JudikaturBFG

RV/7400116/2020 – BFG Entscheidung

Entscheidung
21. Juli 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerde vom 12.6.2017 der Wohnungseigentümergemeinschaft, 1230 Wien***, V***C*** und Miteigentümer, vertreten durch XYZ*** Wohnungseigentumsverwaltungs- und Immobilientreuhand GmbH, diese vertreten durch E***C*** gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien

vom 15.5.2017 betreffend den Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom 1.1.2013 bis 31.12.2013,

vom 16.5.2017 betreffend den Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom 1.1.2014 bis 31.12.2014 und

vom 17.5.2017 betreffend den Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom 1.1.2015 bis 31.12.2015

betreffend das Objekt 1230 Wien***, Abgabenkontonummer 23-1***-2*** zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Herabsetzung der Abwassergebühr mit der Begründung abgewiesen, es habe sich in den beschwerdegegenständlichen Zeiträumen eine Nichteinleitungsmenge von (jeweils) 76 Kubikmetern ergeben. Die gesetzlich vorgegebene Mindestgrenze von 100 Kubikmetern sei somit nicht überschritten worden.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin (Einschreiterin: "WEG, V***C*** u.a. lt. Beilage Grundbuchsauszug") Beschwerde. Dabei wurden die Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie die Rechtswidrigkeit des Inhalts der angefochtenen Bescheide geltend gemacht.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 5.8.2020 als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, im vorliegenden Fall seien die angefochtenen Bescheide an V***C*** erlassen worden. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 246 Abs 1 BAO, wonach zur Einbringung einer Beschwerde jeder befugt sei, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen sei, sei somit nur V***C*** beschwerdeberechtigt gewesen.

Die von der Personengemeinschaft bzw Wohnungseigentümergemeinschaft "WEG, V***C*** u.a. laut Beilage Grundbuchsauszug vertreten durch die XYZ*** Wohnungseigentumsverwaltungs- und Immobilientreuhand GmbH, diese vertreten durch E***C***, im eigenen Namen und somit nicht durch Frau V***C*** eingebrachte Beschwerde sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 2.9.2020 beantragten die Beschwerdeführer:1. WEG,2. Frau V***C*** und3. u.a. laut Beilage Grundbuchsauszugdie Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Entgegen der Annahme der belangten Behörde sei die Beschwerde vom 12.6.2017 namens mehrerer Beschwerdeführer eingebracht worden, unter diesen ebenso die Zweitbeschwerdeführerin, Frau V***C***.

Der Beschwerdevorentscheidung sei offenbar die unrichtige Annahme zu Grunde gelegen, die Beschwerde wäre lediglich namens der Wohnungseigentümergemeinschaft eingebracht worden. Wäre dem so gewesen, so wäre als Beschwerdeführer ausschließlich die WEG 1230 Wien*** oder schlicht die WEG bezeichnet gewesen.

Tatsächlich wären als Beschwerdeführer die WEG, Frau V***C*** und alle übrigen Wohnungseigentümer lt Beilage Grundbuchsauszug bezeichnet und damit mehrere Beschwerdeführer, namens welcher Beschwerde geführt werde.

Wäre ein Einschreiten lediglich namens der Erstbeschwerdeführerin, der WEG, gewollt gewesen, so wäre die Zweitbeschwerdeführerin nicht im Einzelnen genannt worden. Die Bezeichnung der Wohnungseigentümergemeinschaft, welche als solche teilrechtsfähig und parteifähig sei, erfolge üblich unter Bezeichnung der Adresse, nicht aber unter Anführung einzelner Wohnungseigentümer. Eine solche Bezeichnung der Wohnungseigentümergemeinschaft unter gleichzeitiger namentlicher Nennung sämtlicher der einzelnen Wohnungseigentümer, würde eine absolut unübliche Schreibweise darstellen. Auch die Satzzeichen deuteten darauf hin, dass mehrere Beschwerdeführer einschritten; dies da das dort aufgeführte "und" sowie auch die Beistrichsetzung nach der Abkürzung "WEG" sprachlich auf eine Aufzählung hindeuteten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig sind die nicht in den öffentlichen Kanal gelangten Abwassermengen.

Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemeinsames Eigentum an der Liegenschaft 1230 Wien***.

Der Spruch der angefochtenen Bescheide lautet, soweit entscheidungsrelevant:"Der Antrag von Hrn./Fr. V***C***, vertreten durch E***C*** auf Herabsetzung der Abwassergebühr …".

Das Adressfeld lautet:"MA 31 - 1777172/14KTO 23 - 1*** - 2***1230 Wien***"

Zugestellt wurden die Bescheide an V***C***, zu Handen E***C***.

