G310 2015798-2/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde des bosnischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2024, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu Recht:
A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) reiste zuletzt zu einem unbekannten Zeitpunkt ins Bundesgebiet ein und ist seit XXXX 2015 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Er verfügt seit XXXX .2020 über eine Daueraufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR-Bürgers.
Im Jahr 2007 wurde erstmals über den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Zu diesem Zeitpunkt lagen neun strafgerichtliche Verurteilungen vor, wobei er wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 19.06.2015 wurde das unbefristete Aufenthaltsverbot behoben.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021, XXXX , wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG, des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und des Vergehens der schweren Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je EUR 4,00 und zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021, XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei sechs Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2023, XXXX , wurde der BF wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung, des Vergehens der sexuellen Belästigung und des Vergehens des schweren Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .2023, XXXX , wurde der BF wegen der Vergehen der Sachbeschädigung und des Diebstahls zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Am XXXX .2024 wurde der BF wegen des Verdachtes des räuberischen Diebstahls festgenommen und es wurde die Untersuchungshaft über ihn verhängt.
Zuletzt wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2024, XXXX , wegen des Vergehens des Diebstahls, des Vergehens der Nötigung sowie des Vergehens der versuchten Körperverletzung zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 26.03.2024 wurde der BF aufgefordert, sich zur beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Rückkehrentscheidung/Einreiseverbot in eventu Verhängung der Schubhaft) zu äußern und Fragen zu seinem Privat- und Familienleben und seinem Aufenthalt in Österreich zu beantworten. In einem wurden ihm Länderfeststellungen übermittelt. Am 03.04.2024 langte eine Stellungnahme des BF beim BFA ein.
Am 27.06.2024 wurde der BF vom BFA niederschriftlich einvernommen.
Am 01.08.2024 wurde die Lebensgefährtin des BF als Zeugin vom BFA niederschriftlich einvernommen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte ihm gemäß § 70 Abs 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit seinen strafgerichtlichen Verurteilungen begründet. Der BF verfügt zwar über ein ausgeprägtes Familien- und Privatleben in Österreich, jedoch überwiegt aufgrund seiner gravierenden Straffälligkeit das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit.
Dagegen richtet sich die erhobene Beschwerde mit den Anträgen, eine Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit gänzlich zu beheben, in eventu das Aufenthaltsverbot wesentlich zu verkürzen sowie in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.
Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er seit dem XXXX 2015 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet sei, er sei in Österreich aufgewachsen und habe hier auch seine Ausbildung absolviert. Er sei vom XXXX .1999 bis zum XXXX .2012 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet gemeldet gewesen und habe somit einen erheblichen Teil seines Lebens hier verbracht. Er habe enge familiäre Bindungen in Österreich, sei Vater von vier leiblichen Kindern, die in Österreich leben würden, von denen drei minderjährig seien. Zwei dieser Kinder würden die kroatische, die anderen beiden die österreichische Staatsangehörigkeit besitzen. Der BF habe zu einem seiner Kinder regelmäßig Kontakt. Er habe keine Anknüpfungspunkte in seinem Heimatland.
Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 31.10.2024 vor.
Am 25.04.2025 führte das Bundesverwaltungsgericht in der gegenständlichen Rechtssache eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF sowie ein Behördenvertreter über ZOOM-Videokonferenz und die Rechtsvertreterin des BF persönlich teilnahmen.
Am 09.05.2025 langte eine schriftliche Stellungnahme ein.
Feststellungen:
Der BF wurde in XXXX (Bosnien und Herzegowina) geboren und ist Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina. Er kam XXXX im Alter von 3 Jahren nach Österreich. Er absolvierte in Österreich seine Schulpflicht und hat eine Bäckerlehre sowie eine Ausbildung zum Schweißer abgeschlossen. Er spricht deutsch und verfügt zumindest über grundlegende Kenntnisse der bosnischen Sprache. Der BF ist im Besitz eines gültigen bosnischen Reisepasses sowie eines bosnischen Personalausweises, der bis zum XXXX .2022 gültig war. Er verfügt seit XXXX .2020 über eine Daueraufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR-Bürgers. Der BF ist gesund und arbeitsfähig.
Der BF ist geschieden und hat mit drei verschiedenen Frauen insgesamt vier Kinder im Alter von 19, 12, 6 und 3 Jahren. Zwei Kinder besitzen die österreichische Staatsbürgerschaft und zwei sind kroatische Staatsbürger. Das jüngste Kind ist drei Jahre alt und entstammt aus einer Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin. Der BF ist für seine minderjährigen Kinder unterhaltspflichtig, jedoch besteht aufgrund seiner Inhaftierung ein Unterhaltrückstand. Derzeit besteht aufgrund der Inhaftierung nur mit der jüngsten Tochter Kontakt.
