JudikaturBVwG

W252 2280766-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Datenschutzrecht
17. Juni 2025

Spruch

W252 2280766-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Dr.in Claudia ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag.a Adriana MANDL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 08.09.2023, GZ XXXX in einer datenschutzrechtlichen Angelegenheit, in nichtöffentlicher Sitzung, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird abgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Eingabe vom 10.01.2023 erhob der Beschwerdeführer (in Folge: BF) – ursprünglich sowohl in eigenem Namen, als auch stellvertretend für sein minderjähriges Kind – eine Datenschutzbeschwerde. Die mitbeteiligte Partei habe sie in ihren Rechten auf Auskunft und Geheimhaltung verletzt, indem sie den diesbezüglichen Anträgen nicht entsprochen habe.

2. Mit Bescheid vom 17.01.2023, GZ XXXX lehnte die belangte Behörde die Behandlung der Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Gesamtzahl der Eingaben des BF exzessiv sei, ab. Mit Erkenntnis vom 14.04.2023, GZ W211 2267466-1/9E behob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid und trug der belangten Behörde die Fortsetzung des Verfahrens hinsichtlich der Datenschutzbeschwerde des Beschwerdeführers auf, da – so das BVwG – die alleinige Anführung der Gesamtzahl der Eingaben des BF in tabellarischer Form dessen Missbrauchsabsicht noch nicht belegen könne. Die Beschwerde im Namen des minderjährigen Sohnes des Beschwerdeführers wurde mangels Vertretungsbefugnis als unzulässig zurückgewiesen.

3. Mit gegenständlichem Bescheid vom 08.09.2023 lehnte die belangte Behörde die Behandlung der Datenschutzbeschwerde erneut ab. Die Verfahrensführung sei aufgrund des sich wiederholenden und rechtsmissbräuchlichen Charakters der Eingaben des BF als exzessiv einzustufen und die Behandlung daher abzulehnen. Das Verlangen einer „angemessenen Gebühr“ sei im vorliegenden Fall nicht zweckmäßig, da die Verfahrensführung unverhältnismäßig nachteilige Folgen für die mitbeteiligte Partei bedeute und sich der BF in einer prekären Vermögenssituation befinde.

4. Dagegen richtet sich die Beschwerde des BF vom 05.10.2023. Die belangte Behörde gehe unrichtig von einer exzessiven Verfahrensführung aus und das Verfahren sei fortzuführen.

5. Die belangte Behörde legte die Beschwerde mit Schriftsatz vom 07.11.2023, hg eingelangt am 07.11.2023, vor und beantragte – unter Verweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheids – sowie Darlegung des Umfangs der Eingaben des BF, die Beschwerde abzuweisen.

6. Mit Beschluss vom 22.01.2024 wurde das gegenständliche Verfahren bis zur Vorabentscheidung durch den EuGH in der Rechtssache C-416/23 ausgesetzt, welches der EuGH mit Urteil vom 09.01.2025, C-416/23, Österreichische Datenschutzbehörde [Exzessive Anfragen] entschied.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Verwaltungs- und Gerichtsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF hat im Zeitraum von 2018 bis 2023 (Stichtag 17.08.2023) 222 individuelle Datenschutzbeschwerden bei der belangten Behörde anhängig gemacht.

1.2. Der BF bezieht ein geringes Arbeitslosengeld. Er verfügt, abgesehen von minimalen Bargeldbeständen, über keinerlei Vermögen, hat aber Verbindlichkeiten (OZ 1, S 2921).

1.3. Der BF ist für das mj. Kind seit dem 19. April 2018 nicht mehr obsorgeberechtigt. Die Kindesmutter trägt die alleinige Obsorge (OZ 1, S 2906). Mit Dekret Nr. XXXX vom XXXX im Verfahren zugunsten des mj. Sohnes des BF verfügte das Jugendgericht XXXX dass sich der BF weder seinem mj. Kind noch Personen, bei welchen dieses aufhältig ist, nähern darf, sowie ein vollständiges Kontaktverbot zwischen BF und seinem mj. Kind (OZ 1, S 2921). Der BF weiß davon und ist sich der alleinigen Obsorge durch die Mutter und des Kontaktverbots bewusst.

