JudikaturVfGH

E1286/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
11. Juni 2015

Wie der VfGH im E v 18.06.2014, G5/2014, ausgesprochen hat, hat das Verwaltungsgericht in jenen Fällen, in denen der Sachentscheidung der Verwaltungsbehörde res iudicata entgegenstand oder sonstige Prozessvoraussetzungen fehlten, keine prozessuale, sondern eine meritorische und (grundsätzlich auch) reformatorische Entscheidung in Form eines Erkenntnisses zu treffen.

Die Wirkung der Rechtskraft eines Bescheides erstreckt sich nicht auf nach Erlassung des Bescheides geänderte Sachverhalte, es sei denn, dass sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist. Es können daher nur solche Änderungen des Sachverhaltes zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulassen, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die negative Sachentscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten können.

Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher zu prüfen gehabt, ob und inwieweit sich die Sach- und Rechtslage seit der Stellung des Folgeantrages am 03.02.2011 geändert hat. Im angefochtenen Erkenntnis hat es jedoch ausgesprochen, dass Prozessgegenstand die Rechtmäßigkeit der prozessualen Entscheidung des BAA sei, sodass die Frage, "ob res iudicata vorliege, nach dem Sachverhalt, der dem Bundesasylamt zum Zeitpunkt seiner Entscheidung (Februar 2011) vorgelegen habe, zu beurteilen [sei]". Allfällige "nachfolgende Lageänderungen" müssten dabei unberücksichtigt bleiben. Da das Bundesverwaltungsgericht somit jegliche Ermittlungstätigkeit in einem wesentlichen Punkt unterlassen hat, ist das angefochtene Erkenntnis mit Willkür belastet.

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