Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Philipp RAFFL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Sudan, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2025, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.04.2025 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Ein sudanesischer Staatsangehöriger (im Folgenden: Beschwerdeführer) reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.02.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Rahmen seiner am selben Tag stattfindenden Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen damit begründete, dass er im Jahr 2019 im Sudan an regierungskritischen Demonstrationen teilgenommen habe und infolge dessen zwei Mal von Angehörigen der Miliz Janjaweed „festgehalten, geschlagen und vergewaltigt“ worden sei. Beim zweiten Mal habe er entkommen können und sei umgehend aus dem Sudan geflüchtet. Im Falle seiner Rückkehr habe er Angst, dass diese Miliz ihn umbringen werde.
Am 15.01.2025 wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung eines Dublin-Konsultationsverfahrens mit Rumänien und Zulassung des Verfahrens anlässlich seines gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) einvernommen. Hierbei gab er hinsichtlich seiner Fluchtgründe im Wesentlichen an, dass er im Jahr 2019 während der sudanesischen Revolution regelmäßig an regierungskritischen Demonstrationen teilgenommen habe und hierbei zwei Mal von Milizen festgenommen worden sei. Im September 2019 sei er lediglich für einen Tag angehalten und hierbei geschlagen, im Anschluss daran mit den anderen Festgenommenen jedoch freigelassen worden. Im Oktober 2019 sei er noch ein weiteres Mal festgenommen und für einen Monat angehalten worden und habe hierbei schwere Misshandlungen erlebt, ehe ihm die Flucht gelungen sei. Im Anschluss daran habe er noch für etwa zweieinhalb Jahre an einem anderen Ort im Sudan gelebt, ehe er seine Ausreise angetreten habe, wobei ihm währenddessen nichts mehr passiert sei.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 03.02.2025 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG wurde ein zwischenzeitig seitens des Beschwerdeführers angestrengtes Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht eingestellt (Spruchpunkt IV.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft gemacht habe, jedoch in Anbetracht der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage im Sudan eine Gefahr für Zivilpersonen bestehe, einen schweren Schaden zu erleiden.
Gegen Spruchpunkt I. des gegenständlich angefochtenen Bescheides wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 28.02.2025 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Die Spruchpunkte II., III. und IV. des Bescheides erwuchsen indessen unbekämpft in Rechtskraft.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 07.03.2025 zur Entscheidung vorgelegt.
Am 03.04.2025 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung abgehalten und hierbei die gegenständliche Beschwerdesache erörtert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatangehöriger des Sudan, Angehöriger der Volksgruppe der Sudanaraber und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist gesund und erwerbsfähig und hat keine Sorgepflichten. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer stammt aus der sudanesischen Hauptstadt Khartum, wo er geboren und aufgewachsen ist. Er hat in seinem Herkunftsstaat zunächst eine Grund- und danach eine allgemeinbildende höhere Schule (AHS) bis zur erfolgreichen Ablegung der Reifeprüfung besucht, im Anschluss daran betrieb er ab dem Jahr 2014/15 in Omdurman ein Informatikstudium, welches er im April 2020 erfolgreich abschloss. Seinen Lebensunterhalt bestritt er in der Firma seiner Brüder und eines Onkels, die mit Gasflaschen handelte. Am 09.02.2022 schloss er im Sudan eine standesamtliche Ehe mit einer sudanesischen Frau, die er seit seinen Kindertagen kennt. Die Mutter, zwei Brüder und drei Schwestern des Beschwerdeführers leben als registrierte Asylwerber in Kairo in Ägypten und hält sich auch die Ehefrau des Beschwerdeführers bei diesen auf. Sein Vater lebt in XXXX im Sudan, während eine verheiratete Schwester von ihm nach wie vor in Khartum lebt.
Im Juli 2022 trat der Beschwerdeführer seine Ausreise aus dem Sudan an und gelangte zunächst auf dem Luftweg unter Verwendung seines sudanesischen Reisepasses und eines ihm erteilten Visums in die Türkei, von wo aus er in der Folge schlepperunterstützt bis Ungarn gelangte, dort jedoch aufgegriffen und nach Rumänien zurückgeschoben wurde. In Rumänien stellte er infolge dessen am 01.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, verließ jedoch bereits am 07.10.2022 die ihm zugewiesene Unterkunft und entzog sich dem Verfahren, sodass dieses mit 03.11.2022 negativ entschieden wurde. Am 08.02.2023 stellte er den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
In Österreich ist der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen und einer Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist im Sudan nicht der Gefahr einer individuellen Verfolgung oder Bedrohung durch Milizen ausgesetzt. Sein betreffendes Fluchtvorbringen ist weder glaubhaft, noch käme diesem bei hypothetischer Wahrunterstellung in Anbetracht der zwischenzeitig maßgeblich geänderten politischen Verhältnisse im Sudan Asylrelevanz zu.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Sudan (Gesamtaktualisierung am 02.02.2024) wiedergegeben:
Politische Lage
Nach monatelangen Volksaufständen in allen Bundesstaaten endete im Sudan 2019 das autoritär- islamistische Regime, das 30 Jahre die Geschicke des Landes lenkte. Die Aufstände, die zunächst aufgrund eines dramatischen Anstiegs der Lebensmittelpreise ausbrachen, spitzten sich schnell zu und forderten den Sturz von Präsident Omar al-Baschir (BS 23.2.2022; vgl. AA 1.6.2022). Die Lage dieser bis dahin friedlichen Proteste für wirtschaftliche sowie politische Reformen eskalierte bei der gewaltsamen Auflösung einer Sitzblockade vor dem Armee-Hauptquartier am 3.6.2019 - Berichten zufolge starben dabei über Hundert Demonstrierende. Die anschließende Revolution führte in der Folge zur Entmachtung des Langzeit-Diktators al-Baschir im April 2019 (AA 1.6.2022). Nach dem Umsturz übernahm für kurze Zeit der sog. militärischer Übergangsrat (Transitional Military Council -TMC) die Macht (UKHO 6.2023), Verhandlungen zwischen dem TMC und dem Oppositionsbündnis „Kräfte für Freiheit und Wandel“ (Forces for Freedom and Change - FFC) führten aber dennoch zu einer zivil-geführten Übergangsregierung (AA 1.6.2022; vgl. BS 23.2.2022, UKHO 6.2023).
Zwei Abkommen - die „Political Declaration“ und die „Constitutional Declaration“ - dienen als Basis für die Übergangsphase und den Machttransfer auf die zivil-geführte Regierung (AA 1.6.2022). Die „Constitutional Declaration“ erschuf Institutionen der Exekutive, Legislative und Judikative, die den Sudan in der Übergangszeit regieren sollen (BS 23.2.2022). An der Spitze dieser Organe steht der Souveränitätsrat (Sovereignty Council - SC), bestehend aus fünf Militärs und sechs Zivilisten (BS 23.2.2022; vgl. AA 1.6.2022). Der TMC-Vorsitzende, General Abdel Fattah Burhan, übernahm als Vorsitzender des SC das Amt des Staatsoberhaupts. Zum Premierminister wurde Abdalla Hamdok ernannt, der mitsamt einer technokratischen Übergangsregierung die Regierungsgeschäfte Anfang September 2019 übernahm (AA 1.6.2022). Deklariertes Ziel der Übergangsregierung, die maximal drei Jahre im Amt bleiben sollte, war eine Wende des Sudan durch am Ende der Übergangsphase angesetzte Wahlen zur Demokratie (BS 23.2.2022).
Unter al-Baschir waren Präsidentschaftswahlen wie auch die zur Nationalversammlung alle fünf Jahre vorgesehen. Im Rahmen der 2019 unterzeichneten Abkommen waren Wahlen für 2022 vorgesehen, aber durch die Unterzeichnung des Friedensabkommens von Juba (Dschuba) im Oktober 2020 und eine Änderung des Verfassungsrahmens wurden sie um 39 Monate ab Unterzeichnung verschoben, wodurch sich die geplanten Wahlen auf Anfang 2024 verschoben (USDOS 20.3.2023). Das Friedensabkommen von Juba wurde von der sudanesischen Übergangsregierung mit drei bewaffneten Darfur-Gruppen, vertreten durch die sog. Revolutionäre Front (Revolutionary Front - RF), geschlossen, um den seit Jahren schwelenden Konflikt in Darfur zu beenden. Das Abkommen garantiert den Anführern der Gruppen einen Sitz im SC und den Bundesstaaten Südkordofan und Blue Nile Autonomie. Überdies soll die RF in die nationale Armee integriert werden. Zwei größere bewaffnete Gruppierungen - das Sudan Liberation Movement/Army (SLM/A) sowie die Sudan People's Liberation Army (SPLA-North) sind dem Abkommen allerdings nicht beigetreten (BS 23.2.2022).
Im Herbst 2021 eskalierten die politischen Spannungen; die Wirtschafts- und Versorgungskrise verschärfte sich, befeuert durch u. a. die Blockade des Seehafens in Port Sudan durch Angehörige der Beja. Am 25.10.2021 putschte das Militär um General Burhan und dessen Stellvertreter General Mohamed Hamdan Dagalo alias Hemeti, unterstützt durch weitere Verbündete, die Übergangsregierung (AA 1.6.2022). Nicht nur Premierminister Hamdok wurde seines Amtes enthoben und unter Arrest gestellt, sondern auch mehrere hochrangige Beamte verhaftet, das Kabinett entlassen und der Ausnahmezustand verhängt (USDOS 20.3.2023). Kurz darauf wurde der SC aufgelöst und durch einen neuen Rat ersetzt, dessen Mitglieder ausschließlich aus den Reihen der sudanesischen Streitkräfte (Sudanese Armed Forces - SAF) bzw. der paramilitärischen „Rapid Support Forces“ (RSF) stammten. Der Rat wandelte sich von einer Einheitsregierung zu einer Militärjunta (HBS 17.7.2023).
Der für viele Beobachter und Bürger überraschende Staatsstreich löste über Monate Großdemonstrationen in allen Teilen des Landes aus (AA 6.1.2022; vgl. EUAA 11.8.2023, USDOS 20.3.2023). Die neuen Machthaber reagierten mit der wochenlangen Abschaltung der Internet- und Telefonverbindungen, und Polizei wie Sicherheitskräfte gingen mit Härte gegen die Protestierenden vor (AA 6.1.2022; vgl. FH 2023). Im Oktober 2022 unterzeichneten mehr als 50 sudanesische pro-demokratische Widerstandskomitees einen Verfassungsentwurf, welcher eine dezentrale Zivilregierung, den Rücktritt der Militärregierung, die Abschaffung der Verfassungserklärung („Constitutional Declaration“) von 2019 und die Einsetzung einer neuen Übergangsverfassung wie eines Parlaments fordert. Im Dezember 2022 unterzeichnete das Militär ein Rahmenabkommen, um eine Zusammenarbeit mit zivilen Gruppen bei der Bildung einer Übergangsregierung zu ermöglichen (FH 2023). Nichtsdestotrotz wird der Sudan seit dem Putsch von einem Generalrat unter der Leitung von General Burhan, Oberkommandant der SAF und De- facto-Präsident, und General Dagalo (Hemeti), Chef der RSF, regiert (EUAA 11.8.2023).
Die interne Spaltung, in Verbindung mit erheblichem internationalem Druck, führte schließlich dazu, dass sich die beiden Führer auf einen Übergang zu einer zivil-geführten Regierung Anfang April 2023 einigten. Aufgrund erneuter Spannungen zwischen den zwei militärischen Fraktionen verzögerte sich die Umsetzung ebenjener Vereinbarung. Eine wesentliche Meinungsverschiedenheit ergab sich aus dem Vorstoß der SAF-Führung, die RSF in die nationale Armee zu integrieren, was die Kontrolle der RSF über profitable Aktivitäten wie den Goldabbau bedrohen würde. Mitte April eskalierte die Situation und weitete sich zu einem umfassenden militärischen Konflikt bzw. Bürgerkrieg aus (HBS 17.7.2023).
Sicherheitslage
Die Sicherheit ist nicht gewährleistet (EDA 19.12.2023). Seit dem 15.4.2023 kommt es landesweit zu schweren Kampfhandlungen zwischen der Sudanese Armed Forces (SAF) und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) (EDA 19.12.2023; vgl. AA 14.9.2023, BMEIA 3.5.2023). Zahlreiche weitere bewaffnete Gruppierungen sind involviert und unterstützen die eine oder andere Partei. Die Kämpfe fordern zahlreiche zivile Todesopfer und Verletzte (EDA 19.12.2023). Die Lage ist volatil, unübersichtlich und kann sich schnell ändern. Es kommt vermehrt zu Überfällen (AA 14.9.2023; vgl. BMEIA 3.5.2023) und die Entwicklung ist ungewiss (EDA 19.12.2023).
