JudikaturBVwG

W148 2308457-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
25. April 2025

Spruch

W148 2308457-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. KEZNICKL als Vorsitzenden sowie die Richterin MMag. Dr. Schneider sowie den Richter Dr. WALLISCH über die Beschwerde vom 19.02.2025 von Rechtsanwalt XXXX, LL.M, vertreten durch FELFERNIG Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 21.1.2025, GZ FMA- XXXX , in einer Angelegenheit nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt (Feststellungen):

1. Am 09.09.2024 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Akteneinsicht bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden auch „FMA“ oder „belangte Behörde“). Hintergrund des Antrages auf Akteneinsicht war eine Disziplinaranzeige der FMA gegen den Beschwerdeführer an die Rechtsanwaltskammer Wien vom 30.07.2024 (ON 07) zu GZ FMA- XXXX

2. Daraufhin übermittelte die FMA dem Beschwerdeführer (am 07.10.2024) ausgewählte Akteninhalte dieses Aktes und zwar jene, die die Disziplinaranzeige betroffen hatten, jedoch ausdrücklich nicht alle, sondern lediglich „die der Auskunftspflicht unterliegen[den] Akteninhalte“.

3. Am 23.10.2024 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf bescheidmäßige Erledigung und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass die FMA dem Beschwerdeführer zwar ausgewählte Bestandteile des FMA-Aktes übermittelt habe, jedoch nicht alle Aktenteile. Dem Beschwerdeführer werde damit teilweise die Akteneinsicht verweigert. Die FMA habe im Rahmen des Ermittlungsaktes gegen den Beschwerdeführer eine Sachverhaltsdarstellung (Disziplinaranzeige) bei der Rechtsanwaltskammer Wien eingebracht. Zur Sicherstellung seines rechtsstaatlichen Rechtsschutzes werde die vollständige Einsicht in den FMA-Akt beantragt.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Akteneinsicht zurückgewiesen. Begründend wurde von der belangten Behörde ausgeführt, dass dem Antragsteller keine Parteistellung iSd § 8 AVG zukomme. Gegen den Beschwerdeführer werde kein Verwaltungs(straf)verfahren geführt. Der Antrag des Beschwerdeführers richte sich nämlich auf Aktenteile eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen Dritte (ein finanzmarktaufsichtsrechtliches Verfahren), in dem der BF lediglich rechtsfreundlicher Vertreter, aber nicht Partei gewesen sei. Hinsichtlich jener Aktenteile, die Gegenstand der Disziplinaranzeige gewesen seien, sei vollständig Akteneinsicht gewährt worden. Der Beschwerdeführer habe somit kein Recht auf Akteneinsicht nach § 17 AVG in den Akt dieses Verwaltungsstrafverfahrens, in dem er nicht Partei, sondern („nur“) Parteienvertreter gewesen sei.

5. Mit Beschwerde vom 19.02.2024 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die Rechtsauffassung der Finanzmarktaufsicht sei unrichtig. Der Beschwerdeführer sei „Partei des von der FMA […] geführten Verfahrens, weshalb ihm gemäß § 17 Abs. 1 und 2 AVG das Recht auf vollständige und unbeschränkte Akteneinsicht“ zustehe. Das Handeln der belangten Behörde verletze ihn „zudem in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, da die FMA […] Willkür geübt“ habe. Das Bundesverwaltungsgericht möge daher in der Sache entscheiden und dem Antrag auf Akteneinsicht stattgeben, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und in eventu die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde ausdrücklich verzichtet, weil die Beschwerde „eine reine Rechtsfrage“ betreffe.

6. Mit Schreiben vom 28.02.2025 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor. Sie stellte keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

7. Aufgrund einer Unzuständigkeitseinrede der Leiterin der Gerichtsabteilung W252 vom 03.03.2025 wurde der Beschwerdeakt der Gerichtsabteilung W148 am 04.03.2025 neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt und wurden im Übrigen auf Tatsachenebene von keiner Seite bestritten. Gegenstand des Verfahrens ist eine Rechtsfrage.

