Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Teheran vom 28.03.2024, GZ XXXX , zu Recht:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben. Das beantragte Visum ist zu erteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), eine iranische Staatsangehörige, stellte unter Vorlage zahlreicher Urkunden am 18.02.2024 bei der Österreichischen Botschaft Teheran (in der Folge: ÖB Teheran) einen Antrag auf Erteilung eines für 90 Tage gültigen und zur einfachen Einreise berechtigenden Schengen-Visum des Typs C. Als Zweck der Reise wurde „Besuch von Familienangehörigen oder Freunden“ angegeben. Die derzeitige berufliche Tätigkeit wurde mit „pensioniert“ angegeben, der Familienstand mit „verheiratet“, als einladende Person wurden „ XXXX “ sowie „ XXXX “ genannt.
Im Zuge der Antragstellung wurden insbesondere folgende Unterlagen vorgelegt:
- Elektronische Verpflichtungserklärung der Tochter sowie des Schwiegersohns der BF betreffend den beantragten Zeitraum
- Mietanbot einer Vermieterin an den Schwiegersohn der BF über eine Wohnung mit einer Grundfläche von 88,61 Quadratmetern
- Kontonachricht über eine auf die BF in US-Amerikanischen Dollar zum 16.02.2024 lautende Kontoverbindung mit einem Guthaben von XXXX US-Amerikanischen Dollar (lt. Umwechslungskurs der iranischen Zentralbank XXXX Euro)
- Kontonachricht über eine auf die BF in Euro zum 16.02.2024 lautende Kontoverbindung mit einem Guthaben von XXXX Euro
- Kontonachricht über eine auf die BF in Iranischen Rial zum 15.02.2024 lautende Kontoverbindung mit einem Guthaben von XXXX Iranischen Rial (lt. Referenzumwechslungskurs XXXX Euro)
- Flugreservierungen betreffend den beantragten Zeitraum
- Polizze einer Reiseversicherung betreffend den beantragten Zeitraum
- Bescheid über eine Rentenerhöhung; die BF beziehe eine Rente in Höhe von XXXX Iranischen Rial
- Eigentumsurkunde, wonach die BF gemeinsam mit ihrem Ehemann Eigentümerin einer Immobilie in ihrem Geburtsort sei
2. Mit Mandatsbescheid vom 20.02.2024 verweigerte die ÖB Teheran das beantragte Visum und stützte die Entscheidung dabei auf folgende Gründe:
„Die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts waren nicht glaubhaft.“
„Es bestehen begründete Zweifel an Ihrer Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu reisen.“
Weiter wurde ausgeführt, dass die von der BF vorgelegten Unterlagen nicht ausreichen würden, um bei der Rückkehrprognose zu einem positiven Ergebnis zu kommen. Bei der Erstellung der Prognose seien die ordnungsgemäße Nutzung von Schengen-Visa in der Vergangenheit (fallgegenständlich handle es sich um den ersten Schengen-Visaantrag der BF), die familiäre Bindung an den lran (die BF sei verheiratet, ihr Gatte habe ebenfalls einen Antrag gestellt), die wirtschaftliche Bindung an den Iran (wie etwa regelmäßige sonstige Einnahmen aus Mieten bzw. Immobilienbesitz – es seien keine Unterlagen/Dokumente vorgelegt worden) sowie die berufliche Bindung an den Iran (die BF sei pensioniert) berücksichtigt worden. Nach sorgfältiger Abwägung des der ÖB Teheran eröffneten Ermessens zwischen dem öffentlichen Interesse an einer-kontrollierten und gesteuerten Einreise nach Österreich auf der einen Seite und dem persönlichen Interesse der BF an einem Besuch bei der Tochter und dem Schwiegersohn in Österreich auf der anderen Seite, könne dem Antrag auf Erteilung eines Visums nicht zugestimmt werden
3. Gegen diesen Mandatsbescheid langte am 03.03.2024 bei der ÖB Teheran fristwahrend das Rechtsmittel der Vorstellung gemäß § 57 Abs. 2 AVG ein.
