JudikaturBFG

RV/7500512/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
04. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele Friedbacher in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde vom 12. Oktober 2024 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 12. September 2024, Zahl: MA67/Zahl1/2024, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.5.2025, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG erster Fall eingestellt.

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II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

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III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis vom 12. September 2024, Zahl: MA67/Zahl1/2024, hat der Magistrat der Stadt Wien als belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei ***Bf1*** angelastet, sie habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am 22. April 2024 um 21:08 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Michaelerstraße 33, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug wurde an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit zur angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone beanstandet, da weder ein Parkschein entwertet, noch ein elektronischer Parkschein aktiviert war.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung gelegt wurde, in die von diesem angefertigten Fotos, in die eingeholte Lenkerauskunft, sowie durch Einsichtnahme in die Anzeige

In Ihrem Einspruch gegen die Strafverfügung wendeten Sie im Wesentlichen ein, dass Sie ein Elektrofahrzeug besitzen und zum angegebenen Zeitpunkt nachweislich an der Ladestelle geladen hätten. Als Beweis übermittelten Sie die Kopie einer Servicerechnung für E-Mobilität von Wien Energie vom 02.05.2024.

Mittels Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurden Ihnen die Anzeigeangaben, sowie die vom Meldungsleger angefertigten Fotos zu Kenntnis gebracht. Gleichzeitig wurde Ihnen die Möglichkeit geboten, dazu Stellung zu nehmen und allfällige, Ihrer Verteidigung dienenden Beweismittel vorzulegen.

In Ihrer Stellungnahme führten Sie aus, dass Sie zum angegebenen Zeitpunkt den Stadtplatz bei der Ladesäule in der Michaelerstraße 33 zum Laden Ihres Elektrofahrzeuges benutzt haben. Die vom Meldungsleger angefertigten Fotos bestätigen eindeutig, dass Ihr Fahrzeug mit Ladekabel an der Ladesäule zum Laden abgestellt gewesen wäre. Ebenfalls bestätige die bereits im Einspruch mitgesendete Abrechnung von Wien Energie, dass zum Beanstandungszeitpunkt ein Ladevorgang stattgefunden hätte. Auf den Bildern ist nicht zu sehen, dass nicht geladen wurde, da die Ladesäule nicht zu sehen ist. Zudem sei durch die Zahlung an Wien Energie zu diesem Zeitpunkt die Parkgebühr abgegolten. Sie übermittelten nochmals die Abrechnung, auf welcher eindeutig ersichtlich sei, dass am 22.04.2024 ein Ladevorgang zwischen 17:48 Uhr und 21:58 Uhr stattgefunden hätte. Unbestritten blieb somit sowohl Ihre Lenkereigenschaft, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war.

Zu Ihrem Vorbringen wird Folgendes festgestellt:

Der Abstellort befand sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches. Dieser ist ordnungsgemäß gekennzeichnet, wenn an allen Einfahrtsmöglichkeiten Verkehrszeichen "Kurzparkzone Anfang" (§ 52 lit. a Z. 13d StVO) und an allen Ausfahrtsstellen Verkehrszeichen "Kurzparkzone Ende" (§ 52 lit. a Z. 13e StVO) angebracht sind.

Wie Sie selbst in Ihrem Einspruch eingewendet haben und wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, ist an der gegenständlichen Tatörtlichkeit außerdem ein Halte- und Parkverbot mit dem Zusatz "von 8-22 Uhr, ausgenommen Elektrofahrzeuge während des Ladevorganges ()" kundgemacht.

Innerhalb von Kurzparkzonen können auch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wie Halte- und Parkverbote erlassen werden, ohne dass die Kurzparkzone deshalb unterbrochen wird.

Das Fahrzeug wird an einer freien Elektroladestation (Signalisierung beim Stecker durch ein durchgehend grünes Leuchten) abgestellt und mittels Ladekabel an die Ladestation angeschlossen. Innerhalb von 15 Minuten muss die Authentifizierung des Ladevorgangs mittels Ladekarte oder Smartphone vorgenommen werden.

Ab dem Zeitpunkt der Authentifizierung beginnt der Ladeprozess des Fahrzeuges (durchgehend blau), d.h. ab diesem Zeitpunkt fließt Strom in das Fahrzeug, bis dieses vollständig geladen ist. Das Ende des Ladevorganges wird an der Elektroladestation durch blau-grünes Blinken am Stecker signalisiert und der Kunde wird mit dem Umschalten von durchgehend blau auf blau-grünes Blinken bei Benützung einer entsprechenden Smartphone-App mittels Push-Benachrichtigung hierüber informiert.

