JudikaturBFG

RV/7400113/2020 – BFG Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerden vom 24.5.2018 der Wohnungseigentümergemeinschaft, Wien xx***, gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 31 vom

17.4.2018 betreffend den Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom1.1.2014 bis 31.12.2014,

18.4.2018 betreffend den Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom 1.1.2015 bis 31.12.2015 und

19.4.2018 2017 betreffend den Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom 1.1.2016 bis 31.12.2016

betreffend das Objekt Wien xx***, Abgabenkontonummer 33*** zu Recht:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde für die Wohnhausanlage Wien xx*** eine Nichteinleitungsmenge von jeweils (jährlich) 494 Kubikmeter anerkannt und die Abwassergebühr entsprechend herabgesetzt.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin (Einschreiterin: "WEG, Miteigentümer*** und alle übrigen Wohnungseigentümer laut Grundbuchsauszug") Beschwerde. Dabei wurden die Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie die Rechtswidrigkeit des Inhalts der angefochtenen Bescheide geltend gemacht.

Die Beschwerden wurden mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.7.2020 als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, im vorliegenden Fall seien die durch die Beschwerden angefochtenen Bescheide an Miteigentümer*** erlassen worden. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 246 Abs 1 BAO, wonach zur Einbringung einer Beschwerde jeder befugt sei, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen sei, sei somit nur Miteigentümer*** beschwerdeberechtigt gewesen.

Die von der Personengemeinschaft bzw Wohnungseigentümergemeinschaft "WEG, Miteigentümer*** und alle übrigen Wohnungseigentümer laut Grundbuchauszug vertreten durch die XY*** Immobilientreuhand GmbH, vertreten durch E***C***", im eigenen Namen und somit nicht durch Herrn Miteigentümer*** eingebrachten Beschwerden seien daher als unzulässig zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 21.8.2020 beantragten"1. WEG,2. Miteigentümer*** und 3. alle anderen übrigen Wohnungseigentümer lt. Beilage Grundbuchsauszug"die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Zusammengefasst wurde begründend ausgeführt, dass entgegen der Annahme der belangten Behörde die Beschwerden vom 14.5.2018 namens mehrerer Beschwerdeführer, unter diesen ebenso der Zweitbeschwerdeführer, Miteigentümer***, eingebracht worden seien.

Der Beschwerdevorentscheidung sei offenbar die unrichtige Annahme zu Grunde gelegen, die Beschwerde wäre lediglich namens der Wohnungseigentümergemeinschaft eingebracht worden. Wäre dem so gewesen, so wäre als Beschwerdeführer ausschließlich die WEG Wien xx*** oder schlicht die WEG bezeichnet gewesen.

Tatsächlich seien als Beschwerdeführer die WEG, Miteigentümer*** und alle übrigen Wohnungseigentümer lt Beilage Grundbuchsauszug bezeichnet und damit mehrere Beschwerdeführer, namens welcher Beschwerde geführt werde.

Wäre ein Einschreiten lediglich namens der Erstbeschwerdeführerin, der WEG, gewollt gewesen, so wäre der Zweitbeschwerdeführer, Herr Miteigentümer***, nicht im Einzelnen genannt worden. Die Bezeichnung der Wohnungseigentümergemeinschaft, welche als solche teilrechtsfähig und parteifähig sei, erfolge üblich unter Bezeichnung der Adresse, nicht aber unter Anführung einzelner Wohnungseigentümer. Eine solche Bezeichnung der Wohnungseigentümergemeinschaft unter gleichzeitiger namentlicher Nennung sämtlicher der einzelnen Wohnungseigentümer, würde eine absolut unübliche Schreibweise darstellen. Auch die Satzzeichen deuteten darauf hin, dass mehrere Beschwerdeführer einschritten; dies da das dort aufgeführte "und" sowie auch die Beistrichsetzung nach der Abkürzung "WEG" sprachlich auf eine Aufzählung hindeuteten.

