JudikaturBVwG

W208 2298121-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
30. Januar 2025

Spruch

W208 2298121-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX gegen den Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichtes WIEN vom 16.07.2024, Zl. Jv 50545-33a/23, betreffend Nachlass von Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:

A)Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Im Grundverfahren (einem Verfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen WIEN (im Folgenden: LG) zu XXXX wurden der nunmehrigen beschwerdeführenden Partei (im Folgenden: bP) mittels Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 19.04.2021 Gebühren iHv insgesamt € 18.631,50 vorgeschrieben. In dem in Folge aufgrund einer Vorstellung gegen diesen Zahlungsauftrag ergangenen Bescheid der Präsidentin des LG vom 20.07.2021, Zl 100 XXXX , wurde festgestellt, dass die bP zur Zahlung dieser Gebühren iHv € 18.631,50 verpflichtet sei. Die dagegen erhobene Beschwerde der bP wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.03.2022 zu W208 2246207-1/2E als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt (ON 4).

2. Gleichzeitig mit der o.a. Vorstellung vom 02.05.2021 brachte die bP den nunmehr gegenständlichen Nachlassantrag gemäß § 9 Abs 2 GEG beim LG ein, welcher vom Gericht des Grundverfahrens an die belangte Behörde - der Präsidentin des Oberlandesgerichtes WIEN (im Folgenden: OLG) - zur Entscheidung weitergeleitet wurde (ON 1).

In der Begründung wurde von der bP im Wesentlichen ausgeführt, dass sie aufgrund von zwei Fehlurteilen der Justiz wirtschaftlich ruiniert und ihr dadurch per November 2019 ein Schaden von € 5.917.126,00 entstanden sei. Die Gerichtsverfahren hätten 43 und 16 Jahre gedauert und seit dem Beginn des Insolvenzverfahrens im Jahr 2003 sei ihre Pension auf netto € 700,00 gepfändet worden. Heute lebe sie von monatlich € 1.100,00 bei monatlichen Wohnkosten von € 650,00. Die Justiz habe im Insolvenzverfahren die Verfahrensdauer schuldhaft um das 31-fache überschritten und damit sei die Verjährung eingetreten und sei ihre Klage abgewiesen worden. Der Antrag auf Verfahrenshilfe sei ebenfalls abgelehnt worden. Sie sei nach 17 Exekutionen vermögenslos, was sie schon in ihrem Schreiben vom 24.02.2021 dargetan habe, wonach sie aufgrund der angeblichen richterlichen Fehlentscheidungen in den Verfahren des Bezirksgerichts (im Folgenden: BG) XXXX und des BG XXXX illiquid geworden sei und im Mai 2003 das Schuldenregulierungsverfahren beantragen habe müssen, welches 16 Jahre gedauert hätte.

3. Mit Schreiben der Präsidentin des Oberlandesgerichtes Wien (im Folgenden: belangte Behörde) vom 01.03.2023 wurde die bP ersucht, binnen 14 Tagen den beiliegenden Fragebogen zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen auszufüllen und erforderliche Bescheinigungsmittel anzuschließen sowie konkrete Angaben zu erstatten, warum die Einbringung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren mit einer besonderen Härte verbunden wäre. Weiters wurde sie auf die Möglichkeit einer monatlichen Ratenzahlung hingewiesen (ON 6).

4. Daraufhin teilte die bP mit Schreiben vom 13.03.2023 mit, dass es unlogisch sei, sie bei Vorliegen eines Antrags auf Verfahrenshilfe mit Kosten zu belasten. Das Ausfüllen der Fragebögen erübrige sich, da sie mit dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und dem Vermögensbekenntnis zur Klage auf Schadenersatz im Jahr 2019 eingebracht habe, schon einmal alle Fragen wahrheitsgemäß angegeben habe. Ihre persönlichen finanziellen Verhältnisse seien amtsbekannt und hätten sich seit dem Antrag auf Verfahrenshilfe aus 2019 nicht positiv verändert. Von ihrer monatlichen Nettopension würden € 914,40 (42 %) exekutiert. Vier Exekutionen seien noch gegen sie anhängig. Ihre Schuldenlast betrage rund € 430.000,00, welche sie aufgrund ihres Alters (84 Jahre) nicht mehr tilgen könne. Es würden jederzeit gerichtliche Beweisdokumente zur Verfügung stehen. Weiters wies sie erneut auf die vermeintlichen Fehlurteile der Justiz und ihren daraus resultierenden finanziellen Ruin hin und schilderte ausführlich den Hergang und die Inhalte der Gerichtsverfahren ab 1997. Der Fragebogen wurde von der bP nicht beigebracht (ON 10).