In Österreich lebt auch noch die Mutter des BF, die österreichische Staatsbürgerin ist. Es leben keine Verwandte in Bosnien.
Der BF ging von XXXX 2016 bis XXXX 2017, von XXXX 2017 bis XXXX 2021, von XXXX 2022 bis XXXX 2023, im XXXX 2023 und zuletzt von XXXX 2023 bis Anfang XXXX 2023 einer Beschäftigung bei verschiedenen Arbeitgebern als Arbeiter nach. In den Jahren 2017, 2022 bis 2024 bezog der BF immer wieder Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX .2007 wurde über den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Gestützt wurde das Aufenthaltsverbot auf neun strafgerichtliche Verurteilungen des BF, wobei er mit Urteil vom Landesgericht XXXX vom XXXX .2007 wegen des Verbrechens des schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde. Er verbüßte seine Haftstrafe von XXXX .2007 bis XXXX .2012 in der Justizanstalt XXXX und reiste am XXXX .2012 aus dem Bundesgebiet aus. Er hielt sich nach eigenen Angaben für ca. drei Monate bei seiner Großmutter in einem bosnischen Dorf namens „ XXXX “ auf, kehrte dann wieder nach Österreich zurück und lebte bei seiner Ex-Ehefrau. Seinen Lebensunterhalt hat er in dieser Zeit durch Schwarzarbeit finanziert. Mit Erkenntnis des BVwG vom 19.06.2015 wurde das unbefristete Aufenthaltsverbot behoben.
Der BF reiste zuletzt zu einem unbekannten Zeitpunkt ins Bundesgebiet ein und ist seit XXXX 2015 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Davor war er von 1999 bis XXXX 2012 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet.
Hinsichtlich des BF liegen in Österreich insgesamt vierzehn strafrechtliche Verurteilungen vor, wobei davon eine Bedachtnahmeverurteilung zu verzeichnen ist, sodass insgesamt dreizehn Vorstrafen vorliegen. Davon fallen fünf Verurteilung auf den Zeitraum nach seiner offiziellen Wiedereinreise im Jahr 2015.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021, XXXX , wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG, des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15 Abs 1, 269 Abs 1 StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je EUR 4,00 und zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021, XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei sechs Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zur Verurteilung des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021, XXXX , wurde abgesehen, die Probezeit zu dieser Verurteilung wurde auf fünf Jahre verlängert.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2023, XXXX , wurde der BF wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1 Z 1 StGB und des Vergehens des schweren Einbruchsdiebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt. Vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zur Verurteilung des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021, XXXX , sowie vom XXXX .2021, XXXX wurde abgesehen, die Probezeit zur Verurteilung vom XXXX .2021 wurde auf fünf Jahre verlängert.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .2023, XXXX , wurde der BF wegen der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Am XXXX .2024 wurde der BF wegen des Verdachtes des räuberischen Diebstahls festgenommen und es wurde die Untersuchungshaft über ihn verhängt.
Zuletzt wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2024, XXXX , wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, des Vergehens der Nötigung gemäß § 105 Abs 1 StGB sowie des Vergehens der versuchten Körperverletzung nach den §§ 15 Abs 1, 83 Abs 1 StGB zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zur Verurteilung des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021, XXXX , sowie vom XXXX .2021, XXXX wurde abgesehen.
Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF am XXXX . in XXXX
I./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen der B.D. GmbH weggenommen hat, indem er diverses Werkzeug und Handwerkszubehör im Gesamtwert von zumindest EUR 96,00 in seinem Rucksack versorgte und diese - mit Ausnahme dreier weiterer Artikel - bei Passieren des Kassabereichs nicht bezahlte;
II./ im Anschluss an die zu oben zu I./ angeführte Tathandlung J.M. als Ladendetektiv zunächst durch gefährliche Drohung und danach mit Gewalt zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von seiner weiteren Anhaltung und Rückkehr in die B.-Filiale zur Bezahlung der restlichen Ware genötigt, indem er ihm zuerst Schläge androhte, sollte ihn dieser nicht gehen lassen, wobei er zur Bekräftigung seiner Drohung die geballten Fäuste erhob, und ihn anschließend einen Stoß gegen die linke Schulter und unmittelbar darauf einen Faustschlag gegen den Kopf zu versetzen versuchte, wobei J.M. ausweichen konnte;
III./ einen anderen am Körper zu verletzen versucht, nämlich J.M. durch Versetzen des oben zu II./ beschriebenen Faustschlags.
