JudikaturBFG

RV/7500174/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
02. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Beschwerde vom 26. Februar 2025 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 22. Jänner 2025, Zahl: MA67/***GZ***/2024, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 30. Juli 2024 wegen Versäumung der Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen die Strafverfügung mit derselben Geschäftszahl gemäß § 71 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wegen Verspätung zurückgewiesen wurde und der Einspruch vom 11. Juli 2024 gegen die Strafverfügung mit derselben Geschäftszahl gemäß § 49 Abs. 1 VStG wegen Verspätung zurückgewiesen wurde zu Recht:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 08.04.2024, Zahl: MA67/***GZ***/2024, wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt zu haben, indem das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-***KZ*** (A) in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt worden sei, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung wurde eine Geldstrafe iHv € 60 bzw. falls diese uneinbringlich sei, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Diese Strafverfügung wurde am 16.05.2024 an die Adresse des Beschwerdeführers zugestellt.

Nachdem die gegenständliche Strafe nicht bezahlt wurde, mahnte der Magistrat der Stadt Wien am 17.06.2024 den ausstehenden Strafbetrag ein und verhängte Mahngebühren iHv € 5, weswegen die offene Forderung nunmehr € 65 betrug.

Mit Vollstreckungsverfügung vom 01.07.2024 wurde über die Geldstrafe samt Mahngebühren die Zwangsvollstreckung verfügt.

Mit E-Mail vom 11.07.2024 führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, nach einem Telefonat mit dem Magistrat sei nicht klar, warum die Zwangsvollstreckung verfügt wurde. Seines Wissens wurde das ursprüngliche Organmandat bezahlt. Um Abklärung zwischen den zuständigen Abteilungen werde ersucht. Zeitgleich wurde ein identes Schreiben per Fax eingebracht.

Mit E-Mail vom 15.07.2024 wurde von Seiten des Magistrats der Stadt Wien mitgeteilt, zur gegenständlichen Strafe sei keine Zahlung eingelangt. Um eine Kopie der Überweisung werde gebeten.

Mit Eingabe vom 30.7.2024 per E-Mail wurde vom Beschwerdeführer zusammengefasst vorgebracht:

Es habe sich herausgestellt, dass der zugrunde liegende Bescheid zwar richtig an die Adresse des Beschwerdeführers zugestellt wurde, allerdings von einer Person übernommen wurde, die "Mitbewohner" im Haushalt sei. Im Zeitpunkt der Übernahme des Bescheides habe es im Haushalt des Beschwerdeführers jedoch keinen Mitbewohner gegeben. Festzuhalten sei, beim Mitbewohner handele es sich um die Ehefrau des Beschwerdeführers, deren Hauptwohnsitz jedoch in Steiermark liege. Infolge ihrer Pensionierung, habe die Ehefrau des Beschwerdeführers ihren Wohnsitz von Wien in die Steiermark verlegt, sodass eine Ersatzzustellung an sie unzulässig war. Die Ehefrau habe sich nur kurzfristig in Wien aufgehalten, die Übergabe der Strafverfügung sei unterblieben und habe der Beschwerdeführer davon keine Kenntnis erlangt. Es werde daher einerseits beantragt die Strafverfügung neuerlich zuzustellen. Andererseits werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Begründend wurde zu Wiedereinsetzung zusammengefasst ausgeführt: Der Beschwerdeführer habe nicht aus seinem Verschulden von der Vollstreckungsverfügung zugrundeliegenden Strafverfügung keine Kenntnis erlangt, er habe lediglich die Vollstreckungsverfügung am 11.7.2024 in der Post vorgefunden und habe am gleichen Tag Erhebungen getätigt. Hinsichtlich seines Mitbewohners werde auf die vorherigen Ausführungen verwiesen. Die Voraussetzungen des § 16 ZustG lägen hinsichtlich der Person seiner Ehefrau für eine Ersatzzustellung nicht vor. Zeitgleich wurde Einspruch gegen die Strafverfügung eingelegt und die Zustellung einer vollständigen Aktenabschrift beantragt.

