JudikaturJustiz10Ob274/02w

10Ob274/02w – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. September 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton R*****, *****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Manfred B*****, Rechtsanwalt in Silz, gegen die beklagte Partei Walter R*****, *****, vertreten durch Dr. Gabriel Marxer und Partner, Rechtsanwälte in Vaduz, wegen Vertragsaufhebung (Streitwert 7.267,28 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. März 2002, GZ 4 R 620/01g-68, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der vermeintliche Verfahrensmangel liegt nicht vor. Nach § 488 Abs 4 ZPO darf das Berufungsgericht, wenn es erwägt, von den Feststellungen des Erstgerichtes abzuweichen, nur dann von der neuerlichen Aufnahme eines in erster Instanz unmittelbar aufgenommenen Beweises Abstand nehmen und sich mit der Verlesung der Protokolle hierüber begnügen, wenn es vorher den Parteien bekanntgegeben hat, dass es gegen die Würdigung dieses Beweises durch das Erstgericht Bedenken habe und ihnen Gelegenheit gegeben hat, eine neuerliche Aufnahme dieses Beweises durch das Berufungsgericht zu beantragen. Unterlässt das Berufungsgericht eine solche vorherige Bekanntgabe und führt es, ohne den Parteien Gelegenheit zu geben, sich dagegen auszusprechen, trotzdem die Beweisaufnahme nur gemäß § 281a ZPO mittelbar durch, dann verursacht es einen Verfahrensmangel.

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht einen Beschluss auf Beweiswiederholung zur entscheidungswesentlichen Frage, inwieweit der Kläger zum Zeitpunkt der Schenkung am 12. 12. 1995 in der Lage gewesen sei, die Tragweite seiner Handlung zu überblicken, gefasst und es hat außerdem den Parteien bekanntgegeben, dass es gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Erstgerichtes Bedenken habe. Wenn nun die Parteien nach Fassung des Beschlusses auf Beweiswiederholung durch unmittelbare Aufnahme bestimmter Beweise und nach der erwähnten Bekanntgabe sich damit einverstanden erklärt haben, dass einige Aussagen - darunter auch die Aussage des Klägers - verlesen werden, kann nicht eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nach § 488 Abs 4 ZPO und damit eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend gemacht werden (MGA ZPO15 ENr 22 ff zu § 488 mwN u.a.). Die Feststellungen, in welchem körperlichen und geistigen Zustand sich eine Person im Zeitpunkt der Abgabe einer Willenserklärung befand, sind tatsächlicher Natur und damit das Ergebnis einer im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbaren Beweiswürdigung. Erst die Schlussfolgerung, ob auf Grund dieser Umstände die Erklärungen einer bestimmten Person im vollen Gebrauch der Vernunft abgegeben wurden, also ob dieser Person im Zeitpunkt der maßgebenden Erklärung Geschäftsfähigkeit zukam, ist Rechtsfrage (NZ 1989, 38 u.v.a.; RIS-Justiz RS0014641). Die Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes, der Kläger habe ausgehend von den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen den ihm obliegenden Beweis einer schon bei Vertragsabschluss bestehenden Geschäftsunfähigkeit nicht erbracht, wird auch in den Revisionsausführungen nicht in Zweifel gezogen.