Die Bescheide betreffen dem Inhalt nach die gesamte Liegenschaft und nicht bloß den Miteigentumsanteil der V***C***.

Die Beschwerde wurde erhoben von der "Einschreiterin: WEG, V***C*** u.a. lt. Beilage Grundbuchsauszug", vertreten durch XYZ*** … .

2. Zur Herabsetzung der Abwassergebühr:

Die für diese Liegenschaft von der öffentlichen Wasserversorgung bezogenen Wassermengen betragen in den gegenständlichen Streitzeiträumen:

2013605 m3
2014747 m3
2015780 m3

Die in den Streitzeiträumen nicht in den Kanal eingeleiteten Abwassermengen (Nichteinleitungsmenge) betragen pro Kalenderjahr 76 m3.Für die Ermittlung der nicht in den Kanal eingeleiteten Abwassermengen waren keine Subzähler eingebaut.

An der gegenständlichen Wohnanlage bestehen 16 Wohneinheiten; die Rasenflächen umfassen in Summe rund 882 m2.

Beweiswürdigung:

Die bezogenen Wassermengen sind unstrittig. Ebenso unstrittig sind das Ausmaß der Rasenflächen, sowie die Anzahl der Wohneinheiten.

Die festgestellte nicht in den Kanal eingeleitete Abwassermenge von 76 m³ ergibt sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 42.

Dieser hat nach einer am 25.5.2016 vorgenommen Erhebung vor Ort unter Zugrundelegung der ÖNORM L 1112 über die "Anforderungen an die Bewässerung von Grünflächen" eine Berechnung durchgeführt, nach der die Nichteinleitungsmenge pro Kalenderjahr von 76 m3 wie folgt festgestellt wurde:

PosBezeichnung der Anlage im DetailABCDEFGH
1Rasenfläche882 m20 %60,8 l53,62 m³0 %- 10%10 %53,62 m³
StrauchflächeStaudenbeete/GemüseWechsel/SaisonbepflanzungJungbaum0 %0 %0 %0 %0 %0 %0 %0 %
2Topfpflanzen < 25 l19 Stk0 %500 l9,50 m³0 %9,50 m³
3Topfpflanzen > 25 l5 Stk0 %900 l4,50 m³0 %4,50 m³
TrogbepflanzungenFeuchtbiotop0 %0 %
Wohnungseinheiten16nicht zutreffend8,32 m³8,32 m³
7676
PosBezeichnung der Anlage im DetailBEIJFKLMN
Dachbegrünung intensiv0%160%50%50%50%30%30%
Dachbegrünung intensiv0%60%50%50%- 100%- 100%50%30%30%
A = Flächenausmaße oder AnzahlB = Bewertung des Erhaltungszieles, Zu- und AbschlägeC = Bewässerungsbedarf (Liter je m² oder Stück)D = Wert lt. ÖNORM L 1112E = Summe sonstige Zu- und AbschlägeF = PflanzenansprücheG = Überschirmung (zB Altbaumbestand)H = Jahreswasserbedarf (unter Berücksichtigung der tatsächlichen Situation inkl. Zu und Abschläge)I = niedrige WasserspeicherkapazitätJ = Summe der BodenfaktorenK= Summe der PflanzenfaktorenL = TemperaturM = WindN = Sonnen-/Schattenlage

Die Ermittlung des Bewässerungsbedarfs erfolgte unter Berücksichtigung des natürlichen Niederschlags, des vorgefundenen Vegetationszustands, der Ansprüche des Bewuchstyps und der realen Verhältnisse, wie Wetterfaktoren, Geländeneigung, Beschattung durch Gebäude und Bodenbestandteile. Laut ÖNORM sind die durchschnittlichen Niederschlagswerte von mindestens 10 Jahren zu ermitteln. Dementsprechend wurden die Hydrographischen Jahrbücher von Österreich aus den Jahren 2001 bis 2010 herangezogen und aufgrund der örtlich unterschiedlichen Niederschlagsverteilung in Wien die Daten der Messstation im 23. Bezirk berücksichtigt. Mit den in der Tabelle angeführten Faktoren bzw deren Bewertung wurde abgeschätzt, wie weit die gegebenen Verhältnisse das Bewässerungsintervall verkürzten oder verlängerten.

