JudikaturJustiz10Ob103/05b

10Ob103/05b – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Februar 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Rupert F*****, vertreten durch Mag. Martin Kranich und Mag. A. Konstantino Huber, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Kommerzialrat Horst R*****, vertreten durch Mag. Wulf Sieder, Rechtsanwalt in Enns, wegen 35.609,68 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 14. Juli 2005, GZ 6 R 28/05p-52, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 3. Dezember 2004, GZ 3 Cg 84/00d-47, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Revision wird, soweit sie sich gegen die im angefochtenen Urteil enthaltenen Kostenentscheidungen richtet, zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teils zu lauten hat:

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung restlichen Honorars für Architektenleistungen in Höhe von 35.609,68 EUR samt Zinsen seit 21. 3. 2000.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er wandte aufrechnungsweise Gegenforderungen ein. In der Verhandlungstagsatzung am 29. 9. 2004 brachte er vor, der Kläger habe die dem Beklagten mit Beschluss des Erstgerichtes 3 Cg 66/03m-6 zugesprochenen Kosten von 1.225,92 EUR mit Schreiben vom 5. 6. 2003 und die mit Urteil des Erstgerichtes 3 Cg 34/01b-9 zugesprochenen Kosten von 6.831,47 EUR mit Schreiben vom 18. 11. 2003 mit der Klagsforderung gegengerechnet. Gegen die zu 12 E 5242/03w und 12 E 3048/03g des Bezirksgerichtes Steyr eingeleiteten Exekutionsverfahren habe der Kläger deshalb Oppositionsklagen eingebracht. Aufgrund der Gegenverrechnung wäre der Kläger verpflichtet gewesen, das Klagebegehren um den aufgerechneten Betrag einzuschränken.

Der Kläger erwiderte, eine Aufrechnung sei nicht erfolgt, weil der Beklagte die Exekutionsverfahren nicht eingestellt habe. Das Erstgericht hat die Klagsforderung mit 35.609,68 EUR samt Anhang als zu Recht, die eingewandten Gegenforderungen bis zur Höhe der Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend und den Beklagten daher schuldig erkannt, dem Kläger 35.609,68 EUR samt Zinsen in unterschiedlicher Höhe seit 21. 3. 2000 zu zahlen. Ein Zinsenmehrbegehren hat es abgewiesen. Es stellte - soweit im Revisionsverfahren von Interesse - fest:

Dem Beklagten wurden im Verfahren des Landesgerichtes Steyr 3 Cg 66/03m rechtskräftig Kosten von 1.225,92 EUR und im Verfahren 3 Cg 34/01b rechtskräftig Kosten von 6.831,47 EUR gegen den Kläger zugesprochen. Der Kläger bezahlte diese Kosten nicht, vielmehr erklärte er die Aufrechnung mit seinem Anspruch aus dem vorliegenden Verfahren. Der Beklagte führte daraufhin zur Hereinbringung seiner Kostenforderungen Exekution, wogegen der Kläger Oppositionsklagen erhob. Die Exekutionsverfahren wurden aufgeschoben. In den Oppositionsprozessen vereinbarten die Parteien Ruhen des Verfahrens. Rechtlich führte es dazu aus, der Kläger sei zu einem Abzug der dem Beklagten aus anderen Verfahren zustehenden Kostenforderungen nicht verpflichtet.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Beklagten erhobenen Berufung teilweise Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, dass es lautet:

Rechtliche Beurteilung

1. Da eine selbstständige, aber auch die in einem Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof in der Hauptsache mitausgeführte Anfechtung der Kostenentscheidung zweiter Instanz ausnahmslos unzulässig ist (1 Ob 556/91 mwN; 10 ObS 94/99t; RIS-Justiz RS0104146; Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 528 ZPO Rz 136), war die Revision, insoweit sie die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Kosten des erstgerichtlichen und des Berufungsverfahrens bekämpft, zurückzuweisen.

