GZ: 2024-0.869.675 vom 5. November 2025 (Verfahrenszahl: DSB-D124.2311/24)
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BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Michael A*** (Beschwerdeführer) vom 20. Oktober 2024 gegen die Staatsanwaltschaft P***dorf (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wie folgt:
1) Der Beschwerde wird stattgegeben und es wird festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, indem diese die verfahrensgegenständlichen Daten unrechtmäßig weiterhin speichert.
2) Der Beschwerdegegnerin wird amtswegig aufgetragen, innerhalb einer Frist von vier Wochen den verfahrensgegenständlich monierten Eintrag zu löschen .
Rechtsgrundlagen: Art. 2 Abs. 2 lit d, Art. 6 Abs. 1 lit e, Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. f, Art. 58 Abs. 2 lit a sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 1, 18 Abs. 1, 24 Abs. 1 und Abs. 5 sowie 31, 26, 27, 38 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
Das Verfahren wurde aufgrund der Beschwerde des Beschwerdeführers vom 20. Oktober 2024 - verbessert mit Schreiben vom 28. Oktober 2024 - wegen einer behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung eingeleitet.
Den Verfahrensparteien wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens die Möglichkeit eingeräumt, zum jeweils anderen Vorbringen Stellung zu nehmen.
B. Beschwerdegegenstand
Ausgehend von der verfahrenseinleitenden Eingabe des Beschwerdeführers ist Beschwerdegegenstand die Frage, ob die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer dadurch im Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, indem diese eine diversionelle Erledigung des Beschwerdeführers im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung des Beschwerdeführers an die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst offengelegt hat und diese Information weiterhin speichert.
C. Sachverhaltsfeststellungen
C.1. Gegen den Beschwerdeführer ist ein Ermittlungsverfahren wegen § 27 Abs. 1 SMG geführt worden. Mit der Benachrichtigung vom 14. Juni 2016 der Staatsanwaltschaft P***dorf ist diese gemäß § 25 Abs. 8 SMG vorläufig von der Verfolgung zurückgetreten. Mit Schreiben von 19. Juni 2017 wurden dem Beschwerdeführer der endgültige Rücktritt von der Verfolgung mitgeteilt.
Beweiswürdigung : Die zu Punkt C.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich insbesondere aus der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 13. November 2024 und sind unstrittig.
C.2. Die Beschwerdegegnerin verarbeitet weiterhin die Daten des Beschwerdeführers im Namensverzeichnis über das Verfahren mit der Geschäftszahl *2 BAZ *76/16g nach diversioneller Erledigung des Verfahrens.
Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen zu Punkt C.2. ergeben sich aus der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 13. November 2024.
C.3. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2023 hat das Bundesministerium für Inneres, Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung gemäß § 55 SPG des Beschwerdeführers um Übermittlung von Erkenntnissen hinsichtlich allfälliger Verfahren im Bereich der Beschwerdegegnerin ersucht. Dazu ist mitgeteilt worden, dass eine schriftliche Zustimmung des Beschwerdeführers zur Überprüfung der Angaben in der Sicherheitserklärung vorliegt.
Beweiswürdigung: Die zu Punkt C.3. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem übereinstimmenden Parteienvorbringen beider Verfahrensparteien. Insbesondere wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten die Einwilligung erteilt zu haben.
C.4. Der Beschwerdeführer brachte am 20. Oktober 2024 eine Beschwerde bei der Datenschutzbehörde ein, worin dieser als Beschwerdegegenstand eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung behauptet hat.
Beweiswürdigung: Diese Feststellung stützt sich auf die verfahrenseinleitende Eingabe des Beschwerdeführers vom 20. Oktober 2024.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
D.1. Zuständigkeit der Datenschutzbehörde und anwendbare Rechtslage:
Zur Anwendbarkeit der DSGVO:
Bereits aus Art. 2 Abs. 2 lit. d DSGVO ergibt sich, dass die DSGVO keine Anwendung findet auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit.