Ab diesem Zeitpunkt, also ab Beginn des blau-grünen Blinkens, sollte das Fahrzeug binnen 15 Minuten entfernt werden. Dieser Zeitraum wird automatisch von der Elektroladestation selbst erkannt und berücksichtigt. Erfolgt die Entfernung jedoch nicht innerhalb von 15 Minuten ab Beendigung des Ladevorganges, wird dieser Umstand auf der Elektroladestation durch das zusätzliche rote Leuchten der LED-Zeile signalisiert.

Ab Leuchten der roten LED-Zeile ging somit die vormals erlaubte Fahrzeugabstellung in ein rechtswidriges Halten über, da der kundgemachten Ausnahme nicht (mehr) entsprochen wurde, wodurch ab diesem Zeitpunkt auch die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe bestand.

Aus der vom meldungslegende Organ in seiner Anzeige vom 22.04.2024, 20:59 Uhr in Wien 18, Michaelerstraße 33 festgehalten Tatbeschreibung ergibt sich, dass das gegenständliche Fahrzeug zudem im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" mit dem Zusatz "v. 8-22h ausgenommen Elektrofahrzeuge während des Ladevorganges ( )" gestanden ist und zum Beanstandungszeitpunkt kein Ladevorgang durchgeführt wurde ("Auto voll, abwechselnd blau-grün blinkend am Stecker, rotes leuchten der LED").

Es besteht für die erkennende Behörde keinerlei Veranlassung, die schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des Kontrollorgans in Zweifel zu ziehen, zumal einem zur Parkraumüberwachung bestellten und hierfür besonders geschulten Organ die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte, insbesondere bezüglich eines im ruhenden Verkehr befindlichen Kraftfahrzeuges wohl zugemutet werden kann. Auch besteht kein Grund an der Objektivität des Kontrollorganes zu zweifeln. Dieses ist zur Angabe der Wahrheit verpflichtet.

Bezüglich der vorgelegten Servicerechnung des Betreibers der Lade-App ist anzumerken, dass darauf die tatsächliche Standzeit des Fahrzeuges bei der Elektroladestation ausgewiesen wird.

der Standzeit wird lediglich die reine Abstellzeit des Fahrzeuges bei der Elektroladestation mit angestecktem Ladekabel in Stunden verrechnet, unabhängig davon wie lange davon tatsächlich ein Ladevorgang vorgenommen oder durchgeführt wird.

Anhand der Anzeigeangaben, speziell der Beobachtungen der leuchtenden roten LED-Zeile an der Ladestation ist seitens der erkennenden Behörde davon auszugehen, dass der Ladevorgang zum Tatzeitpunkt bereits seit mindestens 15 Minuten nicht (mehr) stattfand, weshalb zum Tatzeitpunkt die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe bestand.

Der Umstand, dass vom meldungslegenden Organ, das Leuchten der roten LED-Zeile nicht fotografiert wurde, lässt seine Angaben nicht unglaubwürdig erscheinen. Die Anzeige allein ist als taugliches Beweismittel anzusehen.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten(§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder ein elektronischer Parkschein aktiviert ist (§§ 3 Abs. 1 und 7 Abs. 1 der Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 33/2008).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Es wird daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in diesem Straferkenntnis ersichtlich ist.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Es war daher als erwiesen anzusehen, dass Sie das Tatbild verwirklicht haben.

Es sind im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Nach der Aktenlage war Fahrlässigkeit anzunehmen.

Somit sind sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Sie haben die Parkometerabgabe daher nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf das Fehlen verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe, selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der Beschwerde vom 7. Oktober 2024 wurde ausgeführt:

Ich lege Ihnen nochmals die Abrechnung von Wien Enerige vor, die eindeutig beweibst, dass an der Ladesäule 1180 Wien, Michaelerstrasse 35 am 22.04.2024 ein Ladevorgang zwischen 17:48 und 21:58 stattgefunden hat.

Die Ladezeit wurde mir mit 4,15 Stunden verrechnet, damit ist laut Wien Energie der Standzeitzuschlag für das Parken in Wien inkludiert.

Nach Erhalt des Straferkenntnises, habe ich um ein Bild der Ladesäule gebeten, die zeigt, dass wie vom Überwachungsorgan angegeben, kein Ladevorgang stattgefunden hätte, diese Bild konnten Sie jedoch nicht vorlegen!

