JudikaturBVwG

W203 2304098-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
08. Januar 2025

Spruch

W203 2304098-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin XXXX XXXX XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Wien vom 07.10.2024, GZ: 9131.203/0132-Präs3a2/2024: in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 18.11.2024, GZ: 9131.002/0068-Präs3a/2024:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Im Schuljahr 2023/24 besuchte der Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden: BF2) die 4. Klasse des XXXX (im Folgenden: gegenständliche Schule).

2. Am 03.09.2024 entschied die Klassenkonferenz, dass der BF2 zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt sei.

Diese Entscheidung wurde den Beschwerdeführern samt Belehrung über die Widerspruchsmöglichkeit mündlich mitgeteilt. Eine schriftliche Ausfertigung erfolgte nicht.

3. Gegen diese Entscheidung erhob der BF2, vertreten durch seine Erziehungsberechtigte (im Folgenden: BF1), mit Schreiben vom 05.09.2024 Widerspruch.

Das Schreiben wurde am 06.09.2024 postalisch aufgegeben und langte am 10.09.2024 in der Bildungsdirektion für Wien (im Folgenden: belangte Behörde) ein.

4. Mit Schreiben vom 12.09.2024 leitete die belangte Behörde den Widerspruch an die gegenständliche Schule als für die Einbringung des Widerspruchs zuständige Stelle weiter.

5. Mit Schreiben vom 20.09.2024 nahm die Schulleitung der gegenständlichen Schule Stellung und führte im Wesentlichen aus, dass der BF die 4. Klasse im Fach „Mathematik“ negativ abgeschlossen habe und die Klassenkonferenz zum Ergebnis gekommen sei, dass - nachdem der BF2 auch die Wiederholungsprüfung am 02.09.2024 nicht bestanden habe - die Voraussetzungen nach § 25 Abs. 2 lit. c SchUG nicht vorliegen würden.

Am 03.09.2024 habe in der Direktion der gegenständlichen Schule ein Gespräch mit der BF1 stattgefunden, in dessen Rahmen diese über die Entscheidung und die Widerspruchsfrist informiert worden sei.

6. Mit Bescheid vom 07.10.2024 wies die belangte Behörde den Widerspruch der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz der gegenständlichen Schule gemäß §§ 70 Abs. 1, 71 Abs. 1 und Abs. 2, § 74 SchUG als verspätet zurück.

Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Widerspruch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bei der zuständigen Stelle, nämlich der gegenständlichen Schule, eingebracht worden sei.

Der Bescheid wurde am 11.10.2024 durch Hinterlegung zugestellt.

7. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.10.2024, 18.46 Uhr, per E-Mail das Rechtsmittel der Beschwerde.

8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.11.2024 wies die belangte Behörde die Beschwerde zurück.

Begründend führte die belangte Behörde ins Treffen, dass die Beschwerde nach Ablauf der fünftägigen Beschwerdefrist verspätet eingebracht worden sei.

9. Mit Vorlageantrag vom 29.11.2024 beantragten die Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

10. Mit Schriftsatz vom 10.12.2024 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 07.10.2024 wurde durch Hinterlegung am 11.10.2024 zugestellt.

Die Beschwerdeführer erhoben am 16.10.2024, 18.46 Uhr, per E-Mail das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.11.2024 wies die belangte Behörde die Beschwerde zurück.

Die Beschwerde wurde ausschließlich in dieser Form eingebracht und nicht etwa (auch) durch eine zusätzliche postalische Einbringung.

Auf der Internetseite der belangten Behörde sind die Amtsstunden mit dem Hinweis „Anbringen (zum Beispiel Anträge, Gesuche und sonstige Mitteilungen) können ausschließlich bei den genannten Kontaktadressen eingebracht werden. Schriftliche Anbringen werden ausschließlich während der Amtsstunden entgegengenommen. Außerhalb der Amtsstunden eingelangte Anbringen gelten erst mit Wiederbeginn der nächsten Amtsstunde als eingebracht.“ wie folgt ersichtlich:

„Montag bis Freitag (ausgenommen gesetzliche Feiertage) von 7.30 Uhr bis 15.30 Uhr […]“

Die dem gegenständlichen Bescheid angeschlossene Rechtsmittelbelehrung führt die Form, die Frist und die sonstigen Angaben, welche die Beschwerde enthalten soll, sowie den Adressaten unter dem Hinweis an, dass bei „elektronischer Einbringung […] die auf der Homepage der Bildungsdirektion für Wien kundgemachten Amtsstunden [gelten]. Außerhalb der Amtsstunden eingebrachte Anbringen gelten erst mit Wiederbeginn der nächsten Amtsstunden als eingebracht“.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellungen zur Hinterlegung des Bescheides ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt aufliegenden Zustellnachweis.

Der Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde ergibt sich aus den im Verfahrensakt aufliegenden E-Mail-Auszügen und ist sowohl von der belangten Behörde als auch seitens der Beschwerdeführer unbestritten geblieben.