Bei einer ÖNORM handelt es sich um eine unverbindliche Empfehlung des Normungsinstitutes, der nur dann normative Wirkung zukommt, wenn sie der Gesetzgeber als verbindlich erklärt. Das Fehlen einer solchen normativen Wirkung einer ÖNORM hindert jedoch nicht, dass diese als einschlägiges Regelwerk und objektiviertes, generelles Gutachten von einem Sachverständigen als Grundlage in seinem Gutachten etwa für die Beurteilung des Standes der Technik herangezogen werden kann (vgl VwGH 26.06.2013, 2012/05/0187).

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Ermittlung der Nichteinleitungsmenge durch den Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 42 dem Stand der Technik entsprach und die Gegebenheiten realistisch abbildete.

Das ÖNORM-konforme Ermittlungsergebnis des Amtssachverständigen wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21.6.2016 nachweislich zugestellt und liegt den angefochtenen Bescheiden zugrunde.

Dem steht ein von der Beschwerdeführerin im Zuge des Verfahrens vorgelegtes Sachverständigengutachten vom 1.7.2015, überarbeitet am 18.5.2016 gegenüber, wonach sich eine Nichteinleitungsmenge von jährlich (gerundet) 160 m3 wie folgt ergibt:

JWbafAllgemeine Grünflächen146,51 m2Pflanzenansprüche - 20%Extensiv-/Intensivflächen - 55%Sonnen-/Schattenlage 0%Überschirmung 10%Böschungsneigung 0%146,51 m³
JWbKp (klein)Kübelpflanzen < 25 l3 Stück200 Wassergaben * 2,50 dm³1,50 m³
JWbKp (groß)Kübelpflanzen > 25 l4 Stück150 Wassergaben * 6,00 dm³3,60 m³
JWbWEHWohnungseinheiten1652 Wochen á 10,00 dm³8,32 m³
159,93 m³ = 160

Die Abweichung zum Gutachten des Amtssachverständigen resultiert aus dem für die Bewässerung der Rasenfläche mit einer Wassermenge von 146,51 m³ deutlich höheren Wert (Amtssachverständiger 60,8 m³). In der Begründung dazu wurde im Gutachten der Beschwerdeführerin ua auf "die verifizierbaren und überprüften Aussagen der zuständigen Auskunftspersonen vor Ort" und die "individuellen Bewässerungsgepflogenheiten unter Berücksichtigung des Betriebsdrucks der Zuleitung sowie der Art der Bewässerung (z. B. automatisches Bewässerungssystem, Zeit der Bewässerungsdurchführung, Dauer der Erhebungen)" Bezug genommen, ohne dies näher auszuführen bzw zu belegen.

Welche Zuschlagsfaktoren sich allenfalls daraus ergeben hätten, wird weder im Gutachten noch sonst im Beschwerdeverfahren nachvollziehbar dargetan. Nach der ÖNORM L 1112 wäre aber für sämtliche Zu- und Abschlagsfaktoren eine nachvollziehbare Begründung beizulegen (ÖNORM Tabelle A.2).

Die diesbezüglichen Ausführungen bleiben auf Behauptungsebene und können nicht nachvollzogen werden.

Rechtlich folgt daraus:

1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Das Gesetz über den Betrieb und die Räumung von Kanalanlagen und über die Einhebung von Gebühren für die Benützung und Räumung von Unratsanlagen (Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG), LGBl Nr 02/1978 in der geltenden Fassung, regelt in seinem Abschnitt II die Abwassergebühr.

Gebührenschuldner von Wasser- und Abwassergebühr ist gemäß § 14 KKG der Wasserabnehmer bzw die Wasserabnehmerin. Das ist gegenständlich unzweifelhaft die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist gemäß § 2 Abs 5 WEG 2002 eine juristische Person mit (Teil)rechtsfähigkeit. Sie kann gemäß § 18 WEG 2002 in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden.

Belange der Abwassergebühr zählen zu den Angelegenheiten der Verwaltung einer Liegenschaft. Die Wohnungseigentümergemeinschaft war daher dem Grunde nach berechtigt, die gegenständlichen Beschwerden zu erheben.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist allgemein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einer Liegenschaft; verfahrensgegenständlich der Liegenschaft 1230 Wien***.

Zur Einbringung einer Beschwerde ist gemäß § 246 Abs 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Ein Bescheid ergeht an die Person, die gemäß § 93 Abs 2 BAO im Spruch des Bescheides genannt ist.

Gemäß § 93 Abs 2 BAO ist im Spruch eines Bescheides die Person zu nennen, an die der Bescheid ergeht.

Das Adressfeld gehört nach der herrschenden Rechtsprechung zum Bescheidspruch (vgl zB VwGH 26.2.2013, 2010/15/0017; VwGH 27.2.2014, 2009/15/0212).

