JudikaturBVwG

W229 2290595-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
18. Dezember 2024

Spruch

W229 2290595-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a Christa KOCHER und Mag.a Eva MALLASCH über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Schwechat vom 02.02.2024, VSNR: XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 12.04.2024, Zl. XXXX , betreffend Verlust der Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice Schwechat (im Folgenden: AMS) vom 02.02.2024 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer seinen Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für 42 Tage ab 08.01.2024 verloren habe. Nachsicht wurde nicht erteilt. Zudem wurde ausgesprochen, dass sich das angeführte Ausmaß um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen werde, verlängere. Die Ausschlussfrist werde unterbrochen, sofern aus einem anderen Grund als wegen eines Ausschlusses gemäß §§ 10 oder 49 AlVG kein Leistungsanspruch bestehe. Während eines Ausschlusses gemäß § 10 AlVG würden weiterhin alle gegenüber dem AMS bestehenden Verpflichtungen (Verfügbarkeit, Arbeitswilligkeit, Meldepflichten etc.) gelten.

Begründend wurde ausgesprochen, dass das AMS am 08.01.2024 Kenntnis darüber erlangt habe, dass sich der Beschwerdeführer auf eine über eine Vorauswahl des AMS Schloßhofer Straße ausgeschriebene, zugewiesene, zumutbare Beschäftigung als Produktionsarbeiter ohne triftigen Grund nicht beworben habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. nicht berücksichtigt werden können.

2. Der Beschwerdeführer brachte gegen diesen Bescheid rechtzeitig Beschwerde ein, in welcher er ausführte, dass er sich anweisungsgemäß innerhalb von vier Tagen ab Einlagen beworben habe, wobei die im Stellenangebot ausgewiesene E-Mailadresse nicht funktioniert habe. Er habe sich daraufhin über die auf dem Begleitschreiben angeführte E-Mailadresse beworben.

Der Beschwerde angehängt war eine Empfangsbestätigung des AMS Schloßhofer Straße vom 02.01.2024, dass ein E-Mail des Beschwerdeführers erhalten worden sei.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.04.2024 wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Nachweise über die behaupteten Übermittlungsversuche an die korrekte E-Mailadresse vorgelegt habe. Er habe sich wegen der behaupteten technischen Probleme auch nicht an das AMS gewendet. Es habe ihm bewusst sein müssen, dass bei einer Bewerbung an eine andere als die gewünschte E-Mailadresse kein Dienstverhältnis zustande komme.

4. Der Beschwerdeführer stellte rechtzeitig einen Vorlageantrag, in welchem er ergänzend ausführte, dass er dem AMS bereits mehrmals mitgeteilt habe, dass er eine Fehlermeldung erhalten habe, nachdem er versucht habe, sich zu bewerben.

5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahren am 19.04.2024 vorgelegt.

6. Am 12.09.2024 langte die Vollmachtsbekanntgabe der nunmehrigen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Am 08.10.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung und einer Behördenvertreterin durch.

8. Am 14.10.2024 sendete das AMS Unterlagen und eine Stellungnahme bezüglich der Nachverfolgbarkeit des E-Mails des Beschwerdeführers an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stand in der Vergangenheit bereits im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, zuletzt bezieht er seit dem 06.05.2023 Arbeitslosengeld und seit dem 02.12.2023 Notstandshilfe.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein eAMS-Konto, er meldet dem AMS telefonisch, wenn er sich auf Vermittlungsvorschläge beworben hat.

Am 22.12.2023 wurde dem Beschwerdeführer vom AMS ein Stellenangebot für eine Stelle als Produktions- und Lagermitarbeiter samt Begleitschreiben des AMS Schloßhofer Straße per Post übermittelt. Im Briefkopf des Begleitschreibens war als Ansprechpartnerin XXXX und die E-Mailadresse ams.schlosshoferstrasse@ams.at angeführt. Das Schreiben lautete auszugsweise wie folgt:

„Sehr geehrter Herr XXXX ,

wir freuen uns, Ihnen dieses Stellenangebot zu übermitteln.