Mit Schreiben vom 16.09.2024 wurde und Seiten des Magistrats der Stadt Wien die gegenständliche Strafverfügung neuerlich zugestellt. Zudem verwies der Magistrat zusammengefasst darauf, die Strafverfügung sei von einem Mitbewohner am 16.05.2024 übernommen worden. Die zweiwöchige Einspruchsfrist begann damit am 16.05.2024 und endete am 30.05.2024. Ein Einspruch wurde erst am 11.07.2024 eingebracht. Die neuerliche Zustellung entfalte damit keine Rechtswirkungen. Der Magistrat replizierte zudem auf das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Ehefrau und verwies darauf, ein regelmäßiger Aufenthalt an der Abgabestelle läge auch dann vor, wenn der Empfänger, von kurzfristigen - in vielen Fällen auch periodischen - Abwesenheiten abgesehen, immer wieder an die Abgabestelle zurückgekehrt. Selbst eine berufliche Abwesenheit von der Wohnung während des Tages sei keine vorübergehende Abwesenheit und schließe den regelmäßigen Aufenthalt nicht auf. Die Ehefrau habe an der Abgabestelle einen Nebenwohnsitz gemeldet, eine Ersatzzustellung an diese sei zulässig.

Der Beschwerdeführer brachte eine weitere Eingabe, datiert mit 30.09.2024, ein. Zusammengefasst wird ausgeführt, über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht entschieden worden. Er habe die Strafverfügung nunmehr neuerlich zugestellt erhalten und begründe seinen Einspruch folgend. Das gegenständliche Fahrzeug sei nicht vom Beschwerdeführer gelenkt worden, sondern von einer anderen, näher genannten Person. Die Strafverfügung sei daher vollinhaltlich aufzuheben und das Strafverfahren, soweit es die Person des Beschwerdeführers betreffe, einzustellen. Zum Hinweis der Behörde hinsichtlich Zustellung replizierte der Beschwerdeführer, es sei keine ordnungsgemäße Zustellung erfolgt. Über den Einspruch sei entsprechend sehr wohl zu entscheiden. Nur weil die Ehefrau an der Adresse des Beschwerdeführers einen Nebenwohnsitz gemeldet habe, ergebe sich nicht, dass diese an dieser Adresse einen regelmäßigen Aufenthalt habe. Dies sei, ganz im Gegenteil, nur sporadisch erfolgt. Beantragt werde die zeugenhafte Einvernahme der Ehefrau und des Beschwerdeführers. Die Meldung eines Nebenwohnsitz bedeute nicht, dass ein regelmäßiger Aufenthalt an der Adresse bestehe, bzw. verpflichtet den Angemeldeten dazu nicht. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe zu diesem Zeitpunkt keinen regelmäßigen Aufenthalt an der Abgabestelle, sie sei Liegenschaftseigentümerin einer näher genannten Liegenschaft in der Steiermark. Es gebe keine Beweise, dass sich die Ehefrau regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten habe. Ein seltenes Übernachten in Wien bedeute nicht, dass die Ehefrau an der Adresse in Wien wohne. Eine Verpflichtung zur Buchführung, wann die Ehefrau in der Steiermark oder in Wien aufhältig ist, bestehe nicht. Zudem beinhaltet die Eingabe eine weitere Auseinandersetzung mit der Nichtaufhältigkeit der Ehefrau an der Adresse in Wien, sowie der von der belangten Behörde zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Beantragt werde abschließend die Einstellung des Verfahrens, bzw. die Entscheidung über die Anträge im Schriftsatz vom 30.07.2024. Zudem werde beantragt: "In eventu, so die "neuerliche Zustellung" vom 16.9.2024, als Bescheid gewertet wird, diesen Bescheid vollinhaltlich aufzuheben und unter Hinweis auf diese Eingabe die meinerseits dann als Rechtsmittel zu werten ist zu entscheiden".

