JudikaturBVwG

W208 2270555-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
07. Juni 2023

Spruch

W208 2266834-1/7E

W208 2270555-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerden von XXXX , geb XXXX

I. gegen den Bescheid des Militärkommando SALZBURG, GZ P1674592/4-MilKdo S/Kdo/ErgAbt/2022(6) vom 12.12.2022, in Verbindung mit der Beschwerdevorentscheidung GZ P1674592/6-MilKdo S/Kdo/ErgAbt/2023(1) vom 24.01.2023, betreffend Befreiung vom Wehrdienst, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerdevorentscheidung wird aufgehoben und die Beschwerde gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 26 Abs 1 Z 2 WG 2001 als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II. gegen den Einberufungsbefehl des Militärkommando SALZBURG GZ EB GWD XXXX JgKp/JgB8, Ergänzungsabteilung vom 29.03.2023 XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm §§ 20 und 24 WG 2001 als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der (BF) ist wehrpflichtig (Tauglichkeitsbeschluss vom 22.07.2020) und hat am 19.08.2022, einen Antrag auf gänzliche Befreiung vom Grundwehrdienst mit der Begründung gestellt, dass er mit Ende September 2022 den Bergbauernhof seiner Großeltern mit Schihütte übernehmen werde, weil diese aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage seien diesen zu bewirtschaften und in Pension gehen würden.

2. Mit dem im Spruch unter Punkt I. genannten Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag nach einem Ermittlungsverfahren abgewiesen.

Am 16.12.2022 erfolgte laut dem im Akt einliegenden Rückschein ein Zustellversuch des Bescheids. Als Ort der Hinterlegung ist „ XXXX “ angeführt. Der Zusteller hat angekreuzt, dass er die Verständigung der Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt hat, ein Beginn der Abholfrist ist am Rückschein nicht eingetragen. Ein Abholungsdatum ist ebenfalls nicht vermerkt.

Mit Schriftsatz vom 20.01.2023 (Eingangsstempel) brachte der BF nachdem er den Bescheid am 05.01.2023 vom Postamt XXXX abgeholt hatte dagegen Beschwerde ein. Der Beschwerde selbst ist nicht zu entnehmen, wann der Bescheid dem BF zugestellt wurde. Es findet sich lediglich ein Hinweis „Beschwerde gegen den Bescheid vom 12.12.2022 bzw. dankenswerterweise vom 05.01.2023“.

Der belangten Behörde fielen die Mängel am Rückschein nicht auf und sie stellte daher keine Nachforschungen zum tatsächlichen Zustellzeitpunkt an und hielt dem BF die mutmaßliche Verspätung auch nicht im Parteiengehör vor. Mit der im Spruch zu Punkt I. genannten Beschwerdevorentscheidung (BVE) wies die belangte Behörde die Beschwerde als verspätet zurück. Sie begründete dies mit einer Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung am 16.12.2022 und mit dem Verstreichen der vierwöchigen Rechtsmittelfrist. Der BF habe die Beschwerde erst am 19.01.2023 der Post zur Beförderung und damit zu spät übergeben.

Die BVE wurde am 30.01.2023 durch Hinterlegung zugestellt.

Der BF stellte daraufhin fristgerecht am 03.02.2023 einen Vorlageantrag. Der mit Schreiben vom 08.02.2023 (eingelangt am 09.02.2023) von der belangten Behörde samt dem Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt und unter der GZ W208 2266834-1 registriert wurde.

Das BVwG hielt dem BF die mutmaßliche Verspätung vor und versuchte über die Post zu ermitteln, welchen Tag der Zusteller auf der Verständigung zur Hinterlegung angeführt hatte bzw die Sendung hinterlegt hat. Diese Ermittlungen liefen ins Leere, weil die Post nicht in der Lage war die entsprechenden Auskünfte zu erteilen (OZ 6). Der BF teilte mit, dass er den Bescheid am 05.01.2023 nach der Verständigung übernommen habe und erst dem Bescheid zu entnehmen gewesen wäre, dass am 12.12.2022 ein Zustellversuch unternommen worden wäre.

3. Trotz des laufenden Beschwerdeverfahrens erließ das MilKdo am 29.03.2023 einen Einberufungsbefehl (EB) für den BF (zugestellt am 03.04.2023), wo als Einberufungstermin der 10.07.2023 in der XXXX Kaserne in XXXX festgelegt wurde.

