Rückverweise
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Daniela GREML über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 16.08.2024, Beitragsnummer: XXXX , den Beschluss:
A)
1. Das Verfahren wird fortgesetzt.
2. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer beantragte mit dem am 15.01.2024 bei der ORF-Beitrags Service GmbH eingelangtem Schreiben die Festsetzung der ihn betreffenden ORF-Beiträge mittels Bescheid.
Die ORF-Beitrags Service GmbH erließ nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, über welches der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.05.2024 in Kenntnis gesetzt wurde, die angefochtene als Bescheid bezeichnete Erledigung vom 16.08.2024, mit welcher dem Beschwerdeführer der ORF-Beitrag und die Tiroler Kulturförderungsabgabe vorgeschrieben wurden.
Dagegen wurde die am 29.08.2024 zur Post gegebene Beschwerde erhoben. Diese und den Verwaltungsakt legte die ORF-Beitrags Service GmbH am 27.02.2025 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 03.03.2025 bis zur Entscheidung des beim Verwaltungsgerichtshof zu Zl. Ra 2025/15/0001 anhängigen Revisionsverfahrens ausgesetzt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der obige Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.
Die im Verwaltungsakt einliegende und als angefochtener Bescheid vorgelegte Erledigung bezeichnet auf der letzten Seite nach der Rechtsmittelbelehrung „ XXXX “ in einwandfrei leserlicher Druckschrift.
In diesem Bereich ist auch folgendes handschriftliches Zeichen bei der Druckschriftangabe des Namens ersichtlich:
Die Handzeichen auf der als Bescheid bezeichneten Erledigung sind unleserliche Schriftzeichen. Diese lassen keine Rückschlüsse auf die Genehmigung durch den genehmigenden und damals im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführer zu.
Die Musterfirmenzeichnung des Herrn XXXX ist folgende:
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, aus dem sich Verfahrensgang und Sachverhalt eindeutig ergeben.
In einem gleichgelagerten Fall zu GZ W131 2303377-1 wurde die ORF-Beitrags Service GmbH mit der Annahme, die Zeichnung sei keine Unterschrift, sondern als Paraphe zu werten, konfrontiert und zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Die ORF-Beitrags Service GmbH übermittelte dazu eine Musterfirmenzeichnung aus dem Firmenbuch (OZ 6).
Die Musterzeichnung ist insoweit optisch durch ein „Wesentlich mehr“ an handschriftlich geschwungenen Linien gekennzeichnet, als die handschriftlichen Linien auf der als Bescheid vorgelegten Erledigung.
Insoweit ist evident, dass die „Handzeichen“ auf dem Bescheid noch wesentlich weniger Rückschluss auf den Approbanten zulassen, als die vorgelegte Musterzeichnung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Zur Fortsetzung des Verfahrens:
Dass das gegenständliche Beschwerdeverfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG ausgesetzt wurde, hindert in analoger Anwendung der Rechtsprechung des VwGH zu § 38 AVG, wonach nach einer Aussetzung kein subjektives Recht auf Nichterledigung besteht, die gegenständliche Zurückweisung nicht, siehe dazu nur Ra 2017/13/0044.
Im gegenständlichen Fall war das Verfahren deshalb fortzusetzen, weil sich zwischenzeitlich auf der Formalebene eine Problemstellung ergeben hat, aufgrund der auf eine inhaltliche Frage nicht einzugehen ist. Das Verfahren wurde zur Klärung einer anderen, inhaltlichen Frage, nämlich ob ohne Durchführung des in § 7 ORF-Beitragsgesetz erwähnten Verfahrens iZm der Höchstbeitragsangabe in § 31 Abs. 19 ORF-G derzeit EUR 15,30 pro Monat an ORF-Beitrag vorgeschrieben werden dürfen oder nicht, ausgesetzt. Diese inhaltliche Frage stellt sich aber im gegenständlichen Verfahren nicht, weil es sich bei der Erledigung um einen Nichtbescheid handelt, wie folgende Ausführungen zeigen:
2.Im Anwendungsbereich des § 18 AVG ist in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs der Grundsatz dargestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu berufenen) Organwalters. Damit gilt, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die „Urschrift“ einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (vgl. VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).
Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die – interne – Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter gesetzmäßig genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten. Im vorliegenden Fall wurde kein derartiges Verfahren nach E-GovG durchgeführt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift im Sinn dieser Vorschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein „individueller Schriftzug“ sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. für viele VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; 20.04.2017, Ra 2017/20/0095 mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hielt aber wiederholt fest, dass eine Paraphe keine Unterschrift ist (vgl. VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; 04.09.2000, 98/10/0013 und 0014; s. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 18, Rz 23 mwH).
Gegenständlich liegt - wiederholt gesagt - keine elektronisch erstellte Erledigung vor, welche eine handschriftliche Unterschrift iZm § 2 E-GovG entbehrlich machen würde.
Sohin gilt Folgendes: Der Schriftzug auf der im Verwaltungsakt aufliegenden Urschrift der angefochtenen Erledigung erfüllt die Merkmale einer solchen Unterschrift nicht:
Zunächst lässt der Schriftzug der Urschrift kein einziges Schriftzeichen eindeutig erkennen. Vielmehr erscheint das Handzeichen in etwa als Aneinanderfügung einer Schleife und eines Hakens. Aus diesen Gebilden kann keinesfalls auf den Namen des vermeintlich Genehmigenden rückgeschlossen werden. Selbst unter größtmöglicher Abstrahierungstoleranz können dem Schriftzug keine Bestandteile des Namens des Unterschreibenden entnommen werden. Es liegt jedenfalls kein Buchstabengebilde vor, aus dem der Name des Genehmigers auch in Kenntnis desselben noch in irgendeiner Form herauslesbar wäre.
Der Schriftzug der Abzeichnung der Urschrift stellt damit eine bloße Paraphe dar, die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs eben keine Unterschrift ist.
Daran vermag auch die von der belangten Behörde vorgelegte Musterzeichnung nichts zu ändern:
Die von § 107 Abs. 2 UGB geforderte Musterzeichnung im Firmenbuch dient dem Zweck der im Handelsverkehr allenfalls erforderlichen Nachprüfung der Echtheit von Unterschriften - OGH 14.05.1958, 5Ob141/58.
Auch aufgrund der Musterzeichnung kann die Unterschriften-Eigenschaft der Zeichnung der als Bescheid bezeichneten Erledigung nicht hergestellt oder nachgewiesen werden. Bei einer nach der Rechtsprechung des OGH bezweckten Nachprüfung der Echtheit der verfahrensgegenständlichen „Unterschrift“ kann das BVwG hier rücksichtlich der Handzeichenzurechnung an den damaligen Geschäftsführer der ORF-Beitrags Service GmbH gerade nicht mehr von einer Unterschrift des vermeintlich Unterzeichnenden ausgehen. Wie oben ersichtlich, gleichen einander insbesondere auch die Musterzeichnung und die Handzeichen auf der als Bescheid bezeichneten Erledigung gerade nicht.
Ob nicht selbst die firmenbuchrechtliche Musterzeichung eine Paraphe in diesem Zusammenhang darstellt und ob der Unterschrifteneigenschaft aufgrund einer Musterzeichnung im Firmenbuch genüge getan werden kann, kann hier dahingestellt bleiben.
Der (als Bescheid bezeichneten) Erledigung der belangten Behörde vom 16.08.2024 fehlt es zusammenfassend mangels gehöriger Unterschrift des genehmigenden Organs sohin an der Bescheidqualität, weshalb sich die Beschwerde gegen einen Nichtbescheid richtet.
Dies hat den Mangel der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge und damit die Zurückweisung der Beschwerde.
Aufgrund dieses Ergebnisses auf Basis der Aktenlage und der gesicherten Rechtsprechung des VwGH konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zu den Anforderungskriterien einer Unterschrift, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Grundsatz, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.