Die Behörde verfasste einen Verspätungsvorhalt, datiert mit 15.11.2024. Zusammengefasst wurde ausgeführt: Mit Strafverfügung vom 08.04.2024 wurde eine Geldstrafe verhängt; das am 11.07.2024 eingebrachte Rechtsmittel erscheine als verspätet. Die Strafverfügung sei von einem Mitbewohner an der Abgabestelle übernommen worden. Es werde ersucht, bekanntzugeben, ob zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung nicht nur eine vorübergehende Abwesenheit von der Abgabestelle bestand und ob durch eine Reise, einen Urlaub, oder einen Krankenhausaufenthalt eine Hinderung bestand, von der Zustellung Kenntnis zu nehmen. Entsprechende Bescheinigungsmitteln seien vorzulegen. Anderenfalls sei von einer rechtswirksamen Zustellung der Strafverfügung auszugehen und der Einspruch wegen Verspätung zurückzuweisen.

Mit Eingaben vom 05.12.2024 und 23.12.2024 ersuchte der Beschwerdeführer um Fristverlängern.

Mit Eingabe vom 06.01.2025 legte der Beschwerdeführer insbesondere Unterlagen betreffend des Verspätungsvorhaltes vor. Darunter befand sind Bestätigung in slowakischer Sprache samt Übersetzung. In dieser Bestätigung wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 12.05.2024 bis 19.05.2024 an einer näher genannten Adresse in der Slowakei aufgrund von Arbeits- und Urlaubsgründen aufhältig war.

Am 22.01.2025 wurde an den Beschwerdeführer der beschwerdegegenständliche Bescheid ausgefolgt. Mit erstem Spruchpunkt wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Verspätung zurückgewiesen. Mit zweitem Spruchpunkt wurde der Einspruch wegen Verspätung zurückgewiesen. Begründend wurde hinsichtlich Wiedereinsetzung im Wesentlichen ausgeführt: Für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages sei Voraussetzung, dass eine Fristversäumung tatsächlich vorliege. Im Falle eines Zustellmangels begann eine Frist niemals zu laufen, konnte daher auch nicht versäumt werden, und stellt die Geltendmachung eines solchen somit keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Hinsichtlich Zurückweisung wegen Verspätung wurde im Wesentlichen begründet: Die Strafverfügung wurde am 16.05.2024 von einem Mitbewohner an der Abgabestelle übernommen. Da die Strafverfügung von der Ehefrau des Beschwerdeführers übernommen wurde, musste der Zusteller davon ausgehen, dass sie sich regelmäßig an dieser Wohnadresse aufhält. Auch für die Behörde stelle eine Ehepartnerin zweifelsohne einen Ersatzempfänger dar. Die Einspruchsfrist begann daher am 16.05.2024 und endete am 30.05.2024. Unter Verweis auf das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer vom 12.05.2024 bis 19.05.2024 ortsabwesend war, wurde ausgeführt: Die Strafverfügung gelte bei Zugrundelegung der behaupteten Rückkehr an die Abgabestelle am 20.05.2024 mit 21.5.2024 als zugestellt. Diesfalls begann die Rechtsmittelfrist mit 21.05.2024 und endete am 04.06.2024. Der Einspruch vom 11.07.2024 sei somit jedenfalls verspätet eingebracht.

