Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pagitsch in der Beschwerdesache ***Bf1***. ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Name5***, ***Adr1***, diese vertreten durch ***Name2***, p.A. ***Bf1***., ***Adr2***, über deren Antrag vom 17. Jänner 2024 auf Wiederaufnahme des Verfahrens über die Maßnahmenbeschwerde betreffend die vorläufige Beschlagnahme von zwei Cash-Center (Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 29.12.2023 zu RM/6100001/2023) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26. September 2025 in Anwesenheit von Dr. Michaela Krempl-Pfeifenberger als Vertreterin der belangten Behörde sowie der Schriftführerin Tanja Zinkl zu Recht erkannt:
I.) Der Antrag wird als unbegründet abgewiesen.
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}II.) Gem § 35 VwGVG iVm § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung hat die Antragstellerin dem Bund (Bundesministerium für Finanzen) Aufwendungen (Schriftsatzaufwand) iHv insgesamt € 276,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
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}III.) Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz ( B-VG) nicht zulässig.
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}Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 29.12.2023, RM/6100001/2023, wurde die Maßnahmenbeschwerde der Antragstellerin wegen Verletzung in Rechten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Finanzpolizei des Amtes für Betrugsbekämpfung betreffend die vorläufige Beschlagnahme von zwei näher beschriebenen Cash-Centern infolge Wegfalls eines selbständigen Anfechtungsgegenstandes gem § 28 Abs 1 VwGVG eingestellt.
Mit Schriftsatz vom 22.1.2024 beantragte die Antragstellerin dieses Verfahren gem § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG wiederaufzunehmen, da - im Wesentlichen - es der Antragstellerin gar nicht möglich gewesen wäre, durch ihre handelnden Organe Einsichtnahme in die Amtstafel der Landespolizeidirektion ***Ort1*** über die Kundmachung der Hinterlegung des Beschlagnahmebescheides zu nehmen.
Zudem erhob die Antragstellerin am 6.2.2024 eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich des oa. Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes.
Zum Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens führte die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 13.3.2024 im Wesentlichen aus, dass sie die Vertretungsbefugnis des ***Name2*** in Zweifel ziehe, die von der Antragstellerin angeführte neue Tatsache des "eingeschränkten Zutritts zur Amtstafel bei der Landespolizeidirektion ***Ort1***" gar nicht existiere, die Antragstellerin zudem gar nicht versucht habe, Einsicht in die Amtstafel der Landespolizeidirektion zu nehmen und der Antragstellerin, sofern man vom Vorliegen von nova reperta ausgehen würde, daher ein Verschulden treffe, zumal die Antragstellerin respektive deren Gesellschafter ***Name3*** und ***Name2*** vom Zeugen ***Name4*** geraten worden sei, sich bei der Landespolizeidirektion ***Ort1*** zu melden.
Am 17.4.2024 teilte die Antragstellerin mit, dass das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof abzuwarten sei, da die Zuständigkeit in dieser Rechtssache aufgrund der außerordentlichen Revision auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen sei und das Bundesfinanzgericht während der Anhängigkeit beim Verwaltungsgerichtshof daher keine Beschlüsse fassen dürfe.
Mit Beschluss vom 4.5.2025 wies der Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision zurück, da - im Wesentlichen - der Beschlagnahmebescheid vom 20.7.2023 dem Amt für Betrugsbekämpfung als Partei im Mehrparteienverfahren zugestellt worden sei und daher - unabhängig vom Revisionsvorbringen - durch die Zustellung an eine der Parteien des Beschlagnahmeverfahrens als erlassen anzusehen sei, sodass das Bundesfinanzgericht das Maßnahmenbeschwerdeverfahren zu Recht eingestellt habe. Zudem unterliege das Vorbringen zur Einsehbarkeit der Amtstafel dem aus § 41 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbot vor dem Verwaltungsgerichtshof und hätten neue Tatsachen allenfalls gem § 32 VwGVG zum Beschlagnahmeverfahren geltend gemacht werden können.
