Spruch
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BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die fachkundigen Laienrichter Michael HEINDL und Alexander WIRTH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburgerstraße vom 12.10.2023, VSNR XXXX , betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) im Zeitraum von 22.09.2023 bis 02.11.2023, in nicht-öffentlicher Sitzung, beschlossen:
A)
Der Bescheid vom 12.10.2023 wird aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice Wien Laxenburgerstraße zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (im Folgenden „Beschwerdeführer“) war zuletzt von 01.11.2017 bis 07.11.2021 als Angestellter vollversicherungspflichtig beschäftigt. Von 02.02.2022 bis 30.08.2022 bezog er Arbeitslosengeld. Am 30.08.2023 stellte er zuletzt einen Antrag auf Notstandshilfe und bezog seit 31.08.2022 Notstandshilfe.
2. In der Betreuungsvereinbarung mit dem Arbeitsmarktservice Wien Laxenburgerstraße (im Folgenden „belangte Behörde“) vom 25.04.2023 wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer eine neue Arbeitsstelle als Firmware-Entwickler bzw. Softwaretechniker (Softwareentwickler) sowie weitere gesetzlich zumutbare Stellen in Wien auf Voll-/Teilzeitbasis suche.
3. Am 06.09.2023 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde zum Bewerbungstag der XXXX am 22.09.2023 um 9:00 Uhr geladen. Im Rahmen des Bewerbungstages wurde dem Beschwerdeführer eine Stelle als Fahrer bei XXXX im Ausmaß von 40 Wochenstunden und einem Bruttomonatsgehalt von mindestens € 1.950,- zugewiesen.
4. Am 10.10.2023 wurde eine Niederschrift zur Nichtannahme bzw. zum Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung durch die belangte Behörde aufgenommen. Darin wurde angeführt, dass der Beschwerdeführer angegeben habe, dass er zu alt und gebrechlich sei. Der Beschwerdeführer führte aus, dass er schon zu alt sei und Probleme mit seinen Lendenwirbeln habe, die immer wieder entzündet seien. Er wiege 64 kg und könne keine schweren Sachen heben. Nachweise habe er derzeit keine.
5. Mit gegenständlichem Bescheid vom 12.10.2023 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 22.09.2023 bis 02.11.2023 den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG verloren habe. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde. Nachsicht wurde nicht erteilt.
Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde am 22.09.2023 Kenntnis darüber erlangt habe, dass der Beschwerdeführer eine zugewiesene sowie zumutbare Beschäftigung bei der Firma XXXX ohne triftigen Grund nicht angenommen habe. Gründe für eine Nachsicht würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
6. Mit Aktenvermerk vom 12.10.2023 wurde von der belangten Behörde dokumentiert, dass der Beschwerdeführer die Stelle zumindest antreten und es probieren hätte können. Mit 64 kg Körpergewicht könne man Pakete von 3 bis 8 kg heben bzw. ausliefern. Zudem würden keine Facharztbefunde vorliegen.
7. In der fristgerechten Beschwerde vom 08.11.2023, führte der Beschwerdeführer aus, dass er wegen körperlichen Unzulänglichkeiten nicht im Stande sei, Paketdienst-Tätigkeiten durchzuführen. Im 63. Lebensjahr mit einem Eigengewicht von etwa 64 kg, einer schiefen Wirbelsäule, Lendenwirbel- und Gelenksschmerzen sehe er sich nicht im Stande eine diesbezügliche Vereinbarung mit einem Arbeitgeber zu treffen, da die Erfüllbarkeit nicht gegeben sei. Als Nachweis seiner gesellschaftlichen Integrität habe er Dienstzeugnisse vorgelegt.
