JudikaturBVwG

G312 2318161-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
28. August 2025

Spruch

G312 2318161-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Manuela WILD über die Beschwerde vom 20.08.2025 des serbischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und wird beschlossen:

A)Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Bescheid vom XXXX wurde dem BF eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Die belangte Behörde begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen zusammengefasst damit, dass die sofortige Ausreise des BF geboten sei. Sein Verbleib in Österreich stelle eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Er habe aktiv an der Verbreitung von Suchtgiften mitgewirkt, gefährdete bewusst das Leben von Menschen, um sich selbst zu bereichern. Er sei nicht gewillt, sich im Bundesgebiet gesetzeskonform zu verhalten. In seinem Fall sei daher seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung dringend geboten.

Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde des BF durch seine Rechtsvertretung und begründete er dies damit, dass die belangte Behörde zu Unrecht vom Primat der freiwilligen Ausreise abgewichen sei. Eine strafrechtliche Verurteilung alleine reiche jedoch für die Rechtfertigung der Annahme, dass die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig sei, weshalb auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung unzulässig sei, nicht. Es werde daher angeregt, der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid zu beheben, in eventu das Einreiseverbot ersatzlos zu beheben oder die Dauer des Einreiseverbotes herabzusetzen in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das BFA übermittelte die Beschwerde samt Verwaltungsakten und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakte des BFA sowie des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus der Beschwerde, aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im Strafregister.

Rechtliche Beurteilung:

Als Staatsangehöriger von Serbien ist der BF Fremde iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Der Beschwerdeführer (BF) ist am XXXX in XXXX in Serbien, geboren und serbischer Staatsbürger. Er ist ledig, gesund, ohne Sorgeplichten und beschäftigungslos. Er verfügt im Bundesgebiet über keine familiären, sozialen oder sonstigen persönlichen Beziehungen sowie über keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich und kann sich lediglich während des visumsfreien Zeitraums hier aufhalten.

Der BF reiste ausschließlich zum Zweck des Verkaufs von Suchtgiften mit dem Zug von Bratislava nach Wien und weiter nach Linz. Es sei am XXXX vom LG XXXX , XXXX , wegen § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG über ihn die Untersuchungshaft verhängt worden und am XXXX gegen ihn Anklage erhoben worden. Er ist laut Ermittlungen der Strafbehörden als sogenannter Streetrunner für den Verkauf und Handel von Heroin/Kokain in Linz tätig.

Mit Urteil des LG XXXX , XXXX , wurde der BF am XXXX , rk XXXX , wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erst und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Der unbedingte Teil beträgt 8 Monate.

Der BF befindet sich derzeit in Strafhaft, der berechnete Entlassungszeitpunkt ist der XXXX .

Der BF wurde für schuldig erklärt, im Zeitraum vom XXXX bis XXXX in XXXX und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen zu haben, so 400 Gramm Heroin und eine unbekannte Menge Cannabiskraut. Mildernd wurde das reumütige Geständnis, erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen und mehrerer Vergehen, die mehrfache Grenzmengenüberschreitung, Kriminaltourismus, Gewinnstreben und teilweise Tatbegehung in der Öffentlichkeit gewertet.

Der BF erklärte selbst bei den Einvernahmen vor den Behörden und dem Gericht, dass er lediglich zum Suchtgiftverkauf nach Österreich eingereist sei.

Gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Die eingebrachte Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der BF oder die sofortige Durchsetzung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).

Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht nur mit den bereits für die Erlassung des Einreiseverbots maßgeblichen Gründen, konkret mit dem strafrechtlich geahndeten Fehlverhalten des BF, begründet, sondern auch, dass der BF – um sich zu bereichern und schnell zu Geld zu kommen - sich des Verbrechens des Suchtgifthandels schuldig gemacht habe. Der BF gefährde mit seinem Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit, allen voran die psychische und physische Unversehrtheit Dritter durch den Vertrieb von Suchtgift und sei offensichtlich nicht gewillt, sich an die österreichischen Rechtsvorschriften zu halten. Er sei ausschließlich zur Begehung strafbarer Handlungen nach Österreich eingereist, um Heroin zu verkaufen und stelle sein Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar. Er habe zahlreich Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge gewinnbringend an andere verkauft und damit im großen Ausmaß Leben und die Gesundheit anderer Menschen gefährdet. Sein Verhalten entspreche dem Kriminaltourismus und stelle ein besonders verpöntes strafrechtliches Verhalten dar. Es seien keine Gründe hervorgekommen, die gegen eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat sprechen.

Der BF bringt in seiner Beschwerde vor, dass die belangte Behörde zu Unrecht vom Primat der freiwilligen Ausreise abgewichen sei. Eine strafrechtliche Verurteilung alleine reiche jedoch für die Rechtfertigung der Annahme, dass die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig sei nicht, weshalb auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung unzulässig sei. Zudem müsse das Privat- und Familienleben auch in anderen Mitgliedstaaten Berücksichtigung finden, er verfüge über ein Privatleben in der Slowakei.

Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass der BF mit dem Suchtgifthandel nicht nur ein massiv straffälliges Verhalten zeigt, welches nach ständiger Judikatur als besonders verpöntes Verhalten erachtet wird, sondern auch einen sogenannten Kriminaltourismus betreibt, er reiste ausschließlich zur Begehung der Straftaten, um sich unrechtmäßig zu bereichern, nach Österreich ein. Angesichts dessen stellt der BF mit seinem Gesamtverhalten eindeutig eine gegenwärtige, schwere Gefahr der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Er verfügt in Österreich über keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen und reiste – wie oben ausgeführt – lediglich zur Begehung von Straftaten ins Bundesgebiet ein. Mit seinem Verhalten – Suchtgifthandel - hat er ein besonders verpöntes Verhalten gezeigt, und sind die Taten erst vor kurzem von ihm gesetzt worden. Auch das zusätzliche Vorbringen – er habe Familienleben in der Slowakei (ohne weitere Details zu nennen) – steht der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung derzeit bei Grobprüfung nicht entgegen. Der Kontakt zu seiner Familie kann (als erwachsene Person) mit modernen Kommunikationsmittel aufrechterhalten werden, zudem steht es der Familie frei, zu ihm in den Herkunftsstaat zu kommen.

Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat der BF (Serbien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG. Angesichts dessen ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keine Verletzung von Art 8 EMRK verbunden.

Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist somit ausreichend und im Hinblick auf das Gesamtverhalten der BF als nachvollziehbar anzusehen. Die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu bestätigen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG keine Folge zu erteilen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.