1.4. Der BF hat seine Datenschutzbeschwerde vom 10.01.2023 als Beilage zweier E-Mails (15:12 Uhr und 15:20 Uhr) in Form eines Fließtextes eingebracht. Die E-Mail von 15:12 Uhr besteht zu einem Großteil aus kryptischen und nicht lesbaren Zeichen/Punkten, wobei sich darunter auch einige wenige lesbare Dokumente befinden. Die E-Mail von 15:20 Uhr ist eine wiederholte und neuerliche Einbringung der Beschwerde von 15:12 Uhr, wobei der BF auf einen Übermittlungsfehler verweist. Die Datenschutzbeschwerde besteht in Summe aus einem Konvolut aus zwei mal 247 A4 Seiten, wobei ein Teil auf die Datenschutzbeschwerde und ein Teil auf die Beilagen entfällt.

1.5. Die Datenschutzbeschwerde folgt keiner klaren Struktur, enthält eine Vielzahl an Zitaten von Gesetztestexten, Aufzählungen, Mehrseitige Zitate italienischer Gerichtsentscheidungen und eine Vielzahl an Anschuldigungen gegenüber österreichischen bzw italienischen Behörden und Gerichten hinsichtlich Identitätsbetrug und zahlreiche „Richtigstellungen“. Bis auf den Auskunftsantrag und die Anzeige der Geburt bezeichnet der BF die Beilagen pauschal als „Unterlagen zum HKÜ-Verfahren in Italien in den Jahren 2021 und 2022“, wobei sich diese darin – wenn auch nicht zur Gänze – wiederholen bzw mehrfach vorkommen. Zum Teil verweist der BF auf nicht existente Beilagen.

1.6. Der BF hat das leicht auffindbare Formular der belangten Behörde bewusst nicht genutzt, sondern sich für eine Einbringung per E-Mail mit einem eigens verfassten Dokument entschieden.

1.7. Der BF verfolgt mit der Datenschutzbeschwerde vom 10.01.2023 den primären Zweck an Informationen über seinen Sohn zu kommen, um den Kontakt zu diesem herzustellen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Anzahl der Eingaben des BF (Punkt II.1.1.), den Vermögensverhältnissen (Punkt II.1.2.), der Obsorge sowie dem Kontaktverbot (Punkt II.1.3.) ergeben sich aus den nachvollziehbaren und schlüssigen Angaben der belangten Behörde, denen der BF nicht entgegengetreten ist. Zu seinen Vermögensverhältnissen zitierte der BF in seiner Bescheidbeschwerde beispielsweise diverse Entscheidungen, in denen ebenfalls dessen Vermögenslosigkeit thematisiert wird und führt dazu an, dass das Gericht „schon lange“ wissen müsste, dass er kein Arbeitslosgengeld beziehe (OZ 1, S 324). Darüber hinaus zitierte der BF bezüglich des Sorgerechts und Kontaktverbots selbst eine diesbezügliche italienische Gerichtsentscheidung, aus der sowohl das alleinige Obsorgerecht der Mutter, als auch das Kontaktverbot hervorgeht (OZ 1, S 394).

2.2. Die Feststellungen zur den beiden E-Mails vom 10.01.2023 (Punkt II.1.4.) ergeben sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt.