8. In der Niederschrift vom 28.11.2023 durch die belangte Behörde wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer angab, er habe nicht angegeben als Zusteller arbeiten zu wollen. Nach Vorhalt des Bewerber:innen Fragebogens gab er an, er glaube schon, dass das seine Handschrift sei, aber er habe das erst hineingeschrieben, als er mit Frau XXXX gesprochen habe. Er habe diesen Punkt ursprünglich nicht ausgefüllt, weil er geglaubt habe, dass das ohnehin aus dem Lebenslauf ersichtlich sei. Er habe das Transitdienstverhältnis abgelehnt, weil es um diese Stelle als Zusteller gegangen sei und er nicht 40 Wochenstunden als Zusteller arbeiten könne, auch nicht, wenn die Pakete selbst nur 3 bis 8 kg wiegen würden. Er habe seit 20 Jahren orthopädische Probleme, der jüngste Befund sei über 20 Jahre alt und sei beim Arzt geblieben, er habe nur Röntgenbilder. Er habe sich vom Betriebsarzt seines damaligen Dienstgebers vor vielen Jahren Spritzen geben lassen, das habe nicht geholfen. Er habe der belangten Behörde nichts gesagt, weil es bislang kein Thema gewesen sei und es auch nicht seinen Berufswünschen entsprochen habe. Es sei absurd, dass er als Zusteller arbeite, das gehe einfach nicht. Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen binnen einer Woche einen Termin beim Facharzt für Orthopädie zu vereinbaren.
9. Durch die damalige Beraterin von XXXX wurde festgehalten, dass die angebotene Stelle durch den Beschwerdeführer abgelehnt worden sei, obwohl er einen Führerschein besitze und dabei nicht schwer heben müsse. Der Beschwerdeführer gab an, er glaube, dass er das nicht schaffe.
10. Am 17.01.2024 übermittelte der Beschwerdeführer den Befund eines Facharztes für Orthopädie.
11. Mit Aktenvermerk der belangten Behörde vom 23.01.2024 wurde vermerkt, dass aus dem Befundbericht des Orthopäden nicht herauszulesen sei, dass bzw. welche Einschränkungen es gäbe.
12. Der Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 28.02.2024 (einlangend) durch die belangte Behörde elektronisch übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war zuletzt von 01.11.2017 bis 07.11.2021 als Angestellter bei der XXXX vollversicherungspflichtig beschäftigt. Von 02.02.2022 bis 30.08.2022 bezog er Arbeitslosengeld. Am 30.08.2023 stellte er zuletzt einen Antrag auf Notstandshilfe und bezog seit 31.08.2022 Notstandshilfe. Eine neue, die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung hat der Beschwerdeführer anschließend nicht aufgenommen.
In der am 25.04.2023 abgeschlossenen einvernehmlichen Betreuungsvereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer eine neue Arbeitsstelle als Firmware-Entwickler bzw. Softwaretechniker (Softwareentwickler) sowie weitere gesetzlich zumutbare Stellen in Wien auf Voll-/Teilzeitbasis sucht.
Am 06.09.2023 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde zum Bewerbungstag der XXXX am 22.09.2023 um 9:00 Uhr geladen.
Der Beschwerdeführer nahm an dem Bewerbungstag teil und wurde ihm im Rahmen des Bewerbungstages eine Stelle als Fahrer/Zusteller, von Paketen von 3 bis 8 kg, bei XXXX im Ausmaß von 40 Wochenstunden und einem Bruttomonatsgehalt von mindestens € 1.950,- zugewiesen.
Die zugewiesene Stelle lehnte der Beschwerdeführer im Rahmen des Bewerbungstages auf dem ihm ausgehändigten Bewerbungsformular mit der Begründung „zu alt und gebrechlich“ ab. Im Weiteren begründete er seine Ablehnung damit, dass er im 63. Lebensjahr mit einem Eigengewicht von 64 kg und wegen körperlichen Unzulänglichkeiten, wegen einer schiefen Wirbelsäule, Lendenwirbel- und Gelenksschmerzen, nicht im Stande sei, Paketdienst – Tätigkeiten durchzuführen. Er sehe sich nicht im Stande, einen Vertrag mit einem Arbeitgeber zu unterzeichnen, wenn die Erfüllbarkeit nicht gegeben sei. Er könne nicht als Zusteller arbeiten, seit 20 Jahren leide er bereits an orthopädischen Problemen. Der jüngste Befund sei über 20 Jahre alt und sei beim Arzt geblieben. Er habe nur noch Röntgenbilder. Bisher habe er der belangten Behörde nichts gesagt, weil es bislang kein Thema gewesen sei und es nicht seinen Berufswünschen entsprochen habe.
Derartige gesundheitliche Beschwerden gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde zuvor nicht an, legte dazu bis dahin auch keine Befunde vor, und wurden solche auch nicht in der Betreuungsvereinbarung vermerkt.
