JudikaturBVwG

W176 2248828-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2022

Spruch

W176 2248828-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2021, Zl. 2021-0.575.335-3-A, betreffend Zeugengebühren zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 122/2013 (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Dem gegenständlichen Gebührenbestimmungsverfahren nach dem Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) liegt das vor dem Bundesverwaltungsgericht zu Zl. XXXX geführte Beschwerdeverfahren nach dem AsylG 2005 (im Folgenden: Grundverfahren) zu Grunde.

Mit Schreiben vom 22.06.2021 beraumte das Bundesverwaltungsgericht im Grundverfahren für 29.07.2021, 8:30 Uhr, eine mündliche Verhandlung an der Außenstelle des Gerichts in Linz an.

Mit Schriftsatz vom 12.07.2021 stellte die Beschwerdevertreterin des Grundverfahrens den Antrag, u.a. den Beschwerdeführer des gegenständlichen Verfahrens als Zeugen zu laden. Weiters eruchte sie um Mitteilung, wieviele Vertrauenspersonen zur Verhandlung erscheinen dürfen.

Mit handschriftlichem Aktenvermerk vom 15.07.2021 hielt der Richter des Grundverfahrens Folgendes fest:

„Keine Ladung der Zeugen – zu kurzfristig!

Zu Ersuchen: Verh. öffentlich – aber: Corona noch nicht vorbei.“

Gemäß einem ebenfalls handschriftlichen Aktenvermerk vom 16.07.2021 wurde dies der Beschwerdevertreterin des Grundesverfahrens am 16.07.2021 telefonisch mitgeteilt.

In der am 29.07.2021 durchgeführten Beschwerdeverhandlung wurden keine Zeugen vernommen und waren auch keine Vertrauenspersonen anwesend.

2. Mit am 16.08.2021 eingelangtem Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer (wie andere Personen, deren zeugenschaftliche Einvernahme im oben unter Punkt 1. genannten Schriftsatz 12.07.2021 beantragt worden war) beim Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Zeugengebühren und begehrte darin Reisegebühren.

Am 18.08.2021 ersuchte die belangten Behörde unter Hinweis auf diese Anträge den Richter des Grundverfahrens um Mitteilung, ob die betreffenden Personen in der Rechtssache in irgendeiner Form geladen worden seien, eine Zustimmung zu deren Erscheinen erteilt worden sei und diese am Tag der Verhandlung anwesend gewesen seien.

Am 24.08.2021 teilte der Richter des Grundverfahrens der belangten Behörde Folgendes mit: In der betreffenden Rechtssache sei am 15.07.2021 ein Antrag auf Befragung von fünf Personen als Zeugen eingelangt. Eine Ladung von Zeugen sei (auch aufgrund der zeitlichen Umstände) nicht mehr erfolgt. Mit der Beschwerdevertreterin sei fernmündlich Kontakt aufgenommen und ihr mitgeteilt worden, dass die Verhandlung grundsätzlich öffentlich sei und Personen daher mitgebracht werden könnten. Eine Zusicherung, dass diese auch einvernommen werden, sei nicht erfolgt nicht. Zur Verhandlung seien zumindest fünf Personen mitgekommen, eine Identitätskontrolle sei nicht erfolgt. Um nicht als Zeugen unbrauchbar zu sein, hätten sie – nach entsprechender Belehrung – kurz nach Verhandlungseröffnung im Wartebereich außerhalb des Verhandlungssaales Platz genommen. Im Zuge der Verhandlung sei die Beschwerde teilweise zurückgezogen worden und habe sich die Einvernahme der mitgereisten potentiellen Zeugen daher als entbehrlich erwiesen. Der Verkündung des Erkenntnisses hätten die mitgereisten Personen dann wieder beigewohnt. Die genannten Personen seien also weder geladen worden noch sei deren Einvernahme notwendig gewesen. Zudem sei keine Feststellung der Identität der genannten Personen nicht vorgenommen worden, eine solche sei auch nicht erforderlich gewesen. Ob die Personen, die Anträge auf Zeugengebühren stellten, anwesend waren, entziehe sich der Kenntnis des genannten Richters.