Dagegen brachte der BF mit Schreiben vom 05.04.2023 (eingelangt beim MilKdo am 11.04.2023) fristgerecht Beschwerde ein, verwies auf das laufende Beschwerdeverfahren und beantragte einen Aufschub bis zur Entscheidung über seinen Befreiungsantrag.

Diese Beschwerde wurde noch am 11.04.2023 vom MilKdo dem BVwG vorgelegt und musste in der Folge der EB nachgefordert werden, der am 24.04.2023 einlangte. Das Beschwerdeverfahren wurde unter der GZ W208 2270555-1 registriert.

4. Die beiden Beschwerdeverfahren werden wegen ihres zusammenhängenden Sachverhalts verbunden und gemeinsam entschieden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung

1.1. Der Verfahrensgang wird festgestellt.

1.2. Auf dem Rückschein hinsichtlich des Bescheides vom 12.12.2022 ist kein Tag angegeben, ab wann der Bescheid hinterlegt wurde und auch nicht feststeht, ob und wenn ja, welches Datum auf der Verständigung von der Hinterlegung angeführt war.

Der Bescheid vom 12.12.2022 ist dem BF am 05.01.2023 zugegangen.

1.3. Mit 22.07.2020 wurde die Tauglichkeit des BF festgestellt, die dieser auch nicht in Abrede stellt.

1.4. Nach seinem Schulabschluss der Land- und Forstwirtschaftsschule hat der BF am 01.12.2020 eine Lehre als Systemgastronomiefachkraft im Betrieb seiner Mutter begonnen und am 13.10.2022 abgeschlossen, was dieser nicht bestreitet.

1.5. Die Schihütte ( XXXX ) gehört den Eltern des BF; XXXX und XXXX ). Diesen Hüttenbetrieb hat der BF seit 01.02.2021 gemeinsam mit seinem Bruder Daniel gepachtet und bewirtschaftet diesen seit 18.10.2022 gemeinsam mit ihm, obwohl er wusste, dass sein Grundwehrdienst unmittelbar bevorsteht.

1.6. Der BF hat, obwohl er wusste, dass sein Grundwehrdienst unmittelbar bevorsteht, den Bergbauernhof seines Großvaters XXXX ), der diesen seit 01.05.2022 an den Bruder des BF, XXXX ) verpachtet hatte, am 18.10.2022 als Eigentümer übernommen.

Die Schihütte ( XXXX ) hat der BF am 18.10.2022 von seinem Großvater übernommen und bewirtschaftet sie seit diesem Zeitpunkt, obwohl er wusste, dass sein Grundwehrdienst unmittelbar bevorsteht.

1.7. Sofern der BF anführt, er sei aufgrund des Gesundheitszustandes seiner Großeltern dazu gezwungen worden, hat er dazu keinerlei Beweismittel vorgelegt und bestand aufgrund des oben dargestellten großfamiliären Umfeldes keine zwingende Notwendigkeit, dass gerade er die Betriebe übernimmt, zumal Pächter des Bauernhofes sein Bruder Daniel war. Seine Mutter ist einschlägig im Gastronomiegewerbe tätig und wäre ihr zumutbar gewesen, dass sie die Hütte vorerst mitübernimmt. Sein Vater (der Sohn des Großvaters) ist als Tischlermeister selbstständig, ihn treffen aber in erster Linie die Fürsorgepflichten für die Großeltern des BF. Es ist auch ein Maschinenring im LUNGAU vorhanden.

Der BF hat sich im Parteiengehör bei der belangten Behörde verschwiegen, nachdem ihm diese die oa Beweisergebnisse vorgehalten hat und ist diesen auch nicht durch die Vorlage von Beweismitteln in der Beschwerde entgegengetreten.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zulässigkeit und Verfahren

2.1.1. Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen. Diese Frist wurde – entgegen der Ansicht der belangten Behörde – vom BF auch hinsichtlich des Bescheides vom 12.12.2022 eingehalten. Mehr dazu noch unten zu 2.2.

Die Einhaltung der Beschwerdefrist hinsichtlich des EB ist unstrittig.