Auf Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 4.6.2025 übermittelte die belangte Behörde das Gutachten des Amtssachverständigen vom 7.11.2014 samt Zustellnachweis und samt Antwortschreiben der Beschwerdeführerin. Da dieses Gutachten somit der Beschwerdeführerin bekannt gegeben bzw ihr zugekommen ist, wurde von einem neuerlichen Parteiengehör Abstand genommen.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest:

1. Zur Zulässigkeit der Beschwerden:

Die Liegenschaft in Wien xx*** steht im Wohnungseigentum.

Einer der Wohnungseigentümer ist Miteigentümers***.

Der Spruch der angefochtenen Bescheide lautet, soweit entscheidungsrelevant:

"Dem Antrag von Hrn./Fr. Miteigentümers***, vertreten durch E***C*** auf Herabsetzung der Abwassergebühr …".

Das Adressfeld lautet:"MA 31 - 0***/18KTO 33***Wien xx***"

Die Bescheide wurden an Miteigentümers***, zu Handen E***C*** zugestellt.

Die Bescheide beziehen sich dem Inhalt nach auf die gesamte Liegenschaft und nicht bloß auf den Miteigentumsanteil des Miteigentümers***.

Die Beschwerden wurden erhoben von der Wohnungseigentümergemeinschaft, von Miteigentümers*** und von alle übrigen Wohnungseigentümern laut Grundbuchsauszug.

2. Zur Herabsetzung der Abwassergebühr:

Die für diese Liegenschaft von der öffentlichen Wasserversorgung bezogenen Wassermengen betragen in den gegenständlichen Streitzeiträumen:

20148.175 m3
20157.811 m3
20168.143 m3

Die in den Streitzeiträumen nicht in den Kanal eingeleiteten Abwassermengen (Nichteinleitungsmenge) betragen pro Kalenderjahr 494 m3.

Für die Ermittlung der nicht in den Kanal eingeleiteten Abwassermenge waren keine Subzähler eingebaut. An der gegenständlichen Wohnanlage bestehen 74 Wohnungseinheiten, die Rasenfläche beträgt 2.640 m², die Strauchfläche 2.640 m2.

Beweiswürdigung:

Die festgestellte nicht in den Kanal eingeleitete Abwassermenge von 494 m³ ergibt sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 42.

Dieser hat nach einer am 7.11.2014 vorgenommenen Erhebung vor Ort unter Zugrundelegung der ÖNORM L 1112 über die "Anforderungen an die Bewässerung von Grünflächen" eine Berechnung durchgeführt. Demnach errechnete sich eine Nichteinleitungsmenge von 494 m³ wie folgt:

PosBezeichnung der Anlage im DetailABCDEF
1Rasenfläche 2.640 m20 %135,5 l228,62 m³10 %357,72 m³
2Strauchfläche2.640 m²-30 %26,2 l228,62 m³10%69,17 m³
3Topfpflanzen < 25 l30 Stk0 %500 l15,00 m³0 %15,00 m³
4Topfpflanzen > 25 l4 Stk0 %900 l3,60 m³0 %3,60 m³
5Trogbepflanzungen6 m20 %1.600 l9,60 m³0 %9,60 m³
Wohnungseinheiten1n.zutr.0,52 m³0,52 m³
486 m³456 m³
A = Flächenausmaße oder AnzahlB = Bewertung des Erhaltungszieles, Zu- und AbschlägeC = Bewässerungsbedarf (Liter je m² oder Stück)D = Wert lt. ÖNORM L 1112E = Summe Sonstige Zu- und AbschlägeF = Jahreswasserbedarf (unter Berücksichtigung der tatsächlichen Situation inkl. Zu und Abschläge)

Die Anzahl der Wohneinheiten ist bei dieser Tabelle irrtümlich nur mit 1 berücksichtigt. Tatsächlich wären 74 Wohneinheiten zu berücksichtigen gewesen. Der Jahreswasserbedarf ist daher um den Jahreswasserbedarf pro Wohneinheit von 520 Liter für 73 Wohneinheiten zu erhöhen (38 m³) und beträgt somit 494 m³ (456 + 38).