5. Die belangte Behörde führte ein Ermittlungsverfahren durch, dessen Ergebnis im Wesentlichen folgendermaßen lautet:

Im Vermögensbekenntnis vom 17.12.2019 zu XXXX wurden von der bP folgende Angaben erstattet (ON 13):

Sie sei Mieterin einer Wohnung von ca. 66 m² und habe dafür monatlich einschließlich Betriebs-, Strom-, und Heizkosten iHv insgesamt € 534,63 zu leisten. Sie beziehe ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.889,40 mit Sonderzahlungen bei der PVA, welches einer Unterhaltspfändung von € 1.189,14 unterliege und ihr daher € 700,00 verbleiben würden. Vermögen sei nicht vorhanden. Die vorhandenen Schulden bestünden laut dem angeschlossenen Beiblatt zu Punkt 4 großteils aus Unterhaltsansprüchen und habe die bP aufgrund des 28 Jahre dauernden Unterhaltsverfahrens keinen genauen Überblick mehr über die konkrete Schuldenhöhe. Unterhaltspflichten bestünden für die Tochter und die Ex-Frau der bP.

Dazu wurden vorgelegt:

- Überweisungsauftrag vom 03.12.2019 zugunsten von XXXX iHv € 350,00

- Liefer- und Versandbestätigung der XXXX vom 23.01.2019 über Stromlieferung von monatlich € 121,00 lautend auf XXXX

- Vorschreibung der Gemeinde XXXX vom 29.10.2019 für Gemeindeabgaben im vierten Quartal 2019 von € 272,96 lautend auf XXXX und XXXX

- Kontobeleg vom 29.11.2019 über Gutschrift der Pensionsversicherungsanstalt iHv € 700,00

- Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt von Jänner 2019 über die Leistungshöhe

- Umsatzliste/Kontostand per 16.12.2019 über € 19,07

- Schuldenaufstellung (Beiblatt zu Punkt 4)

- einstweilige Verfügung des BG XXXX vom 09.06.1999 zu XXXX

- Teilauszug der einstweiligen Verfügung des BG XXXX zu 1 F 16/97z-43

- Teilauszug des Beschlusses des BG XXXX zu XXXX

- Teilauszug des Endurteils des BG XXXX zu XXXX

Laut Verlassenschaftsverfahren des BG XXXX zu XXXX ist die Unterhaltsberechtigte Ehefrau der bP XXXX am 20.04.2020 verstorben.

Laut Einsicht in das Exekutionsregister bestehen derzeit gegen die bP sechs offene Exekutionsverfahren beim BG XXXX :

- 24 E 2336/19a mit einem betriebenen Anspruch von € 161.480,67 s.A.

- 24 E 2337/19y mit einem betriebenen Anspruch von € 11 881,40 s.A.

- 24 E 2342/19h mit einem betriebenen Anspruch von € 267.062,64 s.A.

- 24 E 4036/20b mit einem betriebenen Anspruch von € 20.000,00 s.A.

- 7 E 3551/03f mit einem betriebenen Anspruch von € 1.463,56 s.A.

Mit rechtskräftigem und vollstreckbarem Urteil des BG XXXX vom 21.12.2023 zu XXXX wurde u.a. der Antrag der bP, vier Exekutionsbewilligungen der o.a. Verfahren ( XXXX ) des BG XXXX für erloschen zu erklären, abgewiesen (ON 20).

Laut Auskunft des Dachverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger 04.06.2024 bezieht die bP seit 01.05.2004 eine Alterspension bei der Pensionsversicherungsanstalt (ON 5).

6. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde dem Antrag der bP auf Nachlass der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren nicht stattgegeben.