Es wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die BF beabsichtige, ihre Tochter und ihren Schwiegersohn in Österreich zu besuchen, da sie diese lange nicht mehr gesehen habe. Sie wolle beim Geburtstag ihrer Tochter anwesend sei und Touristenattraktionen in Österreich besuchen. Die BF werde dabei bei ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn Unterkunft nehmen. Ein von ihnen verfasstes Schreiben zum Reisezwecks der BF sei der Vorstellung angeschlossen. Die BF sei eine pensionierte Mitarbeiterin eines XXXX Unternehmens und erhalte monatliche Rentenzahlungen. Sie finde in ihrem Heimatstaat gute Wohlfahrtsbedingungen vor und verfüge dort über Immobilieneigentum. Weiters betreibe die BF einen XXXX und arbeite an dessen Entwicklung seit fast sechs Jahren. Sie habe XXXX . Ihre Mutter sei vor sechs Jahren gestorben – aufgrund dessen habe ihre Schwester eine große emotionale Verbundenheit zur BF und würde es nicht tolerieren, zu lange von der BF getrennt zu sein. Die BF sei für fast alle Angelegenheiten ihrer Schwester verantwortlich.
Dem beigeschlossenen Schreiben der Tochter der BF lässt sich entnehmen, dass ihre Eltern in den zwei Jahren, in denen sie in Österreich lebe, ihren Haushalt dort nicht gesehen hätten. Sie teile gerne ihr neues Wohnumfeld und würde ihre Eltern in ihre Lebensumstände und Alltagsabläufe einführen. Zudem würde sie gerne ihren Geburtstag mit ihren Eltern feiern; sie vermisse die schönen Zeiten mit ihrer Familie sehr. Während des Aufenthalts beabsichtige sie, mit dem Rat der Eltern Möbel und Accessoires zu kaufen, die sie benötige, da dies im Iran Brauch sei und die Eltern einer frisch verheirateten Braut für eine Mitgift aufkommen würden.
4. Mit Bescheid der ÖB Teheran vom 28.03.2024 wurde der Antrag der BF gemäß Art. 32 Abs. 1 Visakodex abgewiesen.
Eine neuerliche Prüfung ihrer Angaben habe unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel ergeben, dass der Antrag auf Erteilung eines Visums gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. b des Visakodex abzuweisen sei, da einerseits die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht glaubhaft gewesen seien, andererseits begründete Zweifel an der Absicht der BF, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, vorliegen würden (Art. 32 Abs. 1 lit. b). Die Ausführungen des Mandatsbescheids zu den Ablehnungsgründen wurden im Bescheid wiederholt.
5. Gegen den Bescheid der ÖB Teheran wurde am 25.04.2024 das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.
Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass der gegenständliche Antrag keine politischen Hintergründe habe und die BF nicht die Absicht habe, für einen längeren Zeitraum in Österreich zu bleiben. Da der Ehemann der BF im Iran bleiben werde, sei es selbstverständlich, dass die BF in den Iran zurückkehren werde. Die BF und ihr Ehemann seien beide in Pension, wobei der Ehemann im Iran weiterhin beruflich als XXXX tätig sei. Der Lebensmittelpunkt werde somit für beide das Heimatland Iran bleiben. Die gesamte Familie der BF befinde sich im Iran, es sei nur die „kleine“ Tochter in Österreich. Zusätzlich gebe es Mieteinahmen von vermieteten Wohnungen im Iran, wodurch ein Daueraufenthalt unumstritten sei. Die BF und ihr Ehemann hätten keine politischen Feinde und würden unter normalen Umständen im Iran leben. Der beabsichtigte Aufenthalt habe keine politischen Hintergründe, da die BF und ihr Ehemann in Frieden leben würden – der Aufenthalt diene lediglich einem Besuch der Tochter in Österreich.
6. Am 29.04.2024 wurde der Absender der Beschwerde vom 25.04.2024 von der ÖB Teheran aufgefordert, eine unterzeichnete Vollmacht der BF vorzulegen, da der Absender keine Parteistellung im Verfahren habe. Sollte innerhalb der gesetzten Frist keine Vollmacht einladen, werde die Beschwerde als nicht zulässig zurückgewiesen werden. Die BF wurde über diese Vorgehensweise am selben Tag von der ÖB Teheran informiert.