Ich ziehe daher sehr wohl die Angaben des Kontrollorgans in Zweifel, und habe begründeten Verdacht zur Annahme dass diese Kontrollorgane nicht gut geschult sind und zwar aus folgenden 3 Gründen:

- konnten kein Bild vorlegen, dass eine Beendigung des Ladevorgangs zeigt,

- in der Vergangeneheit, musste ich leider schon öfter erleben, dass von Kontrollorganen falsche Angaben gemacht wurden, daher wurden z.B. die Verfahren MA67/Zahl2/2023, MA67/Zahl3/2023 und MA67/Zahl4/2021 wo ebenfalls fälschlicherweise behauptet wurde, dass ich an einer Ladesäule ohne Ladevorgang geparkt hätte, eingestellt,

- dritter und fraglichster Zweifel am Kontrollorgan: nach Durchsicht der Unterlagen aus der Buchhaltung, musste ich feststellen, dass am selben Abend für das angebliche Vergehen 2 (!!) unterschiedliche Strafen und Verfahren angestrengt wurden, eine um 20:59 Uhr (MA67/Zahl5/2024) und eine Um 21:08 Uhr (MA67/Zahl1/2024).

Das Fahrzeug wurde in dieser Zeit nicht bewegt, wiederum bewiesen durch die Abrechnung von Wien Energie!

Wie kann es sein, dass hier 2 Strafen für das selbe Vergehen vergeben wurden?

Durch die parallel laufenden Verfahren an der selben Adresse zum selben Tag, konnte selbst eine sorgfältige Person übersehen, dass mit dem Beantworten bzw. Einspruches der Straferkenntnis eines Verfahrens, das zweite übersehen wurde und nicht fristgemäss beanspruchen konnte.

Ich halte das gesamte Vorgehen hier als besonders fraglich, alle schriftliche Beweise untermauern meinen Standpunkt, eine nicht Anerkennung grenzt für mich an Willkür.

Ich würde ausserdem bitten, zu überprüfen ob die oben erwähnten, fälschlicherweise ausgestellten Strafmandate und jene vom 22.04.2024 vom selben Kontrollorgan ausgestellt wurden?

Ich beantrage eine öffentlich mündliche Verhandlung dazu!"

In der am 21. Mai 2025 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde im Wesentlichen das Parkraumüberwachungsorgan zum Kontrollvorgang einvernommen und seitens der beschwerdeführenden Partei ergänzend vorgebracht, dass die Wien Energie in der zum Akt genommenen Stellungnahme bestätigt habe, dass für den Ladevorgang bis 21:58 Uhr bezahlt worden sei und das Auto für die Dauer des Ladevorgangs ohne gültiges Pickerl und ohne gültigen Parkschein absgestellt werden durfte. Außerdem liege eine unzulässige doppelte Verrechnung vor.

Nachdem die beschwerdeführende Partei dem Bundesfinanzgericht zur Kenntnis gebracht hat, dass die belangte Behörde das Parallelverfahren hinsichtlich der Übertretung der StVO 1960 zur Zahl MA67/Zahl5/2024, eingestellt habe, verkündete die Verhandlungsleiterin den Beschluss, dass die Entscheidung gemäß § 47 Abs. 4 VwGVG der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibe.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

§ 38 AVG (in Verbindung mit § 24 VStG und § 38 VwGVG) normiert:

"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

§ 38 AVG findet auch auf jene Fälle Anwendung, in denen zwar dieselbe Behörde, diese aber in einem anderen Verfahren über die Vorfrage zu entscheiden hat (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 38, Rz 5, mwN).

Bevor die Behörde eine Rechtsfrage löst, die eine Voraussetzung für die Entscheidung der Hauptfrage bildet, ist anhand der maßgeblichen Vorschriften zu prüfen, ob es sich dabei um eine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG handelt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 38, Rz 20 und die dort zitierte Judikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass eine für ein Verfahren betreffend die Übertretung des (jeweiligen) Parkgebührengesetzes zuständige Behörde die Frage des Vorliegens einer Ladetätigkeit gemäß § 38 AVG in Verbindung mit § 24 VStG zu beurteilen hat, wobei der Begriff der Ladetätigkeit im Sinne der StVO 1960 zu interpretieren ist (vgl. VwGH 24. Jänner 2000, 97/17/0331).

Der Vorgang der Ladetätigkeit ist mit jenem des Aufladens von Elektrofahrzeugen vergleichbar. Daher kann diese zur Ladetätigkeit auf Straßen ergangene Rechtsprechung aufgrund der vergleichbaren Zweckwidmung auch auf die Ausnahme betreffend das Aufladen von Elektrofahrzeugen im Sinne eines von der Zusatztafel gemäß § 54 Abs. 5 lit. m StVO 1960 erfassten Ladevorgangs angewendet werden (vgl. VwGH 16. Februar 2023, Ra 2022/02/0112, mwN).

