Spruch
W171 2316231–1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA. als Vorsitzenden und die fachkundige Laienrichterin Mag.a Huberta MAITZ-STRASSNIG und den fachkundigen Laienrichter MMag. Jakob KALINA über die Beschwerde XXXX XXXX gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 23.06.2025, GZ: XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit verfahrenseinleitender Datenschutzbeschwerde vom 21.05.2025 wandte sich der Beschwerdeführer an die Datenschutzbehörde (idF „belangte Behörde“ oder „DSB“) und führte zusammengefasst aus, dass die mitbeteiligte Partei im Rahmen einer Exekutionsbewilligung Daten des dem Exekutionsverfahren zugrundeliegenden Strafverfahrens gegenüber seinem Arbeitgeber offengelegt hätte.
2. Mit Mangelbehebungsauftrag vom 28.05.2025 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, ergänzende Angaben (Sachverhaltsdarstellungen, Angaben zur Rechtsverletzung, Angaben zur Rechtzeitigkeit) zu seiner Datenschutzbeschwerde zu machen.
3. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 23.06.2025 wies die belangte Behörde die Datenschutzbeschwerde wegen nicht erfolgter Verbesserung als mangelhaft zurück.
4. Mit Schreiben vom 28.06.2025 erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Bescheidbeschwerde und führte zusammengefasst aus, dass er dem Mangelbehebungsauftrag wegen eines Urlaubes nicht zeitgerecht nachkommen habe können. Auf den Dokumenten der mitbeteiligten Partei, die das Exekutionsfahren betreffen, sei das intern genutzte Aktenzeichen der mitbeteiligten Partei ersichtlich, das auf das der Exekution zugrundeliegende Strafverfahren schließen lasse.
5. Mit Schriftsatz vom 11.07.2025 wurde der Akt dem BVwG vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF erhob am 21.05.2025 die verfahrensgegenständliche Datenschutzbeschwerde.
1.2. Mit Mangelbehebungsauftrag vom 28.05.2025 wurde der BF aufgefordert ergänzende Angaben zum Sachverhalt, der behaupteten Rechtsverletzung und der Rechtzeitigkeit seiner Beschwerde zu machen. Der Auftrag wurde dem BF am 04.06.2025 an die von ihm im Rahmen der Datenschutzbeschwerde bekanntgegebene E-Mail-Adresse übermittelt. Der BF hat den Mangelbehebungsauftrag erhalten.
1.3. Der BF machte keine weitere Eingabe.
1.4. Die Datenschutzbeschwerde des BF war nicht mangelhaft.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum gegenständlichen Verfahren und dabei insbesondere die einzelnen Datumsangaben basieren auf dem dem Gericht vorliegenden und insoweit unstrittigen Verwaltungsakt der belangten Behörde.
Dass der Mangelbehebungsauftrag zugestellt wurde ergibt sich auch aus der Bescheidbeschwerde des BF in welcher er ausführt, dass ihn das Schreiben während seines Urlaubs erreicht habe und er deswegen nicht reagieren habe können. Die Feststellung zu 1.4. ergibt sich daraus, dass sämtliche notwendigen Angaben in der Datenschutzbeschwerde vom 21.05.2025 enthalten waren.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Nach der [noch zur alten Rechtslage ergangenen] ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs darf eine [damals noch] Berufungsbehörde auf Grund einer gegen eine Zurückweisung erhobenen Berufung nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides (VwGH 03.03.2011, 2009/22/0080), nicht hingegen über den Antrag selbst entscheiden (VwGH 16.12.1996, 93/10/0165; 27.01.2010, 2008/03/0129; 29.04.2010, 2008/21/0302).
Zum nunmehrigen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erkannte der Verwaltungsgerichtshof, dass „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs – jedenfalls nur jene Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).
Hat die belangte Behörde in erster Instanz einen Antrag zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Das VwG ist in einem solchen Fall ausschließlich befugt, darüber zu entscheiden, ob die von der belangten Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist. Dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. (vgl. VwGH 04.11.2024, Ro 2022/12/0011 mwN.)
Sache im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist sohin alleine die Frage, ob die Zurückweisung der Datenschutzbeschwerde vom 23.06.2025 durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung von mit Mangelbehebungsauftrag aufgetragenen Verbesserungen zu Recht erfolgt ist.
3.2. § 24 Abs. 2 und 3 DSG enthält die zwingend vorgesehenen Minimalanforderungen an eine Beschwerde. Dadurch sollen im Rahmen der Durchführung des Art. 77 DSGVO das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde sowie die Grundsätze des Verfahrens vor der Aufsichtsbehörde geregelt werden. Diesbezüglich wurden die bislang bereits in der Vorgängerbestimmung § 31 Abs. 3, 4, 7 und 8 DSG 2000 vorgesehenen Regelungen zum Teil beibehalten (vgl. ErlAB zu § 24, 1761 BlgNR 25. GP 15).