2.3. Die Feststellungen zur Struktur, Aufbau und Inhalt der Datenschutzbeschwerde des BF ergibt sich aus einer Einschau in den Verwaltungsakt, dem die Eingabe des BF beiliegt. Die Unstrukturiertheit der Beschwerde ergibt sich aus den zahllosen Anführungen des BF was „Richtig ist“ („Richtig ist, dass das am 14.05.2015 in Österreich geborene Kind und seine Eltern von der Geburt (14.05.2015) an in Österreich ansässig sind.“; OZ 1, S 380; siehe weiters auch OZ 1, S 381, 403, 526, ), und wie der Sachverhalt „tatsächlich“ ist („Das am 14.05.2015 in Österreich, geborene Kind sowie XXXX leben auch tatsächlich am 27.08.2015 in Österreich in Haushaltsgemeinschaft mit dem familiär und gesellschaftlich anerkanntem Vater […]“; OZ 1, S 381; siehe weiters dazu auch OZ 1, S 382 ff, 402 ff, 411 f, 418), wobei diese und ähnliche Ausführungen des BF im Widerspruch zum übrigen Vorbringen des BF, wonach er keinen Kontakt zu seinem Kind habe, steht (siehe dazu OZ 1, S 380). Die mehrseitigen Zitate fremdsprachiger Dokumente (OZ 1, S 394) sowie die Anschuldigungen von Behörden und Gerichten (siehe ua OZ 1, S 396) stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem ursprünglichen Vorbringen des BF, woraus die Unübersichtlichkeit seiner Datenschutzbeschwerde ebenso hervorgeht. Im Übrigen enthält die Eingabe des BF seitenlange Aufzählungen, worüber er von der Kindesmutter nicht informiert worden sei (OZ 1, S 388 ff), wobei nicht ersichtlich ist, inwiefern dies mit einer etwaigen ihn betreffenden Datenschutzverletzung im Zusammenhang steht. Die Feststellungen zu den Beilagen ergeben sich aus einer Einsicht bzw einem Vergleich derselben (OZ 1, S 427 ff). Der nicht existente Verweis auf ein Schreiben des Bürgermeisters (OZ 1, S 402) ergibt sich aus einer Einsicht in die Beilagen bzw die Beilagenübersicht, wo dieser nicht zu finden ist (OZ 1, S 427 ff).

2.4. Dass der BF das Formular der belangten Behörde bewusst nicht genutzt hat (Punkt II.1.6.) ergibt sich daraus, dass dieses prominent und leicht auffindbar auf der Website der BF (https://dsb.gv.at/eingabe-an-die-dsb/formulare) zugänglich ist und er aufgrund seiner zahlreichen bereits vor der belangten Behörde geführten Verfahren mit dieser jedenfalls vertraut ist.

2.5. Welchen Zweck der BF mit der gegenständlichen Datenschutzbeschwerde verfolgt (Punkt II.1.7.) geht klar aus derselben hervor. Vor dem Hintergrund des Obsorgestreits und des Kontaktverbots ist die wahre Intention des BF, der ein datenschutzrechtliches Verfahren im eigenen Namen (ursprünglich auch im Namen seines Kindes, für das er nicht obsorgeberechtigt ist) gegen die Kindesmutter führt naheliegend, insbesondere in Verbindung mit der vom BF ua geltend gemachten Verletzung im Recht auf Auskunft. Wenn er in seiner Datenschutzbeschwerde nun ausführt, dass die Behörden keine geeigneten Schritte unternehmen,

„- um den Identitätsbetrug zum betroffenen Zweitbeschwerde und zum betroffenen Erstbeschwerdeführer (als Elternteil) aufzuklären und zu berichtigen;

- um die Voraussetzungen für die volle Verwirklichung des Umgangsrechts/Kontaktrechts des Vaters (Erstbeschwerdeführer) des Kindes (Zweitbeschwerdefüher) zu schaffen;

- um das dem Erstbeschwerdeführer als Vater des Zweitbeschwerdefühers zukommende Sorgerecht voll durchzusetzen.

