. Zusammenfassend lassen sich aus den dort dargelegten Erwägungen folgende Rechtssätze ableiten: Leistungen, die im Zeitpunkt der grundsätzlichen Einigung über die Positionen der Honorarordnung auf Kosten des Versicherungsträgers nicht zu erbringen waren, die jedoch später Gegenstand der Leistungen wurden, auf die die Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger Anspruch haben, sind, sofern sie in ihrem Umfang und in ihrer Qualität den Leistungen entsprechen, für die Sondertarife vorgesehen sind, nicht Gegenstand des Gesamtvertrages und der aus diesem erfließenden Behandlungspflicht der Vertragsärzte. Notwendige, in den Gesamtverträgen aber nicht vorgesehene Leistungen ist der Versicherte auch dann zu fordern berechtigt, wenn sich die Vertragsärzte berechtigt weigern, diese Leistungen auf Kosten der Krankenversicherung zu erbringen. Ein Versicherter darf einen Vertragsarzt privat in Anspruch nehmen und hat Anspruch auf spätere Kostenerstattung, wenn es sich um Leistungen handelt, die der Vertragsarzt auf Rechnung der Krankenversicherung nicht erbringen darf. Im damals zu entscheidenden Fall war davon auszugehen, daß die schulmediziniche Therapie keine Besserung des Leidens der Versicherten bewirken konnte, während die in Anspruch genommene alternative Behandlungsmethode jedenfalls eine Besserung wenn nicht sogar Heilung des Hautleidens mit sich gebracht hatte. Die Erstattung der Behandlungskosten der im konkreten Fall angewandten und offenbar nicht Gegenstand des Gesamtvertrages bildenden Therapie konnte daher nach Ansicht des Senates nicht mit der Begründung abgelehnt werden, daß der in Anspruch genommene Arzt Vertragsarzt der Beklagten sei. Art und Umfang der vom Arzt entfalteten Tätigkeit wären aber bisher weder erörtert noch festgestellt worden (vgl. nunmehr auch BSK 19.9.1994, R 2-BSK/94 = SSV-NF 8/A5).