Die Ermittlung des Bewässerungsbedarfs erfolgte unter Berücksichtigung des natürlichen Niederschlags, des vorgefundenen Vegetationszustands, der Ansprüche des Bewuchstyps und der realen Verhältnisse, wie Wetterfaktoren, Geländeneigung, Beschattung durch Gebäude und Bodenbestandteile. Laut ÖNORM sind die durchschnittlichen Niederschlagswerte von mindestens 10 Jahren zu ermitteln. Dementsprechend wurden die Hydrographischen Jahrbücher von Österreich aus den Jahren 2001 bis 2010 herangezogen und aufgrund der örtlich unterschiedlichen Niederschlagsverteilung in Wien die Daten der Messstation im xx***. Bezirk berücksichtigt. Mit den in der Tabelle angeführten Faktoren bzw deren Bewertung wurde abgeschätzt, wie weit die gegebenen Verhältnisse das Bewässerungsintervall verkürzten oder verlängerten.

Bei einer ÖNORM handelt es sich um eine unverbindliche Empfehlung des Normungsinstitutes, der nur dann normative Wirkung zukommt, wenn sie der Gesetzgeber als verbindlich erklärt. Das Fehlen einer solchen normativen Wirkung einer ÖNORM hindert jedoch nicht, dass diese als einschlägiges Regelwerk und objektiviertes, generelles Gutachten von einem Sachverständigen als Grundlage in seinem Gutachten etwa für die Beurteilung des Standes der Technik herangezogen werden kann (vgl dazu VwGH 26.06.2013, 2012/05/0187).

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Ermittlungen der Nichteinleitungsmenge durch den Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 42 dem Stand der Technik entsprachen und die Gegebenheiten realistisch abbildete.

Die Ermittlungsergebnisse des Amtssachverständigen wurden der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14.4.2015 nachweislich zugestellt (Empfangsbestätigung 16.4.2015) und liegen den angefochtenen Herabsetzungsbescheiden zugrunde.

Dem steht ein von der Beschwerdeführerin im Zuge des Verfahrens vorgelegtes Sachverständigengutachten vom 14.5.2018 gegenüber, wonach sich eine Nichteinleitungsmenge von jährlich (gerundet) 2.096 m³ wie folgt ergibt:

4.1.1.Allgemeine Grünflächen5.294,71 m21.737,33 m³
4.1.2.Private Grünflächen645,00 m2229,16 m³
4.2.Kübelpflanzen klein107 Stkx 200 Wassergabenx 2,5 dm³53,50 m³
4.3.Kübelpflanzen groß42 Stkx 150 Wassergabenx 6 dm³37,80 m³
4.4Wohnungseinheiten74x 52 Wochenx 10,00 dm³38,48 m³
2.096,27 m³

Die Abweichungen zum Gutachten des Amtssachverständigen resultieren einerseits aus dem für die Bewässerung der Allgemeinen Grünflächen mit einem Wasserbedarf von 1.737,33 m³ deutlich höheren Wert (Amtssachverständiger 357,72 m³ plus 69,17 m³). Andererseits werden im Gutachten der Beschwerdeführerin private Grünflächen berücksichtigt, die im Amtsgutachten nicht enthalten sind.

In der Begründung wurde im Gutachten der Beschwerdeführerin ua auf "die verifizierbaren und überprüften Aussagen der zuständigen Auskunftspersonen vor Ort" und die "individuellen Bewässerungsgepflogenheiten unter Berücksichtigung des Betriebsdrucks der Zuleitung sowie der Art der Bewässerung (z. B. automatisches Bewässerungssystem, Zeit der Bewässerungsdurchführung, Dauer der Erhebungen)" Bezug genommen, ohne dies näher auszuführen bzw zu belegen.