Der Beschwerdeführer brachte mittels Fax eine Beschwerde ein. Auf das Wesentliche zusammengefasst wird ausgeführt: Geltend gemacht werde die Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die unrichtige rechtliche Beurteilung. Da ein Zustellmangel vorläge, sei der Einspruch vom 30.09.2024 (gemeint wohl 30.07.2024) fristgerecht. Das Vorgehen der Behörde sei nicht nachvollziehbar. Seine Ehefrau sei nicht automatisch eine taugliche Ersatzempfängerin. Es handle sich um eine rein willkürliche Vermutung der Behörde. Die Behörde könne nicht im selben Bescheid festhalten, eine Zustellungsfrist habe nie zu laufen begonnen, wenn ein Zustellmangels vorlag, und andererseits damit argumentieren, die Zustellung sei ordnungsgemäß durch Übernahme der Strafverfügung durch die Ehefrau folgt. Eine ordnungsgemäße Zustellung liege nicht vor. Ein Zweitwohnsitz sei kein Hauptwohnsitz und diene auch nur der kurzfristigen Anwesenheit. Die Ehefrau sei in der Steiermark hauptgemeldet, sie sei in Graz als Versicherte angeführt, sie sei in Pension. Deswegen wurde der Hauptwohnsitz verlegt. Eine Verpflichtung der Ehefrau dies dem Zusteller mitzuteilen, bestünde nicht. Der Zusteller hätte die Frau des Beschwerdeführers fragen müssen. Nochmalig werde vorgebracht der Beschwerdeführer sei nicht Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges gewesen. Abschließend werde nochmals beantragt, den Bescheid vom 22.01.2025 aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und verheiratet. Sein Wohnsitz befindet sich 1180 Wien, ***Straße***. Seine Ehefrau ist Eigentümerin einer bebauten Liegenschaft (Einfamilienhaus) in Steiermark (Steiermark). Dort befindet sich auch der melderechtliche Hauptwohnsitz der Ehefrau. An der Adresse des Beschwerdeführers ist die Ehegattin mit einem melderechtlichen Nebenwohnsitz gemeldet.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat die gegenständliche Strafverfügung des Magistrats der Stadt Wien am 16.05.2024 an der Adresse des Beschwerdeführers in Wien entgegengenommen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers wohnt im Sinne des § 16 Abs. 2 ZustG in 1180 Wien, ***Straße***.

Im Zeitpunkt der Zustellung befand sich der Beschwerdeführer im Ausland. Er kehrte am 20.05.2024 an die Abgabestelle zurück. Die Übergabe der gegenständlichen Strafverfügung durch die Ehefrau an den Beschwerdeführer unterblieb jedoch. Der Beschwerdeführer erfuhr am 15.07.2024 von der gegenständlichen Strafverfügung.

Der Antrag auf Widereinsetzung in den vorigen Stand samt Einspruch gegen die gegenständliche Strafverfügung wurde am 30.07.2024 gestellt.

Beweiswürdigung

Die Tätigkeit des Beschwerdeführers ist aktenkundig. Ebenso ist der Personenstand des Beschwerdeführers aktenkundig. Der Wohnsitz des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister und aus den aktenkundigen Ausführungen des Beschwerdeführers.

Dass seine Ehefrau die Eigentümerin der Liegenschaft in der Steiermark ist, ergibt sich aus dem Grundbuch sowie dem aktenkundigen Vorbringen des Beschwerdeführers. Deren Haupt- und Nebenwohnsitz ergeben sich aus einem aktenkundigen Auszug des ZMR.

Dass die Ehefrau die streitgegenständliche Strafverfügung entgegennahm, ist aktenkundig, ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und wurde im Rahmen der Einvernahme der Ehefrau entsprechend bestätigt.

Zur Feststellung, dass die Ehefrau in der Wohnung des Beschwerdeführers gemäß § 16 Abs. 2 ZustG wohnt:

Wohnen iSd § 16 Abs. 2 ZustG bedeutet grundsätzlich das Leben (Erfüllen der Wohnbedürfnisse) im gemeinsamen Wohnungsverband (vgl. Stumvoll in Fasching/Konecny II/2 § 16 ZustG (Stand 1.7.2016, rdb.at) Rn 16/1; Walter/Meyer, Zustellrecht (1983) § 16 Anm 20).

