JudikaturBVwG

W161 2287163-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
18. November 2024

Spruch

W161 2287163-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika Lassmann als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2024 aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2023, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei, nach eigenen Angaben ein syrischer Staatsangehöriger, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 08.06.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Am 04.11.2023 wurde durch Beamte der Landespolizeidirektion XXXX vergeblich versucht, dem Beschwerdeführer eine Ladung zur Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) auszufolgen. Laut Bericht der LPD XXXX vom 04.11.2023 werde das Wohnhaus XXXX aktuell generalsaniert und sei bis auf wenige Hausparteien unbewohnt. Laut Auskunft eines Bauarbeiters vor Ort seit die Wohnung Tür Nummer XXXX bis XXXX unbewohnt, die Wohnungstüre sei mit Spinnweben übersäht und augenscheinlich schon länger nicht mehr benutzt worden. Aufgrund der erhobenen Umstände sei davon auszugehen, dass die Wohnung aktuelle leerstehend sei und die Familie es unterlassen habe, sich nach Aufgabe des Wohnsitzes, beim Magistrat abzumelden. Eine Zustellung der Schriftstücke an besagter Anschrift sei somit nicht möglich gewesen, eine amtliche Abmeldung veranlasst worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.12.2023 wurde I. der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig ist, sowie II. die Außerlandesbringung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.

Dieser Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei am 29.12.2023 mittels Hinterlegung gem. § 23 Abs. 3 ZustellG zugestellt.

Am 02.02.2024 wurde gegen den Bescheid vom 28.12.2023 durch die BBU GmbH als Rechtsberater des BF Beschwerde erhoben. Gleichzeitig wurde eine Vollmacht, datiert vom 29.01.2024 vorgelegt.

Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde wird angeführt: Der Beschwerdeführer habe sich stets an der Abgabestelle, wo er auch gemeldet gewesen wäre, aufgehalten. Hätte die belangte Behörde den Zustellversuch im Sinn des Zustellgesetzes entsprechend versucht, hätte sie den Bescheid problemlos zustellen können. Als Beweismittel wurden vorgelegt zwei ZMR-Auszüge vom 16.06.2023 und 26.01.2024, ein Foto der Mitteilung an die Hausbewohner über die geplante Sanierung des Daches, ein Foto des Briefkastens des BF sowie das Verständigungsschreibens der BBU Rechtsberatung samt Kuvert. Aus beiden Meldezetteln ergebe sich, dass der BF trotz Sanierung des Daches seit 16.06.2023 durchgehend an seiner Adresse gemeldet gewesen wäre und seine Abgabestelle im Laufe des Verfahrens nicht geändert habe. Die Mitteilung an die Hausbewohner über die geplanten Baumaßnahmen zeige weiters, dass das Haus nicht – wie von der belangten Behörde angenommen – unbewohnbar sei. Vielmehr solle die Hausgemeinschaft durch den Hausaushang auf ein erhöhtes Lärmaufkommen durch die Arbeiten aufmerksam gemacht werden. Schon allein deshalb könne nicht angenommen werden, dass das Haus eine unbewohnbare Baustelle sei. Ebenso sei der Briefkasten der Wohnung des BF frei zugänglich, ordnungsgemäß versperrt und überdies mit den Türnummern der beiden Wohnungen beschriftet. Es scheine somit nicht nachvollziehbar, weshalb der BF postalisch keine Verständigung von der Hinterlegung seines Bescheides erhalten habe. Schließlich habe der BF im Jänner 2024 auch das Verständigungsschreiben der BBU Rechtsberatung ohne Probleme per Post an seine Adresse zugestellt bekommen. Mangels eines Vermerks „verzogen“ auf dem Kuvert des Schreibens könne nicht davon ausgegangen werden, dass der BF seine Abgabestelle geändert habe. Erst am 19.01.2024 habe den BF an oben genannter Abgabestelle ein Schreiben der BBU erreicht mit der Information, dass er sich für die Erhebung einer Beschwerde an die BBU-Rechtsberatung wenden könne. Der BF habe daraufhin die Rechtsberatung aufgesucht, wo er erstmals erfahren habe, dass offenbar zwischenzeitlich ein Bescheid ergangen sei, er diesen jedoch nicht erhalten habe. Erst durch Erhalt der Kopie und damit am 19.01.2024 habe der BF erstmalig Kenntnis vom Bescheid erhalten. Erst mit diesem Tag sei der Zustellmangel geheilt, weshalb die zweiwöchige Beschwerdefrist erst am 19.01.2024 zu laufen begonnen habe und die Beschwerdeerhebung binnen offener Frist erfolge.