Deshalb kommt das Bundesverwaltungsgericht beweiswürdigend zum Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer insofern vollständige Akteneinsicht gewährt wurde, als ihm in den die Disziplinaranzeige bei der Rechtsanwaltskammer betreffenden Aktenteil vollständig Zugang (Einsicht) gewährt worden war. Die anderen Aktenteile, die ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Dritte betroffen hatten, unterliegen daher in Bezug auf den Beschwerdeführer nicht der Akteneinsicht, weil sie ihn nicht als Partei, sondern nur als Parteienvertreter betroffen hatten.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

Gemäß § 22 Abs. 2a Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG), idF BGBl. 23/2020, liegt gegenständlich Senatszuständigkeit vor.

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde

Zugrundeliegende Rechtslage

§ 17 Abs. 1 und 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 191 (AVG), BGBl. 51/1991 idF BGBl. I 33/2013, lautet samt Überschrift:

„Akteneinsicht

§ 17. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.

[…]“

Zum Verfahrensgegenstand im Beschwerdeverfahren im Falle einer Zurückweisung eines Antrages durch die Behörde

Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zur Sache eines Beschwerdeverfahrens im Falle der Zurückweisung eines Antrages durch die Behörde Folgendes zu entnehmen (vgl. zB VwGH 13.10.2020, Ra 2019/15/0036):

„Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, ist in jenen Fällen, in denen die Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ‚Sache' eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG ErgBd (2017) 28 VwGVG Rz 39). Dem Verwaltungsgericht ist es demnach verwehrt, über diesen Rahmen hinaus in einer Entscheidung über die ‚Hauptsache‘ vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002)“.

Vorliegend ist daher ausschließlich zu prüfen, ob die Zurückweisung der Beschwerde durch die belangte Behörde zu Recht erfolgte.

In der Sache

Gemäß § 17 Abs. 1 AVG haben Parteien (nach § 8 AVG) das subjektive Recht auf Einsicht in den „ihre Sache betreffenden“ Verwaltungsakt. Dieses Recht steht auch noch nach Abschluss eines Verwaltungsverfahrens zu (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 17 Rz 14 mwN). Das Recht zur Akteneinsicht steht nur den Parteien zu, die an einem bestimmten Verwaltungsverfahren beteiligt sind. Es steht nur gegenüber jener Behörde zu, die ein konkretes Verwaltungsverfahren führt (vgl. VwGH 24.03.2021, Ra 2018/13/0062

An der Parteistellung des Beschwerdeführers fehlt es aber im vorliegenden Fall. Das Begehren des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht bezieht sich nämlich auf einen Akt(enteil) eines Verwaltungsstrafverfahrens, in dem er selbst nicht Partei war, sondern lediglich berufsmäßiger Parteienvertreter.

Gelangt eine Verwaltungsbehörde zur Auffassung, dass dem Beschwerdeführer die Parteistellung und damit die Legitimation zur Akteneinsicht fehlt(e), so ist ein entsprechender Antrag von der Behörde zurückzuweisen (vgl. VfSlg 14.089/1995; sowie Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 17 Rz 15 mwN und Lehofer, Parteienrechte 421).

Über die Beschwerde gegen die rechtsrichtig ergangene zurückweisende Entscheidung der FMA war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Zum Absehen von einer Verhandlung

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist im Beschwerdefall völlig geklärt und wurde in der Beschwerde nicht bestritten. Somit stand für das Bundesverwaltungsgericht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest, weshalb diesbezüglich weder Fragen seiner Ergänzung noch Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten (vgl. VwGH 28.01.2021, Ra 2020/03/0138). Überdies wurde in der Beschwerde auch explizit keine mündliche Beschwerdeverhandlung beantragt, weil es sich ausschließlich um eine Rechtsfrage handle. Auch die belangte Behörde beantragte keine mündliche Beschwerdeverhandlung.

Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 5 VwGVG für das Absehen von einer Verhandlung lagen gegenständlich daher vor.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Wortlaut von § 17 AVG ist eindeutig; ebenso die höchstgerichtliche Judikatur dazu (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 17 Rz 2ff und Rz 13 ff mit umfangreichen Angaben zur höchstgerichtlichen Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.