JudikaturBVwG

G316 2307697-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
19. Februar 2025

Spruch

G316 2307697-1/4Z

Teilerkenntnis

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina MUCKENHUBER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Rumänien und Ungarn, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.01.2025, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, zu Recht:

A)Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 15.01.2025 wurde gegen den rumänisch-ungarischen Staatsangehörigen XXXX (im Folgenden: BF) gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von 8 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Zu Spruchpunkt III. führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund des nachhaltigen Unwillens des BF, sich an gültige Rechtsnormen zu halten, der rechtskräftigen Verurteilung durch ein inländisches Gericht, der mehrfachen Delinquenz in Ungarn und Rumänien sowie der hohen kriminellen Energie, die von seiner Person ausgeht, höchstwahrscheinlich mit einer Fortsetzung von weiteren strafbaren Handlungen zu rechnen sei. Daher stelle das Verhalten des BF eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar.

Der BF erhob durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und führte unter anderem aus, dass er sich seit 2019 in Österreich aufhalte. Seine Ehegattin und der gemeinsame Sohn (geb. 2021) würden sich ebenfalls in Österreich aufhalten. Zuletzt sei der BF als Bordellmanager in Österreich tätig gewesen. Auch wenn sich der regelmäßige Kontakt zur Familie aufgrund der Entfernung derzeit als schwierig erweise, verfüge der BF nach wie vor über enge familiäre Anknüpfungspunkte. Vom BF gehe keine Gefahr aus, da er seine Taten sehr bereue.

Die gegenständliche Beschwerde wurde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt am 17.02.2025 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist rumänisch-ungarischer Staatsangehöriger.

Der BF hält sich seit April 2023 im Bundesgebiet auf.

1.2. Der BF wurde am 07.12.2023 aufgrund des Verdachts der Begehung einer strafbaren Handlung im Bundesgebiet festgenommen und am 10.12.2023 in Untersuchungshaft genommen.

Am 09.04.2024 wurde der BF von einem Landesgericht wegen der Verbrechen der schweren Nötigung gemäß § 105 Abs. 1, 106 abs. 1 Z 1 erster und neunter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Dem Urteil lag zugrunde, dass der BF im Mai 2023 die Person K. mit dem Tod zum Verlassen der Umgebung seines Bordells nötigte, indem er eine Schreckschusspistole gegen diese richtete und gleichzeitig sinngemäß äußerte: „Gehst du jetzt oder soll ich dich erschießen?“. Weiters versuchte er im November 2023 die Person P. durch Drohung mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz deren Ehefrau zur Entlassung von Prostituierten zu nötigen, indem er sinngemäß androhte, sämtliche Bordelle der Ehefrau sowie die gemeinsame Wohnung zu zerstören, wenn sie die Prostituierten nicht entlassen würden.

Bei der Strafbemessung wurden die drei einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen zweier Verbrechen, das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 Abs. 1 StGB (Strafschärfung bei Rückfall) und die Begehung der zweiten Tat während eines anhängigen Strafverfahrens als erschwerend sowie das teilweise reumütige Geständnis, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die Sicherstellung der Schreckschusspistole als mildernd gewertet.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Urteil eines Oberlandesgerichts vom 30.07.2024 keine Folge gegeben.

Das errechnete Strafende ist am 07.12.2026. Termine für eine allfällige bedingte Entlassung sind am 07.06.2025 und 07.12.2025.

1.3. Der BF wurde auch in Rumänien und Ungarn strafgerichtlich verurteilt.

Am 08.02.2000 wurde er in Rumänien wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Am 26.11.2013 wurde er in Ungarn wegen schwerer Körperverletzung mit der Folge der dauernden erheblichen Entstellung oder Behinderung und Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, aus deren Vollzug er im April 2016 bedingt entlassen wurde.

Am 07.09.2021 wurde der BF in Ungarn wegen schwerer Körperverletzung mit der Folge der dauernden erheblichen Entstellung oder Behinderung, wobei die letzte Tathandlung im April 2018 erfolgte, zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, aus deren Vollzug er im Mai 2022 bedingt entlassen wurde.

1.4. Der BF ist verheiratet und sorgepflichtig für zwei Kinder. Der BF gibt an, dass seine Ehegattin und das gemeinsame Kind im Bundesgebiet leben. Die Ehegattin ist seit April 2024 nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet. Die Ehegattin ist als Kontaktperson des BF in der Justizanstalt mit einer ungarischen Telefonnummer gespeichert. Der BF hat von seiner Ehegattin bis dato keinen Besuch in der Haftanstalt bekommen.