- um die unverzügliche Rückführung des betroffenen Sohnes (Zweitbeschwerdeführer) des Erstbeschwerdeführers nach Österreich durchzusetzen.“ (vgl OZ 1, S 378).

ist der Zweck des Verfahrens des BF (Informationsbeschaffung zu seinem Kind, Erlangung der ihm nicht zustehenden Obsorge, Umgehung des Kontaktverbots) mehr als eindeutig. Verdeutlicht wird dies durch die zahlreichen, nicht mit etwaigen datenschutzrechtlichen Verletzungen im Zusammenhang stehenden, Anschuldigungen gegenüber der Kindesmutter (vgl beispielsweise „[Die Kindesmutter] trifft widerrechtlich und willkürlich von der Geburt des gemeinsamen Kindes (Zweitbeschwerdefüher) an sämtliche Entscheidungen allein. [Die Kindesmutter] (die Beschwerdegegnerin) verletzt geltendes nationales österreichisches und italienisches und internationales Recht sowie sämtliche nationalen und internationalen Bestimmungen zum Schutz des Kindes inklusive sämtlicher für die Personen des Familiengefüges XXXX relevanten EU-Verordnungen.“, OZ 1, S 396). Es war daher die entsprechende Feststellung zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zum Verfahrensgegenstand:

Hat die DSB wie hier die Behandlung der Datenschutzbeschwerde gemäß Art 57 Abs 4 DSGVO abgelehnt, hat sie die Datenschutzbeschwerde nicht inhaltlich geprüft und über sie nicht inhaltlich entschieden. Vielmehr hat die DSB die inhaltliche Prüfung der Datenschutzbeschwerde verweigert. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist daher lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der inhaltlichen Behandlung der Datenschutzbeschwerde. Dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG. Eine meritorische Entscheidung über die Datenschutzbeschwerde hätte vielmehr eine rechtswidrige Überschreitung des Gegenstands des Bescheidbeschwerdeverfahrens zur Folge (vgl VwGH 29.01.2025, Ra 2023/04/0002, RS8).

3.2. Zur Ablehnung der Behandlung:

Gemäß Art 57 Abs 1 lit f DSGVO muss jede Aufsichtsbehörde in ihrem Hoheitsgebiet sich mit Beschwerden einer betroffenen Person befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist.

Demgegenüber sieht Art 57 Abs 4 DSGVO bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anfragen vor, dass die Aufsichtsbehörde eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern kann, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die Aufsichtsbehörde die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage, wobei der Begriff „Anfrage“ auch Beschwerden nach Art 57 Abs 1 lit f und Art 77 Abs 1 DSGVO umfasst (vgl hierzu EuGH 09.01.2025, C-416/23, Österreichische Datenschutzbehörde [Exzessive Anfragen], Rz 25 f, 41).

Art 57 Abs 4 DSGVO normiert zwei alternative Voraussetzungen - die „offenkundige Unbegründetheit“ oder „Exzessivität“ von Anfragen -, die die Aufsichtsbehörde in diesen Ausnahmefällen entweder zur Weigerung, aufgrund der Beschwerde tätig zu werden, oder zur Vorschreibung einer angemessenen Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten berechtigt. Die Beurteilung, ob eine Beschwerde im Sinne des Art 57 Abs 4 DSGVO als „offenkundig unbegründet“ oder „exzessiv“ anzusehen ist, erfordert hinsichtlich der jeweiligen Beschwerde eine objektive Beurteilung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles (vgl VwGH 29.01.2025, Ra 2022/04/0049, Rz 16).

3.2.1. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Da vom Begriff „Anfrage“ auch Datenschutzbeschwerden nach Art 77 Abs 1 DSGVO – wie die hier vorliegende – erfasst sind, sind die Regelungen zur „offenkundigen Unbegründetheit“ und „Exzessivität“ auf den gegenständlichen Fall anzuwenden.