Die gegenständlich durch die Beschwerdegegnerin erfolgte Datenverarbeitung erfolgte ursprünglich - wie festgestellt - im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen § 27 Abs. 1 SMG. Nunmehr stützt die Beschwerdegegnerin die Verarbeitung auf §§ 75 Abs. 2 und 3 StPO.
Als (Zwischen)Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass die DSGVO auf die gegenständlich monierten Datenverarbeitungen nicht anwendbarist. Sofern die vom Beschwerdeführer vorgebrachten behaupteten Verletzungen einzig den Schutzbereich der DSGVO erfassen und im DSG keine Deckung finden , so erübrigen sich Ausführungen diesbezüglich.
Zur Anwendbarkeit des Datenschutzgesetzes (DSG):
Gemäß § 31 Abs. 1 DSG ist die Datenschutzbehörde als nationale Aufsichtsbehörde für den in § 36 Abs. 1 genannten Anwendungsbereich eingerichtet. § 31 Abs. 1 Satz 1 DSG verweist auf § 36 Abs. 1 DSG, also auf den Anwendungsbereich des 3. Hauptstückes. Dieser erfordert eine Datenverarbeitung im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 2 DSG durch eine Behördentätigkeit zur Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, sowie zum Zweck der nationalen Sicherheit, des Nachrichtendienstes und der militärischen Eigensicherung. Dabei handelt es sich um eine Tätigkeit des Staates im strafrechtlichen Bereich (vgl. VwGH 24. April 2023, 2011/17/0293).
Es muss daher kumulativ sowohl das personale Element als auch das sachliche Element verwirklicht sein, um den Anwendungsbereich des 3. Hauptstückes nach § 31 DSG zu eröffnen sowie die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde gegeben sein (vgl. ThieleWagner, Praxiskommentar zum DSG, § 31 DSG Rz 10). Er erfasst von vornherein nur Datenverarbeitungen durch zuständige Behörden, also durch Behörden, die (allgemein oder punktuell) mit Aufgaben iZm den in § 36 Abs. 1 DSG genannten Zwecken betraut sind. Von den durch die zuständigen Behörden durchgeführten Datenverarbeitungen fallen in der Folge nur jene in den Anwendungsbereich des 3. Hauptstücks, die den in § 36 Abs. 1 genannten Zwecken dienen (vgl. Bresich/Dopplinger/Dörnhöfer/Kunnert/Riedl, DSG § 36 Rz. 1).
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die vom Beschwerdeführer als Beschwerdegegnerin bezeichnete Staatsanwaltschaft P***dorf, welche als „zuständige Behörde“, d.h. eine staatliche Stelle, die für die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder die Strafverfolgung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, die nationale Sicherheit, den Nachrichtendienst oder die militärische Eigensicherung zuständig ist, handelt (vgl. § 36 Abs. 2 Z 7 lit. a DSG).
Strafverfahren unterliegen grundsätzlich den Bestimmungen des 3. Hauptstücks, soweit nicht materiengesetzlich besondere Regelungen vorgesehen sind. Insbesondere derogieren die einschlägigen Regelungen der StPO weitgehend mit den im 2. Abschnitt (§§ 42 bis 45 DSG) geregelten Betroffenenrechten (vgl. Bresich/Dopplinger/Dörnhöfer/Kunnert/Riedl, DSG § 36 Rz. 3).
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 3. Juli 2019, GZ W256 2210459-1, die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde für Datenverarbeitungen durch eine Staatsanwaltschaft mit ausführlicher Begründung bestätigt, da eine österreichische Staatsanwaltschaft keine unabhängige Justizbehörde ist.
Die gegenständliche Datenverarbeitung findet unstrittig im Rahmen eines strafrechtlichen Verfahrens, in welchem der Beschwerdeführer als Beschuldigter geführt worden ist, statt. Die Datenverarbeitung in Form der Speicherung bezieht sich jedenfalls auf die Protokollierung strafrechtlicher Handlungen, welche dem Zweck der Dokumentation der Strafverfolgung dient. Die gegenständliche Datenverarbeitung erfolgt daher für die in § 36 DSG normierten Zwecke.Für die Beurteilung des Sachverhaltes ist daher das 3. Hauptstück des DSG (§§ 36 ff) heranzuziehen, durch welches die Vorgaben der DSRL-PJ umgesetzt werden.