2.1.2. Es liegen keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

2.1.3. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Aktualisierte Auflage, 2019, § 27, K2). Von Amts wegen hat das BVwG jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. aktualisierte Auflage, 2019 § 27, K3).

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das BVwG über Beschwerden nach Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage (Erhebungsergebnisse der belangten Behörde und der Angaben des BF in seinem Antrag und seiner Beschwerde) fest.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung des Sachverhaltes oder der Rechtsfrage nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl 1958/210 (keine „civil rights“) noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S 389 (kein Bezug zu EU-Normen) entgegen.

Zu I.A.)

2.2. Zur Aufhebung der Zurückweisung in der Beschwerdevorentscheidung

In der Beschwerdevorentscheidung vom 24.01.2023 hat die belangte Behörde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Sie ist dabei gem § 17 Abs 3 1. Satz ZustG davon ausgegangen, dass der Lauf der Frist mit 16.12.2022 ausgelöst wurde, weil dies ihrer Ansicht nach der Tag der Hinterlegung beim Postamt bzw der Zustellbasis war. Sie zog diesen Schluss aus dem Rückschein (Zustellnachweis). Auf dem Rückschein ist dieser Tag aber gerade nicht als erster Tag der Hinterlegung eingetragen (das Feld ist frei) und lediglich als Datum des ersten Zustellversuches vermerkt. Daraus ergibt sich aber nicht zwingend, dass an diesem Tag auch hinterlegt wurde, im Gegenteil sind Zweifel angebracht. Das hat die belangte Behörde übersehen.

Der 16.12.2022 ist ein Freitag gewesen und der 19.12.2022 war der darauffolgende Montag. Der BF hat seine Beschwerde am 19.01.2023 der Post zur Beförderung übergeben.

Eine rechtswirksame Zustellung durch Hinterlegung setzt voraus, dass die Postsendung auch tatsächlich [ab diesem Tag] beim Zustellpostamt zur Abholung bereitgehalten wurde (vgl § 17 Abs 3 1. Satz ZustG). Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ist daher für den Beginn der Abholfrist und damit für den Tag der Zustellung der Tag entscheidend, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird (vgl. etwa VwGH 22.07.2014, Ra 2014/02/0020, mwN).

Entscheidend ist, welchen Tag der Zusteller als Beginn der Abholfrist auf der Verständigung der Hinterlegung angeführt hat, weil mit dem Rückschein bloß der Beweis darüber erbracht wird, dass die Zustellung dem Gesetz entsprach (VwGH 14.06.2022, Ra 2022/10/0075 unter Hinweis auf 17.10.2013, 2013/11/0188).

Die belangte Behörde hat dem BF die mutmaßliche Verspätung nicht vorgehalten (das wurde durch das BVwG nachgeholt) und war die Post trotz Nachforschungen seitens des BVwG nicht in der Lage den Nachweis zu führen, dass der Bescheid bereits am Freitag den 16.12.2022 bei der Zustellbasis der Post hinterlegt bzw welches Datum auf der Verständigung von der Hinterlegung vermerkt war. Ein mangelhafter und dementsprechend gesetzwidriger Zustellvorgang steht einer rechtswirksamen Zustellung entgegen. Er löst den Beginn der Rechtsmittelfrist nicht aus (vgl VwGH 07.03.2016, Ra 2015/02/0233, mwN).

Erst mit dem tatsächlichen Zukommen des Bescheides mit der Übergabe am 05.01.2023 wurde der Zustellmangel gem § 7 ZustG geheilt und die Rechtsmittelfrist von 4 Wochen ausgelöst.

Es ist daher von einer rechtmäßigen Zustellung erst mit der tatsächlichen Übergabe des Bescheides am 05.01.2023 auszugehen und begann die Beschwerdefrist folglich erst an diesem Tag, sodass die Beschwerdeerhebung am 20.01.2023 noch innerhalb der Beschwerdefrist liegt. Daraus folgt, dass die belangte Behörde die Beschwerde nicht zurückzuweisen gehabt hätte, sondern inhaltlich zu prüfen. Aus diesem Grund war die Beschwerdevorentscheidung aufzuheben.