3.3. Zur Exzessivität:

Nach der Rechtsprechung des EuGH können Anfragen nicht allein aufgrund ihrer Zahl während eines bestimmten Zeitraums als „exzessiv“ im Sinne des Art 57 Abs 4 DSGVO eingestuft werden, da die Ausübung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befugnis voraussetzt, dass die Aufsichtsbehörde das Vorliegen einer Missbrauchsabsicht der anfragenden Person nachweist. Dies spiegelt die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs wider, nach der es im Unionsrecht einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach sich die Bürger nicht in betrügerischer oder missbräuchlicher Weise auf unionsrechtliche Normen berufen dürfen. Allerdings kann die Häufung von Beschwerden einer Person ein Indiz für exzessive Anfragen sein, wenn sich herausstellt, dass die Beschwerden nicht objektiv durch Erwägungen gerechtfertigt sind, die sich auf den Schutz der Rechte beziehen, die die DSGVO dieser Person verleiht (vgl EuGH 09.01.2025, C-416/23, Österreichische Datenschutzbehörde [Exzessive Anfragen], Rz 49, 57, 59).

Im Wesentlichen ist eine Missbrauchsabsicht gemäß Art 57 Abs 4 DSGVO dann anzunehmen, wenn die entscheidenden Gründe der beschwerdeführenden Partei für die Einbringung einer Vielzahl von Datenschutzbeschwerden nicht in der Verfolgung der ihr aus der DSGVO zukommenden Rechte liegen und die beschwerdeführende Partei ohne diese sachfremden Gründe die Vielzahl an Datenschutzbeschwerden nicht erhoben hätte.

Das Einbringen einer Datenschutzbeschwerde ist somit dann missbräuchlich, wenn die beschwerdeführende Partei die Beschwerden zur Erzielung eines nicht durch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen geschützten Zwecks (etwa Publicity, Feindseligkeit, Sensationslust) erhebt, insbesondere jedoch dann, wenn der beschwerdeführenden Partei die Unrichtigkeit ihres Rechtsstandpunktes bewusst sein muss, etwa weil sie dieselbe – oder ähnliche – Beschwerden bereits erfolglos erhoben hat (vgl VwGH 29.01.2025, Ra 2022/04/0049, Rz 30 ff; sowie VwGH 29.01.2025, Ra 2023/04/0002).

3.3.1. Für die gegenständliche Datenschutzbeschwerde bedeutet das:

Da die belangte Behörde die Behandlung der Datenschutzbeschwerde des BF aufgrund von Exzessivität abgelehnt hat, ist eine objektive Beurteilung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles vorzunehmen.

3.3.2. Zur quantitativen Exzessivität:

Wie festgestellt, hat der BF im Zeitraum 2018-2023 über 220 individuelle Beschwerdeverfahren wegen behaupteter Datenschutzverletzungen bei der belangten Behörde anhängig gemacht. Zwar kann bloß aufgrund der hier überaus sehr hohen Gesamtzahl an Datenschutzbeschwerde noch nicht auf die Exzessivität geschlossen werden, jedoch stellt diese Häufung der Inanspruchnahme der belangten Behörde durch den BF durchaus ein Indiz für eine Exzessivität seiner Anfragen dar, da sie das ordnungsgemäße Funktionieren der Behörde beeinträchtigen kann und eine derart hohe Anzahl von Eingaben übermäßig deren Ressourcen bindet.

Die gegenständliche Datenschutzbeschwerde hat samt Beilagen eine Länge von zwei Mal 274 A4 Seiten (E-Mail von 15:12 und 15:20), was ebenso einen übermäßig hohen Bearbeitungsaufwand bewirkt. Zwar gilt auch hier, dass die bloße Länge/Größe der Eingabe noch keine Exzessivität begründen kann, allerdings deutet – wie auch im vorliegenden Fall – das ungefilterte und pauschale Vorlegen eine Vielzahl an Beilagen, Urkunden, Schriftverkehr und sonstigen Unterlagen, ohne deren individuelle Erforderlichkeit strukturiert zu begründen, auf eine Missbrauchsabsicht bzw Exzessivität hin bzw kann ein Indiz dafür sein.

