JudikaturBVwG

W116 2289561-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
02. September 2025

Spruch

W116 2289561-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über die Beschwerde von XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts Wiens vom 15.03.2024, Zl. Jv 50669-33a/24 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben. Die Behörde hat nun unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund erneut über den Nachlassantrag zu entscheiden.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 13.01.2024 ersuchte der Beschwerdeführer um Nachlass der ihm vorgeschriebenen Gerichtsgebühren; diese seien ihm mit Brief vom 24.08.2023 vorgeschrieben worden, aber er sei nicht in der Lage diese Summe zu begleichen.

2. Mit im Spruch genannten Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen, es bestehe hinsichtlich der Gerichtsgebühren nach wie vor Verfahrenshilfe. Ein Nachlassbescheid würde den ergangenen Verfahrenshilfebeschluss aber konterkarieren.

3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, und brachte darin vor, er sei nicht in der Lage die Summe zu begleichen. Der Beschwerdeführer entrichtete eine Eingabegebühr in Höhe von EUR 30,00.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.Dem Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 08.11.2018 im Verfahren 32 Pu 81/18k Verfahrenshilfe im Umfang § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a bis f ZPO gewährt.

1.2.Mit rechtskräftigen Beschlüssen des Bezirksgerichts Bregenz, 9 Pu 169/19h ON 77 und 78, vom 24.08.2024, wurde für die Kinder des Beschwerdeführers gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG weiter ein monatlicher Unterhaltsvorschuss in Höhe von EUR 250,00 gewährt.

Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer – als Unterhaltsschuldner – in beiden Beschlüssen jeweils aufgetragen eine Pauschalgebühr in Höhe von EUR 250,00 binnen 14 Tagen auf ein näher bezeichnetes Gerichtskonto zu entrichten.

1.3. Dem Beschwerdeführer wurden die Gerichtsgebühren in Höhe von EUR 500,00 trotz eines Vermerks des zuständigen Rechtspflegers über die aufrechte Verfahrenshilfe vorgeschrieben, dies deshalb, weil die Kostenbeamtin den Vermerk „nicht wahrgenommen“ hat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung zu 1.1. ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Verfahrenshilfebeschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 08.11.2018.

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. gehen unzweifelhaft aus den genannten Beschlüssen des Bezirksgerichts Bregenz hervor, die nachgereicht wurden, sowie aus der Mitteilung, dass diese seit 14.09.2023 rechtskräftig und vollstreckbar sind.

2.3. Die Feststellung zu 1.3. ergibt sich aus dem Schreiben des Bezirksgerichts Bregenz vom 11.02.2024, worin das Festgestellte mitgeteilt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; VwGH 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; VwGH 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084; VwGH 05.11.2019, Ra 2017/06/0222). Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über die zugrundeliegenden Anträge würde demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten (VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115). Liegt der in erster Instanz angenommene Zurückweisungsgrund nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht den Zurückweisungsbescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die Behörde über den Antrag unter Abstandnahme von dem zunächst gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden hat (VwGH 28.02.2008, 2006/16/0129, mwN; VwGH 03.04.2019, Ro 2017/15/0046).

Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens ist daher auf Grund der zurückweisenden Entscheidung nur, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgte. Die Behörde wies den Nachlassantrag zurück, weil dem Beschwerdeführer Verfahrenshilfe zukomme.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 13.01.2024 den Nachlass der ihm vorgeschriebenen EUR 500,00.

Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist. Eine besondere Härte kann auch dann vorliegen, wenn sich aus dem Grundverfahren oder aus den Ergebnissen eines Verfahrens über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters ergibt, dass der Zahlungspflichtige zum Zeitpunkt der Gebühren auslösenden Verfahrenshandlung nicht entscheidungsfähig war und die Verfahrenshandlung in der Folge nicht genehmigt wurde.

Nach der Rechtsprechung des VwGH kommt einer Person an die der Zahlungsauftrag nicht gerichtet ist, im Verfahren nach § 9 GEG keine Parteistellung zu (siehe Dokalik/Schuster, Gerichtsgebühren14 § 9 GEG, E9, mit Hinweis auf VwGH 21.11.1974, 1449/74).

Gleichzeitig bleibt auch ein Zahlungspflichtiger, für den die Gerichtsgebührenschuld (von dritter Seite) entrichtet wurde, antragslegitimiert im Verfahren nach § 9 Abs. 2 GEG (siehe Dokalik/Schuster, Gerichtsgebühren14 § 9 GEG, E11, mit Hinweis auf ua. VwGH 24. 10. 1974, 1973/73)

Entscheidend für die Zulässigkeit eines Nachlassantrags ist daher die Zahlungspflicht des Nachlasswerbers bzw. dass der Zahlungsauftrag an diesen gerichtet war.

Mit den beiden rechtskräftigen oben genannten Beschlüssen des Bezirksgerichts Bregenz wurde dem Beschwerdeführer jeweils aufgetragen eine Pauschalgebühr in Höhe von EUR 250,00 – insgesamt sohin EUR 500,00 – binnen 14 Tagen einzuzahlen.

Dass der Beschwerdeführer aufgrund der ihm gewährten Verfahrenshilfe von der Entrichtung der Gerichtsgebühren einstweilen befreit war, mag angesichts der rechtskräftigen Zahlungsaufträge, dessen Adressat er ist, nicht zur Unzulässigkeit seines Nachlassantrags führen.

Da auch sonst keine Gründe erkennbar sind, welche zur Zurückweisung des Antrags führen würden, erfolgte die Zurückweisung zu Unrecht und war der Bescheid gemäß der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH mit der Konsequenz zu beheben, dass die Behörde nun über den Nachlassantrag unter Abstandnahme von dem zunächst gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden hat.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf die zitierte Rechtsprechung stützen.