D.2. Zum Recht auf Geheimhaltung
Beschwerdegegenständlich wurde vom Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung vorgebracht. Wie bereits festgestellt ist verfahrensgegenständliche das 3. Hauptstück des DSG (§§ 36 ff) anwendbar.
Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass die Bestimmungen der StPO, die spezifische Datenverarbeitungen betreffen, als lex specialis den allgemeinen Regelungen des 3. Hauptstücks des DSG vorgehen (Beschluss vom 10. Dezember 2019, 11 Os 76/19i).
Für die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG gilt dies jedoch nicht. Daher sind auch die einfachgesetzlichen Bestimmungen der StPO im Lichte dieser Verfassungsbestimmung auszulegen.
Nach der Definition des § 36 Abs. 2 Z 1 DSG sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte (oder identifizierbare) natürliche Person beziehen. Verfahrensgegenständlich handelt es sich unstrittig um personenbezogene Daten des Beschwerdeführers.
Gemäß § 38 leg. cit. ist die Verarbeitung personenbezogener Daten, soweit sie nicht zur Wahrung lebenswichtiger Interessen einer Person erforderlich ist, gemäß § 38 leg. cit. nur dann rechtmäßig, wenn sie gesetzlich vorgesehen , zur Erfüllung einer Aufgabe erforderlich und verhältnismäßig ist (Grundsatz der Rechtmäßigkeit).
Darüber hinaus müssen aber auch alle Voraussetzungen des § 37 DSG erfüllt sein .
Es genügt daher nicht, wenn eine Datenverarbeitung an sich rechtmäßig im Sinne des § 38 DSG ist, gleichzeitig aber nicht alle Voraussetzungen des § 37 leg. cit. eingehalten werden (vgl. für den Anwendungsbereich der bisherigen Richtlinie 95/46/EG das Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2019, C-708/18, Rz 36 und 37 mwN, wobei diese Rechtsprechung auf die Richtlinie (EU) 2016/680 anzuwenden ist).
Festgehalten werden kann, dass die verfahrensgegenständliche Datenverarbeitung jedenfalls nicht zur Wahrung lebenswichtiger Interessen des Beschwerdeführers erforderlich sind.
Damit war das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage näher zu prüfen:
Verfahrensgegenständlich wird vom Beschwerdeführer vorgebracht, dass die Weitergabe seine Daten durch die Beschwerdegegnerin unrechtmäßig gewesen sei, weil die Daten bereits gelöscht hätten werden müssen, dies wiederum, weil die Speicherfristen bereits abgelaufen wären. Daher sind verfahrensgegenständlich zwei Verarbeitungsvorgänge zu überprüfen: Erstens die Offenlegung der diversionellen Erledigung an die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung (unter Punkt a)) und zweitens die andauernde Speicherung der diversionellen Erledigung bei der Beschwerdegegnerin (unter Punkt b)):
a) Zur Offenlegung der diversionellen Erledigung im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung
Grundsätzlich bietet insbesondere § 55 Abs. 4 SPG eine gesetzliche Grundlage zur Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung, wenn die betroffene Person eine Funktion anstrebt, mit der ein Zugang zu geheimer Information oder zur u Information verbunden ist, die durch Überwachungsmaßnahmen nach § 136 Abs. 1 Z 3 StPO gewonnen worden ist (erweiterte Ermittlungsermächtigung). Genau dies ist verfahrensgegenständlich passiert. Der Beschwerdeführer hat Interesse am Exekutivdienst gezeigt und im Rahmen des Bewerbungsprozesses kam es zur Sicherheitsüberprüfung gemäß § 55 SPG. Verfahrensgegenständlich gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass, dieses Vorgehen ist nicht erforderlich und verhältnismäßig wäre. Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
b) Zur andauernden Speicherung der diversionellen Erledigung
Es stellt sich verfahrensgegenständlich nun weiter die Frage, ob die Weitergabe unrechtmäßig war, weil darin enthaltene Daten bereits gelöscht hätten werden müssen bzw. nicht mehr übermittelt hätten werden dürfen.