Der BF gibt an, in Österreich als Bordellmanager tätig gewesen zu sein. Er ging keiner angemeldeten Beschäftigung nach und verfügt auch über keine Gewerbeberechtigung in Österreich.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Identität des BF steht unstrittig fest.

Der Aufenthalt des BF seit April 2023 ergibt sich aus seinen Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 22.10.2024 und deckt sich mit den Eintragungen im Zentralen Melderegister.

2.2. Die Festnahme und die Anhaltung in Untersuchungshaft beruhen auf der aktenkundigen Personeninfo des Justizintranets vom 11.12.2023 und der Verständigung des Landesgerichts XXXX vom 11.12.2023.

Die strafgerichtliche Verurteilung im Bundesgebiet und die genauen Tatumstände sowie Strafbemessungsgründe ergeben sich aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.04.2024, GZ: XXXX . Das Urteil des OLG XXXX vom 30.06.2024, GZ: XXXX befindet sich im Behördenakt.

Das errechnete Strafende findet sich in der Verständigung der Justizanstalt XXXX vom 08.08.2024.

2.3. Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF ergeben sich aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.04.2024.

2.4. Die familiären Verhältnisse des BF beruhen auf seinen Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 22.10.2024. Aus dem Zentralen Melderegister geht hervor, dass die Ehegattin nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet ist. Die Feststellung zur Ehegattin als Kontaktperson und zu den Besuchen in der Justizanstalt beruhen auf einer aktuell eingeholten Besucherliste der Justizanstalt XXXX vom 19.02.2025 sowie der am 15.01.2025 an die belangte Behörde übermittelte Besucherliste dieser Justizanstalt.

Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des BF beruhen auf seinen Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 22.10.2024 und der Beschwerde. Ein Auszug der Sozialversicherungsdaten und des Gewerbeinformationssystems Austria vom 07.01.2025 liegen im Behördenakt ein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur jener – trennbare – Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt, die sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) richten.

Die Entscheidung in der Hauptsache (dh. konkret gegen die Spruchpunkte I.-II. des angefochtenen Bescheides) ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.

3.2. Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden genügt es nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0172).

Der BF wurde zuletzt am 09.04.2024 wegen der Verbrechen der schweren Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Davor wurde er in den Jahren 2000 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe, im Jahr 2013 wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und im Jahr 2021 wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführte, steht der weitere Aufenthalt des BF dem öffentlichen Interesse an Ruhe und Ordnung und der Verhinderung von Strafdelikten entgegen. Aufgrund des vom BF gezeigten Verhaltens, nämlich der wiederholten Rückfälligkeit trotz des zuvor verspürten Haftübels besteht auch akute Wiederholungsgefahr, sodass die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Auch im Zusammenhang mit § 70 Abs. 1 FPG, wonach der Eintritt der Durchsetzbarkeit für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben ist, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde, ist in Hinblick auf das errechnete Strafende auch zum Zeitpunkt der Entlassung des BF aus der Strafhaft (vgl. VwGH 10.11.2022, Ra 2022/21/0113) im Dezember 2026 davon auszugehen, dass seine sofortige Ausreise erforderlich ist. Dies gilt umso mehr für die Termine der allenfalls bedingten Entlassung.

Die belangte Behörde stützte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde somit zu Recht auf § 18 Abs. 3 BFA-VG.

Zu einem möglichen Eingriff einer Verletzung des Artikels 8 EMRK ist anzuführen, dass der BF zwar angab, im Bundesgebiet ein Familienleben zu führen, doch ist aufgrund der derzeitigen Aktenlage nicht davon auszugehen, dass es sich dabei um ein besonders schützenswertes Familienleben handelt, zumal sich der BF seit über einem Jahr in Haft befindet und bis dato keine Besuche von seiner Familie erhalten hat. Zudem legen die derzeitigen Ermittlungsergebnisse hinsichtlich der Ehegattin nahe (keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet, Angabe einer ungarischen Telefonnummer in der Kontaktdatei der Justizanstalt, keine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet, keine Besuche in der Justizanstalt), dass sich die Ehegattin gar nicht im Bundesgebiet aufhält.

Aufgrund dieser Umstände wird es dem BF jedenfalls zumutbar sein, den Ausgang seines Verfahrens außerhalb Österreichs abzuwarten.

Darüber hinaus haben sich auch sonst keine Umstände ergeben, wonach die aufschiebende Wirkung von Amts wegen zuzuerkennen gewesen wäre.

Nach dem Gesagten ist aus derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF nach Rumänien oder Ungarn eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde bzw. gebracht hat. Ein Vorbringen hinsichtlich einer Verletzung von Artikel 2 oder 3 EMRK wurde auch nicht erstattet.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und solche sind auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Im Ergebnis war die Revision daher nicht zuzulassen.