Demnach muss eine solche Beschwerde näher bezeichnete Angaben enthalten. Der Gesetzgeber hat auf diese Weise - so die Gesetzesmaterialien - eine gewisse Formalisierung des Beschwerdeverfahrens nach dem Vorbild des (mittlerweile aufgehobenen) § 67c Abs. 2 AVG eingeführt. Dadurch soll es der Datenschutzbehörde ermöglicht werden, Beschwerden, die nicht einmal die genannten Minimalanforderungen aufweisen, nicht inhaltlich behandeln zu müssen. Wenn diese fehlen, kann nach § 13 Abs. 3 AVG vorgegangen werden (vgl. RV 472 BlgNR 24. GP 13). Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dem in den Gesetzesmaterialien erwähnten § 67c Abs. 2 AVG und den darin normierten Anforderungen an eine Maßnahmenbeschwerde freilich auch zum Ausdruck gebracht, dass dem AVG insofern „jeglicher Formalismus fremd“ ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0287, mwN). (vgl. VwGH 22.11.2022, Ra 2019/04/003) Vor dem Hintergrund des Ziels der Vorschrift des Art. 77 DSGVO, die Einreichung von Beschwerden zu erleichtern, sind allerdings nur geringe Anforderungen an die Darlegung des vermeintlichen Rechtsverstoßes zu stellen. So genügt eine Darstellung des Sachverhaltes in einem Umfang, der der Aufsichtsbehörde im Rahmen der gebotenen Amtsermittlung die erforderlichen Feststellungen ermöglicht. Erforderlich ist demnach, dass die betroffene Person die Behauptung hinsichtlich der Tatsachen substantiiert darlegt. (vgl. Schweiger in Knyrim, DatKomm Art 77 DSGVO Rz 11 ff (Stand 1.12.2021, rdb.at))
3.3. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht schlichtweg zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Eine auf § 13 Abs. 3 AVG gestützte Zurückweisung kommt nur bei solchen schriftlichen Anbringen in Frage, die mit Mängeln behaftet sind, also von für die Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes oder des AVG an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweichen (vgl. etwa VwGH 21.6.2021, Ra 2021/04/0011, mwN).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG immer nur dann gesetzmäßig, wenn der angenommene Mangel tatsächlich vorliegt. Wurde zu Unrecht die Mangelhaftigkeit des Anbringens angenommen (und wäre in der Sache zu entscheiden gewesen), ist die deshalb ergangene zurückweisende Entscheidung unabhängig davon inhaltlich rechtswidrig, ob der Einschreiter nur eine teilweise oder nur eine verspätete „Verbesserung“ vornimmt oder diese gar nicht versucht (vgl. VwGH 14.10.2020, Ra 2020/22/0106, mwN).
3.4.Für den hier vorliegenden Sachverhalt bedeutet dies Folgendes:
Die belangte Behörde erteilte dem BF mit Blick auf § 24 Abs. 2 DSG einen Verbesserungsauftrag hinsichtlich der Ziffern 3 (Sachverhalt), 4 (Rechtswidrigkeitsgründe) und 6 (Angaben zur Rechtzeitigkeit). Diesem Auftrag ist der BF unstrittig nicht nachgekommen.
Vor dem Hintergrund der Datenschutzbeschwerde des BF ist festzuhalten, dass dessen Ausführungen denkbar knapp sind. Der Sachverhalt wurde in wenigen Sätzen umrissen und gibt es keine wortwörtliche Ausführung zu den Rechtswidrigkeitsgründen. Es darf dabei jedoch nicht übersehen werden, dass der Sachverhalt – auch wenn er nur knapp geschildert wird – die wesentlichsten Eckpunkte enthält und gemeinsam mit der vorgelegten Exekutionsbewilligung eine nachvollziehbare Situation darstellt, aus der auch die behauptete Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung hergeleitet werden kann. Offensichtlich sieht sich der BF durch die Übermittlung der Exekutionsbewilligung an seinen Arbeitgeber, aus der auch interne Aktenbezeichnungen des Anwalts hervorgehen und einen Rückschluss auf den Grund der Exekution zulassen, zumindest in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt. Die Behörde darf im Rahmen der Beschwerdeprüfung vorgelegte Unterlagen nicht übergehen und sich nur auf die wörtliche Darstellung des Sachverhalts bzw. der Rechtswidrigkeit im Rahmen des Formulars beschränken.
Hinsichtlich der Ausführungen zur Rechtzeitigkeit ist die Darstellung der belangten Behörde nicht nachvollziehbar. Der BF legte dar, wann die verfahrensgegenständliche Datenverarbeitung erfolgte und wann er davon erfahren hatte. Aus dem Formular der belangten Behörde ist auch ersichtlich, wann die Datenschutzbeschwerde erhoben wurde. Aus den übermittelten Unterlagen ist auch ersichtlich, wann der Exekutionsantrag gestellt wurde und wann die Exekutionsbewilligung erlassen wurde. Inwiefern Angaben zur Rechtzeitigkeit fehlen – die nicht im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht zu erörtern wären – ist nicht ersichtlich.
Lediglich am Rande sei angemerkt, dass sich der Mangelbehebungsauftrag der belangten Behörde auf ein absolutes Minimum beschränkt und lediglich zu allen genannten Ziffern „nähere“ Ausführungen verlangt.
3.5. Im Ergebnis kommt der erkennende Senat daher zum Erkenntnis, dass der seinerzeitige Mangelbehebungsauftrag nicht zu Recht erteilt wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.6. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegensteht.
Im gegenständlichen Fall kann das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt war, weshalb die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zur weiteren Klärung des Sachverhaltes nicht beitragen und damit unterbleiben konnte. Das Bundesverwaltungsgericht hatte ausschließlich über die Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.06.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34ff). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.06.2012, B 155/12).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vor dem Hintergrund des klaren und unstrittigen Sachverhalts, der zudem keine Rechtsfrage aufwarf, die die Zulassung einer Revision erfordern würde, war auszusprechen, dass eine solche nicht zulässig ist.