JudikaturBVwG

W604 2318212-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
29. September 2025

Spruch

W604 2318212-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herbert PLESCHBERGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag.a Ursula GREBENICEK sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Bernhard BRUCKNER als Beisitzende über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Landesstelle Wien) vom 25.06.2025, GZ. XXXX , betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Am 08.08.2024 wurde der Beschwerdeführerin, XXXX , geboren am XXXX ein Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 80vH auf unbestimmte Zeit ausgestellt.

1.2. Die Beschwerdeführerin stellte am 08.03.2025 bei der belangten Behörde, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice), einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.

1.3. Nach Durchführung eines medizinischen Beweisverfahrens hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin am 25.06.2025 einen Behindertenpass auf Basis eines unverändert eingetragenen Grades der Behinderung von 80vH ausgestellt und die Zusatzeintragungen „Der Inhaber/die Inhaberin kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen“ und „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ vorgenommen. Der Behindertenpass wurde bis 30.09.2027 befristet, da die befasste medizinische Sachverständige im Hinblick auf eine mögliche Zustandsverbesserung des Lungenleidens eine Nachuntersuchung im Juni 2027 empfahl. Der Grad der Behinderung wurde von Seiten der belangten Behörde aus Anlass des Antrages auf die begehrte Zusatzeintragung keiner neuerlichen Überprüfung zugeführt.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 26.07.2025 erhobene Beschwerde, mit welcher ausschließlich die Befristung des Behindertenpasses in Anfechtung genommen wird. Die von der Beschwerdeführerin gegen die Ausstellung des befristeten Behindertenpasses vom 25.06.2025 mit Einlangen am 26.07.2025 erhobene Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Erledigung vom 26.08.2025, eingelangt am 27.08.2025, vorgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die feststehenden Tatsachen ergeben sich aus den insoweit unbedenklichen und unbestrittenen Beweismitteln des Verwaltungsaktes sowie des gerichtlichen Verfahrensaktes, insbesondere dem Antrag der Beschwerdeführerin, dem Bescheid der belangten Behörde, der Beschwerde sowie den gerichtlichen Ermittlungen zur vormaligen Ausstellung eines Behindertenpasses (vgl. Aktenvermerk vom 19.09.2025, OZ 3 des gerichtlichen Verfahrensaktes).

Von Seiten der belangten Behörde wurde vom medizinischen Sachverständigenbeweis Gebrauch gemacht und die Beschwerdeführerin von der befassten Sachverständigen der Fachrichtungen Innere Medizin und Pneumologie am 19.05.2025 persönlich untersucht. Das erstattete Gutachten datiert mit 18.06.2025 und enthält Ausführungen und Einschätzungen ausschließlich zur Frage der verfahrensgegenständlichen Zusatzeintragung, der Grad der Behinderung wird nicht neuerlich geprüft. Die Sachverständige identifiziert eine Leidensverschlechterung im Vergleich zum vorangegangenen Gutachten und schließt auf eine mögliche Zustandsverbesserung des Lungenleidens, hieraus resultiert die Empfehlung in Richtung einer vorzunehmenden Nachuntersuchung (AS 49 ff des Verfahrensaktes).

Dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen die nunmehr erfolgte Befristung des Behindertenpasses richtet, ist dem aktenkundigen Wortlaut des gegenständlichen Beschwerdevorbringens zu entnehmen. Die Beschwerdeführerin äußert angesichts ihres unveränderten Gesundheitszustandes ihr Unverständnis über die eingezogene Befristung und ersucht um Ausstellung eines unbefristeten Passes, die Zielrichtung des Beschwerdebegehrens erweist sich insgesamt als klar und unmissverständlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Nach § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.1. Zu Spruchpunkt A):

3.1.1. Zur Zurückweisung der Beschwerde:

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990, ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 BBG).

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5.sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören (§ 40 Abs. 1 BBG).

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs. 2 BBG).

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3.ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt (§ 41 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum und den festgestellten Grad der Behinderung zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten (§ 42 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Die belangte Behörde hat in Entsprechung des dahingehenden Antrages der Beschwerdeführerin die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als Zusatzeintragung im Behindertenpass vermerkt, den vormals unbefristet ausgestellten Pass aus gegebenem Anlass im Hinblick auf den erhobenen Sachverständigenbeweis aber befristet. Der Grad der Behinderung wurde von der belangten Behörde keiner neuerlichen Überprüfung zugeführt und bildete keinen Gegenstand des abgeführten Ermittlungsverfahrens, die Beschwerdeführerin richtet sich im Rahmen des Beschwerdevorbringens ausschließlich gegen die vorgenommene Befristung.

Allerdings werden in §§ 41 Abs. 2 und 45 Abs. 1 BBG explizit nur Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen sowie auf Einschätzung (und damit auch auf Neueinschätzung) des Grades der Behinderung genannt. Weder der Gesetzestext noch die Erläuterungen lassen erkennen, dass nach den genannten Bestimmungen andere Anträge an die belangte Behörde zulässig wären. Aus § 42 Abs. 2 BBG kann eine Ermächtigung der Behörde zur Befristung eines Behindertenpasses abgeleitet werden, aber kein Rechtsanspruch - und folglich auch kein Antragsrecht - auf Änderung oder Streichung einer eingetragenen Befristung, wenn sich deren Voraussetzungen ändern oder diese wegfallen. Ein ausdrücklich und unmissverständlich (bloß) auf Aufhebung der Befristung gestellter Antrag erweist sich als unzulässig und ist mangels Antragslegitimation zurückzuweisen (VwGH 14.03.2024, Ro 2021/11/0008).

Da ein subjektives Recht der Beschwerdeführerin auf Abänderung der vorgenommenen Befristung mit vorstehenden höchstgerichtlichen Erwägungen nicht besteht, ist angesichts der fehlenden Rechtsmittellegitimation mittels Zurückweisung der erhobenen Beschwerde vorzugehen.

3.1.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann u.a. entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

Im vorliegenden Fall erfolgt eine Zurückweisung der erhobenen Beschwerde im Sinne des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Blick auf die dargestellten gesetzlichen Bestimmungen entfallen kann.

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision in Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige, jeweils in Klammern zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.