Der Flughafen Khartum ist gesperrt und ist von den bewaffneten Auseinandersetzungen betroffen; der Flugbetrieb von und nach Khartum ist ausgesetzt (AA 14.9.2023; vgl. BMEIA 3.5.2023), der Flughafen in Port Sudan operiert und fliegt zahlreiche Destinationen in der Region an. Vereinbarte Waffenruhen werden immer wieder verletzt (AA 14.9.2023).
Strom sowie Internet- und Telefonverbindungen können zeitweise ausfallen (BMEIA 3.5.2023). Es kommt verbreitet zu Plünderungen, Vergewaltigungen und Hausbesetzungen. Auch Minen werden eingesetzt (EDA 19.12.2023).
Es wird von schwerem Beschuss und Luftangriffen berichtet. Mehrere von beiden Seiten vereinbarte Waffenstillstände wurden gebrochen. Die Armee schloss Verhandlungen mit der RSF aus und gab an, nur deren Kapitulation zu akzeptieren. Vorherige Vermittlungsversuche durch die Präsidenten Kenias, Dschibutis und Südsudans sind gescheitert (BAMF 24.4.2023). Um eine Einigung für eine Waffenruhe zu erreichen, wurden am 14.5.2023 die Gespräche in Jeddah aufgenommen. Nichtsdestotrotz intensivierten sich die Kämpfe zwischen den Konfliktparteien. Da die Polizei aufgrund der anhaltenden Kämpfe ihren Aufgaben nicht mehr nachkomme, sei vielerorts ein Vakuum in der Sicherheitslage entstanden (BAMF 15.5.2023).
Medienberichten zufolge wurde am Abend des 20.5.2023 eine siebentägige Waffenruhe vereinbart, die ab dem 22.5.2023 um 21:45 Uhr Ortszeit beginnen sollte. Anders als bei vorherigen Waffenruhen haben beide Parteien, die sudanesische Armee (SAF) und die Rapid Support Forces (RSF), das Abkommen unterzeichnet (BAMF 22.5.2023).
Die BBC berichtete, dass die Kämpfe in dicht besiedelten Gebieten stattfanden und Khartum zu einem Kriegsgebiet wurde. Die Kämpfe breiteten sich schnell auf angrenzende Städte und Provinzen aus. Laut einem Bericht der International Crisis Group vom Juni 2023 steuert der Sudan auf ein Staatsversagen hin und die Kämpfe erstrecken sich auf verschiedene Teile des Landes. Im Juli 2023 setzten sich die Kämpfe in Khartum sowie in den Bundesstaaten Darfur, Kordofan und Blue Nile fort. Zu diesem Zeitpunkt war Khartum weitgehend unter Kontrolle der RSF (EUAA 11.8.2023).
Im Juli 2023 kontrolliert die Sudanesische Armee die Außenbezirke der Hauptstadt sowie den größten Teil von Omdurman und den östlichen und nördlichen Teil des Landes. Laut dem UNHCR gibt es neben den bewaffneten Kämpfen auch eine Zunahme der Kriminalität und einen allgemeinen Zusammenbruch von Recht und Ordnung im Land. Insbesondere Khartum ist stark von Gewalt betroffen. Die Kämpfe zwischen der Armee und der Sudan People's Liberation Movement North (SPLM-N) haben sich auch auf die Bundesstaaten Süd-Kordofan und Blue Nile ausgeweitet. In Khartum kommt es weiterhin zu Plünderungen, Angriffen auf öffentliche Einrichtungen und der Besetzung von Privathäusern. Die heftigsten Kämpfe fanden in Omdurman statt, wo die Sudanesische Armee massive Luftangriffe und Beschuss einsetzte, um die Rapid Support Forces (RSF) aus Teilen der Stadt zu vertreiben (EUAA 11.8.2023). Laut Amnesty International sind in den letzten 6 Monaten mindestens 5.000 Zivilisten getötet, mehr als 12.000 verletzt und über 5,7 Millionen Menschen vertrieben worden (AI 15.10.2023).
Am 7.12.2023 teilte das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) mit, dass seit Ausbruch der Kämpfe Mitte April 2023 mehr als 12.190 Menschen getötet und mehr als 6,6 Mio. Menschen vertrieben wurden (BAMF 11.12.2023).
Am 10.12.2023 wurden ein Evakuierungskonvoi des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (ICRC) angegriffen. Dabei starben zwei Menschen, sieben wurden verletzt. Nach Absprache mit der SAF und der RSF sollte der Konvoi in einem sicheren Korridor über 100 Zivilpersonen aus Khartum evakuieren. Die Evakuierungsmission wurde sofort gestoppt und wird ohne weitere Absprachen zunächst nicht wieder aufgenommen (BAMF 11.12.2023; vgl. RW 13.12.2023).
Ferner kam es in Kosti (Kusti), Hauptstadt des Bundesstaat White Nile zu tagelangen Kämpfen der Volksgruppen Hausa uns Nuba. Demnach seien am 6.5.2023 die Kämpfe ausgebrochen und bis zu 25 Menschen getötet und ca. 50 verletzt worden. Am 10.5.2023 hätten sich die Führer der jeweiligen Volksgruppen auf einen Waffenstillstand geeinigt (BAMF 15.5.2023).
Zudem ist ein Wiederaufflammen von Spannungen und Gewalt zwischen den Gemeinschaften zu verzeichnen. Im Juni 2023 waren die Auswirkungen der interkommunalen Gewalt in West-Darfur deutlich zu spüren. Mehrere Berichte wiesen auf eine Kampagne gezielter Angriffe gegen Zivilisten aufgrund ihrer Stammeszugehörigkeit hin, welche u. a. von einigen bewaffneten Männern in RSF-Uniformen durchgeführt wurden. Am 12.9.2023 kam es in der Nähe des Dorfes Anjemei südöstlich der Stadt El Geneina zu einem tödlichen Angriff mit 5 getöteten Männern (darunter drei Kinder) und einen Verletzten. Da die Täter in den Tschad flohen, kam die Befürchtung auf, dass der Vorfall eine Eskalation der Spannungen zwischen den Stämmen auslösen, bzw. zu einem Übergreifen des Konflikts führen könnte (UNHCR 10.10.2023a).
Seit Beginn der Regenzeit im Juli 2023 sind laut dem Sudan Floods Dashboard 2023 rund 89.000 Menschen in 22 Orten in neun Bundesstaaten von schweren Regenfällen und Überschwemmungen betroffen. Berichten zufolge sind mindestens 8.227 Häuser zerstört und 7.540 beschädigt worden. Im Jahr 2022 waren in 16 der 18 Bundesstaaten des Sudan 349.000 Menschen von schweren Regenfällen und Überschwemmungen betroffen. Mindestens 24.860 Häuser wurden zerstört und 48.250 weitere beschädigt (RW 9.2023a).
Rechtsschutz / Justizwesen
In der Verfassungserklärung und den einschlägigen Gesetzen ist eine unabhängige Justiz vorgesehen (USDOS 20.3.2023). Sie ist formal unabhängig und nicht weisungsgebunden, aber der Sudan ist kein Rechtsstaat. Der institutionell schwachen Verwaltung fehlt es häufig an Kompetenz und Mitteln, aber auch am Willen, Zuständigkeiten, Gesetze und Verordnungen transparent auszulegen und anzuwenden. Es gibt weiterhin keine funktionierende Gewaltenteilung. Die Rechtsprechung ist zwar formell nicht an politische Vorgaben gebunden, aber die Besetzung der Richterstellen unterliegt politischem Einfluss (AA 1.6.2022).
Die Übergangsverfassung von 2019 gewährt allen Sudanesen die grundlegenden Menschenrechte, darüber hinaus hat Sudan eine Reihe von internationalen Konventionen ratifiziert. Die praktische Umsetzung lief jedoch schleppend und wird angesichts des Militärputsches und dem seither verhängten Ausnahmezustand noch stärker infrage gestellt (AA 1.6.2022).
Die Interimsverfassung beabsichtigte die politisch beeinflusste Justiz der Ära al-Baschir durch eine unabhängige Richterschaft zu ersetzen. Im Mai 2021 setzte der Souveränitätsrat (SC) den Obersten Richter Nemat Abdullah Khair ab und akzeptierte den Rücktritt von Generalstaatsanwalt Taj al-Ser Ali al-Hebr, der sich über die mangelnde Unabhängigkeit beklagt hatte. Im selben Monat wurden zudem mehr als 20 Staatsanwälte aus ihrem Amt entlassen. Nach dem Coup vom Oktober 2021 ersetzte General Burhan den amtierenden Generalstaatsanwalt wie den Obersten Richter durch ehemalige Funktionäre der Nationalen Kongresspartei (National Congress Party – NCP) [die Partei al-Baschirs, Anm.]. Der neue Oberste Richter, Abdulaziz Fath al-Rahman Abdeen, ordnete im Dezember 2021 die Wiedereinsetzung aller zuvor entlassenen Richter an (FH 2023), wodurch die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz untergraben wurde, so das US-amerikanische Außenministerium (USDOS 20.3.2023).
Sicherheitsbehörden
Bis Oktober 2021 trug das Innenministerium die Hauptverantwortung für die innere Sicherheit. Das Innenministerium hatte die Aufsicht über die Polizeibehörden, das Verteidigungsministerium und den Allgemeinen Nachrichtendienst. Zu diesen Polizeibehörden gehören die Sicherheitspolizei, die Polizeispezialeinheiten, die Verkehrspolizei und die kampferprobte sog. Zentrale Reservepolizei. Verschiedene Kräfte dieser Polizeieinheiten waren im ganzen Land präsent. Das Verteidigungsministerium beaufsichtigt alle Sicherheitsdienste, einschließlich der SAF, der RSF, des Grenzschutzes und der Verteidigungs- und militärischen Nachrichtendienste. Sie sind auch für den Schutz kritischer Infrastruktur zuständig (USDOS 20.3.2023).
Die Polizei zeichnet sich durch einen Mangel an Personal, Fachkenntnissen und Ausstattung aus. Ein häufiger Wechsel auf Leitungspositionen beeinträchtigt außerdem die Formulierung und Umsetzung strategischer Ziele. Aufgrund geringer Gehälter sind viele Polizisten auf Nebeneinkünfte angewiesen, wodurch sich die Korruptionsgefahr erhöht. Menschenrechtsaktivisten kritisieren die Polizei immer wieder wegen exzessiver Gewaltanwendung. Auf Demonstrationen erleiden Protestierende nicht selten Verletzungen durch Polizisten, in einigen Fällen wurde auch von Vergewaltigungen und Todesfällen berichtet. Angesichts der Vielfalt an Sicherheitskräften kann allerdings nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob Täter zur Polizei gehören. Grundsätzlich genießt die sudanesische Polizei kein großes Vertrauen oder hohes Ansehen in der Bevölkerung, weshalb oft keine Strafanzeigen gestellt werden (AA 1.6.2022).
Die SAF sind das Militär des Sudan. Sie bestehen aus Armee, Marine, Luftwaffe und den Grenzschutztruppen. Seit der Unabhängigkeit 1956 ist das sudanesische Militär ein dominanter Akteur im Land. Darüber hinaus spielen die SAF, wie die Sicherheitskräfte im Allgemeinen, eine wichtige Rolle in der sudanesischen Volkswirtschaft, da sie Berichten zufolge mehr als 200 Handelsunternehmen kontrollieren, darunter solche, die im Goldabbau, der Kautschukproduktion, der Landwirtschaft oder dem Fleischexport tätig sind (UKHO 6.2023; vgl. CIA 23.10.2023). Die Armee und pro-demokratische Gruppen haben die Integration der RSF in die regulären Streitkräfte gefordert, allerdings hat sich die RSF der Integration in die Armee widersetzt, um ihre Macht nicht zu verlieren(AJ 16.4.2023) Die SAF konzentrieren sich in erster Linie auf die innere Sicherheit, Grenzfragen und potenzielle Bedrohungen von außen durch die Nachbarländer (CIA 23.10.2023). Da es nicht gelingt, den Schutz der Zivilbevölkerung in der Peripherie, insbesondere in Darfur, sicherzustellen, geraten die Sicherheitskräfte häufig in Kritik. Auch der Aufbau der im Friedensabkommen von Juba vereinbarten integrierten Sicherheitskräfte für Darfur („joint forces“) verläuft schleppend (AA 1.6.2022).