Bei der Strafbemessung war als mildernd zu berücksichtigen, dass es zum Teil beim Versuch geblieben ist, dagegen als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, einschlägige Vorstrafenbelastung, Begehung innerhalb der offenen Probezeiten.
Der BF verbüßt derzeit seine Haftstrafe in der Justizanstalt XXXX und wurde regelmäßig von seiner Ex-Lebensgefährtin und Tochter besucht. Das errechnete Strafende ist der XXXX .2026, der nächste Termin für eine bedingte Entlassung ist der XXXX .2025.
Der BF nahm in der Justizanstalt in der Zeit von XXXX .2024 bis XXXX .2024 an einem psychologischen Behandlungsprogramm im Umfang von 10 Einheiten für Gewalttäter teil.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens, des Strafverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus den Angaben des BF gegenüber dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung, sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister, Sozialversicherungsdatenauszug und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR). Zudem wurde Einsicht in den Akt G311 2015798-1/11E genommen.
Die Feststellungen zur Identität, Geburtsort und Staatszugehörigkeit des BF ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt. Zudem befindet sich im Akt eine Kopie seines bis zum XXXX .2027 gültigen Reisepasses und eine Kopie seines bis zum XXXX .2022 gültigen Personalausweises.
Seine Deutschkenntnisse beruhen auf der eigenen Wahrnehmung der erkennenden Richterin in der mündlichen Verhandlung. Es wurde kein Dolmetscher beigezogen.
Es konnte nicht festgestellt werden, wie gut der BF noch seine Muttersprache beherrscht. Jedoch kann aufgrund seiner Herkunft angenommen werden, dass er sich zumindest verständigen kann, zumal er einige Monate bei seiner Großmutter in Bosnien und Herzegowina verbrachte.
Die Feststellungen zu seinen familiären und persönlichen Verhältnissen, insbesondere seiner Schul- und Berufsausbildung, seinen Kindern und Angehörigen in Österreich, beruhen auf den entsprechenden Angaben des BF gegenüber dem BFA, in der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung.
Sein Aufenthaltstitel wird durch Eintragungen im Fremdenregister bestätigt.
Es sind keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme des BF hervorgekommen.
Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit des BF beruhen darauf, dass er in einem erwerbsfähigem Alter ist, vor seiner Inhaftierung bis Anfang XXXX 2023 berufstätig war und derzeit in der Justizanstalt als Vorarbeiter in der Schlosserei arbeitet.
Die Zeiten der Erwerbstätigkeiten und des Arbeitslosengeldbezugs ergeben sich aus dem Sozialversicherungsdatenauszug.
Die Feststellungen zum unbefristeten Aufenthaltsverbot sowie seiner Ausreise beruhen auf Einsichtnahme in den Akt G311 2015798-1/11E.
Die Wohnsitzmeldungen des BF im Bundesgebiet gehen aus dem Zentralen Melderegister hervor. Der BF gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er sich für ca. drei Monate in Bosnien aufgehalten habe. Es konnte nicht genau festgestellt werden, wann er wieder ins Bundesgebiet zurückgekehrt ist.
Die Festnahme und die Verhängung der Untersuchungshaft gehen aus der Vollzugsinformation sowie dem U-Haftbeschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2024 hervor.
Die Feststellungen zu der vom BF in Österreich begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen und zu den Strafbemessungsgründen basieren auf dem Strafregister und den im Akt einliegenden Strafurteilen.
Der Strafvollzug wird anhand der Eintragungen im Zentralen Melderegister sowie der Vollzugsinformation festgestellt.
Aus der Vollzugsinformation ergeben sich die Termine für die nächste bedingte Entlassung sowie das errechnete Strafende. Der Besucherliste der Justizanstalt kann entnommen werden, dass der BF bis XXXX 2025 regelmäßig von seiner Ex-Lebensgefährtin und seiner Tochter besucht wurde.
Die Teilnahme am psychologischen Behandlungsprogramm wurde durch eine Bestätigung des psychologischen Dienstes der Justizanstalt XXXX vom XXXX .2024 nachgewiesen.
Rechtliche Beurteilung:
Der BF ist Fremder und Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs 4 Z 1 und Z 10 FPG.
Der BF ist als Vater von zwei in Österreich lebenden minderjährigen kroatischen Staatsbürgern als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG anzusehen.