Für dieses Stellenangebot übernehmen wir im Auftrag des Unternehmens die Personalvorauswahl. Richten Sie daher Ihre Bewerbung bitte direkt an uns. Wir klären, ob Ihre Qualifikationen und Kompetenzen den Anforderungen entsprechen und eine Bewerbung aussichtsreich ist. Ist das der Fall, leiten wir Ihre Bewerbung an das Unternehmen weiter.

Bewerben Sie sich bitte sofort und so wie im Inserat beschrieben. […]“.

Das Stellenangebot lautete auszugsweise wie folgt:

„Wir suchen für einen Betrieb in XXXX Wien

1 Produktions- Lagermitarbeiter (m/w/d)

Stelle ab Mitte Jänner 2024

[…]

Diese Stelle wird über ein VORAUSWAHLVERFAHREN des AMS Schloßhoferstraße besetzt!

BEWERBUNG:

Aktueller Lebenslauf/Bewerbungsschreiben

Auftrags (ADG)-Nr.: XXXX bewerbung.schlosshoferstrasse@ams.at z.Hd. Frau XXXX

Bitte KEINE Links zu Personenprofilen/Bewerbungen/Unterlagen über soziale Netzwerke/Clouddienste o.ä.

Passende Bewerbungen werden weitergeleitet, mögliche Gesprächstermine werden direkt mit dem Unternehmen vereinbart.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! […]“.

Nach Erhalt des Vermittlungsvorschlags verfasste der Beschwerdeführer ein Bewerbungsschreiben unter Anführung der Auftragsnummer.

Er versuchte dies sowie einen Lebenslauf zunächst an die E-Mailadresse bewerbung.schlosshoferstrasse@ams.at zu senden, wobei er diesbezüglich eine Fehlermeldung erhielt. Nachdem der Beschwerdeführer die E-Mailadresse kontrolliert hatte und er weiterhin eine Fehlermeldung erhielt, sendete er die Bewerbung am 02.01.2024 mit dem Betreff „z.Hd Frau XXXX “ an die im Begleitschreiben genannte E-Mailadresse ams.schlosshoferstraße@ams.at. Er erhielt eine Empfangsbestätigung mit dem Inhalt, dass seine Anfrage so rasch als möglich bearbeitet werde.

Der Beschwerdeführer ging davon aus, dass es sich dabei um die Ersatzadresse handle, da sie auch im Vermittlungsvorschlag angeführt war, und dass die Bewerbung beim AMS ankommen und aufgrund deren Nennung im Betreff an die von ihm im Betreff genannte Ansprechpartnerin weitergeleitet werde.

Er fragte nicht direkt beim AMS Schloßhofer Straße nach, da ihm im Zuge einer anderen Bewerbung mit Vorauswahl bereits mitgeteilt worden war, dass er sich an seine regionale Geschäftsstelle wenden solle.

Der Beschwerdeführer meldete der ServiceLine des AMS am 02.01.2024, dass er zunächst Fehlermeldungen erhalten und daher seine Bewerbung an die allgemeine E-Mailadresse gesendet habe.

Das E-Mail des Beschwerdeführers vom 02.01.2024 wurde an das AMS Schwechat, nicht jedoch an XXXX vom Service für Unternehmen weitergeleitet. Am 08.01.2024 meldete diese, dass sich der Beschwerdeführer nicht beworben habe.

Am 30.01.2024 nahm das AMS eine Niederschrift mit dem Beschwerdeführer wegen Nichtannahme bzw. Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung auf. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass seine ursprüngliche Bewerbung nicht zugestellt werden habe können und er die Bewerbung schließlich an die allgemeine E-Mailadresse des AMS Schloßhofer Straße gesendet habe. Er habe eine Empfangsbestätigung erhalten und gedacht, dass alles funktioniert habe.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere der Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Die Feststellungen zum Leistungsbezug des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Auszug der Versicherungszeiten vom 12.04.2024, welcher im Akt einliegt.

Dass der Beschwerdeführer über kein eAMS-Konto verfügt und etwa durchgeführte Bewerbungen telefonisch dem AMS meldet, gibt er in der Beschwerdeverhandlung an (vgl. Verhandlungsschrift S. 3 f.).