Am 20.8.2025 reichte die Antragstellerin eine abschließende Stellungnahme ein, wobei sie zusammenfassend noch einmal darauf hinwies, dass der nachträglich erkannte Umstand der faktisch verwehrten Einsicht in die Amtstafel die Anforderungen des § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG erfülle, da es sich um eine neue Tatsache handle, die zuvor weder dem Gericht noch der Partei bekannt gewesen sei und die ohne ihr Verschulden im Verfahren nicht vorgebracht werden habe können, aber ihre Kenntnis vermutlich dazu geführt hätte, dass der Bescheid nicht rechtskräftig zugestellt worden wäre bzw. das Verfahren anders (zugunsten der Partei) abgelaufen wäre. Zudem verwies sie ausführlich auf rechtliche Aspekte, insbesondere auf unionsrechtliche Grundsätze.
Am 28.8.2025 wurde von der Antragstellerin eine ergänzende Stellungnahme eingereicht, in der sie zusammenfassend ausführte, dass bislang kein rechtswirksamer Beschlagnahme-bescheid gegen sie ergangen sei, was für das Maßnahmenbeschwerdeverfahren von entscheidungserheblicher Bedeutung sei. Weder der als "Bescheid" bezeichnete Schriftsatz vom 11.8.2025 noch die angebliche frühere Beschlagnahmeanordnung vom 20.7.2023 (beide von der Landespolizeidirektion ***Ort1***) würden die gesetzlichen Anforderungen an einen gültigen Verwaltungsakt erfüllen, wobei sie dies nachfolgend ausführlich begründete. Das Bundesfinanzgericht müsse daher entscheiden, dass die Beschlagnahme unwirksam sei und die betreffenden Geräte samt Bargeld unverzüglich an die tatsächliche Eigentümerin herauszugeben sei. Nur so könne der gesetzmäßige Zustand wiederhergestellt und den Anforderungen des nationalen Rechts wie des Unionsrechts Genüge getan werden.
Am 19.9.2025 beantragte die Beschwerdeführerin per E-Mail die Vertagung der für 26.9.2025 anberaumten mündlichen Verhandlung, da ihr Vertreter ***Name2*** in Barcelona aufhältig sei. Nach mehrmaligen Mailverkehr mit dem Richter, bei welchem die Beschwerdeführerin auch einen vorbereitenden Schriftsatz zur mündlichen Verhandlung übermittelte, nahm die Beschwerdeführerin ihre Vertagungsbitte am 25.9.2025 zurück.
In der mündlichen Verhandlung am 26.9.2025, welche in Abwesenheit der Antragstellerin durchgeführt wurde, wurde der vorbereitende Schriftsatz der Antragstellerin zu Protokoll gegeben. Zudem übergab die Vertreterin der belangten Behörde in einem Schriftsatz eine Zusammenfassung ihrer rechtlichen Ansicht.
Das Bundesgericht hat erwogen
Festgestellter Sachverhalt
Das Verfahren, für welches die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt wurde (Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 29.12.2023, RM/6100001/2023), wurde am 8.1.2024 abgeschlossen.
Die dahingehende Revision der Antragstellerin wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 4.6.2025 zurückgewiesen.
Der Beschlagnahmebescheid vom 20.7.2023 wurde vom 20.7.2023 bis 25.8.2023 an der Amtstafel der Landespolizeidirektion ***Ort1*** kundgemacht, da der Veranstalter, der Inhaber und der Eigentümer der beschlagnahmten Cash-Center von der Behörde nicht ausfindig gemacht werden konnten.
Für die Einsichtnahme in die Amtstafel der Landespolizeidirektion ***Ort1*** ist keine Online-Terminreservierung notwendig. Die Amtstafel der Landespolizeidirektion ***Ort1*** ist während der Amtsstunden nach Passieren der Sicherheitsschleuse bzw. Eintrittskontrolle für die Öffentlichkeit zugänglich.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt des abgeschlossenen Verfahrens zu RM/6100001/2023. Der Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens erschließt sich aus den Zustellnachweisen. Demnach wurde der Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 29.12.2023, mit welchem über die Beschwerde der Antragstellerin wegen Verletzung in Rechten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Finanzpolizei des Amtes für Betrugsbekämpfung betreffend die vorläufige Beschlagnahme von zwei näher beschriebenen Cash-Centern abgesprochen wurde, am 29.12.2023 der belangten Behörde und am 8.1.2024 der Antragstellerin zugestellt.