In der Begründung wurde, nach Wiedergabe des unstrittigen Sachverhaltes und Zitierung des § 9 Abs 2 GEG, im Wesentlichen ausgeführt, dass die bP laut ihren Angaben im Schreiben vom 13.03.2023 eine Schuldenlast von insgesamt € 430.000,00 aufweise. In Anbetracht der Höhe dieser vorliegenden Zahlungsverpflichtung und der seit mehreren Jahren andauernden schlechten finanziellen Situation der bP könne in der Einbringung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren in der Größenordnung von € 18.631,50 keine „besondere Härte“ iSd § 9 Abs 2 GEG erblickt werden, da es evident sei, dass ein derartiger „besonderer Härtefall“ dann nicht gegeben sei, wenn die finanzielle Situation des Gebührenschuldners so schlecht sei, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts ändern könnte.

Dem Antrag auf Nachlass sei daher der Erfolg zu versagen gewesen.

7. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 23.07.2024) erhob die bP am 16.08.2024 Beschwerde (ON 31). Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, dass sie aufgrund zweier Fehlurteile vermögenslos sei und eine Schuldenlast iHv € 400.000,00 im Exekutionsweg eingetrieben würde, indem ihre Pensionseinkünfte seit 2003/2004 gepfändet würden. Schließlich führte sie aus, dass hinsichtlich ihrer Vermögenswerte wahrheitsgemäße Angaben gemacht habe. Zwar seien die ursprünglich von ihr genannten Beträge mittlerweile aufgrund der Inflation überholt, jedoch wäre evident, dass sie nach wie vor vermögenslos sei, zumal sie in der Zwischenzeit keine Einkünfte erzielt habe. Es werde daher als Zynismus empfunden, wenn die belangte Behörde im Bescheid feststelle, dass in der Einbringung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühr keine besondere Härte erkannt werden könne.

8. Mit Schriftsatz vom 23.08.2024 (eingelangt am 27.08.2024) legte die belangte Justizverwaltungsbehörde – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter I. festgestellten Verfahrensgang und Sachverhalt ausgegangen.

Insbesondere wird festgestellt, dass die im 86. Lebensjahr stehende bP Schulden bei diversen Gläubigern iHv ca. € 400.000,00 hat und ihr monatliches Pensionseinkommen bis auf das Existenzminimum gepfändet wird. Die Gebührenschuld im Gegenstand beträgt insgesamt € 18.631,50.

Die bP wohnt in einer Mietwohnung, hat Obsorgepflichten für ihre Tochter und verfügt über kein Vermögen.

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind im vorliegenden Fall nicht nur vorübergehend.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen sich auf die Angaben der bP in ihrer Beschwerde und den in Punkt I.5. dargestellten Ermittlungsergebnissen der Behörde. Sie sind unstrittig, zumal die bP in ihrer Beschwerde zwar ausführt, dass sich die Beträge mittlerweile aufgrund der Inflation verändert hätten, sie aber insgesamt noch vermögenslos sei, ca. € 400.000,00 Schulden habe und bis zum Existenzminimum gepfändet werde.

Die Feststellungen gründen sich auf die Angaben der bP und dem Vermögensverzeichnis vom 17.12.2019 zu XXXX (ON 13).

Aufgrund der von der bP geschilderten bereits mehrjährigen schlechten wirtschaftlichen Lage (jahrelange Pfändung bis auf das Unterhaltsexistenzminimum, Vermögenslosigkeit) und der im gerichtlichen Exekutionsregister anhängigen und der bP mit Oppositionsklage zu XXXX erfolglos bekämpften Exekutionsverfahren aus den Jahren 2019 und 2020 mit betriebenen Forderungen von über € 400.000,00 s.A. sowie im Hinblick auf das Alter der bP (85 Jahre) kann eine zukünftige Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse im vorliegenden Fall nicht angenommen werden.

Dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht nur vorübergehend sein werden, ergibt sich daher aus dem Lebensalter der bP, der Höhe ihres Einkommens (auf das Existenzminimum gepfändete Pensionsleistung), sowie Höhe und Art der Schulden bzw der Gläubiger. So finden sich darunter unter anderem ihre Kinder und die Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit des Verfahrens

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht und ist auch sonst zulässig.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften von Amts wegen aufgreifen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K2).

Gemäß § 28 VwGVG hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (Abs 1). Über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Abs 2).