Laut der Rechtsprechung kann eine Missbrauchsabsicht auch dadurch gekennzeichnet sein, dass der beschwerdeführenden Partei die Unrichtigkeit ihres Rechtsstandpunktes bewusst sein muss, etwa weil sie dieselbe – oder ähnliche – Beschwerden bereits erfolglos erhoben hat (vgl VwGH 29.01.2025, Ra 2022/04/0049, Rz 31). Wie die belangte Behörde bereits begründend ausführte, zielt eine Vielzahl der Verfahren des BF auf die Kontaktherstellung des BF mit seinem mj. Kind bzw auf die hierzu notwendige Informationsbeschaffung ab (vgl OZ 1, S 2929). Das gegenständliche Verfahren, welchem im Wesentlichen eine behauptete Verletzung im Recht auf Auskunft durch die Kindesmutter zu Grunde liegt, ist ebenfalls ähnlich, da es – selbst ohne nähere inhaltliche Prüfung – eindeutig ein inhaltliches Naheverhältnis zur Informationsbeschaffung zu seinem Kind aufweist. Dies bestätigt abermals die quantitative Häufung ähnlicher Beschwerden. Da dem Beschwerdeführer – selbst wenn er es nicht wahr haben will – bekannt ist, dass ihm bezüglich seines Sohnes kein Sorgerecht zukommt und ein aufrechtes Kontaktverbot besteht, bzw eine Vielzahl seiner ähnlichen Datenschutzbeschwerde – wie die belangte Behörde bereits ausführte – gegen ihn entschieden wurden, ist sich der BF der Unrichtigkeit seines Rechtsstandpunktes auch bewusst.

3.3.3. Zur qualitativen Exzessivität:

Qualitative Exzessivität ist insbesondere in jenen Fällen gegeben, in denen eine übermäßige Fülle von substanzlosen oder ausschweifenden Ausführungen zu einem erhöhten Bearbeitungsaufwand führt, wobei nach Ansicht des erkennenden Senats Struktur, Aufbau und Nachvollziehbarkeit des Inhalts ebenso eine Rolle spielen können. Dies ergibt sich ua daraus, dass der Sinn und Zweck des Art 57 Abs 4 DSGVO ua in der Ressourcenschonung der Aufsichtsbehörden liegt (vgl Zavadil in Knyrim, DatKomm Art 57 DSGVO Rz 28).

Die gegenständliche Datenschutzbeschwerde des BF ist nicht klar strukturiert und enthält zum Teil vom Fließtext nicht klar abgehobene wörtliche Zitate von Verordnungs- und Gesetztestexten sowie fremdsprachigen Gerichtsentscheidungen, was die Übersichtlichkeit weiter erschwert und ist unstrukturiert. Darüber hinaus folgt das Vorbringen des BF keiner klaren Linie und enthält eine beinahe unverständliche bzw undurchschaubare Abfolge an Vorwürfen und Anschuldigungen, die keinen klaren Konnex bzw allenfalls losen Zusammenhang zur ursprünglich vorgebrachten Verletzung im Recht auf Auskunft bzw Geheimhaltung durch die Kindesmutter aufweisen.

Besonders deutlich wird der qualitative Exzess bei den Beilagen, bei denen der BF in Bausch und Bogen Unterlagen zum HKÜ-Verfahren in Italien in den Jahren 2021 und 2022 im Ausmaß von über 100 Seiten übermittelt, ohne die relevanten Teile hervorzuheben bzw klar erkennbar deren Relevanz zu erörtern. Durch den bloßen pauschalen Verweis des BF auf die diesbezüglichen, umfangreichen, zum Teil auf Italienisch abgefassten Unterlagen, wäre deren Relevanz erst nach einer aufwändigen und zeitintensiven Analyse zu klären.