Das gegenständliche Stellenangebot samt Begleitschreiben vom 22.12.2023 liegt im Akt ein. Der Beschwerdeführer gibt in der mündlichen Verhandlung an, dass er das gegenständliche Stellenangebot am 30.12.2024 per Post bekommen hat (vgl. Verhandlungsschrift S. 7).

Hinsichtlich der erfolgten Bewerbungen ist festzuhalten, dass sowohl das E-Mail an die allgemeine E-Mailadresse ams.schlosshoferstraße@ams.at vom 02.01.2024 sowie die Empfangsbestätigung im Akt einliegt. Wenn auch der Beschwerdeführer bezüglich des Vorbringens, er habe auf seine Bewerbung an die E-Mailadresse bewerbung.schlosshoferstrasse@ams.at mehrere Fehlermeldungen bekommen, keine Belege beibringen kann, so erscheinen seine Angaben dem erkennenden Senat aus den folgenden Erwägungen dennoch als glaubhaft:

So ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Verfahren gleichbleibend vorbringt, sich anfangs wie gefordert beworben zu haben und dass er erst, nachdem es nicht funktioniert habe, die Bewerbung an die allgemeine E-Mailadresse des AMS Schloßhofer Straße gesendet habe. In der mündlichen Verhandlung schildert der Beschwerdeführer lebensnah und nachvollziehbar seine Vorgehensweise nach Erhalt des gegenständlichen Vermittlungsvorschlags. So erklärt er den Umstand, dass er über kein eAMS-Konto verfügt, damit, dass er dies nicht wolle und er sonst auch einen Drucker benötigen würde, um die Vermittlungsvorschläge ausdrucken zu können (vgl. Verhandlungsschrift S. 3 f.). Basierend auf diesen Ausführungen erscheint es dem erkennenden Senat nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer, auch aufgrund seines Alters, die Papierform digitaler Kommunikation vorzieht. Weiters schildert der Beschwerdeführer glaubhaft, dass er nach dem Versenden seiner Bewerbung eine Fehlermeldung erhalten habe, und nach mehrmaliger Kontrolle und neuerlichen Versuchen die Bewerbung schließlich an die im Begleitschreiben angeführte E-Mailadresse gesendet habe (Verhandlungsschrift S. 4: „BF: Ich habe mich auf diese Adresse beworben und habe mir das ganze vorbereitet, damit ich mit den Anhängen daran und dem Bewerbungsschreiben verschicken kann. Dann habe ich auf die Adresse mit bewerbung.schlosshoferstrasse@ams.at hingeschickt. Dann ist nach kurzer Zeit die Meldung gekommen, dass es nicht funktioniert. Ich habe es öfters probiert und geschaut, ob ich etwas falsch gemacht habe. Ich habe mir sogar die Lupe genommen, weil manchmal ist da ein Punkt, den man gar nicht sieht und dann funktioniert es nicht. Dann habe ich in dem Schreiben eine weitere AMS-Adresse gefunden ams.schlosshoferstraße.ams.at. Die Bewerbung habe ich zuhanden Frau XXXX geschickt.). Die Angaben des Beschwerdeführers erscheinen dem erkennenden Senat aufgrund des in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks als glaubhaft und ist diesen insbesondere zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer gewissenhaft mit der Stellenausschreibung und den geforderten Bewerbungsmodalitäten auseinandergesetzt hat und er bemüht war, sich erfolgreich zu bewerben. Dieses Bemühen wird dadurch bekräftigt, dass der Beschwerdeführer in seinem E-Mail sowohl den im Stellenangebot gewünschten Betreff gewählt, als auch im angehängten Bewerbungsschreiben die Auftragsnummer genannt sowie seiner Bewerbung den gewünschten Lebenslauf angehängt hat. Aufgrund der Fehlermeldung sendete er die Bewerbung schließlich an die im Begleitschreiben angeführte allgemeine E-Mailadresse des AMS Schloßhofer Straße und führte im Betreff „z.Hd Frau XXXX “ an. Soweit das AMS in der Stellungnahme vom 14.10.2024 anführt, es habe im verfahrensrelevanten Zeitraum keine Probleme mit der E-Mailadresse für Bewerbungen gegeben und es seien etwa am 31.12.2023 und am 05.01.2024 Bewerbungen eingelangt, ist festzuhalten, dass dies nicht ausschließt, dass es eine kurzfristige Einschränkung gegeben haben kann. Zudem kann der Fehler auch beim E-Mailaccount des Beschwerdeführers gelegen sein.