An mehreren Stellen verweist der Beschwerdeführer darauf, seine Ehefrau habe lediglich einen melderechtlichen Nebenwohnsitz in Wien und wohne damit nicht im gemeinsamen Wohnungsverband. Dieses Argument ist für das Bundesfinanzgericht nicht überzeugend. Die Frage, ob ein gemeinsames Wohnbedürfnis im gemeinsamen Wohnungsverband befriedigt wird, kann nicht lediglich durch den melderechtlichen Wohnsitz bestimmt werden. Dieser hat allenfalls Indizwirkung, ist aber nicht das ausschlaggebende Kriterium. Ein unterschiedlicher melderechtlicher Wohnsitz ist für das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Fall schon deswegen begründbar, als ***steirische Gemeinde***, also die Gemeinde, in der die Ehefrau des Beschwerdeführers hauptgemeldet ist, eine der steirischen Gemeinden ist, die seit 01.01.2023 eine Zweitwohnsitzabgabe verordnet hat (vgl. hierzu die entsprechende Verordnung auf Gemeindeebene, abrufbar unter https://www.***steirischeGemeinde***.at/). Gemäß dieser Verordnung gelten derartige Wohnsitze als Zweitwohnsitz, die nicht als Hauptwohnsitz gelten. Damit eine entsprechende Abgabe nicht anfällt, bedarf es damit einer Hauptwohnsitzmeldung an der steirischen Adresse.

Der Beschwerdeführer und seine Frau sind verheiratet. Das Bundesfinanzgericht erachtet es als unüblich, dass nicht in Trennung befindliche Eheleute ihr Wohnbedürfnis nicht gemeinsam befriedigen. Dass der Beschwerdeführer und seine Frau nicht in Trennung leben, wurde von der Ehegattin im Rahmen ihrer Einvernahme bestätigt. Dass die Ehefrau mit dem Beschwerdeführer gemeinsam in Wien wohnt, wird auch dadurch gestützt, dass im Akt befindliche Rückscheine im überwiegenden Ausmaß von der Ehefrau an der Wiener Adresse unterschrieben wurden. Im Rahmen der zeugenhaften Einvernahme der Ehegattin gab diese überzeugend zu Protokoll zwar ihren melderechtlichen Hauptwohnsitz in der Steiermark zu haben und nicht durchgehend in Wien zu sein. Jedoch räumte sie ein, sie würde, wenn sie in Wien sei, im gemeinsamen Ehebett schlafen und habe eine reguläre Ausstattung (Kleidung, Toilettesachen, etc.) in der Wiener Wohnung. Wenn sie in Wien sei, würde sie ua die Wohnung aufräumen und Arbeit erledigen. Abrundend verweist die Zeugin mehrfach darauf, bei der Wohnung in Wien handele es sich um "unsere Wohnung", also die Wohnung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau. Die Aussagen der Ehefrau im Rahmen der mündlichen Verhandlung sind für das Bundesfinanzgericht daher so zu werten, dass der Beschwerdeführer und seine Frau in Wien ein gemeinsames Wohnbedürfnis im gemeinsamen Wohnungsverband befriedigen.

Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass die Ehefrau Eigentümerin eines Einfamilienhauses in der Steiermark ist. Hierzu bringt der Beschwerdeführer vor, die Ehefrau wohne seit Pensionsantritt in diesem Einfamilienhaus und halte sich lediglich sporadisch in Wien auf. Es ist für die Frage des Erfüllens der Wohnbedürfnisse nicht ausschlaggebend, an wie vielen Tagen bzw. Nächten die Ehefrau des Beschwerdeführers in der Wiener Wohnung anwesend ist.

Dass der Beschwerdeführer im Zustellungszeitpunkt im Ausland war, ergibt sich aus dem aktenkundigen Vorbringen des Beschwerdeführers. Aus diesem Vorbringen, samt Bestätigung, ergibt sich auch das Rückkehrdatum an die Abgabestelle.

Zur Feststellung, dass dem Beschwerdeführer die gegenständliche Strafverfügung nicht zugekommen ist:

Der Beschwerdeführer argumentiert an mehreren Stellen, er habe keine Kenntnis von der gegenständlichen Strafverfügung gehabt. Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass die an die Ehefrau am 16.05.2024 zugestellte Strafverfügung tatsächlich nicht an den Beschwerdeführer übergeben wurde. Die Ehefrau sagte glaubhaft aus, es gebe keinen fixen Platz zur Hinterlegung von Schriftstücken im Haushalt. Auf Nachfrage des Richters sagte die Ehefrau ebenso aus, zwar mit ihrem Mann (insbesondere) telefonisch zu kommunizieren, aber nicht über etwaig entgegengenommene Post zu reden. Hinzu kommt, dass die Ehefrau, soweit aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ersichtlich, die überwiegende Anzahl an Sendungen des Beschwerdeführers übernommen hat. Dies wird auch vom Zustellorgan der Post bestätigt, das angibt, in den meisten Fällen der Gattin die Sendungen des Ehemanns ersatzzugestellt zu haben. In all diesen Fällen erreichten die Schriftstücke jedoch den Beschwerdeführer.

