Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.2025, Zl. 2025-0.028.863-6-A, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit Schreiben vom 19.12.2024 wurde in dem am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur Zl. XXXX geführten Verfahren für den 30.12.2024, 12.00 Uhr, eine mündliche Verhandlung am Hauptsitz des BVwG in Wien anberaumt, zu welcher der nunmehrige Beschwerdeführer (BF) als beschwerdeführende Partei geladen wurde.
2. Zu der in der Folge auf 13:00 Uhr verlegten Verhandlung am 30.12.2024 erschien der BF nicht. Auch bei erneutem Aufruf der Sache um 13:15 Uhr war er nicht anwesend. Daraufhin wurde dem zur Verhandlung erschienenen Rechtsvertreter mitgeteilt, dass ein neuer Verhandlungstermin am 07.01.2024 anberaumt und diesbezügliche Ladungen zugestellt würden, und die Verhandlung um 13:35 Uhr beendet.
3. Am 08.01.2024 stellte der BF zwei Anträge auf Beteiligtengebühren gemäß § 26 VwGVG betreffend die am 30.12.2024 abgehaltene Verhandlung und beantragte darin zum einen den Ersatz von Reisekosten iHv insgesamt EUR 126,40 sowie zum anderen den Pauschalersatz für den Mehraufwand für Verpflegungskosten iHv von insgesamt EUR 17,--.
5. Mit Schreiben vom 17.01.2025 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass er zur Verhandlung am 30.12.2024 nicht erschienen sei und seine Anträge auf Beteiligtengebühren daher zurückzuweisen seien.
6. Mit Schriftsatz vom 27.01.2025 führte der BF im Wesentlichen aus, dass er am 30.12.2024 sehr wohl zum Verhandlungsort erschienen sei, jedoch mit einer gewissen Verspätung. Er habe sich auf dem Weg zum Gericht verlaufen; aufgrund der komplexen Verkehrsführung in Wien sei es zu einer unvorhergesehenen Verzögerung gekommen. Trotz aller Bemühungen, den Verhandlungsort rechtzeitig zu erreichen, sei er zu spät angekommen, sodass die Verhandlung bereits „abberaumt“ gewesen sei. Auch habe sich die Rechtsvertreterin des BF im Vorfeld dafür eingesetzt, dass die Verhandlung in Hinblick auf die Dauer der Anreise des BF aus Fieberbrunn nach hinten verschoben werde. Die Verschiebung um eine Stunde habe sich als nicht ausreichend erwiesen. Zum Beweis des Erscheinens des BF am Bundesverwaltungsgericht am 30.12.2024 werde die Einvernahme einer Mitarbeiterin der Rechtsvertreterin des BF beantragt, die diesen um ca. 14:00 Uhr am Hauptsitz des BVwG angetroffen habe.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Gebührenanträge des BF gemäß § 26 Abs. 1 und Abs. 5 VwGVG iVm § 4 Abs. 1 GebAG zurück.
Begründend hielt die Behörde (unter Hinweis auf Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte² (2017) § 26 VwGVG Rz 6), sowie die Entscheidung des BVwG vom 16.02.2022, Zl. W176 2248828-1/3) fest, dass nach § 4 Abs. 1 GebAG die Frage, ob die Vernehmung einer Person als Zeuge (hier: Beteiligter) ohne Verschulden unterblieben sei, nur dann von Bedeutung sei, wenn sie tatsächlich zu dem Datum, der Zeit und an dem Ort erschienen ist, der in der Ladung genannt ist. Da der BF nicht zur Verhandlung erschienen sei, könne dahingestellt bleiben, ob ihn am Unterbleiben seiner Vernehmung ein Verschulden trifft.
8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende – fristgerecht erhobene – Beschwerde. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass die von der Behörde zitierte Entscheidung des BVwG nicht einschlägig sei, da der Entscheidung der Gebührenantrag einer Person zugrunde gelegen sei, die nicht zur Verhandlung geladen worden war. Auf den gegenständlichen Fall seien vielmehr die Überlegungen übertragbar, die der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.09.2021, Zl. Ra 2021/16/0011, angestellt habe: Im betreffenden Fall sei es um die Frage des Gebührenanspruchs für eine Verhandlung gegangen, die abberaumt wurde, während sich die Beteiligten bereits auf dem Weg zum Gericht befunden haben. Hier habe der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass ein Gebührenanspruch für Personen bestehe, die letztendlich nicht vor Gericht erschienen seien. Diese Entscheidung verdeutliche, dass auch bei geladenen Beteiligten, die nicht bei Gericht erschienen sind, auf das Verschulden abzustellen ist.
9. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor. Dabei nahm sie zur Beschwerde Stellung, wobei sie zum einen festhielt, dass dem von ihr zitierten Erkenntnis des BVwG vom 16.02.2022, Zl. W176 2248828-1/3E, wonach gemäß § 4 Abs. 1 GebAG die Frage, ob die Vernehmung einer Person als Zeuge ohne deren Verschulden unterblieben ist, nur dann von Bedeutung ist, wenn sie aufgrund einer Ladung gekommen ist, (unabhängig davon, ob ein Sachverhalt abgehandelt werde, bei dem ein Zeuge ohne Ladung gekommen ist) zu entnehmen sei, dass ein Verschulden nur dann zu prüfen sei, wenn die beschwerdeführende Partei tatsächlich zu Gericht gekommen ist. Zum anderen betreffe die in der Beschwerde angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs den Fall einer nicht rechtzeitigen Abberaumung der Verhandlung durch das Gericht, in dem das Unterbleiben der Vernehmung diesem zuzurechnen sei und nicht in die Sphäre des Beteiligten falle.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen stützen sich auf die vorgelegten Verwaltungsunterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1.Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
3.1.2.Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1.3. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2. Zu Spruchpunkt A):
3.2.1.1 Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
3.2.1.2. Gemäß § 26 Abs. 1 VwGVG haben Zeugen, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu Beweiszwecken vernommen werden, oder deren Vernehmung ohne ihr Verschulden unterbleibt, Anspruch auf Gebühren nach § 2 Abs. 3 und den §§ 3 bis 18 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 19 GebAG binnen 14 Tagen beim Verwaltungsgericht geltend zu machen.
Gemäß § 26 Abs. 5 VwGVG gelten die Abs. 1 bis 4 leg. cit. § 26 VwGVG auch für Beteiligte.
Gemäß § 4 Abs. 1 GebAG steht der Anspruch auf die Gebühr dem Zeugen zu, der aufgrund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist. Er kommt aber auch dem Zeugen zu, der ohne Ladung gekommen und vernommen worden oder der aufgrund einer Ladung gekommen, dessen Vernehmung aber ohne sein Verschulden unterblieben ist.
Das Unterbleiben der Vernehmung ohne Verschulden des Zeugen (hier: Beteiligten) iSd § 26 Abs. 1 VwGVG setzt voraus, dass er tatsächlich zu dem Datum, der Zeit und dem Ort erschienen ist, die in der Ladung genannt sind sowie dass der Grund für das Unterbleiben der Vernehmung im Verfahren liegt, etwa dass die Vernehmung nicht mehr erforderlich ist oder die Verhandlung vertagt wird (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte² (2017) § 26 VwGVG Rz 6)
3.2.2. Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:
Zwar ist dem BF darin Recht zu geben, dass aus dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten Erkenntnis des BVwG vom 16.02.2022, Zl. W176 2248828-1/3E, für die gegenständlich vorliegende Konstellation nichts zu gewinnen ist, da es den Gebührenantrag eines Zeugen betraf, der nicht zur Verhandlung geladen worden war.
Soweit die Beschwerde aber auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 23.09.2021, Zl. Ra 2021/16/0011, verweist, ist ihr zwar zuzugestehen, dass diesem zu entnehmen ist, dass grundsätzlich auch für Personen, die letztendlich nicht vor Gericht erschienen sind, grundsätzlich Gebührenansprüche bestehen können. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Grund für das Unterbleiben der Vernehmung des BF nicht – wie von der zuvor angeführten Literaturmeinung, der sich das BVwG anschließt, gefordert – im Verfahren gelegen ist, etwa insofern, als die Verhandlung abberaumt wurde. Ein solcher im Verfahren gelegener Grund für das Unterbleiben der Vernehmung des BF lag – anders als in der dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs zugrundeliegenden Konstellation, wo das Gericht die Verhandlung (zu spät) abberaumte – nicht vor. Vielmehr fand die Verhandlung statt; sie war bloß zum Zeitpunkt, zu dem der BF am Hauptsitz des BVwG erschienen sei, bereits beendet.
Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Frage, ob den BF ein Verschulden am Unterbleiben der Vernehmung trifft, gegenständlich nicht zu prüfen war.
3.2.3. Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.
3.2.4. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Fall wurde keine mündliche Verhandlung beantragt und ist auch der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte daher entfallen.
3.3. Zu Spruchpunkt B):
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung aus nachstehenden Gründen von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:
Oben unter Punkt 3.2.2. wurde dargelegt, weshalb das BVwG davon ausgeht, dass das Unterbleiben der Vernehmung ohne Verschulden des Zeugen (hier: Beteiligten) iSd § 26 Abs. 1 VwGVG voraussetzt, dass der Grund für das Unterbleiben der Vernehmung im Verfahren liegt, was etwa dann anzunehmen ist, wenn die Verhandlung vertagt wird. Soweit für das BVwG überblickbar, liegt zu dieser Frage jedoch keine spezifische Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.