Mit E-Mail vom 05.05.2024 langte bei der ÖB Teheran diesbezüglich eine von der BF ausgestellte Vollmacht ein.
7. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 17.07.2024, eingelangt am 19.07.2024, wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt übermittelt. Aufgrund des Fristablaufs sei die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht mehr möglich gewesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF, eine iranische Staatsangehörige, stellte am 18.02.2024 unter Vorlage zahlreicher Urkunden bei der ÖB Teheran einen Antrag auf Erteilung eines für 90 Tage gültigen und zur einfachen Einreise berechtigenden Schengen-Visum des Typs C. Als Zweck der Reise gab sie den „Besuch von Familienangehörigen oder Freunden“ an. Als einladende Person wurden ihre Tochter und ihr Schwiegersohn genannt.
Die BF verfügte bislang über kein Visum der Kategorie C.
Die BF schloss für den beantragten Zeitraum eine Reiseversicherung ab und reservierte jeweils einen Hin- bzw. Rückflug nach bzw. von Wien.
Eine elektronische Verpflichtungserklärung der Tochter und des Schwiegersohns wurde vorgelegt, und wurde diese von der ÖB Teheran nicht beanstandet. Der BF steht in Österreich eine Unterkunft zur Verfügung – sie würde während des für 90 Tage beantragten Zeitraums bei ihrer Tochter und dem Schwiegersohn in deren Wohnung leben.
Die BF ist verheiratet und hat eine XXXX -jährige Tochter. Diese Tochter lebt mit ihrem Ehemann in Österreich. Bis auf ihre Tochter lebt die gesamte Familie der BF im Iran.
Der Ehemann der BF stellte gemeinsam mit der BF einen Antrag am 18.02.2024 zwecks Erteilung eines Visums der Kategorie C. Der Antrag des Ehemannes der BF wurde mit Bescheid der ÖB Teheran vom 28.03.2024 (mit derselben Begründung wie im Bescheid der BF) abgewiesen. Es wurde diesbezüglich keine Beschwerde vom Ehemann der BF erhoben.
Die XXXX -jährige BF ist im Ruhestand und bezieht eine regelmäßige Pension. Sie ist gemeinsam mit ihrem Ehemann Eigentümerin einer Immobilie im Iran. Im Zuge der gegenständlichen Antragstellung wurden insgesamt drei Kontonachricht betreffend Kontoverbindungen vorgelegt, die auf die BF lauten.
Es bestehen keine begründeten Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der BF über den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts sowie an der von ihr bekundeten Absicht, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.
2. Beweiswürdigung:
Vorauszuschicken ist, dass das entscheidungsrelevante Vorbringen der BF vor Erhebung der Beschwerde erstattet und diesbezügliche Unterlagen spätestens im Zuge der Vorstellung vorgelegt wurden.
Die Feststellungen zur Antragstellung ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der ÖB Teheran.
Die BF brachte nicht vor, bislang über ein Visum der Kategorie C verfügt zu haben und legte auch keine dementsprechenden Nachweise vor.
Die BF legte die Polizze einer Reiseversicherung sowie Flugreservierungen betreffend den beatragten Zeitraum vor.
Die Feststellungen zur Elektronischen Verpflichtungserklärung gründen auf der vorgelegten Erklärung in Zusammenhalt mit dem Mandatsbescheid und dem Bescheid der ÖB Teheran. Dass der BF in Österreich eine Unterkunft zur Verfügung steht und sie während des für 90 Tage beantragten Zeitraums bei der Tochter und dem Schwiegersohn in deren Wohnung leben würde, ergibt sich aus der im Schreiben der einladenden Tochter vorgebrachten Bereitschaft sowie aus dem vorgelegten Mietanbot unter Berücksichtigung der diesbezüglich aufrechten Hauptwohnsitzmeldung des Schwiegersohns der BF. Es erscheint zudem nicht ungewöhnlich, wenn die BF während des beantragten 90-tägigen Aufenthalts bzw. Familienbesuchs bei ihrer bereits in Österreich wohnhaften Tochter in deren ausreichend großer Wohnung leben würde, statt eine Unterkunft anzumieten.