2.3. Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtbefreiung gem § 26 Abs 1 Z 2 WG 2001

Die fallbezogen maßgeblichen Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001) lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):

Befreiung und Aufschub

§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und

2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Als sonstige öffentliche Interessen gelten insbesondere gesamtwirtschaftliche oder familienpolitische Interessen sowie die Tätigkeiten von Fachkräften der Entwicklungshilfe nach § 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Als familiäre Interessen gelten auch solche aus einer eingetragenen Partnerschaft. Eine Befreiung ist auch zulässig, wenn eine Voraussetzung nach Z 1 oder 2 während eines Präsenzdienstes eintritt. Befreiungen nach Z 1 hat der Bundesminister für Landesverteidigung zu verfügen.

[…] (4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam.

Hier vertritt die belangte Behörde im Wesentlichen in ihrer rechtlichen Beurteilung die Ansicht, dass weder besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche noch familiäre Interessen vorliegen, die die beantragte Befreiung rechtfertigen würden. Die wirtschaftlichen Interessen würden zwar vorliegen, diese seien aber nicht besonders rücksichtwürdig, weil der BF seine wirtschaftlichen Dispositionen getroffen habe, obwohl er in Kenntnis war, dass er seinem Präsenzdienst werde ableisten müssen. Familiärer Interessen lägen nicht vor, weil kein Familienangehöriger in seinen eigenen Belangen die Unterstützung des BF benötigen würde.

Der BF führt in seiner Beschwerde zusammengefasst lediglich aus, dass er wegen der Erwerbsunfähigkeit des Großvaters bzw der Gesundheitssituation seiner Großeltern gezwungen gewesen wäre, den Hof und die Schihütte zu übernehmen. Sein großfamiliäres Umfeld sei aus näher genannten Gründen nicht in der Lage einen Ausfall seiner Arbeitsleistung zu kompensieren bzw sei das nicht zumutbar.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu in ähnlich gelagerten Fällen ua folgende Aussagen getroffen:

Auch wenn der Wehrpflichtige im vorliegenden Fall im Zeitpunkt seiner hier maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionen (Pachtvertrag) noch nicht zum Grundwehrdienst einberufen war, so musste er doch aufgrund der Feststellung seiner Tauglichkeit mit der Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes rechnen. Indem er dennoch den landwirtschaftlichen Betrieb gepachtet hat, hat er damit die Schwierigkeiten, die für seinen landwirtschaftlichen Betrieb durch die Leistung seines Grundwehrdienstes verbunden sind, selbst geschaffen (Hinweis E vom 29. September 2005, 2003/11/0026). Der Wehrpflichtige hätte somit wegen der (aufgrund der Tauglichkeitsfeststellung) zu erwartenden Einberufung zum Grundwehrdienst seine wirtschaftlichen Angelegenheiten so einrichten müssen, dass er der Einberufung ohne voraussehbare Schwierigkeiten nachkommen kann. Ließe sich somit die Führung des gepachteten Betriebes mit der Leistung des Grundwehrdienstes nicht vereinbaren, so hätte der Wehrpflichtige das Pachtverhältnis nicht eingehen dürfen, selbst wenn es sich dabei um eine besondere (wirtschaftliche) Gelegenheit gehandelt haben sollte. Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde führt dies zu keinem Berufsverbot in der Phase vor Ableistung des Grundwehrdienstes, stehen dem Wehrpflichtigen doch vor der Einberufung zum Grundwehrdienst alle beruflichen (z.B. unselbständigen) Erwerbsmöglichkeiten offen, die für die Dauer des Ableistens des Grundwehrdienstes ohne größere Schwierigkeiten unterbrochen werden können (VwGH 27.01.2014, 2013/11/0246).

Der Wehrpflichtige ist gehalten, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es ein Wehrpflichtiger, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinn der Bestimmungen des Wehrgesetzes angesehen werden (Hinweis E 29. September 2005, 2003/11/0026). Ist der Wehrpflichtige nicht selbst Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes, in dem er arbeitet, sondern sind dies vielmehr seine Eltern, so ist das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen iSd § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 daher auszuschließen. Die künftig vorgesehene Übernahme dieses Betriebes durch den Wehrpflichtigen vermag nämlich ein wirtschaftliches Interesse des Wehrpflichtigen an seiner Befreiung nicht zu begründen (Hinweis E 21. März 1995, 94/11/0402; VwGH 13.12.2005, 2005/11/0167).