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht - ungeachtet eines Parteienantrags, der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von „civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage feststeht und die Rechtsfrage nicht derart komplex ist, dass es deren Erörterung in einer Verhandlung bedürfte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2. Rechtsgrundlagen

Gebühren und Kosten können gemäß § 9 Abs 2 GEG nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Bei der Bestimmung des § 9 Abs 2 GEG handelt es sich nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) um eine Ermessensvorschrift, doch ist das Recht der Behörde von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz genannten Alternativvoraussetzungen abhängig. In diesem Zusammenhang kommt sowohl eine besondere Härte infolge einer sachlichen Unbilligkeit der Einbringung als auch eine solche infolge Vorliegens individueller Gründe in Betracht, die die Einbringung der gesetzmäßig vorgeschriebenen Gerichtsgebühren als besondere Härte erscheinen ließen. Diese Voraussetzung hat die Justizverwaltungsbehörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen (VwGH 25.06.2013, 2009/17/0164).

Zwar hat ein Antragsteller alle jene Umstände, auf die er sein Ansuchen stützt, einwandfrei und unter Ausschluss jeglicher Zweifel darzulegen. Jedoch hat die Behörde über den Antrag ein entsprechendes Ermittlungsverfahren einzuleiten und die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe zu prüfen. Dabei hat die Behörde in der Begründung ihres Bescheides Feststellungen über den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu treffen (VwGH 24.09.2009, 2008/16/0130, mwN). Insbesondere ist es Aufgabe der Behörde, im Einzelfall bezogen auf die persönlichen Verhältnisse des Nachsichtwerbers jene Feststellungen zu treffen, die es ermöglichen, die Entscheidung zu überprüfen, dass die Voraussetzungen für den Nachlass im gegebenen Fall nicht vorliegen (VwGH 09.09.1993, 92/16/0119; VwGH 16.10.2014, 2011/16/0232).

Im Nachsichtsverfahren besteht kein Raum dafür, die Behauptung des Abgabepflichtigen, seine Gebührenpflicht wäre durch das Verschulden bestimmter anderer Personen herbeigeführt worden, zu überprüfen (VwGH 31.10.1991, 90/16/0227, 29.01.1996, 95/16/0306).

Die Gewährung eines Nachlasses setzt voraus, dass sowohl die Entrichtung zu einem späteren Zeitpunkt als auch die Entrichtung in – allenfalls sehr kleinen – Monatsraten noch immer eine besondere Härte darstellen würden, sodass nur mehr die endgültige Erlassung die Härte beseitigt. Wirtschaftliche Schwierigkeiten vorübergehender Natur rechtfertigen zwar eine Stundung (Ratengewährung), aber keinen Nachlass (VwGH 28.03.1996, 96/16/0020, mwN; 27.05.2014, 2011/16/0241).

Eine Unbilligkeit kann nicht nur persönlich, sondern auch sachlich bedingt sein. Eine persönliche Unbilligkeit liegt vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers (und seiner Familie) gefährdet. Eine sachliche Unbilligkeit ist dementsprechend anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Eine tatbestandsmäßige Unbilligkeit im Einzelfall ist dann nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage festzustellen ist, die alle von dem betreffenden Gesetz erfassten Abgabepflichtigen in gleicher Weise trifft (VwGH 10.04.1986, 85/17/0147, 0148; 05.11.2003, 2003/17/0253).

3.3. Anwendung auf den konkreten Fall

Die bP führt in ihrer Beschwerde zusammengefasst an, dass sich die Beträge mittlerweile zwar aufgrund der Inflation verändert hätten, sie aber insgesamt noch vermögenslos sei, ca. € 400.000,00 Schulden habe und bis zum Existenzminimum gepfändet werde. Es werde daher als Zynismus empfunden, wenn die belangte Behörde im Bescheid feststelle, dass in der Einbringung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühr keine besondere Härte erkannt werden könne.

Diesem Argument der bP ist folgendermaßen entgegenzutreten:

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist im gegenständlichen Fall zwar nicht davon auszugehen, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der bP nur vorübergehend sein werden, für Beurteilung, ob eine besondere Härte vorliegt, ist jedoch überdies maßgeblich, dass aufgrund der Gesamtsituation der bP ein Nachlass von Gerichtsgebühren iHv € 18.631,50 keinen Sanierungseffekt hätte.