Der Beschwerdeführer kann in der mündlichen Verhandlung glaubhaft angeben, dass er immer sämtliche empfangenen und gesendeten E-Mails aus Angst vor einem Hackerangriff auf seinen Account nach einigen Tagen gelöscht habe, und somit weder die Zustellfehlermeldung noch das Bewerbungs-E-Mail an bewerbung.schlosshoferstrasse@ams.at vorlegen kann (vgl. Verhandlungsschrift S. 6). In diesem Zusammenhang gibt der Beschwerdeführer auch an, dass er seit dem gegenständlichen Problem seine Vorgehensweise dahingehend geändert habe, dass er E-Mails vom AMS in einem eigenen Ordner ablege und diese bei einem Freund ausdrucke (vgl. Verhandlungsschrift S. 6 f.). Insgesamt hat der Beschwerdeführer seine (gescheiterten) Bemühungen, seine Bewerbung an die korrekte E-Mailadresse zu senden, glaubhaft geschildert.

In diesem Zusammenhang schildert der Beschwerdeführer auch nachvollziehbar, dass er die allgemeine E-Mailadresse aus dem Begleitschreiben als Ersatzadresse angesehen und seine Bewerbung deshalb an diese gesendet habe, weil er davon ausgegangen ist, dass seine Bewerbung so jedenfalls beim AMS ankomme und an die zuständige Ansprechpartnerin weitergeleitet werde (vgl. Verhandlungsschrift S. 5). Dieses Vorbringen wird dadurch unterstrichen, dass er im Betreff „z.Hd Frau XXXX “ anführte, und somit die Ansprechpartnerin des SfU für die Vorauswahl, zu deren Handen die Bewerbung erfolgen solle und welche ebenfalls auf der ersten Seite des Schreibens, auf welcher die E-Mail Adresse ams.schlosshoferstraße@ams.at enthalten ist, als Ansprechpartnerin genannt ist.

Dass das E-Mail des Beschwerdeführers nicht an die Ansprechpartnerin XXXX weitegeleitet wurde, ergibt sich insbesondere aus den Angaben der Behördenvertreterin in der Beschwerdeverhandlung (vgl. Verhandlungsschrift S. 7 f.). Laut der Stellungnahme des AMS vom 14.10.2024 in Zusammenschau mit den vorgelegten Unterlagen ist eine Nachverfolgung des E-Mails durch das BRZ nach über sechs Monaten nicht mehr verfügbar, weshalb nicht mehr nachvollziehbar sei, wie das E-Mail an das AMS Schwechat gelangt ist.

Der Beschwerdeführer schildert in der mündlichen Verhandlung, dass er das AMS über erfolgte Bewerbungen telefonisch informiert und nur selten per E-Mail mit dem AMS kommuniziert (vgl. Verhandlungsschrift S. 3 f.). So ist gegenständlich auch unstrittig, dass der Beschwerdeführer das AMS über die ServiceLine am 02.01.2024 über die erfolgte Bewerbung informiert hat. Wenn auch seitens des AMS nicht dokumentiert wurde, dass der Beschwerdeführer die Fehlermeldung erwähnt hat, so kann im Zuge eines Telefonats, in welchem insbesondere die erfolgte Bewerbung thematisiert wird, die diesbezügliche Dokumentation unter den Tisch fallen. Wie bereits oben ausgeführt, ist es aus Sicht des erkennenden Senats glaubhaft, dass der Beschwerdeführer nach seinen ursprünglichen Bewerbungen an bewerbung.schlosshoferstrasse@ams.at Fehlermeldungen erhalten und erst danach die Bewerbung an ams.schlosshoferstrasse@ams.at gesendet hat, weil er davon ausging, dass seine Bewerbung auf diesem Wege die zuständige Person erreichen werde. Vor diesem Hintergrund erscheint es auch nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer die Mittelung der Fehlermeldung nicht als vordergründige Information für das AMS ansah, sondern die aus seiner Sicht erfolgte Bewerbung.