Im Adressfeld der beschwerdegegenständlichen Bescheide ist die Liegenschaftsadresse samt der dieser Adresse zugeordneten Kontonummer des Magistrats genannt.

Die Bescheide wirken für die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft.

Schon daraus ergibt sich, dass nach dem Sinn der Adressierung die Wohnungseigentümergemeinschaft gemeint ist.

Eine unrichtige Bezeichnung des Bescheidadressaten ist dann unbeachtlich, wenn diese offenbar auf einem Versehen beruht und der Adressat zweifelsfrei feststeht (VwGH 20.1.1992, 91/10/0095, ZfVB 1993/2/608; VwGH 25.6.1996, 94/17/0419; vgl auch BFG 17.2.2023, RV/7105578/2017) bzw wenn nach der Verkehrsauffassung keine Zweifel an der Identität des Empfängers bestehen (zB VwGH 23.4.1998, 96/15/0199; 24.2.2005, 2004/16/0199; 28.6.2007, 2005/16/0187; BFG 17.8.2023, RV/7104937/2017).Auch ein Deuten eines bloß fehlerhaft bezeichneten Bescheidadressaten ist zulässig und geboten, wenn die Identifizierung des Adressaten durch die fehlerhafte Bezeichnung nicht in Frage gestellt wäre und kein Zweifel an der Identität des Empfängers bestünde (VwGH 11.6.2021, Ro 2020/13/0005; BFG 17.8.2023, RV/7104937/2017, Ritz/Koran, BAO8 § 93 Rz 7).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgericht ist die Bezeichnung der Bescheidadressatin, der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht unrichtig, sondern ohnehin schon mit deren Liegenschaftsadresse ausreichend bestimmt. Allein aufgrund des Fehlens der - idR vorgestellten - Bezeichnung "Wohnungseigentümergemeinschaft" kann nicht die Eigenschaft als Bescheidadressatin verloren gehen.

Selbst wenn von einer unrichtigen Bescheidadressatin ausgegangen würde, steht diese zweifelsfrei fest. Es besteht kein Zweifel an deren Identität. Vielmehr ist es nach der Verkehrsauffassung unlogisch, im Adressfeld des Bescheides die Liegenschaft zu bezeichnen und dann lediglich eine Miteigentümerin als Bescheidadressatin gemeint zu haben, wenn ein Bescheid über eben die gesamte Liegenschaft abspricht und daher gegen alle Miteigentümer bzw die Wohnungseigentümergemeinschaft wirken soll.

Damit ein Bescheid auch Wirkung entfalten kann, muss er den Bescheidadressaten gegenüber auch bekannt gegeben werden.

Die Bescheide wurden lediglich einer Miteigentümerin, zu Handen des Vertreters E***C*** zugestellt, daher nur ihr gegenüber bekannt gegeben.

Gemäß § 7 ZustellG gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist, auch wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen sind.

Die Bescheide sind der Wohnungseigentümergemeinschaft unzweifelhaft tatsächlich zugekommen. Vertreterin der Wohnungseigentümergemeinschaft ist die XYZ***, diese wiederum ist vertreten durch E***C***. E***C*** sind die Bescheide als Vertreter der Miteigentümerin V***C*** zugekommen. Dieser Vertreter vertritt (indirekt) auch die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst. Derart sind daher die Bescheide dieser auch tatsächlich zugekommen und ist diese als Beschwerdeführerin aufgetreten.

Selbst wenn man, wie der Magistrat zur gegenteiligen Ansicht gelangte, dann ist aber jedenfalls V***C*** antragslegitimiert. Ihr gegenüber sind die Bescheide jedenfalls ergangen. Da sie auch als Beschwerdeführerin namentlich aufscheint, ist sie jedenfalls aktiv legitimiert. Gegen wen danach in diesem Fall die Bescheide wirken konnten, oder ob diese so nicht hätten ergehen dürfen, bleibt dahingestellt, da die Wohnungseigentümergemeinschaft nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ohnehin Bescheidadressatin und somit antragslegitimiert ist.

2. Herabsetzung der Abwassergebühr

Nach § 11 Abs 1 KKG unterliegt der Gebührenpflicht die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz in einen öffentlichen Straßenkanal.

Die Abwassergebühr ist gemäß § 11 Abs 2 KKG nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.

Die Abwassermenge wird gemäß § 12 Abs 1 Z 1 KKG derart ermittelt, dass die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 des Wasserversorgungsgesetzes 1960, LGBl für Wien Nr 10/1960, in der jeweils geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge in den öffentlichen Kanal als abgegeben gilt.