Welche Zuschlagsfaktoren sich allenfalls daraus ergeben hätten, wird weder im Gutachten noch sonst im Beschwerdeverfahren nachvollziehbar dargetan. Nach der ÖNORM L 1112 wäre aber für sämtliche Zu- und Abschlagsfaktoren eine nachvollziehbare Begründung beizulegen (ÖNORM Tabelle A.2).

Der Amtssachverständige hat die allgemeinen Grünflächen in Rasenflächen und Strauchflächen mit unterschiedlichem Bewässerungsbedarf unterteilt.Der Privatgutachter ist bei Bewertung dieser Flächen insgesamt - somit auch für die Strauchflächen - von einem Bewässerungsbedarf wie für allgemeine Grünflächen ausgegangen. Dies wiewohl im Gutachten festgehalten ist, dass sich diese Flächen als Rasen- und Strauchflächen darstellen. Weshalb der Privatgutachter den Bewässerungsbedarf für diese unterschiedlichen Flächen gleich hoch eingestuft hat, bleibt ohne Begründung. Nach der ÖNORM ist grundsätzlich für Strauchflächen ein geringerer Bedarf gegeben und dementsprechend (zumindest durch entsprechende Abschläge) anzusetzen. Ein Abweichen davon wäre daher nachvollziehbar zu begründen gewesen.

Die flächenmäßige Abweichung bei den Grünflächen ("Private Grünflächen" im Privatgutachten) ist nicht mehr aufklärbar.Im Amtsgutachten, das dem Privatgutachter bekannt sein musste, sind diese Flächen nicht enthalten.Im Privatgutachten, das als Antwort auf das Amtsgutachten vorgelegt wurde, wird in keiner Weise darauf eingegangen, dass im Amtsgutachten Grünflächen fehlten. Diese Grünflächen (229,16 m²) hätten unter Zugrundelegung der Berechnungsmethoden des Amtsgutachters einen Bewässerungsbedarf von 31,05 m³ (229,16 * 135,5 l) ergeben und zu einer entsprechend höheren Herabsetzung der Abwassergebühr geführt. Das wäre im Interesse der Beschwerdeführerin gewesen und bei Zutreffen, wohl von deren Privatgutachter aufgegriffen worden.Allenfalls ist die Abweichung durch die unterschiedlichen Erhebungszeitpunkte erklärbar. Das Amtsgutachten beruht auf Erhebungen von November 2014, das Privatgutachten der Beschwerdeführerin offenbar auf solchen aus Anfang 2018.Das Jahr 2014 ist eines der Streitjahre, während 2018 zwei Jahre nach dem letzten Streitjahr liegt. Es wird davon ausgegangen, dass ein zeitnahes Gutachten den tatsächlichen Verhältnissen eher entspricht, als ein nachträglich erstelltes. Es ist auch kein Grund ersichtlich, dem in allen wesentlichen Punkten schlüssigen und nachvollziehbaren Amtsgutachten nicht zu folgen, zumal nicht einsehbar ist, weshalb wahrheitswidrige Feststellungen erfolgt sein sollten und sich auch aus dem Verwaltungsakt kein Anhaltspunkt dafür ergibt. Der Irrtum bei der Anzahl der Wohnungseinheiten ist ein offensichtliches Versehen, das nicht geeignet ist, die Feststellungen insgesamt in Zweifel zu ziehen. Hinzu kommt, dass einem Amtssachverständigen die Erhebung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte wohl zugemutet werden kann.

Die Ausführungen im Privatgutachten bleiben somit in wesentlichen Teilen auf Behauptungsebene und können nicht nachvollzogen werden.

Daher kann dem Amtsgutachten gefolgt und von einer nicht in den Kanal eingeleiteten Abwassermenge (Nichteinleitungsmenge) von 494 m³ ausgegangen werden.