Der Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie stellte im vom Beschwerdeführer übermittelten Befundbericht vom 17.01.2024 die Diagnosen „OC untere LWS L5-S1, Rechtskonvexe Rotationsskoliose der LWS und verstärkte Lendenlordose, Osteochondrose L5/S1 und geringer an den übrigen Zwischenwirbelräumen, mäßige Spondylarthrosis deformans lumbalis, Baastrup’sche Schliffflächen, Coxa valga bds.“ fest und dokumentierte als Therapie „Klinische Untersuchung, Befundbesprechung“ sowie als Procedere „Kontrolle bei Bedarf“.
Die belangte Behörde ging davon aus, dass aus dem Befundbericht vom 17.01.2024 nicht herauszulesen sei, dass bzw. welche Einschränkungen es gäbe, und, dass die Beauftragung einer Begutachtung durch das berufsdiagnostische Zentrum des BBRZ Österreich nicht zu rechtfertigen sei. Die 10-Wochenfrist sei jedoch abgelaufen und die Zuständigkeit nicht mehr gegeben.
Die belangte Behörde unterließ jegliche weitere Ermittlungstätigkeit hinsichtlich der behaupteten Unzumutbarkeit der Beschäftigung.
Insbesondere unterließ die belangte Behörde die Beauftragung einer weiteren Begutachtung des Beschwerdeführers.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungsakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts.
2.2. Die Feststellungen zur letzten vollversicherungspflichtigen Beschäftigung des Beschwerdeführers von 01.11.2017 bis 07.11.2021 als Angestellter bei der XXXX und zum Leistungsbezug ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Versicherungsdatenauszug vom 28.02.2024 (vgl. AS 19). Ebenso geht daraus hervor, dass der Beschwerdeführer anschließend keine neue Beschäftigung aufgenommen hat.
2.3. Aus den BewerberInnen-Fragebogen (AS 5) geht hervor, dass der Beschwerdeführer an dem Bewerbungstag teilnahm und ihm im Rahmen dessen eine Stelle als Fahrer/Zusteller (Pakete 3 bis 8 kg) bei XXXX im Ausmaß von 40 Wochenstunden und einem Bruttomonatsgehalt von mindestens € 1.950,- angeboten wurde.
Zudem ist im Fragebogen ersichtlich, dass keine Aufnahme des Transitdienstverhältnisses erfolgt sei, da der Beschwerdeführer ein solches mit der Begründung „zu alt und gebrechlich“ abgelehnt habe.
Die Ablehnung der zugewiesenen Stelle begründete der Beschwerdeführer damit, dass er schon zu alt sei und Probleme mit seinen Lendenwirbeln habe, die auch immer wieder entzündet seien. Er wiege 64 kg und könne keine schweren Sachen heben. Nachweise habe er derzeit keine (vgl. AS 10).
Im Rahmen eines Kontrollmeldetermins am 07.11.2023 gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht verstehe, warum er eine Sperre bekommen habe, wenn er schon wisse, dass er den Job wegen seiner Gesundheit nicht ausüben könne (vgl. AS 16).
In seiner Beschwerde wies er nochmals darauf hin, dass er wegen seiner körperlichen Unzulänglichkeiten nicht im Stande sei, Paketdienst-Tätigkeiten durchzuführen. Er sei im 63. Lebensjahr und habe ein Eigengewicht von etwa 64 kg, eine schiefe Wirbelsäule, Lendenwirbel- und Gelenksschmerzen. Er sehe sich nicht im Stande, einen Vertrag mit einem Arbeitgeber zu unterzeichnen, wenn die Erfüllbarkeit nicht gegeben sei (vgl. AS 17).
Im Rahmen einer Niederschrift durch die belangte Behörde am 28.11.2023 wurde festgehalten, er habe das Transitdienstverhältnis abgelehnt, weil es um eine Stelle als Zusteller gegangen sei und er nicht 40 Wochenstunden als Zusteller arbeiten könne, auch nicht, wenn die Pakete 3 bis 8 kg schwer sein würden. Seit 20 Jahren habe er orthopädische Probleme, der jüngste Befund sei über 20 Jahre alt und sei beim Arzt geblieben. Er habe nur noch Röntgenbilder. Der belangten Behörde habe er nichts gesagt, da es bislang kein Thema gewesen sei und die Stelle auch nicht seinen Berufswünschen entsprochen habe (vgl. AS 30).