Die RSF sind eine halbautonome paramilitärische Truppe, die 2013 gegründet wurde, um bewaffnete Rebellengruppen im Sudan zu bekämpfen. Ihr Befehlshaber ist der als Hemeti bekannte General Dagalo. Die RSF waren zunächst dem Nationalen Nachrichten- und Sicherheitsdienst unterstellt, kamen dann aber unter das direkte Kommando des damaligen Präsidenten al-Baschir, der sie als seine persönliche Leibgarde aufbaute (CIA 23.10.2023; vgl. AA 1.6.2022), wobei Hemeti mit al-Baschir bei dessen Sturz brach. Die RSF gingen aus den sog. Janjaweed-Milizen hervor, die für einen Großteil der Menschenrechtsverletzungen in Darfur (2005-2008) verantwortlich gemacht werden. Sie werden des Weiteren als an der gewaltsamen Auflösung der Proteste vom 3.6.2019 beteiligt angesehen (AA 1.6.2022). Die RSF rekrutiert aus allen Teilen des Sudan, nicht nur wie ursprünglich aus arabischen Darfuri-Gruppen. In der Vergangenheit kämpfte diese paramilitärische Miliz sowohl im Jemen als auch gegen Aufständische in Darfur sowie den Bundesstaaten Südkordofan und Blue Nile (CIA 23.10.2023). Überdies schützte sie die Grenze zu Libyen (AA 1.6.2022; vgl. CIA 23.10.2023) und war an der zur Zentralafrikanischen Republik aktiv. Ökonomisch gesehen sind die RSF Berichten zufolge an einigen Wirtschaftsunternehmen beteiligt, vornehmlich am Goldabbau,(CIA 23.10.2023). Hemeti ist seit der Revolution jedenfalls ein Machtfaktor im Sudan (AA 1.6.2022). Seit der Entmachtung al-Baschirs waren die RSF in mehr als 155 Vorfälle verwickelt, die auf Zivilisten abzielten und über 300 zivile Todesopfer forderten. Ferner wurde ihr vorgeworfen, Zivilisten willkürlich festzunehmen (ACLED 14.4.2023; vgl. UKHO 6.2022).
Auch aufgrund des im April 2023 ausgebrochenen Konflikts zwischen SAF und RSF leidet die Zivilbevölkerung in Darfur weiterhin unter dem Versagen der sudanesischen Behörden, für Sicherheit zu sorgen. Amnesty International und andere Nichtregierungsorganisationen haben wiederholt Beweise für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere schwerwiegende Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch sudanesische Regierungstruppen dokumentiert, u. a. rechtswidrige Tötungen von Zivilpersonen, rechtswidrige Zerstörungen von zivilem Eigentum, Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen, gewaltsame Vertreibungen von Zivilpersonen, ethnische Säuberungen und Einsätze chemischer Waffen (AI 24.4.2023).
Folter und unmenschliche Behandlung
Die Verfassungserklärung von 2019 verbietet zwar Folter oder unmenschliche Behandlung oder Bestrafung (USDOS 20.3.2023), Übergriffe der Polizei, der Armee oder der Sicherheitsdienste können jedoch Folter, auch mit Todesfolge, einschließen. Daneben gibt es eine verbreitete Praxis von brutalen Übergriffen der Polizei als Ermittlungsinstrument und Einschüchterungsmethode auch unterhalb der Folterschwelle (AA 1.6.2022). Auch gibt es zahlreiche Berichte über gewaltsame Übergriffe auf friedliche Demonstranten unter der Militärjunta (USDOS 20.3.2023). Die Sicherheitskräfte haben auch Kinder misshandelt, bzw. menschenunwürdiger Behandlung ausgesetzt (HRW 12.1.2023).
Die Übergangsregierung hatte Schritte zur Stärkung einiger Rechte unternommen. Durch Änderungen des Strafgesetzes sind Auspeitschen und andere Formen der Körperstrafe seit 13. Juli 2020 verboten (AA 1.6.2022; vgl. FH 2023, USDOS 20.3.2023). Verfehlungen der Sicherheitskräfte können nach dem Gesetz zwar grundsätzlich mit Disziplinarverfahren, Entlassung aus dem Dienst und Haft geahndet werden. Angehörige der Sicherheitskräfte, die foltern, wurden bislang jedoch kaum zur Verantwortung gezogen (AA 1.6.2022). Außerdem wird häufig mit Gewalt gegen Aktivisten, politische Gefangene und Journalisten vorgegangen. Diese werden ohne Zugang zu einem Rechtsanwalt in Isolationshaft gehalten und waren häufig Opfer von Folter und unmenschlicher Behandlung (FH 2023). Auch in Gefängnissen sind außergerichtliche Tötung und tödliche Folter verbreitete Praktiken (BS 2022; vgl. OMCT 30.8.2021, USDOS 20.3.2023).
UN-Experten äußerten sich im August 2023 alarmiert über Berichte über brutale und weitverbreitete Vergewaltigungen und andere Formen sexueller Gewalt durch die Streitkräfte RSF. Dazu gehören Berichte über das gewaltsame Verschwindenlassen von Frauen und Mädchen und Handlungen wie Zwangsarbeit und sexuelle Ausbeutung. Berichten zufolge wurden Hunderte von Frauen durch die RSF inhaftiert und unter unmenschlichen oder erniedrigenden Bedingungen festgehalten, sexuellen Übergriffen ausgesetzt und sind von sexueller Sklaverei bedroht (OHCHR 17.8.2023). Am 6.12.2023 erklärten die USA offiziell, dass man bestätigen könne, dass die Rapid Support Forces (RSF) und verbündete Milizen Kriegsverbrechen begangen haben. Dazu zählten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnische Säuberungen, insbesondere in West-Darfur. Zudem wird die Misshandlung von Inhaftierten in Haftanstalten der sudanesischen Armee (SAF) und der RSF angemahnt. Unmittelbare Konsequenzen für die Kriegsparteien haben diese Feststellungen allerdings nicht (BAMF 11.12.2023).
Von den in der Scharia, die im Sudan als Rechtsquelle Gültigkeit besitzt, festgelegten Köperstrafen ist vor allem die Prügelstrafe weit verbreitet. Es kommt außerdem vor, dass Frauen wegen „unschicklicher Kleidung“ mit Stockhieben bestraft werden. Das einschlägige Gesetz (Public Order Law) wurde Ende November 2019 abgeschafft. Amputationen und Steinigungen haben in den letzten Jahren nicht mehr stattgefunden. In bestimmten Fällen können Körperstrafen durch Zahlung von „Blutgeld“ abgewendet werden. Insgesamt ist eine Lockerung der strengen Regeln zu beobachten (AA 1.6.2022).
Korruption
2022 wurde der Sudan als eines der korruptesten Länder der Welt wahrgenommen, wie es der 162. Platz von 180 untersuchten Ländern im Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) belegt (TI 2023 vgl. FH 2023). Im Vergleich zum Vorjahr 2021 stellt dies eine Verbesserung um zwei Ränge dar (TI 2023). Staatsbedienstete sollen zusätzliche Zahlungen für Dienstleistungen verlangen, auf die Einzelpersonen oder Unternehmen Anspruch haben, wodurch ein System entstand, in dem Regierungsbeamte persönliche und indirekte Interessen an verschiedenen Unternehmen verfolgen. Die Korruption behindert zudem Rechtssprechung und Strafverfolgung im Sudan (ACAPS 11.7.2023).
Zwar sieht das Gesetz strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, allerdings wird es nicht wirksam umgesetzt. Korruption ist daher auch in Regierungskreisen weit verbreitet (USDOS 20.3.2023). Die zivil-geführte Übergangsregierung nutzte dieses bestehende Recht und die Verfassungserklärung zur Bekämpfung offizieller Korruption und richtete im Jahr 2021 die „Kommission für Korruptionsbekämpfung und Rückgewinnung öffentlicher Vermögenswerte“ ein (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023). Die Kommission hatte die Aufgabe, korrupte Handlungen zu untersuchen, aufzudecken und zu verhindern. Ein spezieller Antikorruptionsanwalt untersuchte und verfolgte Korruptionsfälle, in die Beamte, ihre Ehepartner oder Kinder verwickelt waren. Zu den Strafen für Beamte bei Verurteilung wegen Unterschlagung zählten Gefängnis bzw. Hinrichtung, obwohl sie fast nie vollstreckt wurden. Nach der Machtübernahme durch das Militär wurde die Antikorruptionskommission jedoch aufgelöst (USDOS 20.3.2023).
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen stand während des al-Baschir-Regimes unter strenger staatlicher Beobachtung. In der Zeit der zivil-geführten Regierung ließ dieser Druck kurzzeitig nach, doch seit dem Militärputsch steigt er wieder an (AA 1.6.2022; vgl. FH 2023). Menschenrechtsgruppen befürchten seitdem Vergeltungsmaßnahmen seitens der Regierung. Unter der Übergangsregierung (arbeiteten inländische wie internationale Menschenrechtsgruppen im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen - sie untersuchten und veröffentlichten ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle. Regierungsbeamte waren oft kooperativ und gingen auf ihre Ansichten ein, auch wenn einige Einschränkungen für NGOs bestehen blieben, insbesondere in Konfliktgebieten (USDOS 20.3.2023).
Der Zugang nach Darfur, darunter einige Teile Nord-Darfurs und das östliche Marra-Gebirge, und zu anderen vom Konflikt betroffenen Regionen ist für UN-Organisationen weiter eingeschränkt. Für humanitäre Hilfeleistung sind die Verwaltungsverfahren nach wie vor kompliziert und variieren sowohl zwischen Bundes- und Landesbehörden als auch zwischen den einzelnen Bundesstaaten. Laut manchen Beobachtern versucht die Regierung aktiv den internationalen Zugang zu „sensiblen“ Gebieten einzuschränken, weshalb auch die Zahl ausgestellter Visa für UN-Polizisten wie IStGH-Ankläger gering ausfällt (USDOS 20.3.2023).
Menschenrechtsaktivisten können Beschwerden über mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen bei der staatlichen Nationalen Menschenrechtskommission einreichen. In der Regel leitet sie solche Beschwerden an die beschuldigte Institution weiter. Obwohl die Kommission nicht formell aufgelöst wurde, ist sie seit dem Militärputsch untätig (USDOS 20.3.2023).
Wehrdienst und Rekrutierungen
Laut dem weiterhin gültigen „Gesetz über den Nationalen Dienst“ aus 2013, besteht für Männer eine einjährige Dienstpflicht (AA 1.62022). Betroffen sind alle im Alter von 18 bis 33 Jahren (CIA 1.11.2023). Dieser Nationaldienst kann bei der Polizei, bei den SAF, aber auch als Ersatzdienst bei anderen staatlichen Organisationen abgeleistet werden. Für Universitätsabsolventen bestimmter Fachrichtungen, insbesondere Ärzte und Apotheker, ist diese Ersatzpflicht obligatorisch (AA 1.6.2023). Die gesetzlich bestehende Wehrpflicht für Frauen (CIA 1.11.2023) wird in der Praxis häufig nicht durchgesetzt. Frauen müssen zwar ein einjähriges „soziales Jahr“ absolvieren, wobei dieses de facto auch nur Studentinnen bestimmter Fachrichtungen (z. B. Medizin, Buchhaltung) betrifft (AA 1.6.2022).
Das Gesetz verbietet die Rekrutierung von Kindern und sieht strafrechtliche Sanktionen für die Täter vor. Nach wie vor bestehen jedoch Behauptungen, dass bewaffnete Oppositionsbewegungen Kindersoldaten rekrutieren und in ihren Reihen unterhalten (USDOS 20.3.2023). Seit 2015 haben die UN keine Fälle dokumentiert, in denen die SAF Kindersoldaten rekrutiert oder eingesetzt hat (AA 1.6.2022), UN-Experten sind jedoch weiterhin über solche Rekrutierungen besorgt (OHCHR 16.10.2023). Die SAF wurde 2018 von der UN-Liste, die Staaten und Akteure anführt, die Kindersoldaten rekrutieren, gestrichen. Immer wieder hört man, dass die RSF auch Minderjährige rekrutieren (AA 1.6.2022; vgl. FH 2023).
Allgemeine Menschenrechtslage
Die Übergangsverfassung von 2019 verpflichtet die Übergangsregierung die Menschenrechte aller Bürger ohne Diskriminierung zu wahren und ihre Gleichbehandlung vor dem Gesetz zu gewährleisten. In der Verfassung wird ferner die Rechenschaftspflicht für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere schwere Menschenrechtsverletzungen eingefordert (FH 2023 vgl. AA 1.6.2022). Der Ausnahmezustand, der kurz nach dem Militärputsch verhängt wurde, schränkt jedoch einige bürgerliche Freiheiten ein (AA 1.6.2022).