§ 13 Abs 1 KKG idF LGBl für Wien Nr 2/1978 lautet wie folgt:

"Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen."

Nach § 13 Abs 1 KKG idF LGBl für Wien Nr 39/2016 (in Kraft getreten mit 28.9.2016) gilt Folgendes:

"Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und1. der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen (zB für die Bewässerung von Grünflächen, für Produktionszwecke) durch den Einbau geeichter Wasserzähler (Subzähler) erbracht wird. Diese Subzähler sind vom Gebührenschuldner bzw. von der Gebührenschuldnerin auf seine bzw. ihre Kosten durch einen dazu befugten Gewerbetreibenden bzw. eine dazu befugte Gewerbetreibende einbauen zu lassen, zu warten und instand zu halten.2. der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen bei Schäden an der Verbrauchsanlage durch prüfungsfähige Unterlagen (zB Arbeitsbestätigung oder Rechnung einer Installationsfirma) vom Gebührenschuldner bzw. der Gebührenschuldnerin erbracht wird."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Mai 1985 (85/17/0008) festgestellt hat, handelt es sich bei der Berechnungsvorschrift des § 12 Abs 1 KKG (arg.: "gelten" ... "gilt") dem Anschein nach um eine der Vereinfachung der Ermittlung der Gebührenhöhe dienende Fiktion. Zu ihrer Korrektur im Sinne des Gebührentatbestandes und zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses seien ihr Regeln an die Seite gestellt, die es erlaubten, auf Fälle Rücksicht zu nehmen, in denen die in die öffentlichen Kanäle abgeleiteten Abwassermengen geringer seien als die der öffentlichen Wasserversorgung oder einer Eigenwasserversorgung entnommenen Wassermengen. Der Nachweis hiefür werde in diesen Regeln dem Gebührenpflichtigen auferlegt, womit sich die Fiktion in Wahrheit als widerlegbare Rechtsvermutung erweise.

Stellt das Gesetz für eine Tatsache eine Vermutung auf, so bedarf diese gemäß § 167 Abs 1 BAO keines Beweises. Die Führung des Gegenbeweises liegt jedoch nach der Anordnung des Gesetzes (vgl § 13 Abs 1 erster Satz KKG) beim Abgabepflichtigen. Nicht der Abgabenbehörde, sondern dem Abgabepflichtigen ist die Beweislast auferlegt und es schlägt auch zum Nachteil der betreffenden Partei aus, wenn der Gegenbeweis nicht zu erbringen ist (vgl VwGH 29.9.1992, 89/17/0181).

Ob dieser Nachweis erbracht ist oder nicht, unterliegt gemäß § 168 Abs 2 BAO der freien Beweiswürdigung. Danach hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, entspricht die vom Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 42 ermittelte Nichteinleitungsmenge, in deren Rahmen im beschwerdegegenständlichen Jahr 2016 ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde, der Realität. Das von der Beschwerdeführerin eingebrachte Gutachten ist hingegen - wie ebenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde - mangels Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit nicht dazu geeignet, das Ermittlungsergebnis der Magistratsabteilung 42, das von der belangten Behörde herangezogen wurde, zu widerlegen.

Auch mit dem Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben vermag die Beschwerdeführerin nicht eine Rechtswidrigkeit der bekämpften Bescheide aufzuzeigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schützt der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer allenfalls auch unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit (vgl etwa VwGH 27.6.2018, Ra 2016/15/0075, Rz 28). Der Grundsatz von Treu und Glauben zeitigt nur insoweit Auswirkungen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl etwa VwGH 27.04.2017, Ra 2015/15/0007, Rz 14).

Im Hinblick darauf, dass die Vorgangsweise der belangten Behörde für die Zeiträume bis zur Gesetzesänderung im Jahr 2016 als gesetzeskonform anzusehen ist und gegenüber allen Wasserabnehmern in gleicher Weise vorgegangen wurde, kann darin keine Verletzung des Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz erkannt werden.

Hinsichtlich der darüber hinaus ohne begründende Ausführungen geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken wird auf die Aussagen des Verfassungsgerichtshofs im Erkenntnis vom 25.11.1983, B 13/80, verwiesen, wonach er keine Bedenken gegen § 13 Abs 2 KKG im Hinblick auf Art 18 B-VG und das Gleichheitsgebot hat.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Über die zu beurteilende Rechtsfrage der Nachweispflicht für die nicht in den öffentlichen Kanal eingeleiteten Abwassermenge wurde im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entschieden. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 279 BAO abzuweisen.

Wien, am 21. Juli 2025