An dieser Rechtsauffassung hielt der Senat ungeachtet der inzwischen geübten Kritik in seiner Entscheidung vom 6.12.1994, 10 Ob S 59/94 fest. Insbesondere lehnte der Senat die Auffassung ab, der Gesamtvertrag sei als abschließende Regelung für alle ärztlichen Leistungen zu betrachten, die ein Vertragsarzt gegenüber einem Versicherten erbringe (so auch Kletter, Kostenerstattungen und Sachleistungsvorsorge SoSi 1994, 27 [32]). Daran ändere nichts der Umstand, daß es Gesamtverträge und Honorarordnungen gebe, die der Grundvergütung jene Pauschalierungsfunktion ausdrücklich zumessen würden, wie etwa der Gesamtvertrag der Wiener Gebietskrankenkasse (Grillberger, Die Bundesschieds- kommission und der sogenannte kassenfreie Raum, ZAS 1994, 81 [82]; ebenso Kiesl, Der sogenannte "kassenfreie Raum", SoSi 1995, 322 ff und 418 ff [419] für den Anwendungsbereich des oberösterreichischen Ärzte- gesamtvertrages). Der Senat hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß die Unvollständigkeit der Gesamtverträge den Anspruch des Versicherten auf Leistungen der Krankenbehandlung nicht schmälern kann. Der Gesamtvertrag ist ein dem Gesetz nachrangiges Gestaltungsmittel, das den gesetzlichen Anspruch auf Krankenbehandlung nicht einschränken oder beseitigen kann. Die in der Honorarordnung aufgezählten vertragsärztlichen Leistungen stellen zwar ein Indiz für die Beurteilung dar, ob eine Krankenbehandlung zweckmäßig ist und das Maß des notwendigen nicht übersteigt, doch sind die Gesamtverträge nur unter den Vertragsparteien bindend und können daher den Anspruch des Versicherten nicht begrenzen (so bereits SSV-NF 3/154 = SZ 62/210). Von den Kritikern der Judikatur wurde darauf verwiesen, nur im Wege der Auslegung des Gesamtvertrages lasse sich ermitteln, ob er die Vertragsärzte zur Erbringung aller vom Krankenversicherungsträger geschuldeten Leistungen verpflichte (Grillberger aaO 83; ebenso Kiesl aaO 325). Dem ist an sich beizustimmen, doch führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zum wesentlichen Inhalt eines Gesamtvertrages gehört jedenfalls die Vereinbarung über die Vergütung der ärztlichen Leistungen. Die Honorierung hat grundsätzlich nach Einzelleistungen zu erfolgen (§ 342 Abs 2 ASVG). Der Gesetzgeber akzeptiert freilich, daß Honorarpauschalierungen aus praktischen Gründen oft nicht vermieden werden können, sie müssen aber quantitativ die Ausnahme bleiben. Honorarordnungen, in denen die Pauschalierung zur Grundregel wird, wären gesetzwidrig. Die Honorarordnungen unterscheiden regelmäßig zwischen pauschalentlohnten Grundleistungen und Sonderleistungen, für die Einzelleistungshonorare festgesetzt werden. Einzelne Gesamtverträge enthalten Bestimmungen, wonach mit der pauschalierten Grundvergütung alle jene ärztlichen Leistungen abgegolten sind, die in der Honorarordnung nicht als besondere Leistungen enthalten sind (vgl Beispiele bei Grillberger, Die Aushöhlung des Sachleistungsprinzips, DRdA 1995, 101 ff). Hier ist aber zu bedenken, daß die Sonderleistungskataloge ursprünglich noch relativ klein gewesen sind und die Anzahl der Positionen erst im Laufe der Zeit schrittweise vermehrt wurde. Unter Zugrundelegung des gesetzlichen Honorierungssystems darf aber nicht abgeleitet werden, daß zu den Grundleistungen alle jene Verrichtungen gehören, die nicht als Sonderleistungen angeführt sind: Dies würde nämlich im Ergebnis auf eine gesetzlich unerwünschte Gesamtpauschalierung der ärztlichen Tätigkeit hinauslaufen. Daher entspricht es nur einer gesetzeskonformen Interpretation der Gesamtverträge, wenn behauptet wird, daß in der Honorarordnung nicht enthaltene Sonderleistungen vom Arzt auf Rechnung der Kasse auch nicht erbracht werden müssen. Denn nur dadurch wird sichergestellt, daß die vertragsärztliche Tätigkeit weiterhin grundsätzlich nach Einzelleistungen vergütet wird. Auch Grillberger räumt ein, daß sich die These von außervertraglichen Leistungen für "neue" Leistungen vertreten lasse, die in der Honorarordnung noch nicht bereits einkalkuliert sind (Grillberger aaO ZAS 1994, 84 und DRdA 1995, 105). Nicht gefolgt werden kann jedoch seiner Auffassung, es sei in solchen Fällen eher ein Anspruch des Arztes gegen den Krankenversicherungsträger als gegen den Versichteren am Platz. Der Senat hat bereits ausgesprochen, daß er dieser Ansicht nicht zu folgen vermag, weil ihr die Leugnung der Existenz eines kassenfreien Raumes zugrunde liegt und nach der hier vertretenen Auffassung der Arzt nicht als Vertragsarzt, sondern als Wahlarzt in Anspruch genommen wird (10 Ob S 59/94; vgl auch Grillberger, Mosler in: Strasser [Herausgeber]: Arzt und gesetzliche Krankenversicherung [1995], 365 ff [370]).