Im Jahr 2022 gehörten zu den großen Menschenrechtsproblemen rechtswidrige Tötungen, unmenschliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungsäußerung und der Medienfreiheit sowie Korruption in der Regierung. Weitere Probleme sind geschlechtsspezifische Gewalt, Diskriminierung sexueller Minderheiten und Kinderarbeit (USDOS 20.3.2023).
Sicherheitskräfte gehen weiterhin mit exzessiver Gewalt gegen Proteste vor, töten Demonstrierende und verletzen Tausende. Protestteilnehmer, darunter auch Minderjährige, werden rechtswidrig inhaftiert und misshandelt (AI 28.3.2023). Zwar hat die Militärregierung Sonderausschüsse zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen eingerichtet, bislang aber noch keine Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Paramilitärische Kräfte und Rebellengruppen verüben nach wie vor Gewalttaten gegen Zivilisten, vor allem in Darfur, Südkordofan und Blue Nile, während lokale Milizen aufgrund von fehlender Militärpräsenz und Straffreiheit weiterhin erheblichen Einfluss ausüben. Interkommunale Gewalt, die auf Landbesitzstreitigkeiten und Ressourcenknappheit beruht, führt zu Todesfällen (USDOS 20.3.2023).
Die Menschenrechts- und Schutzsituation im Sudan hat sich 2023 weiter dramatisch verschlechtert, insbesondere in Khartum und Darfur. Die Gewalteskalation in dicht besiedelten Gebieten der umkämpften Städte führt zu einer großen Zahl ziviler Opfern und zur weitgehenden Zerstörungen der Infrastruktur. Zwischen 7.5.2023 und 20.8.2023 dokumentierte die UN-Mission im Sudan 655 mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen und -Misshandlungen in Zusammenhang mit interkommunaler Gewalt und bewaffneten Zusammenstößen. Davon waren insgesamt 12.629 Menschen direkt betroffen. Auch in Darfur hat sich die Menschenrechtslage deutlich verschlechtert, dank gezielter Angriffe und massiver Gewalt. In al-Dschunaina flammte im Kontext des Konflikts zwischen den SAF und den RSF ethnisch motivierte Gewalt ebenfalls wieder auf, ebenso außerhalb der größeren Städte Darfurs. Besorgniserregend, so der UN-Sicherheitsrat, sind die gezielten Drohungen und Schikanen gegen Menschenrechtsaktivisten sowie die Morde an prominenten Persönlichkeiten der Masalit. Die anhaltende Unterbrechung der Telekommunikation erschwert in Darfur die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht (UNSC 31.8.2023).
Meinungs- und Pressefreiheit
Freie Meinungsäußerung und friedlicher Protest waren im Sudan seit der Revolution möglich (AA 1.6.2022). Die Verfassungserklärung von 2019 sieht das uneingeschränkte Recht auf freie Meinungsäußerung und die gesetzlich geregelte Pressefreiheit vor (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 1.6.2022, FH 2023), aber die Militärregierung respektiert diese Rechte nicht (USDOS 20.3.2023). Die Übergangsregierung hat sich des Weiteren verpflichtet, Gesetze zum Schutz von Journalisten zu erarbeiten (FH 2023). Während der Machtübernahme durch das Militär wurde die Pressefreiheit durch Abschaltungen von Internet- und Telefonverbindungen eingeschränkt. Es kam zu Durchsuchungen und Schließungen von Medienhäusern sowie zu kurzzeitigen Festnahmen von Journalisten (AA 1.6.2022). Nach Verhängung des Ausnahmezustands Ende 2021 wurden sowohl Verhaftungen als auch Repressionen mehr wie gewalttätiger (FH 2023). In den ersten neun Monaten 2022 meldeten die UN mindestens 52 Übergriffe auf Journalisten und Medieneinrichtungen (USDOS 20.3.2023).
Die Medien üben Selbstzensur, insbesondere bei der Berichterstattung über Korruption und die Sicherheitsdienste (USDOS 20.3.2023).Das Gesetz zur Bekämpfung von Cyberkriminalität aus dem Jahr 2018, mit dem die Haftstrafen für Straftaten wie die Verbreitung von Falschinformationen erhöht wurden, ist weiterhin in Kraft (FH 2023). Die Regierung schränkt den Zugang zum Internet ein und unterbricht ihn zuweilen, insbesondere während Großdemonstrationen (USDOS 20.3.2023; vgl. AI 28.3.2023).
Im August 2021 veröffentlichte das Ministerium für Kultur und Information den Entwurf eines Medienreformgesetzes zur öffentlichen Konsultation. Er beinhaltet u. a. die Einrichtung einer Kommission zum Schutz des Rechts auf Information und der Unabhängigkeit von Journalisten wie Medienorganisationen, die Einrichtung eines Presserats zum Schutz der Pressefreiheit und zur Qualitätsüberwachung, und die Einrichtung eines Verwaltungsrats der Rundfunk- und Fernsehgesellschaft. Das Gesetz wurde vor dem Staatsstreich im Oktober 2021 nicht verabschiedet und seine Zukunft ist nach wie vor unklar (FH 2023).
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
Der SC hat das in der Interimsverfassung verankerte Versammlungsrecht, und 2021 kam es auch regelmäßig zu Demonstrationen (FH 2023). Dennoch wird das Recht auf Versammlungsfreiheit von der Regierung eingeschränkt. Friedliche Proteste werden immer wieder von den Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt (USDOS 20.3.2023).
Nach dem Staatsstreich vom Oktober 2021 nahm die Gewalt der Behörden jedoch zu, als sog. NRCs (Neighbourhood Resistance Committees) begannen, regelmäßig landesweite Demonstrationen gegen den Militärputsch abzuhalten und eine zivile Regierung zu fordern. Wiederholt setzten die Sicherheitskräfte Tränengas, Gummigeschosse und scharfe Munition ein, um diese Demonstrationen aufzulösen. Seit Beginn der Proteste starben über 120 Demonstranten.
Demonstrierende Frauen berichteten überdies, dass sie von Mitgliedern der Sicherheitskräfte vergewaltigt wurden (FH 2023).
Obwohl die Verfassungserklärung von 2019 die Vereinigungsfreiheit vorsieht, enthält das Gesetz zahlreiche Beschränkungen für zivilgesellschaftliche Organisationen und NGOs (USDOS 20.3.2023). Der Militärputsch vom 25.10.2021 markiert eine Zäsur, die direkten Einfluss auf die bürgerlichen Freiheiten hat. Unter dem Deckmantel des Ausnahmezustandes wurden erneut repressive und teils willkürlich erscheinende Maßnahmen gegen politische Aktivisten und die Zivilgesellschaft angewandt (AA 1.6.2022; vgl. HRW 12.1.2023). Der Sudan verfügt auch über kein Gewerkschaftsgesetz (USDOS 20.3.2023).
Haftbedingungen
Die Bedingungen in sudanesischen Gefängnissen sind nach wie vor hart und teilweise lebensbedrohlich (USDOS 20.3.2023). Es gibt verschiedene Arten von Haftanstalten, von Gefängnissen über Untersuchungshaftanstalten, Haftzellen in Polizeistationen und Hafteinrichtungen des Nachrichtendienstes bzw. der Streitkräfte. Der Zustand der Haftanstalten kann nicht unabhängig geprüft werden. Viele sollen überfüllt sein und menschenunwürdige Zustände aufweisen: Überbelegung von Zellen, mangelhafte sanitäre Einrichtungen, unzureichende medizinische Versorgung und keine Trennung von weiblichen und männlichen respektive minderjährigen und erwachsenen Häftlingen (AA 1.6.2022). Auch Beheizung, Belüftung und Beleuchtung sind in den Gefängnissen oft unzureichend. Einige Gefangene haben keinen Zugang zu Medikamenten oder ärztlichen Untersuchungen, und die meisten haben keine Betten. Familienmitglieder oder Freunde versorgen die Gefangenen mit Lebensmitteln und anderen Dingen (USDOS 20.3.2023). Begüterte Gefangene können sich die Haftbedingungen andererseits erträglicher gestalten (AA 1.6.2022).
Grundsätzlich ist es unklar, welche Unterschiede es zwischen Hafteinrichtungen gibt. Aussagen von Menschenrechtsorganisationen und ehemaligen Häftlingen sind hierzu widersprüchlich (AA 1.6.2022). Die Aufsicht über die Gefängnisse liegt bei der Direktion für Gefängnisse und Reformen, eine Polizeiabteilung, die dem Innenministerium untersteht. Das Innenministerium gibt per se keine Informationen über die physischen Bedingungen in den Gefängnissen heraus (USDOS 20.3.2023). Das im Dezember 2009 durch die Nationalversammlung verabschiedete Gesetz über Gefängnisvorschriften und die Behandlung von Insassen („The Regulation of Prisons and Treatment of Inmates Act“) entspricht nach UN-Angaben nicht ihren Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen (AA 1.6.2022).
Todesstrafe
Der Sudan gehört zur Gruppe derjenigen Länder, die an der Todesstrafe für gewöhnliche Straftaten festhalten (AI 5.2023a; vgl. WCADP 23.5.2023), wobei sie derzeit nicht vollstreckt wird (AA 1.6.2022). Im Jahr 2022 wurde laut Amnesty International (AI) keine Person exekutiert wie nur eine zum Tode verurteilt, sechs weniger als im Vorjahr (AI 5.2023a), in dem zum bisher letzten Mal eine Hinrichtung stattfand (WCADP 23.5.2023). Allerdings widerspricht die sudanesische NGO African Centre for Justice and Peace Studies (ACJPS) dieser Auffassung: gemäß ihrer Angaben wurden im Jahr 2022 zwei Todesurteile und im Jänner 2023 eines vollstreckt (ACJPS 16.3.2023). Konkrete Zahlen zu den Vollstreckungen liegen im Allgemeinen nicht vor, und zivilgesellschaftliche Vertreter vermuten eine hohe Dunkelziffer (AA 1.6.2022). Mit Stand 23.5.2023 sollen sich rund 109 Häftlinge im Todestrakt befinden (WCADP 23.5.2023).
Die Todesstrafe wird für Vergehen wie Landesverrat oder Mord verhängt (AA 1.6.2022), ausgeführt wird sie durch Erhängen oder Steinigung (WCADP 23.5.2023). Am 9.7.2020 billigte der Staatsrat grundlegende Reformen des Justizsystems, darunter die Abschaffung der Todesstrafe für gewisse Straftaten, für Apostasie (WCADP 31.7.2020; vgl. AA 1.6.2022) sowie gleichgeschlechtlichen Sex (WCADP 31.7.2020; vgl. REU 16.7.2020). Begnadigungen oder Umwandlungen von Todesurteilen in mildere Strafen, z. B. in eine Freiheitsstrafe, werden ebenfalls mitunter gewährt (AI 5.2023a).
In der Vergangenheit, zuletzt im Jahr 2015, wurden auch Personen, die zum Zeitpunkt der Straftat minderjährig, d. h. unter 18 Jahre alt waren, hingerichtet (AI 5.2023b). Am 30.5.2019 wurde zum bis dato letzten Mal ein solches Todesurteil für ein Verbrechen verhängt, das der verurteilte Bub mit 15 Jahren begangen hat (UNICEF 30.5.2019; vgl. ACJPS 16.3.2023). Die Übergangsregierung verbot 2020 die Todesstrafe für Angeklagte unter 18 Jahren (FH 2023).
Der Sudan verhängt noch die Todesstrafe auf bestimmte, im Koran festgelegte Hadd-Vergehen wie Diebstahl oder Ehebruch (BBC 27.10.2022). Im Juni 2022 verurteilte ein Gericht in Kusti eine 20- jährige Frau wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung (BBC 27.10.2022; vgl. FH 2023), aber ein Berufungsgericht hob ihre Verurteilung aus verfahrensrechtlichen Gründen auf. Anstelle wurde sie zu sechs Monaten Haft verurteilt (FIDH 16.12.2022; vgl. FH 2023). Ein Regierungsversprechen aus 2015, die Steinigung als Hinrichtungsmethode abzuschaffen, wurde Menschenrechtsgruppen zufolge nicht eingehalten (BBC 27.10.2022).