Dass für die Einsichtnahme in die Amtstafel der Landespolizeidirektion ***Ort1*** keine Online-Terminreservierung erforderlich ist, erschließt sich für das Gericht nach Aufruf der Homepage der Landespolizeidirektion ***Ort1*** im Internet unter https://citizen.bmi.gv.at/at.gv.bmi.fnsetvweb-p/etv/public/sva/Terminvereinbarung?locale=de, wonach keine Terminreservierung für eine Einsicht in die Amtstafel auswählbar bzw. buchbar ist. Daraus ist abzuleiten, dass die Amtstafel zumindest während der Amtsstunden nach Passieren der Sicherheitsschleuse bzw. Eintrittskontrolle für die Öffentlichkeit zugänglich ist, zumal die Antragstellerin keine gegenteiligen Nachweise vorlegen konnte. Zudem geht aus der Homepage hervor, dass es die Online-Terminreservierung für bestimmter Rechtsangelegenheiten seit November 2023 bei der Landespolizeidirektion ***Ort1*** gibt.
Rechtliche Erwägungen
Zu den Zweifeln der belangten Behörde bezüglich der Vertretungsbefugnis des ***Name2*** geht das Gericht aufgrund der vorgelegten Vollmachtsurkunde und unter Verweis auf die Bestimmungen der §§ 1006 bis 1008 ABGB davon aus, dass eine durchgehende Vollmachtskette vorliegt und demnach ***Name2*** berechtigt ist, in dieser Angelegenheit zu vertreten.
Gem § 32 Abs 1 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn nach Z 2 neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.
Gem § 32 Abs 1 erster Satz VwGVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat (…).
Gem § 32 Abs 5 erster Satz VwGVG sind die für Erkenntnisse maßgeblichen Bestimmungen dieses Paragraphen auf Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sinngemäß anzuwenden.
Die Bestimmung über die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 32 VwGVG entspricht weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (vgl Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 32 VwGVG (Stand 1.10.2018, rdb.at)). Es kann daher auf die Judikatur zu den §§ 69 bis 72 AVG zurückgegriffen werden.
Der Antragsteller muss den Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren gem § 32 Abs 1 Z 1 bis 4 VwGVG stützt, aus "eigenem Antrieb" in seinem Antrag "konkretisiert und schlüssig" darlegen (VwGH 20.9.1995, 93/13/0161; VwGH 14.3.2019, Ra 2018/18/0403 ). Auch diesbezüglich trifft allein den Antragsteller und nicht auch das Verwaltungsgericht die Pflicht, die Umstände, aus denen seiner Ansicht nach hervorgeht, dass einer der in § 32 Abs 1 Z 1 bis 4 VwGVG angeführten Tatbestände verwirklicht ist, konkret und dezidiert anzuführen (Hengstschläger/Leeb 6 Rz 588; Kolonovits/Muzak/Stöger 11 Rz 607; Schulev-Steindl 6 Rz 348 ).
Voraussetzung für neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel ist das Vorliegen eines - von der antragstellenden Partei nicht verschuldeten (VwGH 3.7.2015, Ro 2015/08/0013) - Tatsachenirrtums des Verwaltungsgerichtes. Abgestellt wird auf sog nova reperta, die bereits vor Abschluss des Verfahrens vorhanden waren, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 32 VwGVG Anmerk 9 (Stand 1.10.2018, rdb.at)).
Tatsachen, die erst nach Abschluss des Verfahrens entstanden sind, sog "nova causa superveniens" oder "nova producta", stellen, weil sie von der Rechtskraft des Bescheides bzw des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes nicht umfasst sind, keinen Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens dar (VwGH 13. 10. 1980, 3073/80; VwGH 20.2.1992, 91/09/0196; VwGH 17.2.2006, 2006/18/0031)
Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund ungeachtet des Erfordernisses seiner Neuheit aber nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt (und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit) die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche die Behörde entweder den Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages bildenden Bescheid oder (zumindest) die zum Ergebnis dieses Bescheides führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (VwGH 11.1.2024, Ra 2023/09/0147).
Mit Tatsachen iSd § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG sind Geschehnisse im Seinsbereich gemeint (VwGH 19.4.1994, 90/07/0124; VwGH 24.4.2007, 2005/11/0127). Ein Wiederaufnahmegrund kann von vornherein nur ein Umstand sein, der den Sachverhalt betrifft, ein "Element jenes Sachverhaltes" (VwGH 30.9.1985, 85/10/0067; VwGH 16.12.1992, 91/12/0065), der von der Behörde bzw dem Verwaltungsgericht im wiederaufzunehmenden Verfahren zu beurteilen war (VwGH 20.11.2003, 2002/09/0153) und der darin ergangenen Entscheidung zugrunde gelegt wurde (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70, Rz 29 (Stand 1.1.2020, rdb.at).