Dass der Beschwerdeführer im Zuge des Bewerbungsprozesses das AMS Schloßhofer Straße nicht kontaktiert hat, erklärt er schlüssig damit, dass ihm vor einigen Jahren bereits einmal mitgeteilt worden sei, dass er sich bezüglich erfolgter Bewerbungen beim AMS Schwechat melden solle (vgl. Verhandlungsschrift S. 5).

Die Meldung des SfU an das AMS, dass sich der Beschwerdeführer nicht beworben habe, sowie die Niederschrift des AMS mit dem Beschwerdeführer vom 30.01.2024 liegen im Akt ein.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG Senatszuständigkeit vor.

3.2. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 lauten:

„§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2. die Anwartschaft erfüllt und

3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist. […]

„§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar. […]

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. – 4. […]

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde. […]

§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“

3.3. Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

3.3.1. Die zitierten Bestimmungen des AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrechts zugrunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. VwGH vom 16.10.1990, Zl. 89/08/0141, mwH).

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice oder einem vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden, Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden:

Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. z.B. VwGH 22.07.2013, 2012/08/0058).

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines vermittelten Arbeitslosen als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. ständige Rechtsprechung, z.B. VwGH 17.03.2023, Ra 2022/08/0071 mwN.).

Es ist für die Kausalität nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden. Die Frage, ob der Arbeitslose die Stelle überhaupt bekommen hätte, ist nicht mehr von Belang (vgl. VwGH 18.01.2012, 2008/08/0243; 25.06.2013, 2011/08/0052).

Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich bei der in Frage kommenden Beschäftigung um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt (vgl. VwGH 24.02.2022, Ra 2020/08/0129 mwN.).

Das Gesetz verpflichtet eine arbeitslose Person zwar nicht dazu, eine unzumutbare Beschäftigung im Sinne der näheren Bestimmungen des § 9 AlVG anzunehmen. Das Gesetz verlangt dazu aber nicht, dass alle Einzelheiten, die für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung von Bedeutung sein können, für die arbeitslose Person schon in einer frühesten Stufe der Bewerbung erkennbar sein müssen. Vielmehr ist es auch Aufgabe des Arbeitssuchenden, im Zuge der Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Arbeitgeber bzw. mit dessen Vertreter in einer geeigneten (d.h. nicht unqualifizierten und im Ergebnis als Vereitelungshandlung anzusehenden) Weise jene Informationen zu erfragen, die zur Beurteilung von persönlicher Eignung und Zumutbarkeit unerlässlich sind. Eine arbeitslose Person ist nur insoweit und ab jenem Zeitpunkt zu keinen Bewerbungsschritten (mehr) verpflichtet (und das AMS zum Verlangen nach solchen Schritten nicht berechtigt), in dem solche Umstände einer Beschäftigung zutage treten, welche diese als für eine arbeitslose Person unzumutbar erscheinen lassen. (vgl. VwGH 17.03.2023, Ra 2022/08/0172; 17.02.2022, Ra 2020/08/0190 jeweils mwN.).

Wenn die Beschäftigung nicht evident unzumutbar ist und das Arbeitsmarktservice nicht von vornherein Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand hat, kann es den Arbeitslosen zu dieser Tätigkeit zuweisen. So dem Arbeitslosen keine Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit der Tätigkeit bekannt sind, trifft ihn zunächst die Verpflichtung, sich beim potentiellen Dienstgeber vorzustellen. Es liegt an ihm, die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Vorstellungsgespräch zu erörtern (vgl. VwGH 25.06.2013, 2011/08/0052).

3.3.2. Dem Beschwerdeführer wurde eine Stelle als Produktions- und Lagermitarbeiter mit kollektivvertraglicher Entlohnung zugewiesen. Der Beschwerdeführer hat keine Einwendungen gegen die gegenständliche Stelle vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich, dass die konkrete Stelle dem Beschwerdeführer nicht zumutbar wäre.