Die Feststellungen betreffend die Ausführungen zur Zulässigkeit der Beschwerde beruhen auf den Bescheiden und sind unstrittig.

Rechtlich folgt daraus:

1. Zur Zulässigkeit der Beschwerden:

Das Gesetz über den Betrieb und die Räumung von Kanalanlagen und über die Einhebung von Gebühren für die Benützung und Räumung von Unratsanlagen (Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG), LGBl Nr 02/1978 in der geltenden Fassung, regelt in seinem Abschnitt II die Abwassergebühr.

Gebührenschuldner von Wasser- und Abwassergebühr ist gemäß § 14 KKG der Wasserabnehmer bzw die Wasserabnehmerin. Das ist gegenständlich unzweifelhaft die Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist gemäß § 2 Abs 5 WEG 2002 eine juristische Person mit (Teil)rechtsfähigkeit. Sie kann gemäß § 18 WEG 2002 in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden.

Belange der Abwassergebühr zählen zu den Angelegenheiten der Verwaltung einer Liegenschaft. Die Wohnungseigentümergemeinschaft war daher dem Grunde nach berechtigt, die gegenständlichen Beschwerden zu erheben.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist allgemein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einer Liegenschaft; verfahrensgegenständlich der Liegenschaft Wien xx***.

Zur Einbringung einer Beschwerde ist gemäß § 246 Abs 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Ein Bescheid ergeht an die Person, die gemäß § 93 Abs 2 BAO im Spruch des Bescheides genannt ist.

Gemäß § 93 Abs 2 BAO ist im Spruch eines Bescheides die Person zu nennen, an die der Bescheid ergeht.

Das Adressfeld gehört nach der herrschenden Rechtsprechung zum Bescheidspruch (vgl zB VwGH 26.2.2013, 2010/15/0017; 27.2.2014, 2009/15/0212).

Im Adressfeld der beschwerdegegenständlichen Bescheide ist die Liegenschaftsadresse samt der dieser Adresse zugeordneten Kontonummer des Magistrats genannt.

Die Bescheide wirken für die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft.

Schon daraus ergibt sich, dass nach dem Sinn der Adressierung die Wohnungseigentümergemeinschaft gemeint ist.

Eine unrichtige Bezeichnung des Bescheidadressaten ist außerdem dann unbeachtlich, wenn diese offenbar auf einem Versehen beruht und der Adressat zweifelsfrei feststeht (VwGH 20.1.1992, 91/10/0095, ZfVB 1993/2/608; 25.6.1996, 94/17/0419) bzw wenn nach der Verkehrsauffassung keine Zweifel an der Identität des Empfängers bestehen (zB VwGH 23.4.1998, 96/15/0199; 24.2.2005, 2004/16/0199; 28.6.2007, 2005/16/0187).

Auch ein Deuten eines bloß fehlerhaft bezeichneten Bescheidadressaten ist zulässig und geboten, wenn die Identifizierung des Adressaten durch die fehlerhafte Bezeichnung nicht in Frage gestellt wäre und kein Zweifel an der Identität des Empfängers bestünde (VwGH 11.6.2021, Ro 2020/13/0005; Ritz/Koran, BAO8 § 93 BAO Rz 7).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist die Bezeichnung der Bescheidadressatin, der Wohnungseigentümergemeinschaft richtig, da schon mit deren Liegenschaftsadresse ausreichend bestimmt. Allein aufgrund des Fehlens der - idR vorgestellten - Bezeichnung "Wohnungseigentümergemeinschaft" oder "WEG" kann nicht die Eigenschaft als Bescheidadressatin verloren gehen.