Nach § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG setzt die Wiederaufnahme des Verfahrens zudem voraus, dass die bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhandenen, neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweise "ohne Verschulden der Partei" unbekannt geblieben sind und daher unverschuldet von ihr im Verfahren nicht geltend gemacht bzw von der Behörde bzw vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt werden konnten (VwGH 28.7.1994, 94/07/0097; VwGH 28.3.1995, 94/19/0139).
Unter Verschulden iSd § § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG ist nach stRsp des VwGH Verschulden iSd § 1294 ABGB zu verstehen (VwGH 9.6.1994, 94/06/0106; VwGH 22.6. 1995, 95/06/0087). Es kommt nicht auf den Grad des Verschuldens an - auch leichte Fahrlässigkeit genügt (VwGH 19.3.2003, 2000/08/0105; VwGH 14.12.2015, Ra 2015/09/0076).
Hat die Partei eine Tatsache oder ein Beweismittel im Verwaltungsverfahren bzw im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht, obwohl ihr dies bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit möglich gewesen wäre, liegt ein ihr zurechenbares Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (VwGH 21.9.1995, 95/07/0117; VwGH 9.10.2001, 2001/05/0138). Es kommt darauf an, dass die Partei hinsichtlich der rechtzeitigen Geltendmachung der für ihren Verfahrensstandpunkt sprechenden Umstände kein Verschulden trifft (vgl VwGH 28.7.1994, 94/07/0097; VwGH 28.6.2006, 2006/08/0194).
Es ist Sache des Wiederaufnahmewerbers darzutun, dass die von ihm behaupteten neuen Tatsachen oder Beweismittel im Verwaltungsverfahren bzw im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ohne sein Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten (VwGH 23.3.1977, 1341/75; Hengstschläger/Leeb 6 Rz 583).
Schließlich ist eine weitere Voraussetzung einer Wiederaufnahme, dass die Tatsachen oder Beweismittel entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, eine im Hauptinhalt des Spruchs anders lautende Entscheidung herbeizuführen. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist. Ob hingegen das Verfahren tatsächlich einen anderen Ausgang nimmt, ist im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären (vgl Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 32 VwGVG Anmerk 9 (Stand 1.10.2018, rdb.at)).
Es muss sich also um neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel handeln, die den Sachverhalt betreffen und die, wenn sie schon im wiederaufzunehmenden Verfahren berücksichtigt worden wären, zu einer anderen Feststellung des Sachverhalts und voraussichtlich zu einem im Hauptinhalt des Spruches anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichtes geführt hätten (VwGH 30.6.1998, 98/05/0033; VwGH 20.12.2005, 2005/12/0124; VwGH 24.6.2014, Ro 2014/05/0059).
Im gegenständlichen Fall liegt - wie bereits die belangte Behörde ausgeführt hat - die von der Antragstellerin angeführte neue Tatsache "des eingeschränkten Zutrittes zur Amtstafel bei der Landespolizeidirektion ***Ort1***" nicht vor. Die Antragstellerin kann dahingehend weder einen Beweis vorlegen noch irgendwelche schlüssige und nachvollziehbare Anhaltspunkte liefern, dass die Amtstafel der Landespolizeidirektion ***Ort1*** in der Zeit vom 20.7.2023 bis 8.1.2024 für die Öffentlichkeit nicht zugänglich gewesen sei.
Wenn sie dahingehend im Wiederaufnahmeantrag lediglich vorbringt, dass der Gesellschafter der Antragstellerin am 18.1.2024 um 9:30 Uhr mit einer Vollmacht bei der Landespolizeidirektion ***Ort1*** in Angelegenheit des Beschlagnahmeverfahrens persönlich vorsprechen wollte, aber ihm der Zutritt zum Amtsgebäude verweigert worden wäre, weil er keinen Termin gebucht habe, so ist aufgrund dessen keinesfalls evident, dass die Amtstafel nicht zugänglich gewesen sei. Die Vorsprache bezog sich - wie die Antragstellerin selbst ausführte - nicht auf die Einsichtnahme in die Amtstafel, sondern auf eine behördliche Vorsprache, für welche ab November 2023 eine elektronische Terminvereinbarung vorgesehen war. Wie dem Online-Buchungssystem der Landespolizeidirektion ***Ort1*** https://citizen.bmi.gv.at/at.gv.bmi.fnsetvweb-p/etv/public/sva/Terminvereinbarung?locale=de zu entnehmen ist, umfasst das Buchungssystem bestimmte Rechtsangelegenheiten, nicht aber die Einsichtnahme in die Amtstafel, sodass der Zutritt zur Amtstafel ohne Terminbuchung möglich ist.
