Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Ing. Robert FODROCZI und Erwin GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 17.06.2025 betreffend Verpflichtung zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.360,80 gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG (Spruchpunkt A) sowie betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG (Spruchpunkt B) zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 04.03.2025 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gem. § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe im Ausmaß von 42 Bezugstagen ab 17.02.2025 verloren habe, Nachsicht wurde nicht erteilt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten eine zugewiesene, zumutbare Beschäftigung bei der Firma XXXX als Lieferwagenlenker vereitelt habe, Gründe für eine Nachsicht würden nicht vorliegen.
Der Beschwerdeführer hat gegen den Bescheid vom 04.03.2025 Beschwerde erhoben.
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.03.2025 wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 14.05.2025 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 und § 58 AlVG abgewiesen.
Am Ende der Beschwerdevorentscheidung findet sich nachstehende Rechtsmittelbelehrung:
„Sie können binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung bei der oben angeführten regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird.“
Diese Beschwerdevorentscheidung wurde dem RSb-Rückschein zufolge vom Beschwerdeführer am 15.05.2025 persönlich übernommen. Der Beschwerdeführer stellte innerhalb der zweiwöchigen Frist keinen Vorlageantrag.
2. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 17.06.2025 wurde im Spruchpunkt A) ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer nunmehr gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.360,80 verpflichtet werde. Begründend wurde ausgeführt, dass durch die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.03.2025 die Leistung von 17.02.2025 bis 30.03.2025 vorläufig ausgezahlt worden sei und aufgrund der nunmehr rechtskräftigen Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2025 die Verpflichtung zum Rückersatz des angeführten Betrages bestehe. In Spruchpunkt B) sprach die belangte Behörde aus, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen sei. Begründend wurde darauf verwiesen, dass bereits eine Entscheidung in der Hauptsache vorliege und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausschließlich dazu führen würde, dass die Eintreibung der offenen Forderung zu Lasten der Versichertengemeinschaft verzögert werde, obwohl mit einer anders lautenden Entscheidung in der Sache nicht mehr zu rechnen sei. Aus diesem Grund überwiege das öffentliche Interesse an der Einbringlichkeit der offenen Forderung und sei daher die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer – nach Verbesserungsauftrag gem. § 13 Abs. 3 AVG – fristgerecht Beschwerde und ersuchte um Aufhebung der Sperrung. Er brachte vor, dass der Arbeitgeber gesagt hätte, dass er ihn anrufen werde, dies jedoch nicht getan hätte. Er hätte dem AMS eine falsche Information gegeben.
4. Die gegenständliche Beschwerde wurde unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht am 21.07.2025 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 04.03.2025 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gem. § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe im Ausmaß von 42 Bezugstagen ab 17.02.2025 verloren habe, Nachsicht wurde nicht erteilt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten eine zugewiesene, zumutbare Beschäftigung bei der Firma XXXX als Lieferwagenlenker vereitelt habe, Gründe für eine Nachsicht würden nicht vorliegen.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde kam aufschiebende Wirkung zu.
Aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wurde insgesamt ein Betrag von € 1.360,80 im Zeitraum vom 17.02.2025 bis zum 30.03.2025 (42 Tage) ausbezahlt (42 Tage x € 32,40 Tagsatz).
Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 14.05.2025 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.03.2025 mit näherer Begründung abgewiesen.
Der Beschwerdeführer brachte nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am 15.05.2025 keinen Vorlageantrag ein.
Der Bescheid des AMS vom 04.03.2025 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2025 ist rechtskräftig und durchsetzbar.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17.06.2025 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.360,80 verpflichtet (Spruchpunkt A). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).
Die belangte Behörde hat auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet.
2. Beweiswürdigung:
Der Gegenstand des Bescheides vom 04.03.2025 sowie der Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2025 ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
Dass der gegen den Bescheid vom 04.03.2025 erhobenen Beschwerde von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukam, ergibt sich aus § 13 Abs. 1 VwGVG und dem Fehlen von Hinweisen für einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung.
Der festgestellte Zeitraum sowie die festgestellte Höhe des Bezuges von Arbeitslosengeld gründen sich auf den Inhalt des Gerichtsaktes (Bezugsverlauf). Der Höhe und der Dauer des bezogenen Arbeitslosengeldes ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.
Die rechtswirksame Zustellung der Beschwerdevorentscheidung ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden unbedenklichen RSb-Rückschein und war im vorliegenden Verfahren nicht strittig. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keinen Vorlageantrag eingebracht hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
Hinsichtlich der festgestellten Rechtskraft und Durchsetzbarkeit des Bescheides des AMS vom 04.03.2025 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2025 wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Der angefochtene Bescheid ist Bestandteil des Verwaltungsaktes.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. § 25 Abs. 1 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 idF BGBl. I Nr. 38/2017, lautet wie folgt:
„§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.“
3.3. Zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung
Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 04.03.2025 mit Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2025 abgewiesen.
Aufgrund der aufschiebenden Wirkung der gegen den Bescheid vom 04.03.2025 erhobenen Beschwerde wurde dem Beschwerdeführer im Zeitraum vom 17.02.2025 bis zum 30.03.2025 (42 Tage) vorläufig weiterhin Notstandshilfe im Ausmaß von € 32,40 täglich, insgesamt € 1.360,80 (42 Tage x € 32,40 Tagsatz = € 1.360,80) ausbezahlt.
Da der Beschwerdeführer nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am 15.05.2025 keinen Vorlageantrag eingebracht hat, ist der Bescheid vom 04.03.2025 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2025 rechtskräftig und durchsetzbar.
Die belangte Behörde stützte die Rückforderung zu Recht auf § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG, welcher die Verpflichtung zum Rückersatz von Leistungen anordnet, die wegen „Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels“ weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.
Ein solcher Sachverhalt liegt dem Fall zugrunde, da das Arbeitslosengeld während des Zeitraumes vom 17.02.2025 bis zum 30.03.2025 im Ausmaß von insgesamt € 1.360,80 nur wegen der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.03.2025 vorläufig weiterhin an den Beschwerdeführer ausbezahlt wurde und das Verfahren mit der in Rechtskraft erwachsenen Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2025 geendet hat, wonach der Verlust von Notstandshilfe zu Recht ausgesprochen wurde.
Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen die Rückforderung einer unberechtigt empfangenen Leistung im angefochtenen Bescheid richtet, erweist sie sich sohin als nicht berechtigt.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Bezüglich der Rückzahlungsverpflichtung wird der Beschwerdeführer im Übrigen auf die Möglichkeit verwiesen, bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS die Gewährung von Zahlungserleichterungen (z.B. Ratenzahlungen) zu beantragen.
3.4. In Anbetracht der vorliegenden Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich ein Eingehen auf den in Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.
3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Gericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war. Im vorliegenden Fall liegen keine widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschafft (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171). Die Rechtmäßigkeit des Anspruchsverlustes nach § 10 AlVG ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Beschwerdeführer trat insbesondere weder der Rechtskraft der Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2025 noch der Höhe der von ihm bezogenen und nunmehr rückgeforderten Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung entgegen. Bei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung handelt es sich zwar um „civil rights“ iSd Art. 6 EMRK (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0142, mwN). Da jedoch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten, stehen dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.