Lediglich die gegenständliche Strafverfügung wurde vom Ersatzempfänger nicht an den Beschwerdeführer übergeben. Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass die am 16.05.2024 an die Ehefrau zugestellte Strafverfügung nicht an den Beschwerdeführer übergeben wurde.

Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 15.07.2024 von der Strafverfügung erfuhr:

Abseits der Strafverfügung wurden dem Beschwerdeführer, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren betreffend, eine Reihe weiterer Dokumente übersendet. So wurde, nachdem die Strafverfügung unbezahlt blieb, eine Mahnung der belangten Behörde, datiert mit 17.06.2024 ohne Rückschein an den Beschwerdeführer versendet. Der Beschwerdeführer räumte in der mündlichen Verhandlung auch ein, diese Mahnung erhalten zu haben, könne sich aber nicht erinnern, wann dies gewesen sein. Die gesetzliche Vermutung des § 26 Abs. 2 ZustG normiert hierzu die Vermutung, dass die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gilt. Da der 17.06.2024 ein Montag war, gilt die Mahnung damit am 20.06.2024 als zugestellt.

Nachdem auch die Mahnung erfolglos blieb, wurde am 01.07.2024 die Vollstreckungsverfügung, ebenso ohne Rückschein, an den Beschwerdeführer versendet. Diese Vollstreckungsverfügung führte auch zur Reaktion des Beschwerdeführers insoweit, als er Kontakt mit der belangten Behörde aufnahm, um abzuklären, in welchem Zusammenhang diese steht. Diesem Schriftverkehr gingen (in diesem Schriftverkehr zusammengefasste) Telefonate voraus, aus denen für den Beschwerdeführer (berechtigt) nicht klar sein konnte, worauf sich die Vollstreckungsverfügung bezieht ("Die MA 67 hat mir weiters mitgeteilt, dass das ursprüngliche Organmandat in der Höhe von EUR 36,00 bezahlt worden sei").

Die insofern bestehende Unklarheit, worauf sich die Vollstreckungsverfügung bezog, wurde jedoch von der belangten Behörde ausgeräumt. Denn die belangte Behörde replizierte am 15.07.2024 unter Bezugnahme auf die gegenständliche Geschäftszahl, es sei zu dieser Strafe keine Zahlung eingelangt. Mit dieser Information erfuhr der Beschwerdeführer von der gegenständlichen Strafverfügung bzw. hätte dies bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen müssen.

Das Datum des Einbringens des Wiedereinsetzungsantrags samt Einspruch ist aktenkundig.

Rechtliche Würdigung

Zu Spruchpunkt I (Stattgabe und Aufhebung)

§ 16 Abs. 2 ZustG normiert:

"Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist."

Der Beschwerdeführer bringt dem Grunde nach vor, es läge ein Zustellmangel vor, weil seine Ehefrau keine taugliche Ersatzempfängerin gemäß § 16 Abs. 2 ZustG sei. Sie wohne nicht an derselben Abgabestelle (in der Wiener Wohnung). Für das Bundesfinanzgericht steht hingegen fest, dass die Ehefrau sehr wohl an der Abgabestelle des Beschwerdeführers wohnt (hierzu im Detail oben in der Beweiswürdigung). Die Ehefrau des Beschwerdeführers war daher eine taugliche Ersatzempfängerin der gegenständlichen Strafverfügung. Die Ehefrau traf eine Annahmeverpflichtung (vgl. bspw. VwGH 28.08.1998, 96/19/3194; Stumvoll in Fasching/Konecny II/2 § 16 ZustG (Stand 1.7.2016, rdb.at) Rn 22).