Die Feststellungen zur familiären Situation der BF ergeben sich aus ihren Angaben vor dem Hintergrund der vorgelegten Unterlagen, die mit dem Vorbringen der BF zwanglos in Einklang zu bringen sind. Dass der Ehemann der BF mit ihr gemeinsam einen Antrag zwecks Erteilung eines Visums der Kategorie C stellte, der Antrag des Ehemannes der BF mit Bescheid der ÖB Teheran vom 28.03.2024 (mit derselben Begründung wie im Bescheid der BF) abgewiesen und diesbezüglich keine Beschwerde vom Ehemann der BF erhoben wurde, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bescheid betreffen den Antrag des Ehemannes der BF unter Berücksichtigung der über ihn aufliegenden Informationen im Zentralen Fremdenregister.
Die Feststellungen zum Ruhestand der BF, zum Bezug einer Pension, zum Immobilieneigentum sowie zum Umstand, dass im Iran drei Konten auf die BF lauten, ergibt sich aus den im Zuge der Antragstellung beigebrachten Unterlagen. Es haben sich diesbezüglich keine Umstände ergeben, an der Glaubhaftigkeit der damit verbundenen Aussagen der BF zu zweifeln.
Aufgrund folgenden Erwägungen ist festzustellen, dass keine begründeten Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der BF über den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts sowie an der von ihr bekundeten Absicht, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen, bestehen:
Die BF ist verheiratet und Mutter einer XXXX -jährigen Tochter, welche in Österreich mit ihrem Ehemann lebt. Diesem möglichen familiären Anknüpfungspunkt in Österreich steht jedoch die gewichtige familiäre Verwurzelung der BF im Iran gegenüber – schließlich brachte der Ehemann der BF keine Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid der ÖB Teheran betreffend seinen inhaltsgleichen Antrag ein, sodass er im Iran verbleiben wird. Unter Berücksichtigung des Verbleibs des Ehemannes der BF im Iran und dem Umstand, dass die XXXX -jährige Tochter der BF in Österreich in einem eigenen Haushalt mit einem Ehemann lebt, ergibt sich eine starke familiäre Verwurzelung der BF im Herkunftsland und tritt der mögliche familiäre Anknüpfungspunkt in Österreich hingegen in den Hintergrund.
Eine wirtschaftliche Verwurzelung der BF in ihrem Herkunftsstaat ist aus den festgestellten Umständen ebenfalls erkennbar. Die BF bezieht eine regelmäßige Pension, ist gemeinsam mit ihrem Ehemann Eigentümerin einer Immobilie im Iran, zudem lauten drei Kontoverbindungen auf die BF. Sie steht in keinem aufrechten Arbeitsverhältnis mehr, zu dem sie zurückkehren müsste, sodass auch die beantragte Dauer von 90 Tagen in diesem Zusammenhang als nicht ungewöhnlich erscheint.
Es ist daher davon auszugehen, dass eine starke familiäre und wirtschaftliche Bindung der BF an den Iran besteht. Der Abschluss einer Reiseversicherung sowie die nachgewiesene Buchung eines Rückflugs unterstreichen zudem weiter die vorgebrachte Intention der BF, nach Ablauf des beantragten Visums wieder aus Österreich auszureisen.
Unter Berücksichtigung des bis zur Bescheiderlassung erstatteten Vorbringens der BF sowie den vorgelegten Unterlagen in Zusammenhalt mit dem Umstand, dass eine ausreichend starke Verwurzelung der BF im Iran vorliegt und daher nicht davon auszugehen ist, dass die BF beabsichtigt, über den beantragten Zeitraum hinaus in Österreich zu verbleiben, findet der von der ÖB Teheran weiters herangezogene Verweigerungsgrund, wonach die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht glaubhaft gewesen seien, keine Grundlage. Im gesamten Verfahren wurde stets gleichbleibend vorgebracht, dass ein Besuch der in Österreich lebenden Tochter intendiert ist. Unterlagen zum Verwandtschaftsverhältnis wurden vorgelegt, die Tochter äußerte sich zudem eingehend schriftlich zum Zweck des geplanten Aufenthalts der BF. Wie bereits festgestellt, bestehen auch keine begründeten Zweifel an der von der BF bekundeten Absicht, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen, sodass ein rechtswidriger Aufenthalt nach Ablauf des beantragten Visums als Aufenthaltszweck wegfällt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des europäischen Parlaments und des Rates über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) lauten wie folgt:
„Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung
Art. 21 (1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.