3.3.3. Zum Vorliegen einer Vereitelungshandlung:

In der gegenständlichen Stellenbeschreibung wurde als Bewerbungsmodalität angeführt, dass die Bewerbung unter Nennung der Auftragsnummer an die E-Mailadresse bewerbung.schlosshoferstrasse@ams.at zu Handen Frau XXXX zu senden sei. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, versandte der Beschwerdeführer die Bewerbung an diese E-Mailadresse, da er jedoch Fehlermeldungen erhielt, sandte er die Bewerbung unter Nennung der Auftragsnummer zu Handen Frau XXXX an ams.schlosshoferstrasse@ams.at.

Wenn auch für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar erscheint, dass seitens des AMS ein E-Mail mit dem Betreff „z.Hd Frau XXXX “ – und damit trotz der Angabe der zuständigen Person im Betreff – nicht an die betreffende Person weitergeleitet wird, so hat der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall grundsätzlich die Bewerbung nicht so wie in der Stellenbeschreibung gefordert durchgeführt. Aufgrund des festgestellten Sachgeschehens kann jedoch nicht auf ein vorsätzliches Handeln des Beschwerdeführers, selbst in Form eines bedingten Vorsatzes, geschlossen werden. Hierzu ist darauf zu verweisen, dass das Nichtzustandekommen der Beschäftigung seinen Grund in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun der Vermittelten haben muss (vgl. Julcher in Pfeil (Hrsg), Der AlV-Komm § 10 AlVG Rz 17).

Der Beschwerdeführer erhielt nach seinen Bewerbungen an die in der Stellenausschreibung angeführten E-Mailadresse Fehlermeldungen, weshalb er sich dafür entschied, die Bewerbung an die im Begleitschreiben angeführte E-Mailadresse zu senden. Gegenständlich konnte der Beschwerdeführer glaubhaft machen, dass er den Vermittlungsvorschlag gewissenhaft las und die Bewerbung auch entsprechend den Anweisungen versenden wollte und lediglich nach den Fehlermeldungen auf die andere im Vermittlungsvorschlag genannte E-Mailadresse auswich. Dabei ging er davon aus, dass es sich um eine Ersatzadresse handle und die Bewerbung jedenfalls beim AMS ankommen und an die Ansprechpartnerin weitergeleitet werde. Diese Annahme erscheint aus Sicht des erkennenden Senats nachvollziehbar und naheliegend, da die Vorauswahl für die gegenständliche Stelle vom AMS Schloßhofer Straße durchgeführt wurde und die im Begleitschreiben angeführte E-Mailadresse die allgemeine E-Mailadresse dieser AMS Geschäftsstelle war und die Ansprechperson am Begleitschreiben mit jener, zu deren Handen die Bewerbung laut Stellenangebot gerichtet werden sollte, ident war. Auch aufgrund der Formulierung „Richten Sie daher Ihre Bewerbung direkt an uns“ im Begleitschreiben erscheint eine Kontaktaufnahme über die allgemeine E-Mailadresse des AMS Schloßhofer Straße nicht abwegig. Zudem ist anzuführen, dass der Beschwerdeführer im angehängten E-Mail die Auftragsnummer des Stellenangebotes vermerkt und auch alle sonstigen gewünschten Angaben getätigt hat, weshalb in der Vorgehensweise des Beschwerdeführers – wie bereits erwähnt – insgesamt sein Bemühen um die Stelle ersichtlich ist. Schließlich ist die Erklärung des Beschwerdeführers, warum er sich nicht direkt telefonisch an das AMS Schloßhofer Straße wandte, nachvollziehbar und unterstreicht ebenso den fehlenden (Eventual)Vorsatz des Beschwerdeführers. Dass er seine bisherige Vorgehensweise, sämtliche E-Mails nach wenigen Tagen zu löschen, nach dem gegenständlichen Vorfall änderte und nunmehr einen eigenen Ordner für die Korrespondenz mit dem AMS angelegt hat und diese teilweise auch ausdruckt, lässt ebenso nicht darauf schließen, dass das Nichtzustandekommen der Beschäftigung in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun des Beschwerdeführers gründete.

Im vorliegenden Gesamtzusammenhang war kein bedingter Vorsatz gegeben und der Tatbestand der Vereitelung iSd § 10 Abs 1 AlVG somit nicht erfüllt.

Der Beschwerde war daher stattzugegeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 12.04.2024 zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.