Umgelegt auf den vorliegenden Fall bedeutet das, dass der belangten Behörde Recht zu geben ist. Der BF hat sämtliche wirtschaftliche Dispositionen getroffen, obwohl er wusste, dass er aufgrund seiner Tauglichkeit nach Beendigung seiner Lehre den Grundwehrdienst antreten müssen wird. Anstatt bis zur Einberufung im Betrieb seiner Mutter weiterzuarbeiten, wo er sein Lehrverhältnis (nach der Tauglichkeitsfeststellung) begonnen hat.

Der BF hat gegen seine Harmonisierungspflicht verstoßen. Er hat vorhersehbare Schwierigkeiten durch seine Übernahmen vergrößert bzw geschaffen. Die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen können daher nicht als besonders rücksichtswürdig angesehen werden (VwGH vom 26.02.2002, 2000/11/0269, mit Verweis auf Stammrechtssatz VwGH vom 21.10.1994, 94/11/0174).

Spätestens mit der Feststellung der Tauglichkeit ist mit der Einberufung zum Grundwehrdienst zu rechnen und spätestens zu diesem Zeitpunkt setzt auch die oben dargestellte Harmonisierungspflicht ein, die auch beinhaltet mit der Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit bis nach der Ableistung des Präsenzdienstes zuzuwarten oder zu versuchen den Präsenzdienst möglichst früh abzuleisten, um dann ungestört den Aufbau eines Unternehmens zu betreiben (VwGH vom 24.4.2001, 2000/11/0082). Die Ableistung wäre dem BF nach der Aktenlage schon nach Beendigung der land- und forstwirtschaftlichen Schule möglich gewesen.

Dass gerade er dazu gezwungen war die Schihütte und den Bauernhof seiner Großeltern zu übernehmen, hat er zwar behauptet, dazu aber keinerlei Beweismittel vorgelegt und ist das aufgrund der festgestellten Familienverhältnisse und der unwiderlegten Erhebungsergebnisse auch nicht nachvollziehbar.

Gleiches gilt für das behauptete Vorliegen besonders rücksichtswürdiger familiäre Interessen.

Diese liegen nur dann vor, wenn ein Familienangehöriger des Wehrpflichtigen in seinen eigenen Belangen der Unterstützung durch den Wehrpflichtigen bedarf, die ihm dieser aber wegen der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes nicht gewähren könnte, und wenn mangels Unterstützung des Angehörigen durch den Wehrpflichtigen eine Gefährdung der Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen des Angehörigen zu befürchten ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. November 2000, Zl. 2000/11/0064, und vom 21. September 1990, Zl. 90/11/0044, VwSlg 13261 A/1990, m. w. N.; VwGH 27.03.2008, 2007/11/0202).

Das ist im Gegenstand nicht hervorgekommen.

Zur Unterstützung der Angehörigen ist nicht nur der Wehrpflichtige, sondern die ganze Familie berufen. Jene Familienangehörigen, deren Unterstützungsbedürftigkeit der Wehrpflichtige geltend macht, haben überdies ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des wehrpflichtigen Angehörigen einzurichten (Hinweis E 23. 1. 2001, 2000/11/0206; E 26. 2. 2002, 2000/11/0269; E 4. 6. 1991, 90/11/0231; E 1. 12. 1992, 92/11/0113; E 10. 11. 1998, 97/11/0377; VwGH 13.12.2005, 2005/11/0167).

Dem BF ist vor diesem Hintergrund zumutbar, dass er seine Schihütten – sofern sein Arbeitsausfall durch Familienangehörige oder eingestellte Personen nicht kompensiert werden kann – vorübergehend schließt. Er kann sich für seinen Hof der Hilfe des Maschinenrings bedienen und für Ernten dienstfreie Tage beantragen. Die Harmonisierungspflicht schließt mit ein rechtzeitig für eine erforderliche Vertretung des Wehrpflichtigen durch Dritte vorzusorgen (VwGH vom 27.03.2008, 2007/11/0202).

Die belangte Behörde hat vor diesem Hintergrund zu Recht den Befreiungsantrag abgewiesen.