Mit Schreiben vom 17.09.2021 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Wesentlichen mit, dass auch in Hinblick auf die Rückfrage beim Richter des Grundverfahrens anzunehmen sei, dass der Beschwerdeführer ohne Ladung zur mündlichen Verhandlung erschienen sei und sein Antrag daher abzuweisen sein werde, und gab zugleich Gelegenheit zur Äußerung.

Mit Stellungnahme vom 29.09.2021 führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass vorab nicht absehbar gewesen sei, dass es nicht zu einer Vernehmung der beantragten und stellig gemachten Zeugen komme. Die Anwesenheit der Zeugen sei vorab mit dem Gericht besprochen worden, da diese sonst keinen Zutritt bekommen hätten. Allen Zeugen inklusive den Beschwerdeführer sei Einlass ins Gerichtsgebäude gewährt worden, weil die Anwesenheit und Bereitschaft, als Zeuge auszusagen, unbedingt erforderlich gewesen sei. Erst nachdem sich das Gericht von der außergewöhnlichen Integration des Beschwerdeführers des Grundverfahrens bereits anhand der vorliegenden Dokumente überzeugen habe können, sei entschieden worden, keine Zeugen einzuvernehmen. Dies sei der einzige und nicht vorhersehbare Grund gewesen, weshalb keine Zeugen einvernommen wurden.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Gebührenantrag des Beschwerdeführers gemäß § 26 Abs. 1 VwGVG iVm § 4 Abs. 1 GebAG ab.

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass gemäß § 4 Abs. 1 GebAG der Anspruch auf die Gebühr dem Zeugen zustehe, der aufgrund einer Ladung vernommen wurde, aber auch dem Zeugen, der ohne Ladung gekommen und vernommen worden oder der aufgrund einer Ladung gekommen, dessen Vernehmung aber ohne sein Verschulden unterblieben ist. Der Beschwerdeführer sei jedoch weder zur Verhandlung am 29.07.2021 geladen noch in dieser Verhandlung einvernommen worden. Sein Antrag auf Zeugengebühren sei daher „mangels Antragslegitimation“ abzuweisen gewesen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, wobei er auf sein Vorbringen in der Stellungnahme vom 29.09.2021 verwies und darüber hinaus Folgendes vorbrachte:

Mit Schriftsatz der Beschwerdevertreterin des Grundverfahrens vom 12.07.2021 sei seine Einvernahme als Zeuge beantragt worden. Dazu habe er dieser seinen Namen und seine Adresse bekanntgeben müssen. Ohne die Beantragung seiner Einvernahme als Zeuge und das Ersuchen als Zeuge, „live“ zur Verfügung zu stehen, wäre er nicht nach Linz gekommen.

Nach Auskunft der Beschwerdevertreterin habe der Richter des Grundverfahrens dann gemeint, dass die Beantragung vor Ort erfolgen könne. Der Beschwerdeführer sei am Verhandlung zusammen mit „den anderen Zeug*innen“ ins Gericht gelassen worden, weil mein Name gelistet und seine Zeugenschaft beantragt gewesen sei. Allen „Zeugen und Zeuginnen“ und damit ihm sei somit Einlass ins Gerichtsgebäude gewährt, zumal die Anwesenheit und Bereitschaft, als Zeuge auszusagen, unbedingt erforderlich war.

Allerdings habe er der Verhandlung, die ja grundsätzlich öffentlich gewesen, zunächst nicht beigewohnt, sondern vor der Tür zum Verhandlungssaal gewartet. Als potenzieller Zeuge habe er der Gerichtsverhandlung erst beiwohnen sollen bzw. dürfen, wenn er als Zeuge dazu aufgerufen werde. Dazu es dann aber nicht mehr gekommen.