(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.
(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüft das Konsulat,
a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;
e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist.
(4) Das Konsulat prüft gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Gesamtaufenthaltsdauer im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger rechtmäßiger Aufenthalte aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltstitels.
(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.
(6) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein Visum für den Flughafentransit überprüft das Konsulat insbesondere Folgendes: a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist; b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits; c) den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.
(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.“
„Visumverweigerung
Art. 32 (1) Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 wird das Visum verweigert,
a) wenn der Antragsteller:
i) ein Reisedokument vorlegt, das falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
ii) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;
iii) nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
iv) sich im laufenden Sechsmonatszeitraum bereits drei Monate im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines einheitlichen Visums oder eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aufgehalten hat;
v) im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
vi) als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats eingestuft wird, insbesondere wenn er in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; oder
vii) nicht nachweist, dass er, soweit erforderlich, über eine angemessene und gültige Reisekrankenversicherung verfügt; oder
b) wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.
(2) Eine Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung werden dem Antragsteller unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI mitgeteilt.
(3) Antragstellern, deren Visumantrag abgelehnt wurde, steht ein Rechtsmittel zu. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der endgültig über den Visumantrag entschieden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.
(…)“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lauten:
„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.“
„Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.“
Grundsätzlich ist gemäß Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des europäischen Parlaments und des Rates über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) bei der Prüfung eines Antrages auf ein einheitliches Visum u.a. zu beurteilen, ob der Antragsteller beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.
Im Erkenntnis des VwGH vom 10.12.2008, 2008/22/0560, heißt es: „[B]ei der Beurteilung gemäß § 21 Abs. 1 2 FPG (Wiederausreise) muss sich ein Verbleib des Fremden im Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums – soll es zu einer Visumerteilung kommen – als unwahrscheinlich erweisen; Zweifel hieran gehen zu Lasten des Fremden.“
Nach dem Urteil des EuGH vom 19.12.2013, C-84/12, verlangt diese Bestimmung von der Behörde nicht, Gewissheit zu erlangen, ob der Antragsteller beabsichtigt, das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Die Behörde hat festzustellen, ob begründete Zweifel an dieser Absicht bestehen. Dabei sei nur ergänzend angemerkt, dass bei der Beurteilung des Versagungsgrundes im Sinne des Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex den Behörden ein weiter Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. die große Kammer des EuGH vom 19.12.2013 in der Rechtssache C-84/12, „Rahmanian Koushkaki“, ebenso VwGH 22.01.2014, 2013/21/0185). Bei der Prüfung der Wiederausreiseabsicht sind sowohl die allgemeinen Verhältnisse des Wohnsitzstaates der Antragstellerin als auch ihre persönlichen Umstände – insbesondere ihre familiäre, soziale und wirtschaftliche Situation, ihre Bindung im Wohnsitzstaat und in den Mitgliedstaaten – zu berücksichtigten (vgl. BVwG, 28.04.2015, W185 2008127).
Gegenständlich beruht die Entscheidung der belangten Behörde auf Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex. Wie bereits in der Beweiswürdigung dargestellt, ergeben sich im vorliegenden Fall keine konkreten Anhaltspunkte oder begründete Zweifel an der Absicht der BF, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zeitgerecht zu verlassen – die BF konnte eine entsprechende familiäre und wirtschaftliche Verwurzelung in der Heimat nachweisen. Die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts erweisen sich in weiterer Folge zudem auch als glaubhaft –ein rechtswidriger Aufenthalt nach Ablauf des beantragten Visums als Aufenthaltszweck ist nicht anzunehmen.
Der BF ist es zusammenfassend gelungen, die von der ÖB Teheran gehegten Bedenken durch ein unter Beweis zu stellendes substantiell geeignetes Vorbringen zu zerstreuen, sodass spruchgemäß zu entscheiden ist. Die im angefochtenen Bescheid angeführten Zweifel stehen nicht der Stattgabe des Antrages der BF entgegen. Das beantragte Visum ist daher zu erteilen.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG ist das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.