Eine Datenverarbeitung ist gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO dann zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Art. 6 Abs. 3 DSGVO legt fest, dass eine entsprechende Rechtsgrundlage durch das Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, festgelegt werden kann. Diese Rechtsgrundlage muss den Zweck der Verarbeitung festlegen, der für die Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich ist.
Sowohl Art. 8 der DSRL-PJ als auch § 38 DSG legen in allgemeiner Weise fest, dass eine Verarbeitung u.a. dann rechtmäßig ist, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist. Demzufolge können auch materienspezifische gesetzliche Bestimmungendie Rechtmäßigkeit einer Verarbeitung tragen (siehe zum Verhältnis StPO und DSG den Beschluss des OGH vom 10. Dezember 2019, 11 Os 76/19i), sofern diese die Verarbeitung für Zwecke der DSRL-PJ bzw. des 3. Hauptstückes des DSG präzisieren und mit Art. 8 der DSRL-PJ im Einklang stehen.
Im verfahrensgegenständlichen Fall kommendie Bestimmungen der StPO in Betracht, zumal es sich bei der Beschwerdegegnerin um eine Staatsanwaltschaft handelt.
§ 74 Abs. 1 StPO ermächtigt Staatsanwaltschaften zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen ihrer Aufgaben. Abs. 2 legt für die Verarbeitung nähere Rahmenbedingungen und Grundsätze fest ( Kristoferitsch/Bugelnig in Fuchs/Ratz,WK StPO § 74 Rz 3 (Stand 11.5.2020, rdb.at)). Somit müssen für den sachlichen Anwendungsbereich die beiden Merkmale Verarbeiten von Daten und im Rahmen der übertragenen Aufgaben vorliegen ( Kristoferitsch/Bugelnig in Fuchs/Ratz,WK StPO § 74 Rz 9 (Stand 11.5.2020, rdb.at)). Dass Daten verarbeitet werden und dass dies im Rahmen der Aufgaben der Beschwerdegegnerin erfolgt, ist unstrittig.
Dass personenbezogene Daten des Beschwerdeführers durch die Beschwerdegegnerin grundsätzlich verarbeitet werden dürfen , ergibt sich also aus § 74 Abs. 1 StPO .
Über die Notwendigkeit der weiteren Datenverarbeitung (§ 45 Abs. 2 Z 1 DSG):
Die Bestimmungen des § 75 Abs. 1 StPO konzipieren in weiterer Folge ein Recht auf Löschung von unrichtigen, unvollständigen oder entgegen den Bestimmungen des Gesetzes ermittelte personenbezogene Daten. Gegenständlich wurden weder unrichtige, unvollständige noch entgegen den Bestimmungen des Gesetzes ermittelte personenbezogene Daten verarbeitet. Auch lässt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine derartige Verarbeitung erkennen und wurden die diesbezügliche Ausführung der Beschwerdegegnerin im gegenständlichen Verfahren vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
Weiteres bestimmt § 75 Abs. 2 StPO, dass der Zugriff auf Namensverzeichnissen zu unterbinden sind, wenn im Falle eines Freispruchs, einer Einstellung des Verfahrens oder eines endgültigen Rücktritts von der Verfolgung zehn Jahre ab der Entscheidung abgelaufen sind. Dabei handelt es sich um eine Höchstfrist . Das bedeutet, dass eine Sperre im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch schon vor Ablauf der Frist durchzuführen sein kann (siehe dazu VfGH 29.06.2012, G 7/12). Anzumerken ist, dass Abs. 2 nur die Verminderung der technischen Zugänglichkeit von personenbezogenen Daten, nicht aber deren Löschung, bewirkt.