Minderheiten
Die Bevölkerung umfasst mehr als 500 ethnische Gruppen, die zahlreiche Sprachen und Dialekte sprechen. Einige dieser ethnischen Gruppen bezeichnen sich selbst als Araber und berufen sich dabei auf ihre Sprache oder andere kulturelle Merkmale. In Konfliktregionen gibt es immer wieder Fälle interethnischer Gewalt. 2022 gab es mehrere Berichte über Hassreden und diskriminierende Äußerungen, die nach der Ernennung ziviler Gouverneure Zunahmen, ebenso interkommunale Spannungen (USDOS 20.3.2023).
Es gibt keine Gesetze, die Frauen oder Angehörige von Minderheiten daran hindern, zu wählen oder anderweitig am politischen Leben teilzunehmen; und sie beteiligen sich auch (USDOS 20.3.2023).
In Blue Nile, der Grenzregion zu Äthiopien, welche von der SPLA/M-North) regiert wird, forderten Zusammenstöße zwischen den ethnischen Gruppen der Hausa und der Birta schon über 100 Menschenleben und führten zu einer massiven Vertreibung in der Region (HRW 12.1.2023). Im Oktober 2022 wurden dort bei Kämpfen zwischen ethnischen Gruppen innerhalb von zwei Tagen mindestens 220 Menschen getötet. Laut UN gab es in diesem Bundesstaat ab Juli immer wieder schwere interethnische Auseinandersetzungen, bei denen mindestens 359 Menschen getötet und 469 verletzt wurden - sowohl Personen, die an den Kämpfen beteiligt waren, als auch unbeteiligte Zivilpersonen. Aufgrund der Kämpfe wurden mehr als 97.000 Zivilpersonen vertrieben. Die Regierung des Bundesstaats Blue Nile verhängte einen 30-tägigen Ausnahmezustand und verbot Versammlungen (AI 28.3.2023).
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz sieht Bewegungsfreiheit im Inland, Auslandsreisen und Emigration vor, und obwohl die Regierung diese Rechte weitgehend respektiert (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023), werden diese Rechte in der Praxis immer noch von staatlichen Sicherheitskräften und anderen bewaffneten Gruppen im ganzen Land behindert. Die meisten der mehr als 3,7 Millionen IDPs im Sudan (Stand: Juli 2022) konzentrieren sich auf die langjährigen Konfliktgebiete Darfur, Südkordofan und Blue Nile (FH2023). Die sudanesische Lagerpolitik schränkt die Bewegungsfreiheit von Asylbewerbern und Flüchtlingen ein, indem sie sie verpflichtet, in ausgewiesenen Lagern zu bleiben. Außerhalb der Lager wurden einige Flüchtlinge und Asylbewerber verhaftet, schikaniert oder erpresst (HRW 12.1.2023).
Ferner begann die Regierung die Bewegungsfreiheit von Personen in einigen der von ethnischen Konflikten betroffenen Bundesstaaten einzuschränken. Aus mehreren Berichten geht hervor, dass diese Entscheidung vor allem bereits gefährdete oder marginalisierte Gemeinschaften getroffen hat (FH 2023). Für Menschen außerhalb der Konfliktgebiete war die Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes im Allgemeinen ungehindert (USDOS 20.3.2023). Im Jahr 2020 schaffte die Übergangsregierung die Notwendigkeit von Ausreisegenehmigungen sowie eine Vorschrift ab, nach der Frauen die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen mussten, um mit Kindern ins Ausland zu reisen (FH 2023).
Rückkehr
Die Regierung arbeitet mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen oder Asylbewerbern sowie anderen gefährdeten Personen Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 20.3.2023).2021 kehrten knapp 800 sudanesische Flüchtlinge aus Niger, Ägypten, Libyen, Tunesien, Algerien, Marokko, Somalia und Dschibuti zurück, so die IOM. 2022 registrierte die IOM einen starken Anstieg. Rückkehrende können durch IOM betreut werden, sofern sie dies wünschen (AA 1.6.2022).
Das deutsche Auswärtige Amt (AA) hat keine Kenntnis von einer etwaigen besonderen Behandlung der nach Sudan zurückgeführten sudanesischen Staatsangehörigen. Allein die Stellung eines Asylantrags im Ausland hat nach Erkenntnissen des AA bisher nicht zu staatlichen Repressionen geführt (AA 1.6.2022). Weder längere Auslandsaufenthalte noch Asylanträge im Ausland führten bisher zu einer Gefährdung bei der Rückkehr. Das gilt auch für Deserteure und Wehrdienstverweigerer. Selbst Personen, die im Ausland Asyl erhalten haben, können in den Sudan zurückkehren, wie im Sudan lebende Betroffene berichten. Mit erhöhter Aufmerksamkeit der Behörden, d.h. zusätzlichen Fragen bei der Einreise, müssen Personen, deren politisches Engagement bekannt ist, bisweilen rechnen. Für Personen, die aus Europa zurückkehren und nicht öffentlich gegen die Regierung auftraten, besteht dieses Risiko im Regelfall nicht (AA 1.6.2022).
Der UNHCR fordert in Anbetracht der derzeit instabilen Lage im Sudan Aufnahmestaaten auf, die Ausstellung negativer Entscheidungen über Asylanträge von sudanesischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen auszusetzen. Die Aussetzung sollte so lange aufrechterhalten werden, bis sich die Lage im Sudan stabilisiert hat und verlässliche Informationen über die Sicherheits- und Menschenrechtssituation vorliegen, um die Notwendigkeit der Gewährung internationalen Schutzes für einzelne Antragsteller umfassend beurteilen zu können (RW 5.2023).
Dokumente
Das Urkundenwesen in Sudan ist unzulänglich. Gegen Geldzahlung ist fast jede gewünschte Urkunde erhältlich. Seit 2016 werden keine Beglaubigungen mehr vorgenommen, es findet aber weiterhin eine anwaltliche Urkundenüberprüfung statt. Ältere sudanesische Ausweisdokumente sind in der Regel echt, allerdings können sie unwahre Angaben in Bezug auf Fotos, Namensführung und Alter enthalten. Die Gültigkeit aller nicht maschinenlesbaren Pässe endete am 24.11.2015. Seit 2013 werden biometrische und maschinenlesbare Reisepässe ausgestellt, bei denen eine nachträgliche Verfälschung praktisch nicht mehr möglich ist. Im Zweifelsfall kann ein Kooperationsanwalt eine Überprüfung der Angaben vornehmen. In vielen Gebieten existiert ein nur spärliches Urkunden- und Registerwesen. Es ist weiterhin eine Zunahme an durchgeführten Urkundenüberprüfungen von im Rahmen der Visumverfahren vorgelegten Ehe- und Geburtsurkunden aus der Region zu verzeichnen. Die Echtheit von Dokumenten (Personenstandsurkunden, Gerichtsurteile, Anzeigen, usw.) kann ebenfalls durch einen Kooperationsanwalt überprüft werden (AA 1.6.2022).
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem aktuellen EUAA-Bericht "Sudan: Country Focus Report" vom Februar 2025 (auszugsweise soweit entscheidungsrelevant) wiedergegeben:
Zur aktuellen Lage des Sudan
Der Sudan hat eine wechselvolle Geschichte, das von Kolonialismus und Militärputschen und -herrschaften geprägt ist. Das Militär hat erheblichen Einfluss nicht nur auf die Politik, sondern auch auf große Teile der Wirtschaft. Der Langzeitherrscher Omar al Bashir, der selbst mit einem Militärputsch an die Macht kam, regierte das Land von 1989 bis 2019 autoritär und etablierte eine islamisch dominierte Regierung. Eine weit verbreitete Verfolgung politscher Gegner, Unterdrückung von Minderheiten und die Anwendung grausamer Strafen, wie Amputationen prägten seine Amtszeit. Gewaltsame Auseinandersetzungen in Darfur und im Südsudan forderten Tausende Opfer und vertrieben Millionen. Vor allem wegen der Vorgänge in Darfur klagte der Internationale Strafgerichtshof, ICC Omar al Bashir und seine Gefolgsleute wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschheit an. Ende 2018 begannen landesweite Proteste gegen das Regime und führten schließlich zum Sturz von Omar al Bashir. Die Proteste dauerten auch nach dem Sturz des Langzeitherrschers an und führten zu gewaltsamen Angriffen auf Demonstranten und der Eskalation der Gewalt in West-Darfur.
Nach dem Putsch von 2019 versuchten die Militärführer al-Burhan und RSF-Chef Hemedti, die Kontrolle zu behalten. Sie vereinbarten, die Macht mit der „Kräften für Freiheit und Wandel“ (FFC) zu teilen, einer Koalition von Oppositionsparteien, Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Widerstandskomitees. Dies führte zur Bildung eines Übergangsrates (TSC) mit dem Ziel, die Macht bis November 2021 an eine zivile Regierung zu übertragen. Doch politische Spannungen, insbesondere über die Vertretung im Gesetzgebungsorgan und die wachsende Kritik des Militärs an zivilen Beamten, führten zu einem Zerfall der Koalition.
Der ernannte Premierminister, Abdalla Hamdok, ein Wirtschaftsexperte, wurde im Oktober 2021 verhaftet und abgesetzt, nachdem er zugestimmt hatte, mehr Macht an Burhan, Hemedti und den Sicherheitssektor abzugeben. Er wurde zwar im November 2021 wieder eingesetzt, doch die Pro-Demokratie-Proteste, die insbesondere von Frauen angeführt wurden, hielten in mehreren Städten an und führten zu weiteren Gewalttaten. Hamdok trat schließlich im Januar 2022 zurück, und Burhan übernahm die de facto Kontrolle als Staatsoberhaupt, mit Hemedti als Stellvertreter.
Trotz weiterer Verhandlungen wurde im Dezember 2022 ein Übergabevertrag zur zivilen Führung und nationalen Wahlen beschlossen, der jedoch auf massiven Widerstand stieß, als Tausende gegen das Abkommen protestierten und den sofortigen Machtübergang an Zivilisten forderten. Diese Proteste hielten bis Anfang 2023 an. Nachdem Verhandlungen über die Bildung einer zivilen Regierung und die Durchführung von Workshops zur Sicherheitssektor-Reform gescheitert waren, eskalierten die Spannungen zwischen den beiden großen Sicherheitskräften im Land, was letztlich zum Ausbruch des Konflikts zwischen der SAF und der RSF führte.
Die 2019 unterzeichnete Verfassungsdeklaration setzte einen Schwerpunkt auf den Friedensprozess, der 2020 im Juba-Friedensabkommen (JPA) mündete und nationale sowie regionale Vereinbarungen zu Themen wie Machtteilung, Sicherheit, Landbesitz und Übergangsjustiz beinhaltete. Das Abkommen führte zu sechs bilateralen Friedensabkommen mit bewaffneten Gruppen, jedoch unterschrieben nicht alle relevanten Gruppen. Nach dem Staatsstreich 2019 wurde das Parlament aufgelöst, und 2021 wurde ein Verfassungsdekret für ein föderales System erlassen, doch die Übergangsregierung blieb unvollständig. Ein Rahmenabkommen von 2022 setzte eine Übergangszeit von zwei Jahren und legte Schwerpunkte wie Rechenschaftspflicht und Sicherheitssektor-Reformen fest. Wahlen, die für 2022 geplant waren, wurden auf 2024 verschoben. Im Mai 2023 entließ Präsident al-Burhan Hemedti und ernannte Malik Agar als neuen Stellvertreter, während gleichzeitig zivile und gewerkschaftliche Gruppen durch ministerielle Dekrete aufgelöst wurden. Ende 2024 bildeten die Rapid Support Forces (RSF) eine parallele zivile Regierung in Khartum unter Abdul Latif Abdullah al-Amin al-Hassan.
Zur Rechtsstaatlichkeit und zur Durchsetzung des Rechts
Die Rechtsstaatlichkeit und Verwaltung der Justiz im Sudan sind seit dem Ausbruch des Konflikts 2023 stark beeinträchtigt. Laut dem UN-Forschungsmechanismus für den Sudan (UN FFM) wurde die rechtliche Infrastruktur zerstört und die Polizei sowie die Justizfunktionen gestört, was zu einer weit verbreiteten Kultur der Gewalt und Straflosigkeit führte. Die Regierung verhängte einen Ausnahmezustand, der den Sicherheitskräften erweiterte Befugnisse und Immunität verschaffte. Die diesbezügliche Missachtung der Rechtsstaatlichkeit wurde durch den World Justice Rule of Law Index 2024 bestätigt, der einen erheblichen Rückgang der Gesamtbewertung des Sudan dokumentierte. Die Gesetze erlauben Festnahmen ohne Haftbefehl und die Inhaftierung von Personen ohne Anklage für längere Zeiträume, während viele Menschenrechtsverletzungen wie Folter und willkürliche Verhaftungen weiterhin stattfinden. Die Justiz ist größtenteils von der Exekutive kontrolliert, und Anwälte, die Menschen in Fällen von Menschenrechtsverletzungen vertreten, sehen sich mit Bedrohungen und Hindernissen konfrontiert.