2. Im Übrigen ist die außerordentliche Revision zulässig, weil das Berufungsgericht mit der spruchmäßigen Feststellung des Bestehens des zur Aufrechnung verwendeten Teils der Klagsforderung samt Anhang die Rechtslage verkannte. Sie ist auch teilweise berechtigt. Zutreffend führte das Berufungsgericht aus, dass die vom Kläger erklärte Aufrechnung mit seiner bis dahin in der eingeklagten Höhe berechtigten Klagsforderung gegen die Kostenforderungen des Beklagten aus anderen Verfahren mit dem Zugang der Aufrechnungserklärung an den Beklagten (Dullinger in Rummel3, ABGB § 1438 Rz 11 mwN) gemäß § 1438 ABGB die Tilgung der Schuld des Beklagten in Höhe von dessen Kostenforderungen bewirkte. Infolgedessen wies es den diesbezüglichen Teil des Leistungsbegehrens richtigerweise ab. Die Feststellung des Bestehens des zur Aufrechnung verwendeten Teils der Klagsforderung und darauf entfallender Zinsen ab dem Eintritt der Wirkung der Aufrechnung war jedoch verfehlt, weil die Klagsforderung infolge Erfüllung in Höhe der Kostenforderungen des Beklagten im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in diesem Umfang nicht mehr bestand. Nach ständiger Rechtsprechung, auf die sich das Berufungsgericht berief, ist die bloße Feststellung gegenüber einem Leistungsbegehren dann ein Minus, wenn sie von Letzterem vollständig umfasst wird und der Kläger an ihr rechtliches Interesse hat. Trifft dies zu, ist im Leistungsanspruch regelmäßig auch der Anspruch auf Feststellung der jenem zugrundeliegenden - wenngleich auch aufschiebend bedingten oder noch nicht fälligen - Leistungspflicht enthalten (10 ObS 196/94 ua; RIS-Justiz RS0037476, RS0038981, RS0034789, RS0039172). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil eine Leistungspflicht des Beklagten in Höhe der durch Aufrechnung getilgten Klagsforderung nicht mehr bestand. Zur Anfechtung des Zinsenausspruchs führt die Revision aus, die Aufrechnungslage sei in Bezug auf die Kostenforderung des Beklagten von 1.225,92 EUR spätestens am 5. 5. 2003 und auf jene von 6.831,40 EUR spätestens am 13. 8. 2003 gegeben gewesen. Dieser Frage - das Erstgericht hat die dazu notwendigen Feststellungen nicht getroffen, der Beklagte hat dazu in erster Instanz nichts vorgetragen - braucht nicht weiter nachgegangen zu werden, weil in Bezug auf den betroffenen Zinsenbetrag von rund 180 EUR die Voraussetzungen für einen Zuspruch nach § 273 Abs 2 letzter Satz ZPO vorliegen (vgl 2 Ob 124/77; 2 Ob 53/77), sodass das angefochtene Urteil insoweit nicht abzuändern ist.

In teilweiser Stattgebung der Revision hat daher der Feststellungsausspruch des Berufungsgerichts ersatzlos zu entfallen. Zur Verdeutlichung des abgewiesenen Leistungsbegehrens war dieses ziffernmäßig bestimmt anzuführen.

Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen beruht auf §§ 50 Abs 1, 43 Abs 1 und 2 ZPO.

Zu den dem Kläger nicht zuzuerkennenden Kostenpositionen des Verfahrens erster Instanz und zur Honorierung des Gutachtenserörterungsantrags nach TP 2 RAT ist auf die Ausführungen des Erstgerichts zu verweisen. Die verzeichneten Fahrtkosten sind nicht bescheinigt. Bis einschließlich der Tagsatzung am 26. 6. 2003 steht dem Kläger voller Kostenersatz zu, wobei die Kosten für die Verhandlungstagsatzungen am 14. 11. 2001, 31. 1. 2002, 29. 3. 2002, 27. 6. 2002, 5. 12. 2002 und 12. 3. 2003 nach dem Verhältnis des streitverfangenen Anspruchs zum Gesamtstreitwert der damals noch verbundenen Verfahren (78 %) zuzuerkennen waren (RIS-Justiz RS0035812). In der Tagsatzung am 26. 6. 2003 hätte der Kläger, um einen teilweisen Prozessverlust zu vermeiden, sein Klagebegehren um 1.225,92 EUR einschränken müssen. Sein geringfügiges Unterliegen (rund 3,4 %) ist jedoch zu vernachlässigen. Für diese Tagsatzung gebührt dem Kläger voller Kostenersatz auf Basis eines Streitwerts von 34.383,76 EUR. Für die Tagsatzungen ab dem 28. 1. 2004 steht dem Kläger entsprechend seiner Obsiegensquote in diesem Verfahrensabschnitt (rund 77 %) ein Ersatz von 54 % seiner Rechtsanwaltskosten zu. Er hat Anspruch auf Ersatz von 77 % der von ihm entrichteten Pauschalgebühr von 500,71 EUR (= 385,55 EUR). Von den dem Verfahrensabschnitt, in dem der Kläger nur noch teilweise obsiegte, zuzuordnenden Sachverständigenkosten für Gutachtensergänzung von insgesamt 1.392 EUR hat der Kläger 258,50 EUR getragen (18,57 %), sodass der Beklagte Anspruch auf Ersatz von 4,43 % von 1.392 EUR (= 61,66 EUR) hat. Die Saldierung dieses Betrags mit der dem Kläger anteilig zu ersetzenden Pauschalgebühr ergibt 323,89

EUR.

Im Berufungsverfahren obsiegte der Beklagte mit rund 23 %. Er hat daher dem Kläger 54 % der Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen und selbst Anspruch auf Ersatz von 23 % der von ihm entrichteten Pauschalgebühr im Berufungsverfahren. Die Saldierung dieser Ansprüche ergibt 1.121,70 EUR.

Im Revisionsverfahren ist der Beklagte nur geringfügig unterlegen, sodass ihm die Kosten der Revision zur Gänze zu ersetzen sind.