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß es sich bei der 24-Stunden-Blutdruckmessung um eine verhältnismäßig neue Untersuchungsmethode handelt, die den großen Vorteil hat, daß sie zahlreiche Werte über 24 Stunden erhebt und speichert, was angesichts der großen Schwankungsbreite, der der normale Blutdruck unterliegt, eine wichtige Zusatzinformation bedeutet. Die Langzeitblutdruckmessung nimmt auch darauf Rücksicht, daß der Blutdruck durch Wartezeit usw. in der Ordination des Arztes einer gewissen Streßreaktion unterliegt und daraus unerwartet hohe Werte resultieren können. Nach den Feststellungen konnte insbesondere beim Kläger die für die Behandlung der Herzerkrankung erforderliche Medikation exakt quantifiziert und der Umfang der einzunehmenden Medikamente wesentlich herabgesetzt werden. Damit steht aber mit hinreichender Deutlichkeit bereits jetzt fest, daß die beim Kläger angewandte Untersuchungsmethode im Rahmen der ausreichenden und zweckmäßigen Krankenbehandlung blieb und auch das Maß des Notwendigen nicht überschritt (§ 133 Abs 2 ASVG, vgl. dazu SZ 67/76; SSV-NF 8/44; Mazal, Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung [1992], 334 ff). Der Kläger hat daher grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz gegenüber dem beklagten Versicherungsträger, der auch nicht von der im Berufungsurteil zitierten Bestimmung der Vorarlberger Krankenordnung ausgeschlossen wird: Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes hat nämlich der Kläger im selben Kalendervierteljahr nicht zweifach Ärzte, also einen Vertragsarzt und einen Wahlarzt in Anspruch genommen, was aber zur Anwendbarkeit der zitierten Bestimmung erforderlich wäre (so auch VfSlg 13.286/1992 S 627). Die weitere in der Krankenordnung enthaltene Aussage, bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes als Wahlarzt werde kein Rückersatz geleistet, steht der hier vertretenen Auffassung ebenfalls nicht entgegen, weil dann, wenn es sich um nicht vom Vertragsarzt zu erbringende Leistungen handelt, die dennoch notwendig sind, die Gegenüberstellung Vertragsarzt - Wahlarzt ihren Sinn verliert.

Dennoch ist die Sache nicht spruchreif. Wenngleich keine Bedenken dagegen bestehen, daß ein Vertragsarzt anläßlich der Behandlung eines Versicherten neben dem Honorar der Krankenkasse für Vertragsleistungen auch ein Privathonorar für andere Leistungen

(nicht für Vertragsleistungen: BSK 30.5.1994, R 3-BSK/93 = SSV-NF

8/A1 = SoSi 1994, 485) entgegennimmt, so setzt dies voraus, daß

dieses Privathonorar für eine ärztliche Leistung zu erbringen ist, die nicht bereits durch das Kassenhonorar abgegolten ist (Schrammel, Kostenersatz im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, ZAS 1994, 73 [81] unter Hinweis auf die Entscheidung der BSK ZAS 1994/10 = SSV-NF 7/A 7). Nach der unter den Beilagen erliegenden Kostenkalkulation für die 24-Stunden- Blutdruckmessung sind im Gesamtbetrag auch Aufwandskosten einer Untersuchung enthalten. Es ist nun nicht ausreichend geklärt, inwieweit der behandelnde Arzt für Untersuchungen am 21. und 22.9.1992 bereits durch das Kassenhonorar entlohnt worden ist. Der von der Beklagten zu leistende Kostenersatz hat jedoch nur zu erfolgen, soweit eine solche Honorierung nicht bereits stattgefunden hat, weil es im anderen Fall zu einer Doppelhonorierung der Leistung kommen würde. Die erstgerichtlichen Feststellungen sind diesbezüglich unklar, das Berufungsgericht hat diese Frage für nicht erörterungsbedürftig gehalten. Um die Sache spruchreif zu machen, bedarf es insoweit einer Verhandlung in erster Instanz.

In diesem Sinn war der Revision des Klägers Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

Rechtssätze
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