Sudan hat ein gemischtes Rechtssystem, das islamisches Recht und englisches Common Law kombiniert, wobei die Scharia in vielen Gesetzen verankert ist. Einige Reformen, wie das Verbot der weiblichen Genitalverstümmelung und das Ende öffentlicher Auspeitschungen, wurden 2020 eingeführt. Dennoch bleibt das Rechtssystem lückenhaft, insbesondere bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen und der Strafverfolgung von Verantwortlichen. Auch die rechtliche Anerkennung von Verbrechen wie erzwungenen Verschwindenlassen ist nicht gegeben. Zudem sind die Rechte von Frauen in vielen Bereichen weiterhin benachteiligt.
Das Justizsystem des Sudan, das 2019 mit der Verfassungsdeklaration reformiert werden sollte, ist größtenteils inaktiv. Bis 2022 war nur das Oberste Gericht etabliert, während das Verfassungsgericht unbesetzt blieb. Die richterliche Unabhängigkeit ist eingeschränkt, da die Exekutive Einfluss auf die Justiz ausübt. Der Konflikt hat zu gezielten Angriffen auf Justizinstitutionen und die Zerstörung wichtiger gerichtlicher Aufzeichnungen geführt. Die Bemühungen, eine funktionierende Justiz zu schaffen, wurden durch die bewaffneten Gruppen und die Zerstörung der Infrastruktur weiter behindert.
Die Staatsanwaltschaft hat nach der militärischen Übernahme 2023 eine nationale Untersuchungskommission für Menschenrechtsverletzungen eingesetzt, jedoch gibt es zahlreiche Hindernisse, insbesondere für die Verfolgung von sexueller Gewalt. Opfer von sexueller Gewalt, einschließlich Vergewaltigung, sind häufig mit rechtlichen und gesellschaftlichen Barrieren konfrontiert. Während die RSF versuchten, ein eigenes Justizsystem und ein militärisches Gericht zu etablieren, wurde die Umsetzung von Gerechtigkeit durch diese Strukturen in der Praxis weitgehend verhindert.
Die Polizei hat ihre Rolle aufgrund des Konflikts weitgehend verloren, und in vielen Konfliktgebieten gibt es keine funktionierenden Polizeikräfte. Die Sicherheitsbehörden, darunter die RSF, haben die Polizei in vielen Regionen ersetzt und setzen den Ausnahmezustand durch, der den Sicherheitskräften weitreichende Befugnisse verleiht. Die Bemühungen zur Aufrechterhaltung der Ordnung sind jedoch durch die anhaltende Gewalt und die Zerstörung der rechtlichen Infrastruktur stark eingeschränkt.
Zur Menschenrechtssituation
Die Verfassungsdeklaration von 2019 legte fest, dass alle Rechte und Freiheiten, die in internationalen Menschenrechtsabkommen enthalten sind und von Sudan ratifiziert wurden, ein integraler Bestandteil der neuen Verfassung sind. Auf regionaler Ebene ist Sudan unter anderem Vertragsstaat der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker (ACHPR) und der Afrikanischen Charta der Rechte und des Wohlergehens des Kindes (ACRWC). Sudan hat jedoch das Übereinkommen zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen (CEDAW) und das Internationale Übereinkommen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen nicht ratifiziert. Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Folter und sexueller Gewalt, wurden von der UN und Human Rights Watch (HRW) dokumentiert. Sowohl die Sudanese Armed Forces (SAF) als auch die Rapid Support Forces (RSF) sind an zahlreichen Menschenrechtsverletzungen beteiligt. Migranten, Flüchtlinge, Asylsuchende und intern Vertriebene (IDPs) sind besonders anfällig für sexuelle und Arbeitsausbeutung, auch durch kriminelle Netzwerke, die mit Menschenhandel beschäftigt sind.8
(a) Exekutionen ohne Gerichtsverfahren
Die UN, internationale Menschenrechtsorganisationen und Medien berichteten von weit verbreiteten extralegalen Tötungen durch die SAF, RSF und verbündete Milizen. Beide Parteien haben Hinrichtungen von Kriegsgefangenen aus den Reihen der gegnerischen Kräfte durchgeführt. Im Oktober 2024 wurden in Al Jazeera Massenmorde an Zivilisten gemeldet, denen die RSF zugeschrieben wurden, und ähnliche Vorfälle wurden in Khartum beobachtet. Die Emergency Lawyers Group dokumentierte willkürliche Verhaftungen und extralegale Tötungen, insbesondere in Port Sudan. Visuelle Beweise bestätigten die Beteiligung der RSF an den extralegalen Tötungen von wehrlosen Zivilisten in Nord-Darfur im Juni 2023.
(b) Willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen
Obwohl die Übergangsverfassung das Recht auf ein faires Verfahren garantiert, haben Sicherheitskräfte weiterhin Verhaftungen und Inhaftierungen ohne Haftbefehl oder rechtliche Begründung vorgenommen. Sowohl die SAF als auch die RSF haben Personen aufgrund vermuteter politischer Zugehörigkeit oder ethnischer Herkunft inhaftiert. Die SAF hat das "Gesetz über unbekannte Gesichter" eingeführt, das Personen aufgrund vermuteter sozialer Zugehörigkeit ohne Beweise ins Visier nimmt. Im Mai und Juni 2024 wurden Verhaftungen von Zivilisten und politischen Aktivisten in verschiedenen Teilen Sudans gemeldet, insbesondere in von der RSF besetzten Gebieten. Im Oktober 2024 wurden Nuba-Mitglieder der Sudanischen Christlichen Kirche in Shendi, im Bundesstaat River Nile, verhaftet und von der SAF misshandelt, weil sie verdächtigt wurden, mit der RSF zusammenzuarbeiten.
(c) Erzwungenes Verschwindenlassen
Die Sudanese Group of Victims of Enforced Disappearance (SGVED) bestätigte Anfang 2024 das Verschwinden von 993 Personen, darunter 897 Männer und 96 Frauen, mit Berichten über weitere Fälle von erzwungenem Verschwindenlassen in Khartum und anderen Bundesstaaten. Das African Centre for Justice and Peace Studies (ACJPS) berichtete von 1.140 Fällen von erzwungenem Verschwindenlassen im ersten Jahr des Krieges. Die UN-Arbeitsgruppe für erzwungenes oder unfreiwilliges Verschwindenlassen identifizierte bis 2024 177 noch ungelöste Fälle. In von der RSF kontrollierten Gebieten wurden Familien gezwungen, Lösegelder für die Freilassung ihrer verschwundenen Angehörigen zu zahlen. Kulturelle und gesellschaftliche Druckfaktoren hinderten viele daran, das Verschwinden von Frauen zu melden.
(d) Behandlung in Haft und Haftbedingungen
Sowohl die SAF als auch die RSF betrieben Haftzentren in Khartum und den umliegenden Gebieten. Häftlinge leiden unter Überfüllung, Nahrungsmittelknappheit, unzureichender Gesundheitsversorgung und körperlicher Misshandlung. Die Bedingungen sind menschenunwürdig, mit Berichten über Hunger, sexuelle Gewalt und Schläge. Internationale Beobachter hatten seit Beginn des Konflikts keinen Zugang zu den Haftanstalten. Im Juni 2024 führten regionale Profiling-Politiken zur Inhaftierung von Personen aus westlichen sudanesischen Staaten, die in den Haftzentren misshandelt wurden. Gefängnisse wurden angegriffen, was zur Freilassung von Häftlingen führte, von denen einige sich den militärischen Operationen anschlossen oder kriminelle Aktivitäten begannen.
(e) Folter und körperliche Misshandlung
Sowohl die SAF als auch die RSF waren an der Folter und Misshandlung von Zivilisten beteiligt. Foltermethoden umfassen körperliche Gewalt, psychische Misshandlung und sexuelle Gewalt. Berichte über Schläge, Elektroschocks und andere Foltermethoden wurden insbesondere aus Khartum, Al Jazirah, Nord- und West-Kordofan gemeldet. Die Verfassungsurkunde von 2019 verbietet Folter, doch Gesetze wie die Übergangsverfassung von 2005 und das National Security Act von 2010 ermöglichen Praktiken, die Häftlinge der Folter aussetzen.
(f) Todesstrafe
Sudan behält die Todesstrafe für schwere Straftaten gemäß Artikel 27 des Sudanese Criminal Act bei. Obwohl die Todesstrafe für Apostasie 2020 abgeschafft wurde, bleibt sie für schwere Straftaten wie Verbrechen gegen den Staat gültig. Seit Beginn des Konflikts wurden Zivilisten, die sich gegen den Krieg stellen oder die RSF unterstützen, des Spionierens beschuldigt und mit der Todesstrafe belegt. Im Jahr 2024 wurden mehrere Todesurteile in den von der SAF kontrollierten Gebieten gegen Personen verhängt, die der RSF Unterstützung oder der Untergrabung des Verfassungssystems beschuldigt wurden.
Zur Behandlung politisch oppositioneller Personen
Quellen berichteten, dass politische Gegner weiterhin sowohl von den Sudanese Armed Forces (SAF) als auch den Rapid Support Forces (RSF) ins Visier genommen wurden. In einem Interview mit der EUAA erklärte ein Menschenrechtsexperte mit umfassender Erfahrung zu Sudan, dass in von den RSF kontrollierten Gebieten politische Aktivisten als Kollaborateure der SAF betrachtet werden, während in von der SAF kontrollierten Gebieten Aktivisten festgenommen werden, wenn sie aus von den RSF kontrollierten Gebieten stammen. Freedom House berichtete, dass "politische Gefangene, Aktivisten und Journalisten festgehalten wurden, ohne Zugang zu rechtlicher Vertretung, und dass sie wahrscheinlich Folter und unmenschlicher Behandlung ausgesetzt waren". Der stellvertretende Hohe Kommissar für Menschenrechte der Vereinten Nationen erklärte im September 2024, dass in Sudan Notstandsregelungen eingesetzt werden, um die Aktivitäten von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Journalisten und der politischen Opposition einzuschränken.
Ein von der EUAA interviewter Menschenrechtsexperte wies auf Fälle hin, bei denen Individuen vor Gericht gestellt und zum Todesurteil verurteilt wurden, nachdem sie beschuldigt wurden, mit den RSF zusammengearbeitet zu haben, was die Quelle als "besorgniserregende Tendenz" ohne ordnungsgemäßen Rechtsprozess bezeichnete. Die Sudan Tribune berichtete, dass laut einem lokalen Anwalt 250 Personen in verschiedenen Orten, darunter Al Damazin und der Bundesstaat Blue Nile, zum Tode oder zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, weil sie die RSF unterstützten.
Sowohl die SAF als auch die RSF werden beschuldigt, willkürliche und illegale Inhaftierungen von Personen vorzunehmen, die beschuldigt werden, die jeweils andere Partei des Konflikts zu unterstützen. Die RSF nutzen Berichten zufolge in Khartum und Darfur inoffizielle und geheime Haftzentren in Orten wie Universitäten, Schulen, privaten Häusern, Gebäuden, Tankstellen, Polizeistationen und Bereichen in der Nähe von Kontrollpunkten, während die SAF Berichten zufolge illegale Haftzentren in Khartum betreiben. Der Sudan War Monitor berichtete im Mai 2024, dass die RSF eine "Kampagne massenhafter Verhaftungen" von wahrgenommenen politischen Gegnern durchführten und dabei über 80 Personen innerhalb von zwei Wochen festnahmen. Al Jazeera berichtete, dass laut den Vereinten Nationen und lokalen Quellen die SAF beschuldigt wird, Personen, die sie als politische Gegner wahrnimmt, willkürlich zu verhaften und ohne Gerichtsverfahren hinzurichten, als sie Khartum zurückeroberten.
Der UN FFM-Bericht von Oktober 2024 stellte fest, dass, basierend auf der Aussage eines Zeugen, die systematische Zielgerichtetheit auf die Zivilgesellschaft, insbesondere auf Einzelpersonen, die neutral blieben oder gegen den Krieg waren, stattfindet. Laut derselben Quelle hat dies zahlreiche Fachkräfte dazu gezwungen, das Land zu verlassen.