Zu II A)

2.4. Zur Abweisung der Beschwerde gegen den EB

Die fallbezogen maßgeblichen Bestimmungen des WG 2001 lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):

„§ 10. (1) Alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechtes, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind wehrpflichtig. […]

Grundwehrdienst

§ 20. Zur Leistung des Grundwehrdienstes sind alle Wehrpflichtigen verpflichtet. Der Zeitpunkt, an dem dieser Präsenzdienst erstmalig anzutreten ist, hat vor Vollendung des 35. Lebensjahres des Wehrpflichtigen zu liegen. Die Wehrpflichtigen sind, sofern militärische Rücksichten nicht entgegenstehen, nach Möglichkeit zum Grundwehrdienst innerhalb von sechs Monaten nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zu diesem Präsenzdienst einzuberufen. Der Grundwehrdienst dauert sechs Monate. Die Dauer von Wehrdienstleistungen in einem Dienstverhältnis nach § 1 Abs. 3 Z 2 und einem Auslandseinsatzpräsenzdienst nach § 19 Abs. 1 Z 8 sind auf die Dauer des Grundwehrdienstes anzurechnen.

§ 24. (1) Wehrpflichtige sind zum Präsenzdienst nach den jeweiligen militärischen Interessen mit Einberufungsbefehl einzuberufen. Der Einberufungsbefehl ist zu erlassen

1. spätestens vier Wochen vor dem Einberufungstermin zum Grundwehrdienst und

[...]

Der Einberufungsbefehl zum Grundwehrdienst darf nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach erstmaliger Feststellung der Tauglichkeit des Wehrpflichtigen zum Wehrdienst erlassen werden. Die Fristen nach Z 1 und 2 dürfen nach Maßgabe militärischer Erfordernisse, im Falle der Z 2 insbesondere zum Üben der Herstellung der Einsatzbereitschaft von Verbänden im Wege von Waffenübungen, verkürzt werden. Sämtliche Fristen dürfen auch mit schriftlicher Zustimmung des Wehrpflichtigen verkürzt werden.

[…]“

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist im gegebenen Zusammenhang für die Rechtmäßigkeit des EB nach § 24 Abs 1 WG 2001 nur das Vorliegen eines aufrechten Tauglichkeitsbeschlusses maßgebend (vgl VwGH 22.03.2002, 2002/11/0049; 22.04.2008, 2008/11/0052; 16.10.2012, 2011/11/0080).

Nur ein rechtskräftiger Bescheid, mit dem der Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes (gemäß § 26 Abs 3 WG 2001) oder die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes (gemäß § 26 Abs. 1 WG 2001) gewährt wurde, stellt ein rechtliches Hindernis für die Erlassung des Einberufungsbefehles dar. Die Stellung eines Antrages auf Gewährung des Aufschubes oder der Befreiung hindert demnach nicht die Einberufung zum Grundwehrdienst (siehe dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0204, vom 20. März 2001, Zl. 2001/11/0065, vom 28. Juni 2001, Zl. 2001/11/0167, vom 26. Februar 2002, Zl. 2000/11/0338, und vom 23. April 2002, Zl. 2002/11/0067; VwGH 30.01.2003, 2003/11/0013).

Da nach der Aktenlage unbestrittenermaßen ein Beschluss der Stellungskommission vorliegt, der auf Tauglichkeit des Beschwerdeführers lautete, erweist sich die Einberufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als nicht rechtswidrig (vgl dazu auch VwGH 16.10.2012, 2011/11/0080).

Über den Befreiungsantrag wurde zum Zeitpunkt der Erlassung des EB noch nicht rechtskräftig entschieden. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besteht gegen die Erlassung eines EB, solange über einen Befreiungsantrag nicht zugunsten des Wehrpflichtigen entschieden worden ist, kein Hindernis (siehe u.a. die Erkenntnisse des VwGH vom 26.04.1988, 88/11/0042, und vom 21.09.1990, 90/11/0135). Die belangte Behörde hätte daher im gegebenen Zusammenhang nur dann den EB nicht erlassen dürfen, wenn der BF bereits rechtskräftig von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit worden wäre (VwGH 08.03.1991, 91/11/0013).

Vor diesem Hintergrund erweist sich der angefochtene EB, der gemäß den gesetzlichen Vorgaben erlassen und zugestellt wurde (vgl dazu die Feststellungen und den Verfahrensgang), nicht als rechtswidrig und ist daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der BF muss dem EB nachkommen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.