Darüber hinaus sind nach Ablauf von sechzig Jahren nach einer allfälligen Unterbindung des Zugriffs auf Namensverzeichnisse alle personenbezogenen Daten im direkten Zugriff zu löschen. Auch bei der Frist in § 75 Abs. 3 StPO handelt es sich um eine Maximalfrist (siehe dazu VfGH 29.06.2012, G 7/12).
Gegenständlich wurde das damalige Verfahren des Beschwerdeführers mittels Diversion beendet. Die Staatsanwaltschaft ist mit Schreiben vom 19. Juni 2017 nach § 38 Abs. 3 SMG endgültig von der Verfolgung zurückgetreten.
Sowohl die zehn Jahres als auch die 60-jährige Frist sind verfahrensgegenständlich grundsätzlich noch nicht abgelaufen. Da es sich bei den Fristen jedoch um Höchst- bzw. Maximalfristen handelt, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei sind die Interessen des Betroffenen an der Löschung, die öffentlichen Interessen an der Weiterspeicherung gegeneinander abzuwiegen. So kann auch eine Löschung vor Ablauf der Fristen im Einzelfall geboten sein, wenn die Interessen des Betroffenen an der Löschung überwiegen.
Als öffentliche Interessen können die Auffindbarkeit der Daten und die Möglichkeit der Wiedereröffnung des Strafverfahrens - durch Fortführung, Wiederaufnahme oder Wiedereinsetzung - ins Treffen geführt werden.
Dem ist entgegenzuhalten, dass eine nachträgliche Fortsetzung des Strafverfahrens verfahrensgegenständlich jedenfalls nicht in Betracht kommt, da die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 19. Juni 2017 endgültig von der Verfolgung zurückgetreten ist. Dieser endgültige Rücktritt entfaltet Bindungswirkung. Eine Fortführung des Verfahrens ist wäre dementsprechend noch unter den Voraussetzungen einer Wiederaufnahme - bei einer diversionellen Erledigung - nach § 205 Abs. 1 erster Satz StPO möglich ( Matzka/Zeder/Rüdisser, SMG 3 § 38 Rz 12 (Stand 1.11.2017, rdb.at))
Daher ist weiters zu prüfen, ob die Voraussetzungen der ordentlichen Wiederaufnahme verfahrensgegenständlich erfüllt sind. § 352 StPO bestimmt als erste Voraussetzung, dass die Strafbarkeit der Tat noch nicht durch Verjährung erloschen sein darf. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tat nach § 27 Abs. 1 SMG ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Daher beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre (siehe dazu § 57 Abs. 3 StGB). Somit kommt verfahrensgegenständlich eine Wiederaufnahme nicht in Betracht.
Auch ein Antrag des Beschuldigten auf nachträgliche Fortsetzung des Verfahrens § 205 Abs. 1 zweiter Satz StPO ist verfahrensgegenständlich nicht mehr möglich, da dies nur bis zum endgültigen Rücktritt von der Verfolgung beantragbar ist ( Schroll/Kert in Fuchs/Ratz,WK StPO § 205 Rz 7 (Stand 15.3.2025, rdb.at)). Verfahrensgegenständlich wurde aber bereits endgültig von der Verfolgung zurückgetreten.
Verfahrensgegenständlich kommt auch eine Widereinsetzung nicht in Betracht. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin auch nicht behauptet.
Auch eine Speicherung im Interesse des Betroffenen wäre grundsätzlich denkbar (vgl. VfSlg. 18.963/2009). Verfahrensgegenständlich gibt es jedoch keine Anhaltspunkte hierfür.
Überdies dient die weitere Aufbewahrung grundsätzlich auch dem Zweck der Dokumentation des behördlichen Handelns (vgl. VwGH vom 17. Februar 2010, GZ 2009/17/0064 und VwGH 7. Oktober 2013, GZ 2011/17/0035).