Die Beraterin von XXXX , die damals im Rahmen des Bewerbungstages das Gespräch mit dem Beschwerdeführer führte, hielt als Aktenvermerk fest, dass eine Ablehnung durch den Beschwerdeführer erfolgt sei, dieser habe Jobvorstellungen, Erfahrung und eine Ausbildung, in dieser Sparte habe sie jedoch keine Jobs. IT komme nicht in Frage, da kenne er sich nicht aus. Er habe einen Führerschein B, deshalb sei ein Job als Fahrer angeboten worden, wo er auch nicht schwer heben müsse. Der Beschwerdeführer glaube, er schaffe dies nicht (vgl. AS 40).
Im vom Beschwerdeführer vorgelegten Befundbericht eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 17.01.2024 (AS 47) wurden die Diagnosen „OC untere LWS L5-S1, Rechtskonvexe Rotationsskoliose der LWS und verstärkte Lendenlordose, Osteochondrose L5/S1 und geringer an den übrigen Zwischenwirbelräumen, mäßige Spondylarthrosis deformans lumbalis, Baastrup’sche Schliffflächen, Coxa valga bds.“, als Therapie „Klinische Untersuchung, Befundbesprechung“ und als Procedere „Kontrolle bei Bedarf“ dokumentiert.
Die belangte Behörde hielt im Aktenvermerk vom 23.01.2024 fest, dass aus dem Befundbericht vom 17.01.2024 nicht herauszulesen sei, dass bzw. welche Einschränkungen es gäbe, außerdem sei die 10-Wochenfrist abgelaufen und die Zuständigkeit nicht mehr gegeben.
In der Stellungnahme vom 28.02.2024 führte die belangte Behörde aus, dass nach der Aktenlage keine manifesten gesundheitlichen Einschränkungen ersichtlich seien, die die Beauftragung einer Begutachtung durch das berufsdiagnostische Zentrum des BBRZ Österreich rechtfertigen würden bzw. die die gesundheitliche Zumutbarkeit in Frage stellen würden.
Dass der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde die nunmehr vorgebrachten gesundheitlichen Einschränkungen im Vorfeld nicht bekannt gegeben hatte, ist unstrittig dem Akteninhalt zu entnehmen. Daraus geht hervor, dass der Beschwerdeführer gesundheitliche Probleme erst im Rahmen des Bewerbungstages bei der Zuweisung der gegenständlichen Arbeitsstelle geltend machte (vgl. AS 4). Dies bestätigte auch der Beschwerdeführer, der sagte, dass er die gesundheitlichen Probleme erst bei Zuweisung der Arbeitsstelle vorgebracht habe, da es bislang kein Thema gewesen sei und die Stelle nicht seinen Berufswünschen entsprochen habe (vgl. AS 30).
Aus dem Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass die belangte Behörde keine weiteren Ermittlungsschritte setzte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
Zur Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde:
3.1. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) BGBl. Nr. 609/1977 idgF lauten:
"Voraussetzungen des Anspruches
§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer
1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2. die Anwartschaft erfüllt und
3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
(2) bis (8) [...]“
„Arbeitsfähigkeit
§ 8. (1) Arbeitsfähig ist, wer nicht invalid und nicht berufsunfähig im Sinne des ASVG ist. Arbeitsfähig ist jedenfalls nicht, wer eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit bezieht. Arbeitsfähig ist weiters nicht, wer die Anspruchsvoraussetzungen für eine derartige Leistung erfüllt.
(2) Arbeitslose sind, wenn sich Zweifel über ihre Arbeitsfähigkeit ergeben oder zu klären ist, ob bestimmte Tätigkeiten ihre Gesundheit gefährden können, verpflichtet, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Die Untersuchung der Arbeitsfähigkeit hat an einer vom Kompetenzzentrum Begutachtung der Pensionsversicherungsanstalt festgelegten Stelle stattzufinden. Die Untersuchung, ob bestimmte Tätigkeiten die Gesundheit einer bestimmten Person gefährden können, hat durch einen geeigneten Arzt oder eine geeignete ärztliche Einrichtung zu erfolgen. Wenn eine ärztliche Untersuchung nicht bereits eingeleitet ist, hat die regionale Geschäftsstelle bei Zweifeln über die Arbeitsfähigkeit oder über die Gesundheitsgefährdung eine entsprechende Untersuchung anzuordnen. Wer sich weigert, einer derartigen Anordnung Folge zu leisten, erhält für die Dauer der Weigerung kein Arbeitslosengeld.