Die Feststellungen zu den Amtsstunden der belangten Behörde ergeben sich aus einer Einschau in die Internetseite „https://www.bildung-wien.gv.at“ unter der Rubrik „Kontakt“.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A) (Zurückweisung der Beschwerde):

3.1.1. Gemäß § 71 Abs. 2 lit. c) 1. Fallkonstellation Schulunterrichtsgesetz (SchUG) ist gegen die Entscheidung, dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist, ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig.

Gemäß § 73 Abs. 5 erster und zweiter Satz SchUG beträgt die Frist zur Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vier Wochen. In den Fällen des § 71 Abs. 2 lit. c beträgt sie grundsätzlich zwei Wochen, in den Fällen der Entscheidung nach Ablegung von einer oder zwei Wiederholungsprüfungen (jeweils in Verbindung mit § 25) fünf Tage.

Gemäß § 74 Abs. 1 SchUG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, nach dem sich der Anfang der Frist richten soll.

Gemäß § 74 Abs. 3 SchUG wird der Beginn und Lauf einer Frist durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert.

Gemäß § 13 Abs. 1 AVG können, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

Gemäß § 13 Abs. 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

Gemäß § 13 Abs. 5 AVG ist die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

3.1.2. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall:

Verfahrensgegenstand ist ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde zu Recht die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 07.10.2024 zurückgewiesen hat. Nicht Verfahrensgegenstand ist demnach, ob der Widerspruch gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 03.09.2024, wonach der BF2 zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtig sei, rechtzeitig eingebracht wurde oder nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass seit dem Entfall der gesetzlichen Fiktion betreffend die Rechtzeitigkeit bestimmter, außerhalb der Amtsstunden einlangender Anbringen diese noch am selben Tag (und damit als rechtzeitig) eingebracht gelten, wenn die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit hält und das Anbringen nach dem Ende der Amtsstunden (aber noch am letzten Tag einer allfälligen Frist) bei ihr einlangt. Entscheidend ist allerdings, ob die Behörde von der ihr nach § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht und ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekundet, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt – mit Wiederbeginn der Amtsstunden – als eingebracht und eingelangt gelten (VwGH 18.05.2022, Ra 2022/10/0044, 17.02.2021, Ro 2021/07/0003).

Von dieser Möglichkeit hat die Bildungsdirektion für Wien Gebrauch gemacht, indem sie eine entsprechende Bekanntmachung auf der öffentlich zugänglichen Internetseite unter der Rubrik „Kontakt“ mit dem Wortlaut „Schriftliche Anbringen werden ausschließlich während der Amtsstunden entgegengenommen. Außerhalb der Amtsstunden eingelangte Anbringen gelten erst mit Wiederbeginn der nächsten Amtsstunde als eingebracht.“ veröffentlicht hat. Zusätzlich hat die belangte Behörde die Beschwerdeführer auch in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides darauf hingewiesen.

Verfahrensgegenständlich endete die Frist zur Einbringung einer allfälligen Beschwerde gegen den am Freitag, dem 11.10.2024 zugestellten Bescheid am Mittwoch, dem 16.10.2024; die Amtsstunden der belangten Behörde endeten an diesem Tag um 15.30 Uhr.

Die der E-Mail vom 16.10.2024, 18.46 Uhr, beigefügte Beschwerde langte damit nach den Geschäftszeiten der belangten Behörde ein. Demnach gilt sie erst am 17.10.2024 als eingebracht. Die Beschwerde ist damit verspätet und zurückzuweisen.

3.1.3. Im Ergebnis ist daher der Auffassung der belangten Behörde, wonach die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen war, zu folgen.

3.1.4. Zum Verhältnis des angefochtenen Bescheides zur Beschwerdevorentscheidung:

Das Rechtsmittel, über welches das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, bleibt im Fall eines zulässigen Vorlageantrages die Beschwerde.

Der Vorlageantrag richtet sich nach dem VwGVG nämlich nur darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird, und zwar auch dann, wenn er eine zusätzliche Begründung enthält. Dem entspricht insbesondere auch § 28 VwGVG, der ausschließlich die Beschwerde zum Entscheidungsgegenstand des Verwaltungsgerichtes macht. Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet (und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss), bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann aber nur die – außer in Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde – an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung (vgl. VwGH vom 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).

Ist – wie im gegenständlichen Fall – die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid verspätet eingelangt und somit nicht zulässig, so ist sie vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen, wobei der Beschluss des Verwaltungsgerichtes an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt (siehe zum insoweit vergleichbaren Vorlageantrag nach § 30b VwGG etwa den Beschluss vom 26. Juni 2014, Ro 2014/10/0068); dies mit der Wirkung, dass die Rechtskraft des Ausgangsbescheides festgestellt wird (VwGH vom 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).

3.1.5. Gegenständlich konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig (vgl. dazu etwa VwGH 01.09.2016, 2013/17/0502; VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

3.1.6. Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

3.2.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.