Mit Beschwerdevorentscheidung des BFA vom 05.02.2024 wurde diese Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.12.2023 als verspätet zurückgewiesen.

Darin wird ausgeführt, es stehe fest, dass der Bescheid vom 28.12.2023 aufgrund der nicht Anwesenheit des BF an der angegebenen Meldeadresse bzw. Bekanntgabe eines sonstigen Aufenthaltsorts hinterlegt worden wäre. Dieser Bescheid sei mit 15.01.2024 in erster Instanz in Rechtskraft erwachsen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid sei am 02.02.2024 per Mail bei der Behörde eingebracht worden. Sie sei somit verspätet eingelangt und als solche zurückzuweisen.

Am 19.02.2024 wurde für den BF ein Vorlageantrag gestellt. Darin wird zunächst der Verfahrensgang wiedergegeben und ausgeführt, die belangte Behörde gehe fälschlicherweise erneut von einer rechtmäßigen Zustellung des Bescheides vom 28.12.2023 aus, ohne dies jedoch näher zu begründen. Die Voraussetzungen für eine Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversucht im Sinn des Zustellgesetzes wären jedoch von vornherein nicht vorgelegen. Der BF weise nochmals ausdrücklich darauf hin, dass er sich stets an der Abgabestelle, wo er auch gemeldet gewesen wäre, aufgehalten habe. Hätte die belangte Behörde den Zustellversuch im Sinn des Zustellgesetzes entsprechend versucht, hätte sie den Bescheid problemlos zustellen können. Außerdem stelle sich die Frage, weshalb die belangte Behörde dem BF die Beschwerdevorentscheidung in der Annahme, dass er sich gar nicht an seine Abgabestelle aufhalte, dennoch an eben diese Abgabestelle zugestellt und wieso die Zustellung diesmal problemlos funktioniert haben solle. Daraus ergebe sich, wie folgt: Da die Zustellung aus den genannten Gründen unrechtmäßig gewesen wäre und der Zustellmangel erst mit der Kenntnis des BF vom Inhalt des Bescheides und damit am 19.01.2024 geheilt wäre, habe die zweiwöchige Beschwerdefrist erst am 19.01.2024 zu laufen begonnen und sei somit binnen offener Frist erfolgt.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 18.06.2024 wurde die gegenständliche Rechtssache der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angefochtene Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei am 28.12.2023 durch amtliche Hinterlegung wirksam zugestellt. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist keine wirksame Beschwerde eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt des Bundesamtes und wurden von der beschwerdeführenden Partei, nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 2, 4 und 7 zwei Wochen, sofern nichts anderes bestimmt ist. Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist. § 7 Abs. 4 erster Satz Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 ist, sofern es sich bei dem Fremden im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, diesfalls nicht anwendbar.

Gegenständlich liegt ein Fall des § 3 Abs. 2 Z 4 BFA-VG ("Dem Bundesamt obliegt die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG.") vor, da es sich bei der Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG eindeutig um eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG handelt und beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde in einem solchen Fall gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG zwei Wochen.

3.2. Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 33 Abs. 1 AVG durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.

3.3. Aus dem Akteninhalt ergibt sich unzweifelhaft, dass der im Spruch genannte Bescheid dem Beschwerdeführer am 28.12.2023 zugestellt und sohin rechtswirksam erlassen worden war.

Nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 erster Satz BFA-VG iVm §§ 32 Abs. 2 und 33 Abs. 1 AVG hat im gegenständlichen Fall der Lauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist, auf die im Übrigen auch mittels korrekter Rechtsmittelbelehrung im Bescheid hingewiesen wurde, am 25.01.2023 (Mittwoch) begonnen und mit Ablauf des 08.02.2023 (Mittwoch) geendet.

Da die gegenständliche Beschwerde erst am 02.02.2024 per Mail eingebracht wurde und sohin erst nach Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist bei der belangten Behörde eingelangt ist, war die Beschwerde gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückzuweisen.

3.4. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Da im vorliegenden Fall die Beschwerde wegen Verspätung zurückzuweisen ist, kann eine Verhandlung entfallen. Ebenso konnte die Übermittlung eines Verspätungsvorhaltes entfallen, da sämtliche Gründe für die verspätete Einbringung der Beschwerde bereits in der Beschwerde und dem Vorlageantrag dargetan wurden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.