Zwar ist der qualitative Maßstab an Vorbringen unvertretener Personen wie dem BF keinesfalls zu hoch anzusetzen, da von diesen – zum Beispiel mangels fachlicher Expertise – nicht verlangt werden kann, wesentliches von unwesentlichem Vorbringen stets klar zu unterscheiden. Die Grenze ist aber wohl auch hier jedenfalls dort zu ziehen, wo in geradezu missbräuchlicher Absicht die Behörde mit ausschweifenden Vorbringen und Urkundenvorlagen überhäuft wird und das relevante Vorbringen in der Fülle an Unterlagen erst gefunden werden muss. Zu berücksichtigen war an dieser Stelle auch, dass der BF sich bei der gegenständlichen Datenschutzbeschwerde nicht der strukturierten elektronischen Formulare der Behörde bedient hat, sondern seine Eingabe mittels E-Mail eingebracht hat und dieser die Beschwerde samt Beilagenkonvolut von mehreren hundert Seiten beigefügt war. Es wird hierbei nicht verkannt, dass die Verwendung des Formulars der belangten Behörde nicht verpflichtend ist, allerdings dient sie gerade dazu unvertretenen Personen die strukturierte Einbringung zu erleichtern. Der BF hat allerdings geradezu bewusst das Formular der belangten Behörde nicht verwendet, da mit diesem die Einbringung einer derart umfänglichen, mehrere hundert Seiten umfassenden Eingabe wohl nicht möglich wäre und er dazu gezwungen wäre, sein Anliegen konkret und sauber abgegrenzt zu formulieren.

Ebenso zu berücksichtigen war, dass der BF seine Datenschutzbeschwerde zwei Mal übermittelt hat (15:12 und 15:20), wobei die erste übermittelte Datenschutzbeschwerde fehlerhaft und voller kryptischer und nicht lesbarer Zeichen war. Dies macht abermals deutlich wie leichtfertig und unkontrolliert der BF die belangte Behörde mit Eingaben überhäuft, ohne deren Lesbarkeit vorab zu prüfen und damit zusätzlichen Bearbeitungsaufwand bei dieser erzeugt. Dies zeigt sich auch daran, dass die Beilagen „Unterlagen zum HKÜ-Verfahren in Italien in den Jahren 2021 und 2022“ sich Großteils (aber nicht zur Gänze) in sich wiederholen, bzw der BF auf nicht existente Unterlagen verweist, was die Übersichtlichkeit neuerlich einschränkt.

Da das Vorbringen des BF in seiner als Konvolut eingebrachten Datenschutzbeschwerde kaum nachvollziehbar ist und voll von zum Teil konfusen Ausführungen über Identitätsbetrug, unrichtigen Behördenentscheidungen und sogenannten „Richtigstellungen“ ist, kann darin ein konkretes Vorbringen zu einer Verletzung im Recht auf Auskunft bzw Geheimhaltung – insbesondere im Zusammenhang mit dem umfassenden Beilagenkonvolut – durch die Beschwerdegegnerin nicht mehr klar erkannt werden. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass der grundsätzliche Wunsch des BF einer allfälligen Feststellung von Rechtsverletzungen bezüglich seines Rechts auf Auskunft und Geheimhaltung durchaus erkennbar bleibt, allerdings geht dieses Vorbringen in einer Masse an nicht tatsächlich für den konkreten Fall relevanten Passagen unter, dass nicht verlangt werden kann das wesentliche Substrat, welches für eine angemessene Untersuchung des Verfahrensgegenstandes iSd Art 57 Abs 1 lit f DSGVO erforderlich wäre, aus diesem Konvolut herauszufiltern, weshalb im Ergebnis von einer qualitativen Exzessivität auszugehen war.

3.3.4. Zum Zweck der Datenschutzbeschwerden:

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, verfolgt der BF mit seiner Datenschutzbeschwerde den primären Zweck Kontakt zu seinem Sohn herzustellen und hierfür Informationen zu erlangen (siehe hierzu ua seine Ausführungen bezüglich eines vorgeblichen Identitätsbetrugs betreffend sein mj. Kind, der Schaffung der Voraussetzungen für ein Kontakt-/Sorgerecht sowie der Wunsch der unverzüglichen Rückführung seines Kindes). Zwar ist, wie bereits ausgeführt, das grundsätzliche Begehren des BF hinsichtlich Datenschutz durchaus erkennbar, allerdings rückt es aufgrund seines Vorbringens derart in den Hintergrund und wird durch die Ausführungen des BF zu den (nicht mit dem Datenschutz, sondern dem Sorgerecht und Kontaktverbot in Zusammenhang stehenden) „Verfehlungen“ der Mutter überschattet und verdrängt.