Zum Wehrdienst und zur Wehrdienstverweigerung
Der Militärdienst ist in Sudan sowohl freiwillig als auch verpflichtend. Er steht sowohl Männern als auch Frauen im Alter von 18 bis 33 Jahren offen und dauert zwischen 12 und 24 Monaten. Der niederländische COI-Bericht wies jedoch darauf hin, dass "das Sudan National Service Act von 1992 formell noch gilt", aber weder vom Übergangs-Souveränitätsrat (TSC) noch von der SAF aktiv durchgesetzt wird, da eine Zwangsrekrutierung von Rekruten das Ansehen der SAF weiter schädigen würde. Die gleiche Quelle erklärte, dass vor dem Sturz von Präsident Bashir "Männer im kampffähigen Alter nachweisen mussten, dass sie den obligatorischen Militärdienst abgeschlossen hatten, bevor sie ihr College-Diplom anerkennen lassen, eine Arbeit im öffentlichen oder privaten Sektor aufnehmen oder ins Ausland reisen konnten. Diese Bedingung entfiel jedoch während der Übergangsperiode von Premierminister Hamdok."
Dennoch werden sowohl die SAF als auch die RSF beschuldigt, Männer und Jungen gewaltsam zu rekrutieren. In von der SAF kontrollierten Gebieten wird die Rekrutierung durch Mobilisierungskampagnen als Teil eines "bewaffneten Volkswiderstands zur Eindämmung des Vorstoßes der RSF" durchgeführt. Diese Kampagnen appellieren an das Konzept der "Würde" und beziehen sich auch auf RSF-Missbräuche, die in den von ihnen übernommenen Gebieten begangen wurden, was potenzielle Rekruten dazu anregt, der SAF beizutreten, um sich, ihr Eigentum und ihre Gemeinschaften zu verteidigen.
Die Rekruten kommen aus allen Gesellschaftsschichten und werden als "mustanfareen" oder "die Mobilisierten" bezeichnet. Laut einem Bericht des Africa Defense Forum (ADF) nutzt die SAF soziale Medien, um freiwillige Kämpfer zu rekrutieren, indem sie diese auf die nächstgelegene SAF-Kommandostelle oder Militäreinheit verweist, um sich anzumelden. Der niederländische COI-Bericht stellte fest, dass einige Regierungsbeamte unter Druck gesetzt werden, sich diesen Mobilisierungskampagnen anzuschließen, mit der Drohung, ihre Arbeitsplätze oder Sozialleistungen zu verlieren. Das Ayin Network, ein sudanesisches Mediennetzwerk, berichtete, dass als Reaktion auf eine Mobilisierungskampagne, die die RSF seit Oktober 2024 durchgeführt hatte, SAF-unterstützte Milizen parallele Kampagnen in den an Tschad grenzenden Gebieten von Ambaro, Karnoi, Abu Gamra und Al-Tina führten, wo sie "tausende" Kämpfer in ihre Reihen mobilisierten, motiviert durch die Notwendigkeit, ihre Dörfer vor bewaffneten Angriffen der RSF und ihrer Milizen zu schützen. Ohne ein genaues Datum anzugeben, führte der niederländische COI-Bericht das Beispiel von mehr als 40 darfurischen Bergarbeitern in den Bundesstaaten Nord- und Fluss-Nil an, die zur SAF zwangsweise eingezogen wurden und ihre Loyalität beweisen mussten, da sie als Kollaborateure der RSF angesehen wurden.
In von der RSF kontrollierten Gebieten berichtete die Sudan Tribune, dass die RSF "stark" auf Stammeszugehörigkeiten bei der Rekrutierung setzt. Quellen berichteten, dass am 9. Oktober 2024 Hemedti zu einer "generellen Mobilisierung" in Darfur und Kordofan aufrief, um "eine Million" Kämpfer zu rekrutieren, hauptsächlich entlang von Stammeslinien, um diese in "Hotspots", darunter Khartum und El Fasher, einzusetzen. Die Sudan Tribune gab an, dass die Misseriya (West-Kordofan) und die Ta'aysha (Süd-Darfur) sich zusammen mit der RSF mobilisierten. Die gleiche Quelle berichtete, dass die RSF männliche Binnenflüchtlinge in Nord-Darfur gewaltsam rekrutiert, um ihre Reihen angesichts der "zunehmenden Verluste" zu verstärken.
Berichten zufolge setzt die RSF Einschüchterung, Folter, die öffentliche Exekution von Personen, die sich weigern, sich anzuschließen, oder das Zurückhalten von Nahrungsmitteln oder Medikamenten als Taktiken ein, um Männer in ihre Reihen zu rekrutieren. In einem Interview mit der EUAA berichtete ein Menschenrechtsanalyst, von Fällen zu wissen, in denen RSF-Kämpfer in Dörfer im Zentrum Sudans gingen und die Menschen aufforderten, zu kämpfen, oder Nahrungsmittel zurückhielten, um die Rekrutierung von Einheimischen zu erzwingen. Die gleiche Quelle gab auch an, dass viele Menschen der RSF beitreten, hauptsächlich getrieben von Profit, persönlichen Interessen, Nahrungsmitteln oder um alte Rechnungen in ihren eigenen Gemeinschaften zu begleichen. Quellen berichteten, dass die RSF im Rahmen ihrer Rekrutierungskampagnen ihren Kampf als "Kampf für die Demokratie" oder als "heilige Pflicht" darstellt. Weitere Quellen berichteten, dass die RSF im Rahmen ihrer Rekrutierungsbemühungen die Faza'a, "eine alte" vor-islamische sudanesische Tradition, anruft, die es Stämmen ermöglicht, ihre Mitglieder und Verbündeten um Unterstützung gegen Angriffe anderer Stämme oder um Rache für Tötungen zu bitten. CNN berichtete, dass zwischen Januar und März 2024 etwa 700 Männer und 65 Jungen in der Region Al Jazirah von der RSF gewaltsam rekrutiert wurden. In einem Vorfall im Januar 2024 griff die RSF ein Dorf in Al Jazirah an, versammelte die Männer und exekutierte sechs von denen, die sich weigerten, sich einzuschreiben, und in einem weiteren Vorfall, am 27. Februar 2024, übernahmen RSF-Kämpfer ein weiteres Dorf, plünderten die Häuser, setzten die Supermärkte und Nahrungsmittel-Lagerhäuser in Brand und stahlen 30 Fahrzeuge, nachdem 20 Dorfbewohner sich geweigert hatten, sich einzuschreiben. Der niederländische COI-Bericht gab an, dass laut einer lokalen Quelle SAF-Veteranen von der RSF gezwungen werden, sich ihren Reihen anzuschließen, um einer Inhaftierung zu entgehen.
Human Rights Watch berichtete, dass die RSF nach dem Übertritt von Abu Agla Keikel, einem Kommandeur einer RSF-verbundenen Truppe im östlichen Al Jazirah, zur SAF am 20. Oktober 2024, Angriffe auf mindestens 30 Dörfer und Städte starteten, darunter Rufaa, Tamboul, Al-Sireha und Azrag, was zur Vertreibung von über 130.000 Menschen führte. ACLED berichtete, dass Al-Sireha besonders ins Visier genommen wurde, wo zwischen 50 und 500 Männer getötet, etwa 200 Personen verletzt und über 150 Zivilisten entführt wurden, wobei Opfer sexueller Gewalt nach dem Angriff Selbstmord begingen.
Ein Menschenrechtsanalyst gab an, dass, obwohl Informationen über Desertion nicht leicht verfügbar sind, ihm Fälle bekannt wurden, in denen SAF- und RSF-Kämpfer während der Kämpfe nach Südsudan flohen. Sobald sie sich auf der Seite von Südsudan befanden, warteten die Behörden auf Anweisungen aus Port Sudan, was mit den SAF-Soldaten zu tun sei, während für RSF-Kämpfer "unklar ist, was mit ihnen passiert".
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor dieser (Einvernahmeprotokoll vom 15.01.2025) und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragungsprotokoll vom 08.02.2023), in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in die seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Beweismittel sowie in die zitierten Länderberichte zum Sudan.
Auskünfte aus dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister, dem zentralen Melderegister und dem Strafregister wurden ergänzend zum vorgelegten Verwaltungsakt eingeholt.
Überdies wurde Beweis aufgenommen durch die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 03.04.2025 in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung.
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Da der Beschwerdeführer vor den österreichischen Behörden keine unbedenklichen identitätsbezeugenden Dokumente im Original in Vorlage brachte, steht seine Identität nicht fest. So legte er seinen sudanesischen Reisepass lediglich in Kopie vor (AS 153) und behauptete vor dem BFA, dieser sei seinerzeit seitens der rumänischen Behörden sichergestellt worden (AS 129).
Die Feststellungen bezüglich seiner Herkunft, seiner Volljährigkeit, seinen Lebensumständen, seinen Familienverhältnissen, seinem Gesundheitszustand und seiner Erwerbsfähigkeit, seiner Schulbildung und Berufserfahrung, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Konfession, seinen Sprachkenntnissen und seiner Ausreise nach Europa ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren bzw. dem unbestrittenen Akteninhalt. Als Beweismittel hatte er zudem noch eine Kopie des sudanesischen Reisepasses seiner Ehefrau (AS 194f), eine Kopie seiner Heiratsurkunde (AS 151), Kopien von UNHCR-Registrierungsdokumenten seiner Angehörigen aus Ägypten (AS 155ff), sowie ein Konvolut an Kopien sudanesischer Bildungs- und Qualifikationsnachweise (AS 151ff), insbesondere eines Informatik-Universitätsdiploms, ausgestellt am 12.10.2020 infolge seines erlangten Universitätsabschlusses vom 12.04.2020 (AS 165), vorgelegt.
Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergeben sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit eingeholten Auskünften aus dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister sowie dem zentralen Melderegister. Die Feststellungen bezüglich seines Asylverfahrens in Rumänien fußen auf einem im Akt dokumentierten Eurodac-Treffer vom 01.10.2022 (AS 28) sowie den im Akt einliegenden Unterlagen bezüglich des in der Folge seitens der österreichischen Behörden mit Rumänien geführten Dublin-Konsultationsverfahrens (AS 37ff), wobei das rumänische Innenministerium der österreichischen Dublin-Unit mittels Schreiben vom 27.02.2023 ausdrücklich zur Kenntnis brachte, dass der Beschwerdeführer am 01.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, jedoch bereits am 07.10.2022 die ihm zugewiesene Unterkunft wieder verließ und sich dem Verfahren entzog, sodass dieses mit 03.11.2022 negativ entschieden wurde (AS 43). Auch der Beschwerdeführer hatte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, nach seinem Aufgriff in Ungarn und seiner Zurückschiebung nach Rumänien dort einen Asylantrag gestellt, das Ergebnis jedoch gar nicht abgewartet zu haben (Protokoll S. 7). Daher waren die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers in Österreich ist durch eine Abfrage im Strafregister der Republik belegt.
2.2. Zum Fluchtvorbringen und einer Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer begründete seinen verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen damit, dass er im Jahr 2019 während der sudanesischen Revolution regelmäßig an regierungskritischen Demonstrationen teilgenommen habe und hierbei zwei Mal von Milizen festgenommen worden sei. Im September 2019 sei er lediglich für einen Tag angehalten und hierbei geschlagen, im Anschluss daran mit den anderen Festgenommenen jedoch freigelassen worden. Im Oktober 2019 sei er noch ein weiteres Mal festgenommen und für einen Monat angehalten worden und habe hierbei schwere Misshandlungen erlebt, ehe ihm die Flucht gelungen sei. Im Anschluss daran habe er noch für etwa zweieinhalb Jahre an einem anderen Ort im Sudan gelebt, ehe er seine Ausreise angetreten habe, wobei ihm währenddessen nichts mehr passiert sei.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie insbesondere des persönlichen Eindrucks, der vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen werden konnte, zum Schluss, dass es ihm mit seinem Vorbringen nicht gelungen ist, die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung seiner Person im Sudan glaubhaft zu machen.
Zunächst ist festzuhalten, dass es in Anbetracht der durchaus weitschweifenden und umfangreichen Schilderungen des Beschwerdeführers zwar glaubhaft anmutet, dass dieser während der sudanesischen Revolution in den Jahren 2018 und 2019 an diversen Demonstrationen teilgenommen haben mag oder diese zumindest in seinem Umfeld beobachtet und wahrgenommen hatte, da er grundsätzliche Handlungsabläufe und handelnde Akteure in nachvollziehbarer Weise und in Einklang mit den allgemeinen Länderberichten zu schildern vermochte.