Diese Rechtsansicht gründet auf die diesbezügliche ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes:

„Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine besondere Härte auch dann nicht mehr gegeben, wenn die finanzielle Situation des Gebührenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung des Nachlasses von € 18.631,50 keinen Sanierungseffekt hätte.“ (VwGH 04.10.1995, 93/15/0131).

„Der Gebührenschuldner macht die Uneinbringlichkeit der Gebührenschuld geltend, wenn er vorbringt, dass es ihm unmöglich wäre, etwas zu bezahlen, weil er bereits auf das Existenzminimum gepfändet werde. Daraus folgt, dass im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vom Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 9 GEG auszugehen ist, weil die Gewährung des beantragten Nachlasses keinen Sanierungseffekt zur Folge gehabt hätte (vgl. dazu die bei Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, E. 107 zu § 9 GEG zitierte hg. Rechtsprechung).“ (VwGH 19.06.2013, 2010/16/0183).

"Ein Nachlass von Abgabenschuldigkeiten kommt dann nicht in Frage, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass die Gewährung des Nachlasses keinen Sanierungseffekt hätte (Hinweis E 4. Oktober 1995, 93/15/0131)." (VwGH 21.09.2005, 2003/16/0112)

"Im Nachsichtsverfahren trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Er hat somit einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (Hinweis Ritz, Bundesabgabenordnung-Kommentar, Rz 4 zu § 236 BAO - Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten). Sind die finanziellen Verhältnisse derart schlecht, dass auch durch einen Nachlass der Gerichtsgebühren kein Sanierungseffekt bewirkt werden kann, dann ist die Behörde nicht verpflichtet, von sich aus im Wege amtswegiger Ermittlungen zu erforschen, ob weitere Umstände gegeben sein könnten, die eine besondere Härte darstellten und einen Nachlass der Gerichtsgebühren rechtfertigen könnten." (VwGH 30.06.2005, 2004/16/0276)

Im Ergebnis bedeutet das, dass bei einem Schuldenstand von etwa € 400.000,00, keinem bestehenden oder erwartbaren Vermögen (zB einer Erbschaft oder Versicherungsleistungen), einem Lebensalter von 85 Jahren und den Einkommensverhältnissen der Pensionszahlungen, die bis auf Existenzminimum gepfändet werden), ein Nachlass einer Gebührenschuld von € 18.631,50 keinen Sanierungseffekt hätte und damit eine Einbringung auch keine besondere Härte iSd § 9 Abs 2 GEG darstellt.

Es wurden auch keine außergewöhnlichen Umstände dargelegt, aufgrund derer von einer ungleichen, unbilligen Betroffenheit der bP von der Gebührenvorschreibung und somit vom Vorliegen einer besonderen – sachlich begründeten – Härte im Sinne des § 9 Abs 2 GEG auszugehen wäre, vielmehr liegen Umstände vor, die jede in gleicher Situation befindliche Person, die in einem Zivilverfahren eine Klage einbringt ist, treffen, nämlich die Vorschreibung der gesetzlich vorgesehenen Pauschalgebühr nach dem GGG.

Die Anerkennung als besondere Härte im Wege des Nachlasses im vorliegenden Fall, würde eine Überwälzung von Gerichtsgebühren auf die Allgemeinheit bedeuten, welche vom Gesetz nicht gedeckt ist und käme seinem Wesen nach der Schaffung einer neuen, im Gesetz nicht vorgesehenen Gebührenbefreiung bzw Gebührenbegünstigung gleich.

Das im § 9 Abs 2 GEG erwähnte öffentliche Interesse muss – um einen Nachlass zu rechtfertigen – im Einzelfall so gewichtig sein, dass es jenes allgemein bestehende öffentliche Interesse an der Einhebung der Gebühren eindeutig überwiegt (VwGH 31.10.1991, 90/16/0227). Dass ein solches Interesse bestünde hat die bP nicht behauptet und ist es auch sonst nicht ersichtlich, da dieses nicht schon durch das subjektive Interesse der bP an einer Entlastung von diesen Gebühren erfüllt ist (VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132).

An der Einhebung von Gerichtsgebühren – wie bei der Einhebung von Abgaben – besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse, da ohne diese dem Staat die Mittel zur Erfüllung seiner Aufgaben fehlen würden.

Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG aus den von der bP angeführten Gründen anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Auf die oben dargestellten grundlegenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.