Für die weitere Vorgangsweise der Behörde (in einem anderen Verfahren) bedeutet dies konkret, dass sie in der Folge zu eruieren hat, ob über die Vorfrage bereits verbindlich abgesprochen wurde. Es ist nämlich anzunehmen, dass die Behörden - und damit jedenfalls auch die Parteien des Verfahrens über die Vorfrage an rechtskräftige Entscheidungen der (österreichischen) Verwaltungsbehörden und Gerichte im Vorfragenbereich gebunden sind. Dieser spezifische Aspekt der Verbindlichkeit von förmlichen Vorfragenentscheidungen kann als Bindungswirkung oder als Feststellungswirkung bezeichnet werden. (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 38, Rz 21 und die dort zitierte Judikatur).

Liegt eine rechtskräftige Vorfragenentscheidung vor, so mangelt es jedenfalls (ab diesem Zeitpunkt) an einer Voraussetzung für die Anwendung des § 38 AVG. Die Behörde ist vielmehr verpflichtet, diese Entscheidung (in einem anderen Verfahren) ihrer rechtlichen Beurteilung und damit der eigenen Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 38, Rz 27 und die dort zitierte Judikatur).

§ 45 VStG normiert:

"(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn 2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat"

Eine Bindungswirkung an eine rechtskräftige Vorfragenentscheidung ist nur dann gegeben, wenn die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens ausdrücklich nach § 45 Abs 1 Z 2 erster Fall VStG erfolgt ist (vgl. VwGH 12. Dezember 2002, 2001/07/0125).

Im Zuge einer Kontrolle am 22. April 2024 wurde das in 1180 Wien, Michaelerstraße 33, abgestellte Fahrzeug, mit dem behördlichen Kennzeichen ***1***, um 20:59 Uhr nach 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 und um 21:08 Uhr nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 beanstandet.

Mit Bescheid vom 15. Oktober 2024, Zahl: MA67/Zahl5/2024, hat der Magistrat der Stadt Wien als zuständige Behörde das Verwaltungsstrafverfahren wegen der Übertretung des § 24 Abs. 1 lit a StVO 1960 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit a StVO gemäß § 45 VStG eingestellt.

Aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens zu MA67/Zahl5/2024, insbesondere aus dem Aktenvermerk der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz vom 11. Oktober 2024 (AS 48/52) und aus der Bescheidbegründung, geht hervor, dass die beschwerdeführende Partei "die angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen" habe und somit das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 erster Fall VStG eingestellt wurde.

Somit wurde die für das ebenfalls beim Magistrat der Stadt Wien anhängige Verwaltungsstrafverfahren wegen der Übertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 relevante Vorfrage, ob der elektrische Ladevorgang am verfahrensgegenständlichen Fahrzeug beendet war, mit Bindungswirkung entschieden.

Dass die Aufnahme der beiden Beanstandungen in einem Abstand von neun Minuten hintereinander erfolgte, war nach der Zeugenaussage des Parkraumüberwachungsorgans in der mündlichen Verhandlung den administrativen Abläufen geschuldet, und ändert nichts an der Identität des Sachverhaltes bzw Streitgegenstandes und der sich daraus ergebenden Bindungswirkung.

Nachdem im Verwaltungsstrafverfahren wegen der Übertretung der StVO 1960 verbindlich entschieden wurde, dass die beschwerdeführende Partei die angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, wäre diese rechtliche Beurteilung auch dem Verwaltungsstrafverfahren wegen der Übertretung des Wiener Parkometergesetzes 2006 zugrunde zu legen gewesen.

Somit hätte die belangte Behörde davon ausgehen müssen, dass der elektrische Ladevorgang beim verfahrensgegenständliche Fahrzeug (noch) nicht beendet und das Abstellen in der Kurzparkzone zum Beanstandungszeitpunkt 22. April 2024, 21:08 Uhr, (immer noch) zulässig war, ohne die Parkometerabgabe entrichten zu müssen.

Da die beschwerdeführende Partei die angelastete Verwaltungsübertretung nach dem Wiener Parkometergesetz nicht begangen hat, war der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis vom 12. September 2024, Zahl: MA67/Zahl1/2024, aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Wegen der Stattgabe der Beschwerde war kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch die beschwerdeführende Partei unzulässig (vgl. VwGH, 01. September 2022, Ra 2022/16/0080, mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.

Wien, am 4. Juni 2025