Der einzige und nicht vorhersehbare Grund dafür, dass er nicht einvernommen worden sei, sei gewesen, dass sich das Gericht schon durch die vorgelegten Dokumente von der außergewöhnlichen Integration des Beschwerdeführers des Grundverfahrens überzeugen habe können.

Es sei nachvollziehbar, wieso dieser Umstand in der Begründung des angefochtenen Bescheides keine Berücksichtigung gefunden habe. Es war ja nicht das Versäumnis des Beschwerdeführers gewesen, dass der Richter auf eine Einvernahme von Zeugen verzichtet habe.

5. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den Verwaltungsunterlagen Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. In der Folge schaffte das Bundesverwaltungsgericht den Verfahrensakt des Grundverfahrens bei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der rechtlichen Beurteilung wird der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt zugrunde gelegt.

Damit steht insbesondere fest, dass der Beschwerdeführer weder (als Zeuge) zur Verhandlung am 29.07.2021 geladen wurde noch in dieser Verhandlung einvernommen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie dem beigeschaften Verfahrensakt des Grundverfahrens. Diesem lässt sich auch nicht entnehmen, dass eine mündliche Ladung an den Beschwerdeführer ergangen wäre.

Der für eine abschließende rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes maßgebliche Sachverhalt steht anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens fest und ist nicht ergänzungsbedürftig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. In der Sache:

Gemäß § 26 Abs. 1 VwGVG haben Zeugen, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu Beweiszwecken vernommen werden oder deren Vernehmung ohne ihr Verschulden unterbleibt, Anspruch auf Gebühren nach § 2 Abs. 3 und den §§ 3 bis 18 des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG). Die Gebühr ist gemäß § 19 GebAG beim Verwaltungsgericht geltend zu machen.

Gemäß § 4 Abs. 1 GebAG steht der Anspruch auf die Gebühr dem Zeugen zu, der aufgrund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist. Er kommt aber auch dem Zeugen zu, der ohne Ladung gekommen und vernommen worden oder der aufgrund einer Ladung gekommen, dessen Vernehmung aber ohne sein Verschulden unterblieben ist.

Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:

Der Beschwerdeführer stützt seinen Anspruch zusammengefasst darauf, dass er in der Verhandlung am 29.07.2021, zu der er angereist sei, ohne sein Verschulden nicht einvernommen worden sei.

Doch dies ist im gegebenen Zusammenhang nicht von Relevanz: Denn nach § 4 Abs. 1 GebAG ist die Frage, ob die Vernehmung einer Person als Zeuge ohne deren Verschulden unterblieben ist, nur dann von Bedeutung, wenn sie aufgrund einer Ladung gekommen ist. Dies trifft auf den Beschwerdeführer – wie sich aus den Feststellungen ergibt und von ihm auch nicht in Abrede gestellt wird – aber nicht zu.

Ebenso wenig kommt es im Übrigen darauf an, ob der Beschwerdeführer ohne Ersuchen der Beschwerdevertreterin des Grundverfahrens, in der Verhandlung als Zeuge zu Verfügung zu stehen, oder ohne Beantragung seiner zeugenschaftlichen Einvernahme nicht zur Verhandlung angereist wäre.

Soweit der Antrag des Beschwerdeführers auf Zeugengebühren mit dem angefochtenen Bescheid „abgewiesen“ (und nicht zurückgewiesen) wurde, läge – wenn davon auszugehen wäre, dass in einer Situation wie der gegenständlichen mit einer Zurückweisung des Antrags vorzugehen ist (vgl. dazu VwGH 23.09.2021, Ra 2021/16/0011), ein bloßes Vergreifen der Behörde (die ja die Antragslegitimation des Beschwerdeführers verneint) im Ausdruck vor, welches nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt (vgl. VwGH 23.03.2006, 2005/07/0007).

Da dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG somit nicht anhaftet, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden (vgl. etwa VwGH 25.09.2015, Ra 2015/16/0085, mwN). Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

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