Im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit des behördlichen Handelns ist als ergänzender Faktor festzuhalten, dass seitdem endgültige Rücktritt von der Verfolgung vom 19. Juni 2017 bereits ein beträchtlicher Zeitraum vergangen ist. Verfahrensgegenständlich wird von der Beschwerdegegnerin jedenfalls nicht vorgebracht, dass die weitere Speicherung dieses Eintrags des Beschwerdeführers für die Strafrechtspflege und Gefahrenabwehr erforderlich wären und gibt es hierfür gegenständlich auch keine Anhaltspunkte.
Als Interesse für die Löschung seiner Daten führt der Beschwerdeführer aus, dass er wegen der Übermittlung der noch gespeicherten Daten als Bewerber bei der Polizei abgelehnt worden sei. Ohne Löschung würde ihm daher der Zugang zu einem Beruf verwehrt werden.
Weiters ist das Interesse des Beschwerdeführers an der Geheimhaltung der VJ- Namensabfrage als durchaus gegeben anzusehen, zumal diese strafrechtliche Vorwürfegegen ihn enthielt und daher von einer erhöhten Schutzwürdigkeit auszugehen war (vgl. zur Schutzwürdigkeit von „Strafdaten“ VwSlg. 18.498 A/2012 noch zum DSG 2000).
Für eine Löschung der Daten spricht auch die Schwere des Deliktsnach § 27 SMG.
Weiters ist anzumerken, dass bei eine Verurteilung nach § 27 Abs. 1 SMG die Tilgungsfrist von fünf Jahren nach § 3 TilgG bereits abgelaufen wäre. Das Strafmaß von § 27 Abs. 1 SMG beträgt nämlich 360 Tagessätze oder eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Damit würde der Beschwerdeführer im Fall einer Verurteilung bessergestellt werden als im Fall der Diversion.
Die Beschwerdegegnerin hat in Ihrer Stellungnahme verfahrensgegenständlich jedenfalls auch keine Interessenabwägung vorgenommen.
Im vorliegenden Fall liegen nach Ansicht der Datenschutzbehörde aufgrund der oben durchgeführten Interessenabwägung und Überlegungen zum Ergebnis, dass die Interessen des Beschwerdeführers an der Löschung seiner Daten gegenüber den Interessen der Beschwerdegegnerin überwiegen.
Da die Fristen für die Löschung in §§ 75 Abs. 2 und 3 StPO als Maximalfristen angesehen werden und die weitere Speicherung der durchgeführten Interessenabwägung nicht standhalten konnte, mangelt es der Verarbeitung an einer gesetzlichen Grundlage. Daher ist die weiter Speicherung der diversionellen Erledigung des Beschwerdeführer unrechtmäßig.
D.3. Zu Spruchpunkt 2
Die Datenschutzbehörde verfügt gemäß Art. 58 Abs. 2 lit. d DSGVO über Abhilfebefugnisse, die es ihr gestatten, u.a. einen Verantwortlichen anzuweisen, Verarbeitungsvorgänge auf eine bestimmte Weise und innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu ändern bzw. durchzuführen.
Nach Judikatur des BVwG ist es zulässig, dass die Datenschutzbehörde auch im Beschwerdeverfahren von ihren in Art. 58 Abs. 2 DSGVO normierten Befugnissen amtswegig Gebrauchmacht (vgl. das dg. Erkenntnis vom 16. November 2022, Zl. W274 2237056-1/8E; zuletzt bestätigt mit Erkenntnis vom 31. Juli 2024, GZ: W108 2284491-1/15E).
Die Überlegungen des BVwG stehen auch in Einklang mit der Judikatur die EuGH, wonach eine Aufsichtsbehörde verpflichtet ist, im Falle von festgestellten Unzulänglichkeiten von ihren Abhilfebefugnissen Gebrauch zu machen (vgl. das Urteil des EuGH vom 16. Juli 2020 C-311/18 Rz 111).
Verfahrensgegenständlich war der Beschwerdegegnerin daher die Löschung aufzutragen und spruchgemäß zu entscheiden.
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