Unglaubhaft erwiesen sich hingegen seine Angaben, wonach er selbst infolge dieser Demonstrationen unmittelbar von maßgeblicher Gewalt betroffen oder gar von Milizen festgenommen und über einen längeren Zeitraum angehalten und misshandelt worden wäre. So ließen seine betreffenden Schilderungen sowohl vor dem BFA als auch in der mündlichen Verhandlung insbesondere jegliche Emotionen vermissen, die Erzählungen über tatsächlich Erlebtes innewohnen. Bei Erzählungen über derart einschneidende Ereignisse in der eigenen Lebensgeschichte wäre zu erwarten, dass der Erzählende nicht nur Handlungsabläufe schildert, sondern sich selbst in die Schilderung einbaut; dass eigene Emotionen, Erlebniswahrnehmung und Verhalten zu erklären versucht werden; dass Dialoge und Interaktionen mit anderen Personen geschildert werden und der Betroffene unter Angabe der eigenen Gefühle und unter spontaner Rückerinnerung an unwesentliche Details und Nebenumstände berichtet. Die betreffenden Ausführungen des Beschwerdeführers beschränkten sich jedoch nicht nur auf allgemein gehaltene Schilderungen von Handlungsabläufen, sondern ließen überdies sogar jegliche Ernsthaftigkeit seinerseits vermissen. Bereits im BFA-Einvernahmeprotokoll ist bei den freien Schilderungen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen vermerkt, dass dieser hierbei – beinahe lachend – breit grinste (AS 138). Eine vergleichbare Beobachtung konnte auch im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gemacht werden. Nachdem der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Flucht aus seiner Anhaltung nach seiner zweiten Festnahme in ohnedies vollkommen unschlüssiger und nicht nachvollziehbarer Weise behauptet hatte, dass die Gefangenen mit ihren bloßen Händen Scharniere von Stahltüren soweit verbiegen hätten können, dass ihnen durch einen hierdurch entstandenen Schlitz die Flucht gelungen sei und ihm dies seitens des erkennenden Richters noch einmal so vorgehalten wurde, grinste der Beschwerdeführer abermals breit bei seiner Antwort und revidierte, dass die Türen ja „nicht so aus massivem Eisen gebaut“ gewesen seien, sondern dass es Öffnungen gegeben habe, damit man den Gefangenen Essen und Wasser geben könne, was sie ausgenützt hätten, „um die Türen von der Seite zu verbiegen.“ (Protokoll S. 5). Bereits diese Schilderung mutete derart abstrus an, dass sie nahelegt, dass es sich bei den behaupteten Erzählungen des Beschwerdeführers zu seiner angeblichen Anhaltung in Haft um ein reines Gedankenkonstrukt handelt.
Dessen ungeachtet ist im Hinblick auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers zu betonen, dass seine zweite Festnahme ausweislich seiner Angaben im Oktober 2019 gewesen und er in der Folge etwa einen Monat angehalten worden sei, er jedoch erst im Juli 2022 – sohin annähernd drei Jahre später – die Ausreise aus dem Sudan angetreten habe. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die im Asylverfahren glaubhaft zu machende Gefahr einer Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe bis zur Ausreise andauern muss. Vorgänge, die bereits längere Zeit zurückliegen, weisen in der Regel keine ausreichende Asylrelevanz mehr auf. Solche Umstände können bloß zur Abrundung des Gesamtbildes bei Prüfung der Frage einer nach wie vor gegebenen begründeten Furcht vor Verfolgung herangezogen werden. Daher ist auch zu prüfen, inwieweit eine eventuell vorhandene begründete Furcht vor Verfolgung auch im Zeitpunkt der Flucht vorlag (vgl. VwGH 24.03.1999, 98/01/0513, mwN).
Selbst wenn man davon ausginge, dass der Beschwerdeführer tatsächlich im Oktober 2019 infolge seiner Teilnahme an Protesten verhaftet, für einen Monat angehalten und hierbei Misshandlungen ausgesetzt gewesen sei, ist aus seinen Angaben keine begründete Furcht vor einer Verfolgung zum Zeitpunkt seiner Flucht im Juli 2022 mehr abzuleiten. Sofern er im Verfahren vorbrachte, nach seiner Haft bis zu seiner Ausreise stets im Verborgenen gelebt zu haben – so gab er im gegebenen Zusammenhang etwa vor dem BFA zu Protokoll: „Wenn ich Essen kaufen musste, dann musste ich das in der Nacht tun, und meine Familie war weit weg von mir.“ (AS 145f); in der Beschwerde wird ebenfalls ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer in Omdurman bis zu seiner Ausreise „versteckt hielt“ (AS 364) und behauptete er in der Verhandlung abermals „in diesen zweieinhalb Jahren habe ich nur in der Nacht gewagt aus dem Haus zu gehen“ (Protokoll S. 6) – so erweisen sich diese Behauptungen bereits deshalb als vollkommen unglaubhaft, da der Beschwerdeführer ausweislich der von ihm vorgelegten Studienunterlagen (AS 163ff) erst im April 2020 sein Informatik-Studium an der Universität Omdurman abgeschlossen hat und somit noch über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr, nachdem er den Milizen entkommen sei, offenkundig unbehelligt sein Universitätsstudium betreiben hätte können. Es ist auch nicht schlüssig bzw. glaubhaft, wenn der Beschwerdeführer behauptet, dass er nach seiner Flucht von den Milizen seinen Wohn- bzw. Aufenthaltsort aus Sicherheitsgründen wechseln habe müssen und nicht mehr „nach Hause“ gegangen sei, sondern sich stattdessen in Omdurman „in der Wohnung wo ich immer gewohnt habe während meiner Studienzeit“ (Protokoll s. 6) aufgehalten habe. Wie dargelegt, fanden die seitens des Beschwerdeführers geltend gemachten Fluchtgründe im Herbst 2019 vielmehr noch während seiner Studienzeit statt und hatte er seinen Wohnsitz daher – zumindest bis April 2020 – ohnedies in Omdurman, wo er auch die Universität besuchte. Das Vorbringen des Beschwerdeführers erweist sich vor diesem Hintergrund alles andere als stimmig und ist auch nicht glaubhaft, dass machtvolle Milizen dem Beschwerdeführer lediglich an der Wohnadresse seiner Eltern in Khartum, nicht jedoch in seiner Studentenwohnung oder an der Universität im nur etwa 10 km entfernt gelegenen Omdurman habhaft werden hätten können.
Nicht zuletzt legt bereits der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Sudan im Juli 2022 legal auf dem Luftweg unter Verwendung seines sudanesischen Reisepasses und eines ihm erteilten Visums für die Türkei verlassen konnte, nahe, dass zum betreffenden Zeitpunkt keinerlei staatliche Fahndungs- oder Verfolgungsmaßnahmen gegen ihn bestanden. So ist sein im gegebenen Zusammenhang erstmals in der Beschwerde behauptetes Vorbringen, wonach er „einen höherrangigen Sicherheitsbeamten“ bestochen habe, „der ihn durch die Sicherheitskontrollen hindurchschleusen konnte“ (AS 364) – in der Verhandlung behauptete er wiederum, sein Bruder habe mit einem Beamten am Flughafen gegen Bezahlung arrangiert, „dass meine Ausreise problemlos laufen sollte“ (Protokoll S. 6) – als unglaubhafte, offenkundig aus asyltaktischen Gründen erstattete Schutzbehauptung zu verwerfen.
Darüber hinaus ist hervorzuheben, dass sich die Machtverhältnisse im Sudan seit den behaupteten Festnahmen des Beschwerdeführers im Herbst 2019 und auch bereits seit seiner Ausreise im Juli 2022 schon wieder grundlegend geändert haben. Am 25.10.2021 putschte das Militär um General Burhan und dessen Stellvertreter General Mohamed Hamdan Dagalo alias Hemeti, unterstützt durch weitere Verbündete, die Übergangsregierung. Seitdem wird der Sudan von einem Generalrat unter der Leitung von General Burhan, Oberkommandant der SAF und De- facto-Präsident, und General Dagalo (Hemeti), Chef der RSF, regiert. Die interne Spaltung, in Verbindung mit erheblichem internationalem Druck, führte schließlich dazu, dass sich die beiden Führer auf einen Übergang zu einer zivil-geführten Regierung Anfang April 2023 einigten. Aufgrund erneuter Spannungen zwischen den zwei militärischen Fraktionen verzögerte sich die Umsetzung ebenjener Vereinbarung. Eine wesentliche Meinungsverschiedenheit ergab sich aus dem Vorstoß der SAF-Führung, die RSF in die nationale Armee zu integrieren, was die Kontrolle der RSF über profitable Aktivitäten wie den Goldabbau bedrohen würde. Mitte April eskalierte die Situation und weitete sich zu einem umfassenden militärischen Konflikt bzw. Bürgerkrieg aus (vgl. Punkt II.1.3.).
Sofern auch noch in der Beschwerde unter Zitierung des aktuellen EUAA Country Focus zum Sudan vom Februar 2025 und Verweis auf diverse Einzelfälle auf das brutale Vorgehen der Sicherheitsbehörden und der Bürgerkriegsparteien und deren rücksichtslose Rekrutierungsmethoden hingewiesen wird (AS 363), ist zu betonen, dass das Bundesverwaltungsgericht keineswegs die derzeit überaus volatile Sicherheitslage im Sudan verkennt, jedoch wurde dieser bereits durch die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den Beschwerdeführe adäquat Rechnung getragen. Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist indessen, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. VwGH 03.05.2018, Ra 2018/19/0171, mwN). Die Gefahr einer derartigen Verfolgung zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt ist in Anbetracht des individuellen Profils des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der einschlägigen aktuellen Länderberichte nicht zu erkennen und räumte dieser vor dem BFA sogar selbst ausdrücklich ein, dass er gar nicht wisse, ob er derzeit noch verfolgt werde (AS 145). Da nach der Rechtsprechung die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht genügt, ist es für die Gewährung von Asyl allerdings nicht ausreichend, derselben eine bloß theoretisch denkbare Möglichkeit eines Verfolgungsszenarios zugrunde zu legen (vgl. VwGH 24.04.2024, Ra 2024/20/0111, mwN). Ebenso wenig genügt die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, zur Dartuung einer asylrelevanten Verfolgungssituation (vgl. VwGH 19.04.2023, Ra 2022/14/0056, mwN) und wurden letztlich keinerlei Umstände aufgezeigt, die nahelegen würden, dass ausgerechnet der Beschwerdeführer infolge eines Konventionsgrundes in höherem Maße von Verfolgungshandlungen betroffen wäre, als andere Zivilpersonen, die im Sudan leben.
In einer Gesamtbetrachtung ist es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen, eine aktuelle, gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die unter Punkt II.1.3. getroffenen Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat basieren auf einer ausgewogenen Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH 04.04.2001, 2000/01/0348, mwN), wobei der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung auf die mittlerweile in Kraft getretene Verordnung (EU) 2021/2303 hingewiesen hat, deren Art. 11 Abs. 3 vorsieht, dass bei der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz einschlägige Länderrichtlinien der EUAA von den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind (vgl. VwGH 25.06.2024, Ra 2024/18/0151, mwN). Zuletzt erfolgte eine Erörterung der aktuellen Länderberichte – die dem Beschwerdeführer bzw. seiner Rechtsvertretung zugleich mit der Verhandlungsladung übermittelt worden waren – im Rahmen der mündlichen Verhandlung (vgl. VwGH 06.04.2021, Ra 2020/18/0506, mwN).
Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Verfahren auch nicht entgegen. Vielmehr wurde in der Beschwerde selbst umfassend aus den der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichten (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Sudan vom 02.02.2024; EUAA-Bericht "Sudan: Country Focus Report" vom Februar 2025) zitiert und auf deren Inhalt verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abs. A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art. 1 Abs. A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abs. A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413, mwN).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG 2005 erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233, mwN).
Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.2. umfassend dargelegt, konnte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall keine Gründe glaubhaft machen, die für eine asylrelevante Verfolgung sprächen. Er ist im Sudan nicht der Gefahr einer individuellen Verfolgung oder Bedrohung durch Milizen ausgesetzt. Sein betreffendes Fluchtvorbringen ist weder glaubhaft, noch käme diesem bei hypothetischer Wahrunterstellung in Anbetracht der zwischenzeitig maßgeblich geänderten politischen Verhältnisse im Sudan Asylrelevanz zu.
Eine darüberhinausgehende Verfolgung wurde weder von Seiten des Beschwerdeführers behauptet, noch war eine solche für das Bundesverwaltungsgericht erkennbar.
Dem Beschwerdeführer ist es damit im gesamten Verfahren nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung von maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Sudan keine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.