Da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Übernahme an die Ersatzempfängerin im Ausland war, ist gemäß § 16 Abs. 5 ZustG die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Da der Beschwerdeführer am 20.05.2024 an die Abgabestelle zurückkehrte, gilt die Zustellung mit 21.05.2024 als bewirkt.

Es ergibt sich jedoch, dass den an die Abgabestelle zurückgekehrten Empfänger einer Sendung das Risiko trifft, dass ihm der Ersatzempfänger die zugestellte Sendung nicht oder nicht rechtzeitig übergibt (vgl. bspw OGH 19.09.1984, 1 Ob 630/84; RdW 1985, 181). Hierzu steht im Lichte der Beweiswürdigung ebenso fest, dass die Sendung, also die gegenständliche Strafverfügung, den Beschwerdeführer tatsächlich nicht erreichte.

Das sich gegenständlich realisierte Risiko ist jedoch durch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand behebbar (vgl. nochmals OGH 19.09.1984, 1 Ob 630/84; RdW 1985, 181; Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 16 (Stand 1.1.2018, rdb.at) E13). Ein entsprechender Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde vom Beschwerdeführer auch gestellt. Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde aufgrund Verspätung zurückgewiesen. Begründet wird diese Zurückweisung damit, dass im Falle des Vorliegens eines Zustellmangels keine Wiedereinsetzung möglich sei. Zeitgleich geht die belangte Behörde im bekämpften Bescheid aber ebenso davon aus, dass kein Zustellmangel vorliegt und die gegenständliche Strafverfügung dem Beschwerdeführer zugestellt wurde.

Hat die belangte Behörde in erster Instanz einen Antrag zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht ist in einem solchen Fall ausschließlich befugt, darüber zu entscheiden, ob die von der belangten Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist. Dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens (vgl. VwGH 23.6.2015, Ra 2015/22/0040).

§ 72 Abs. 2 AVG normiert:

"Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit des Rechtsmittels Kenntnis erlangt hat, gestellt werden".

Dass ein Hindernis im konkreten Fall vorliegt, liegt auf der Hand: Der Beschwerdeführer hat von der gegenständlichen Strafverfügung bzw. deren Zustellung an die Ersatzempfängerin keine Kenntnis erlangt. Es stellt für den Beschwerdeführer ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, wenn der Ersatzempfänger vergaß, die Sendung dem Beschwerdeführer auszuhändigen, da der Umstand allein, dass die mit dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt lebende Person für ihn Sendungen übernimmt oder behebt, auf seiner Seite keine Verpflichtungen auslöst, diese Person nach solchen Sendungen von sich aus zu befragen (vgl. VwGH 30.06.1998, 98/11/0062). Dieses Hindernis ist - wie festgestellt -am 15.07.2024 weggefallen. Die zweiwöchige Frist zur Einbringung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand endete damit am 29.07.2024.

Der am 30.07.2024 eingebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung wurde somit verspätet eingebracht. Die Zurückweisung der belangten Behörde, erweist sich damit als rechtsrichtig.

Da aufgrund des Auslandsaufenthalts des Beschwerdeführers die Ersatzzustellung gemäß § 16 Abs. 5 ZustG mit 21.05.2024 als bewirkt gilt (dazu bereits oben), erweist sich der am 30.07.2024 erhobene Einspruch ebenso als verspätet, da die Rechtsmittelfrist am 21.05.2024 begann und am 04.06.2024 endete.

Im Ergebnis ist damit die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, da sich die Zurückweisung der belangten Behörde als richtig erweist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob die Ehefrau des Beschwerdeführers in der Wiener Wohnung gemeinsam mit dem Beschwerdeführer wohnt, ist eine Frage der Beweiswürdigung. Im Übrigen folgt das Bundesfinanzgericht der Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 23.6.2015, Ra 2015/22/0040; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115; 29.3.2023, Ra 2022/01/0297). Die Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am 2. Juni 2025