Zur Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts des BF wurde ihm am 25.11.2015 eine Aufenthaltskarte (Angehörige von Österreichern) gemäß § 54 NAG ausgestellt. Seit 25.11.2020 verfügt er über eine Daueraufenthaltskarte (Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers).
Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ua gegen begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.
Der BF hält sich spätestens seit XXXX 2015 durchgehend und damit seit zehn Jahren im Bundesgebiet auf. Für die Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist im vorliegenden Fall daher der verschärfte Gefährdungsmaßstab nach § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG maßgeblich. Mit dieser Bestimmung soll Art 28 Abs 3 lit a der Freizügigkeitsrichtlinie (§ 2 Abs 4 Z 18 FPG) umgesetzt werden, wozu der EuGH bereits judizierte, dass hierauf gestützte Maßnahmen auf "außergewöhnliche Umstände" begrenzt sein sollten; es sei vorausgesetzt, dass die vom Betroffenen ausgehende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit einen "besonders hohen Schweregrad" aufweise, was etwa bei bandenmäßigem Handeln mit Betäubungsmitteln der Fall sein könne (EuGH 23.11.2010, Tsakouridis, C-145/09, insbesondere Rn. 40, 41 und 49 ff; siehe daran anknüpfend auch EuGH 22.5.2012, P.I., C-348/09, Rn. 19 und 20 sowie Rn. 28, wo überdies - im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch eines Kindes, der zu einer siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe geführt hatte - darauf hingewiesen wurde, dass es "besonders schwerwiegende(r) Merkmale" bedarf; siehe VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0248).
Hier kann nicht von "außergewöhnlichen Umständen" mit "besonders hohem Schweregrad" bzw. von "besonders schwerwiegenden Merkmalen" der vom BF begangenen Straftaten gesprochen werden, obwohl er bereits vierzehn Mal (eine Bedachtnahmeverurteilung, somit dreizehn Mal) strafgerichtlich verurteilt wurde.
Es wird nicht übersehen, dass der BF entgegen dem unbefristeten Aufenthaltsverbot illegal ins Bundesgebiet eingereist ist und im Verfahren betreffend die Aufhebung des Aufenthaltsverbots falsche Angaben machte. Der BF wurde nach seiner Wiedereinreise nicht mehr wegen eines Verbrechens verurteilt, sondern nur wegen (zum Teil minderschwerer) Vergehen. Es ist dem BFA zwar dahin zuzustimmen, dass das Fehlverhalten des BF, der seit seiner Wiedereinreise wegen einer Vielzahl an Delikten, insbesondere wegen (schweren) Körperverletzung, gefährlichen Drohung, Sachbeschädigung, Diebstahl, schweren Einbruchsdiebstahls, Nötigung, verurteilt wurde und bereits mehrmals das Haftübel verspürte, eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Der qualifizierte Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG („nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich“) ist trotz der Schwere der vom BF zu verantwortenden Kriminalität nicht erfüllt, auch wenn die besondere Gefährlichkeit von Raubdelikten sowie Delikten gegen Leib und Leben berücksichtigt wird.
Da er sich aktiv um die Aufarbeitung seiner Taten und der daraus hervorgehenden Gewaltbereitschaft und auch um seine gesellschaftliche und berufliche Resozialisierung bemüht und eine Therapie absolviert, kann trotz des raschen Rückfalls nicht von "außergewöhnlichen Umständen" mit "besonders hohem Schweregrad" bzw. von "besonders schwerwiegenden Merkmalen" der von ihm begangenen Straftaten gesprochen werden.
Dazu kommt, dass ein Aufenthaltsverbot unverhältnismäßig in das Privat- und Familienleben des BF eingreift, der bereits im Alter von drei Jahren nach Österreich kam, hier sozialisiert wurde und seine gesamte Schul- und Berufsausbildung absolvierte sowie einer Beschäftigung nachging. Er spricht Deutsch und verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich. Seine vier Kinder leben hier, wobei zwei davon österreichische Staatsbürger sind. Auch ist er bemüht den Kontakt zu seinen Kindern wiederherzustellen.
Somit kommt die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen den BF auf Basis des § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG nicht in Betracht, sodass der angefochtene Bescheid in Stattgebung der Beschwerde ersatzlos zu beheben ist. Dies bedingt auch die Behebung der darauf aufbauenden Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids.
Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0033). Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose (VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0022; 20.10.2016, Ra 2016/21/0284).
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, bei der sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte.
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