Selbst wenn von einer unrichtigen Bescheidadressatin ausgegangen würde, steht diese zweifelsfrei fest. Es besteht kein Zweifel an deren Identität. Vielmehr ist es für das Bundesfinanzgericht unvorstellbar, dass die belangte Behörde lediglich einen Miteigentümer als Bescheidadressaten gemeint hätte, wenn mit diesem (nur an einen Miteigentümer gerichteten) Bescheid- über die gesamte Liegenschaft abspricht,- der Bescheid gegen alle Miteigentümer bzw die Wohnungseigentümergemeinschaft wirken soll- im Adressfeld des Bescheides ausschließlich die Liegenschaftsadresse samt Abgabenkontonummer bezeichnet ist.

Damit ein Bescheid auch Wirkung entfalten kann, muss er dem/den Bescheidadressaten gegenüber bekannt gegeben werden.

Die gegenständlichen Bescheide wurden lediglich einem Miteigentümer, zu Handen des Vertreters E***C*** zugestellt, daher nur ihm gegenüber bekannt gegeben.

Gemäß § 7 ZustellG gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist, auch wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen sind.

Die Bescheide sind der Wohnungseigentümergemeinschaft unzweifelhaft tatsächlich zugekommen. Vertreterin der Wohnungseigentümergemeinschaft ist die XY***, diese wiederum ist vertreten durch E***C***. Diesem sind die Bescheide als Vertreter des Miteigentümers Miteigentümer*** zugekommen. Dieser Vertreter vertritt (indirekt) auch die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst. Derart sind daher die Bescheide dieser auch tatsächlich zugekommen, was auch dadurch dokumentiert ist, als diese als Beschwerdeführerin aufgetreten ist.

Selbst wenn man - wie die belangte Behörde - zur gegenteiligen Ansicht gelangte, dann ist aber jedenfalls Miteigentümers*** antragslegitimiert. Ihm gegenüber sind die Bescheide jedenfalls ergangen. Da er auch als Beschwerdeführer namentlich aufscheint, ist er jedenfalls aktiv legitimiert.

Gegen wen danach in diesem Fall die Bescheide wirken hätten können, oder ob diese so nicht hätten ergehen dürfen, bleibt dahingestellt, da die Wohnungseigentümergemeinschaft nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ohnehin Bescheidadressatin und somit antragslegitmiert ist.

2. Zur Herabsetzung der Abwassergebühr:

Das Gesetz über den Betrieb und die Räumung von Kanalanlagen und über die Einhebung von Gebühren für die Benützung und Räumung von Unratsanlagen (Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG), LGBl Nr 02/1978 in der geltenden Fassung, regelt in seinem Abschnitt II die Abwassergebühr.

Nach § 11 Abs 1 KKG unterliegt der Gebührenpflicht die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz in einen öffentlichen Straßenkanal.

Die Abwassergebühr ist gemäß § 11 Abs 2 KKG nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.

Die Abwassermenge wird gemäß § 12 Abs 1 Z 1 KKG derart ermittelt, dass die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl für Wien Nr 10/1960, in der jeweils geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge in den öffentlichen Kanal als abgegeben gilt.

§ 13 Abs 1 KKG idF LGBl für Wien Nr 2/1978 lautet wie folgt:

"Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen."

Nach § 13 Abs 1 KKG idF LGBl für Wien Nr 39/2016 (in Kraft getreten mit 28.9.2016) gilt Folgendes:

"Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und1. der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen (zB für die Bewässerung von Grünflächen, für Produktionszwecke) durch den Einbau geeichter Wasserzähler (Subzähler) erbracht wird. Diese Subzähler sind vom Gebührenschuldner bzw. von der Gebührenschuldnerin auf seine bzw. ihre Kosten durch einen dazu befugten Gewerbetreibenden bzw. eine dazu befugte Gewerbetreibende einbauen zu lassen, zu warten und instand zu halten.2. der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen bei Schäden an der Verbrauchsanlage durch prüfungsfähige Unterlagen (zB Arbeitsbestätigung oder Rechnung einer Installationsfirma) vom Gebührenschuldner bzw. der Gebührenschuldnerin erbracht wird."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Mai 1985 (85/17/0008) festgestellt hat, handelt es sich bei der Berechnungsvorschrift des § 12 Abs 1 KKG (arg.: "gelten" ... "gilt") dem Anschein nach um eine der Vereinfachung der Ermittlung der Gebührenhöhe dienende Fiktion. Zu ihrer Korrektur im Sinne des Gebührentatbestandes und zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses seien ihr Regeln an die Seite gestellt, die es erlaubten, auf Fälle Rücksicht zu nehmen, in denen die in die öffentlichen Kanäle abgeleiteten Abwassermengen geringer seien als die der öffentlichen Wasserversorgung oder einer Eigenwasserversorgung entnommenen Wassermengen. Der Nachweis hiefür werde in diesen Regeln dem Gebührenpflichtigen auferlegt, womit sich die Fiktion in Wahrheit als widerlegbare Rechtsvermutung erweise.

Stellt das Gesetz für eine Tatsache eine Vermutung auf, so bedarf diese gemäß § 167 Abs 1 BAO keines Beweises. Die Führung des Gegenbeweises liegt jedoch nach der Anordnung des Gesetzes (vgl § 13 Abs 1 erster Satz KKG) beim Abgabepflichtigen. Nicht der Abgabenbehörde, sondern dem Abgabepflichtigen ist die Beweislast auferlegt und es schlägt auch zum Nachteil der betreffenden Partei aus, wenn der Gegenbeweis nicht zu erbringen ist (vgl VwGH 29.9.1992, 89/17/0181).

Ob dieser Nachweis erbracht ist oder nicht, unterliegt gemäß § 168 Abs 2 BAO der freien Beweiswürdigung. Danach hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, erscheint die von der Magistratsabteilung 42 ermittelte Nichteinleitungsmenge, in deren Rahmen Lokalaugenscheine durchgeführt wurden, der Realität durchaus zu entsprechen. Das von der Beschwerdeführerin eingebrachte Gutachten ist hingegen - wie ebenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde - mangels Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit nicht dazu geeignet, das Ermittlungsergebnis der Magistratsabteilung 42, das von der belangten Behörde herangezogen wurde, zu widerlegen.

Im Übrigen ist seit dem 28.9.2016 (Inkrafttreten des § 13 Abs 1 KKG idF LGBl für Wien Nr 39/2016) der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen durch den Einbau geeichter Wasserzähler (Subzähler) zu erbringen, womit ab diesem Zeitpunkt dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten auch deshalb keine Beweiskraft mehr zukommt.

Auch mit dem Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben vermag die Beschwerdeführerin nicht eine Rechtswidrigkeit der bekämpften Bescheide aufzuzeigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schützt der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer allenfalls auch unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit (vgl etwa VwGH 27.6.2018, Ra 2016/15/0075, Rz 28). Der Grundsatz von Treu und Glauben zeitigt nur insoweit Auswirkungen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl etwa VwGH 27.04.2017, Ra 2015/15/0007, Rz 14).

Im Hinblick darauf, dass die Vorgangsweise der belangten Behörde für die Zeiträume bis zur Gesetzesänderung im Jahr 2016 als gesetzeskonform anzusehen ist und gegenüber allen Wasserabnehmern in gleicher Weise vorgegangen wurde, kann darin keine Verletzung des Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz erkannt werden.

Hinsichtlich der darüber hinaus ohne begründende Ausführungen geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken wird auf die Aussagen des Verfassungsgerichtshofs im Erkenntnis vom 25.11.1983, B 13/80, verwiesen, wonach er keine Bedenken gegen § 13 Abs 2 KKG im Hinblick auf Art 18 B-VG und das Gleichheitsgebot hat.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Über die zu beurteilenden Rechtsfragen, der Bezeichnung des Bescheidadressaten und der Nachweispflicht für die nicht in den öffentlichen Kanal eingeleiteten Abwassermenge wurde im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entschieden. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 279 BAO abzuweisen.

Wien, am 24. Juli 2025