Wenn man diesen Zweck nun im Zusammenhang mit den Umständen des konkreten Einzelfalls beurteilt, wonach dem BF kein Sorgerecht bezüglich seines Sohnes zukommt und ein aufrechtes Kontaktverbot besteht, so ist die Missbrauchsabsicht des BF bezüglich der Beschwerdeführung gegen die leibliche Mutter des Kindes offensichtlich. Der BF verfolgt ganz klar keinen von datenschutzrechtlichen Bestimmungen geschützten Zweck, sondern versucht unter dem Deckmantel des Datenschutzes an Informationen über seinen Sohn über die Kindesmutter zu gelangen, zu denen er keinen Kontakt haben darf. Er verfolgt damit einen dem Datenschutz (der Kindesmutter und des Sohnes) geradezu widersprechenden Zweck. Es ist auch offensichtlich, dass der BF ohne diese sachfremden Motive rund um die Obsorge- und Kontaktrechtsproblematik die gegenständliche Datenschutzbeschwerde nicht erhoben hätte.

3.3.5. Ergebnis:

Bei objektiver Betrachtung sämtlicher Elemente des gegenständlichen Sachverhalts kommt der erkennende Senat zu der Ansicht, dass der BF in quantitativer und qualitativer Hinsicht Exzessiv gehandelt hat und mit der gegenständlichen Datenschutzbeschwerde einen missbräuchlichen Zweck verfolgt. In einer Gesamtbetrachtung war die Datenschutzbeschwerde des BF vom 10.01.2023 iSd zitierten Rechtsprechung des EuGH und VwGH somit rechtsmissbräuchlich und exzessiv iSd Art 57 Abs 4 DSGVO.

3.4. Zur Ablehnung:

Bei exzessiven Anfragen kann die Aufsichtsbehörde durch eine mit Gründen versehene Entscheidung wählen, ob sie eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangt oder sich weigert, aufgrund der Anfrage tätig zu werden, wobei sie alle relevanten Umstände berücksichtigen und sich vergewissern muss, dass die gewählte Option geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist (EuGH 09.01.2025, C-416/23, Österreichische Datenschutzbehörde [Exzessive Anfragen], Rz 70).

3.4.1. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Wenn man bedenkt, dass der BF kein Vermögen hat, erscheint die Wahl der belangten Behörde, die Behandlung der Beschwerde abzulehnen nachvollziehbar, schließlich würde eine „angemessene Gebühr“, gerade bei – wie hier – besonders umfangreichen und unstrukturierten Eingaben, die einen hohen Bearbeitungsaufwand erfordern, einen nicht unerheblichen finanziellen Mehraufwand für den BF bedeuten, der bereits jetzt vermögenslos und verschuldet ist. Da der BF selbst in seiner Bescheidbeschwerde darauf verwies, dass bekannt sei, dass er kein Arbeitslosengeld beziehe (OZ 1, S 324), war die Wahl der belangten Behörde bezüglich der Weigerung somit nachvollziehbar und schlüssig.

3.5. Die belangte Behörde hat sich daher zu Recht iSd Art 57 Abs 4 DSGVO geweigert, aufgrund der Anfrage des BF tätig zu werden. Die dagegen erhobene Bescheidbeschwerde war daher abzuweisen.

3.6. Die mündliche Verhandlung konnte iSd § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

3.7. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das erkennende Gericht konnte sich auf die wiedergegebene und klare Rechtsprechung des EuGH und VwGH bezüglich der Weigerung der belangten Behörde, aufgrund einer Anfrage tätig zu werden, stützen.