(3) bis (5) […]“
„Arbeitswilligkeit
§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere, wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
(3) - (8) [...]“
„§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person
1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
2. - 4.
so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
(2) Hat sich die arbeitslose Person auf einen durch unwahre Angaben über Umfang und Ausmaß von Teilzeitbeschäftigungen begründeten besonderen Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen berufen, so erhöht sich die Mindestdauer des Anspruchsverlustes nach Abs. 1 um weitere zwei Wochen.
(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
(4) Wer, ohne dadurch den Erfolg der Schulungsmaßnahme zu gefährden, tageweise nicht an einer Schulungsmaßnahme teilnimmt, verliert den Anspruch auf Arbeitslosengeld für Tage des Fernbleibens, außer wenn dieses durch zwingende Gründe gerechtfertigt ist.“
„Allgemeine Bestimmungen
§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“
3.2. Mit BGBl I 2007/104 wurde in § 9 Abs. 7 AlVG normiert, dass – unbeschadet der erforderlichen Beurteilung der Zumutbarkeit im Einzelfall – als Beschäftigung auch ein der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt dienendes Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Sozialökonomischen Betriebes (SÖB) oder eines Gemeinnützigen Beschäftigungsprojektes (GBP) gilt, soweit dieses den arbeitsrechtlichen Vorschriften und den in den Richtlinien des Verwaltungsrates geregelten Qualitätsstandards entspricht. Ein Verhalten im Sinn von § 10 Abs. 1 AlVG im Hinblick auf einen Sozialökonomischen Betrieb kann daher zum Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe führen (vgl. VwGH 29.01.2014, Zl. 2013/08/0265).
3.3. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) u.a. in seinem Erkenntnis vom 16.10.2015, Ra 2015/08/0042, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ausgeführt hat, kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt hat oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
3.4. Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, die arbeitslos gewordenen versicherte Person, die trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihr zumutbare Beschäftigung einzugliedern und sie so in die Lage zu versetzen, ihren Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. VwGH, 23.02.2005, 2003/08/0039).
Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG ergibt, ist die Voraussetzung für die Verhängung einer Sanktion nach dieser Bestimmung insbesondere die Zumutbarkeit der zugewiesenen Stelle (vgl. § 9 Abs. 2 AlVG).
Für die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall eine gemäß § 10 AlVG zu sanktionierende Vereitelungshandlung gesetzt hat, kommt es daher maßgeblich darauf an, ob diese Stelle seinen körperlichen Fähigkeiten angemessen, d.h. mit seinem Gesundheitszustand zu vereinbaren war – was der Beschwerdeführer mit Verweis auf verschiedene physische und psychische Leiden in Abrede stellt.
Die belangte Behörde kann zwar eine arbeitslose Person zu einer Tätigkeit zuweisen, sofern die Beschäftigung nicht evident unzumutbar ist bzw. das Arbeitsmarktservice nicht von vorne herein Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand hat (vgl. VwGH 04.07.2007, 2006/08/0097); der Beschwerdeführer hat darüber hinaus auch Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung für die zugewiesene Stelle in erster Linie gegenüber der regionalen Geschäftsstelle des AMS schon aus Anlass der Zuweisung bekannt zu geben, um dieser eine Überprüfung der Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung zu ermöglichen (vgl. VwGH 04.04.2002, 2002/08/0051, mwN).
Sind aktenkundig deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen von regelwidrigen Körper- oder Geisteszuständen vorhanden, welche geeignet sind, die Arbeitsfähigkeit des Arbeitslosen in Zweifel zu ziehen, wäre die Behörde verpflichtet gewesen, die Arbeitsfähigkeit von Amts wegen zu prüfen (vgl. VwGH vom 07.09.2011, 2009/08/0130).