Zudem hat die Antragstellerin nicht einmal behauptet, dass ein vertretungsbefugtes Organ der Gesellschaft jemals versucht habe Einsicht in die Amtstafel der Landespolizeidirektion ***Ort1*** zu nehmen bzw. gegenüber einem Bediensteten der Landespolizeidirektion ***Ort1*** angegeben hätte, Einsicht in die Amtstafel nehmen zu wollen und ihm daraufhin der Zutritt verwehrt worden sei. Selbst am 18.1.2024 wurde bei der Eingangskontrolle zur Landespolizeidirektion ***Ort1*** nicht deponiert, Einsicht in die Amtstafel nehmen zu wollen.
Zudem fand dieser versuchte Zutritt zum Amtsgebäude am 18.1.2024 statt, somit bereits nach Abschluss des abgeschlossenen Verfahrens. Die Antragstellerin hat somit auch nicht aufgezeigt, dass die behauptete neue Tatsache bereits vor Abschluss des abgeschlossenen Verfahrens (8.1.2024) vorhanden gewesen sei.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die behauptete neue Tatsache vorliegen würde, würde dies der Antragstellerin nicht zum Erfolg verhelfen. Dies deshalb, da der Antragstellerin ein Verschulden treffen würde, da sie nicht einmal versucht hat zwischen dem 20.7.2023 und den 8.1.2024 Kontakt mit der Landespolizeidirektion ***Ort1*** aufzunehmen bzw zumindest Einsicht in die Amtstafel der Landespolizeidirektion zu nehmen, obwohl ***Name3*** und ***Name2*** von ***Name4*** geraten worden sei, sich bei der Landespolizeidirektion ***Ort1*** zu melden und trotz nachweislicher Hinterlegung der Verständigung über die vorläufige Beschlagnahme im Geschäftslokal ***Ort2***, unter gleichzeitiger Aufforderung, dass sich der Eigentümer der Geräte, der Veranstalter und der Inhaber binnen vier Wochen bei der Landespolizeidirektion ***Ort1*** zu melden hat, keine Reaktion erfolgte. Wäre die Antragstellerin der Aufforderung der Landespolizeidirektion ***Ort1*** bzw dem Rat des ***Name4*** nachgekommen, wäre eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung nach § 25 ZustG gar nicht erforderlich gewesen.
Darüber hinaus wäre die behauptete neue Tatsache allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens auch nicht geeignet gewesen, eine im Hauptinhalt des Spruchs anders lautende Entscheidung herbeizuführen, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits im gegenständlichen Revisionsverfahren ausgeführt hat, dass der Beschlagnahmebescheid vom 20.7.2023 dem Amt für Betrugsbekämpfung als Partei im Mehrparteienverfahren zugestellt worden ist und nach der dargelegten Rechtsprechung durch die Zustellung an eine der Parteien des Beschlagnahmeverfahrens als erlassen anzusehen ist.
Aus all diesen Gründen war der Antrag abzuweisen.
Im Übrigen war Gegenstand dieses Verfahren ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG, sodass auf die sonstigen umfangreichen Einwendungen und Ausführungen der Antragstellerin nicht einzugehen war.
Zur begehrten Vertagungsbitte wird angeführt, dass diese von der Antragstellerin zurückgenommen wurde, sodass über diesen Antrag nicht mehr abzusprechen war. Angemerkt wird aber, dass ***Name2*** entgegen seinen Angaben den Hinflug nach Barcelona erst nach Übernahme der Ladung bei der Postgeschäftsstelle ***Ort3*** gebucht hat.
Aufgrund des § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung wird dem Amt für Betrugsbekämpfung als belangte Behörde ein Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) iHv € 276,60 zugesprochen.
Dieser Betrag ist von der Beschwerdeführerin binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution an den Bund (Bundesministerium für Finanzen), Konto ***Zahl1***, unter Anführung der oben angeführten Geschäftszahl zu entrichten.
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am 29. September 2025