Die seine Gesundheit betreffenden Einwendungen des Arbeitslosen sind somit vom Arbeitsmarktservice in Bezug auf eine bestimmte Arbeitsstelle im Anlassfall zu überprüfen. Macht die arbeitslose Person gesundheitliche Einschränkungen geltend, die sie für die zugewiesene Beschäftigung als nicht geeignet erscheinen lassen könnten, besteht die Verpflichtung der regionalen Geschäftsstelle, dies durch die Veranlassung entsprechender Untersuchungen und durch die Einholung von Gutachten zu klären (vgl. VwGH vom 29.10.2008, 2007/08/0062).
Die Überprüfung der Arbeitsfähigkeit ist eine in § 8 AlVG eigens geregelte Aufgabe des AMS. Dabei geht es in der Regel - auch wenn Anlass der Überprüfung so wie hier die Frage der gesundheitlichen Eignung für eine konkrete Beschäftigung sein mag - auch um die Feststellung, ob bzw. in welchem Umfang die Arbeitsfähigkeit generell (noch) gegeben ist. Daraus folgend erscheint es zweckmäßig, dass der Auftrag zur Untersuchung bzw. Einholung eines ärztlichen Gutachtens zunächst durch das AMS selbst im Zuge einer Überprüfung nach § 8 AlVG erfolgt (vgl. VwGH vom 22.01.2024, Ra 2023/08/0159).
3.5. Im gegenständlichen Fall erfolgte eine konkrete Behauptung der Unzumutbarkeit der Beschäftigung, indem der Beschwerdeführer gesundheitliche Einschränkungen bei Zuweisung der Beschäftigung vorbrachte und im späteren Verlauf auch einen Befundbericht eines orthopädischen Facharztes vorlegte. Diese gesundheitlichen Einschränkungen hätten laut Beschwerdeführer für vorangegangene zugewiesene Arbeitsstellen keine Relevanz gehabt.
Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, merkte die belangte Behörde zwar an, dass laut Aktenlage keine manifesten gesundheitlichen Einschränkungen ersichtlich seien, die die Beauftragung einer Begutachtung durch das berufsdiagnostische Zentrum des BBRZ Österreich rechtfertigen würden.
Allein aufgrund des orthopädischen Befundberichtes kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass hier keine manifesten gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen würden.
Konkret ist anzumerken, dass die vorgebrachten gesundheitlichen Einschränkungen geeignet sein könnten, die Zumutbarkeit der gegenständlichen zugewiesenen Arbeitsstelle auszuschließen.
Insbesondere sind bei den im Rahmen der zugewiesenen Stelle auszuführenden Liefer-/ bzw. Zustelltätigkeiten Pakete (3 bis 8 kg) zu heben und könnten die vorgebrachten orthopädischen Einschränkungen, solche Tätigkeiten unzumutbar machen.
Die belangte Behörde wies selbst auch darauf hin, dass eine Begutachtung beim BBRZ Österreich/Berufsdiagnostik Austria nur unter Mitnahme von Befunden erfolgen könne und der Beschwerdeführer deshalb zur Vorlage von Befunden angewiesen worden sei. Zum Zeitpunkt des Einlangens des erwähnten Befundes sei jedoch die 10-Wochen-Frist für die Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung bereits verstrichen gewesen und die belangte Behörde daher mangels Zuständigkeit nicht mehr in der Lage gewesen eine solche zu erlassen.
Die belangte Behörde hat sich insofern im gegenständlichen Fall mit der Frage der körperlichen Eignung des Beschwerdeführers trotz vorliegender Anhaltspunkte – nämlich dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der diese verneint – nicht näher auseinandergesetzt.
Ein ärztliches Gutachten zur Prüfung der vom Beschwerdeführer bestrittenen Zumutbarkeit wurde von der belangten Behörde in der Folge nicht eingeholt und steht daher der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht fest.
Damit hat die belangte Behörde keine für eine Entscheidung in der Sache nach § 28 Abs. 2 VwGVG ausreichenden „brauchbaren Ermittlungsergebnisse“ geliefert.
Dies berechtigt das Bundesverwaltungsgericht dazu, von einer Entscheidung in der Sache abzusehen und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen (vgl. VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0088).
In der Folge liegen daher derartige gravierende Verfahrensmängel vor, die das Verwaltungsgericht berechtigen, die Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen zurückzuverweisen.
Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde bzw. Vorlageantrag vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Wie unter Punkt II.3. dargelegt, ergeht die Entscheidung in Anlehnung an die dort zitierte ständige einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG sowie zu §§ 8, 9 und 10 AlVG.